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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.10.2001
Aktenzeichen: XII ZB 107/01
Rechtsgebiete: BGB, SGB VI, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 3
BGB § 1587 a Abs. 4
BGB § 1587 a Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 5
BGB § 1587 b Abs. 6
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b)
SGB IV § 18
VAHRG § 2
VAHRG § 3 b Nr. 1
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 107/01

vom

17. Oktober 2001

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Gerber, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dr. Ahlt

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz werden der Beschluß des 26. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 2. Mai 2001 aufgehoben und Nr. 2, 2. Absatz des Entscheidungssatzes des Endurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Freyung vom 13. Dezember 2000 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Von dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz werden auf das Versicherungskonto Nr. ...

der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz weitere Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 6,67 DM, bezogen auf den 31. Juli 2000, übertragen. Der Monatsbetrag der zu übertragenden Anwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Gerichtskosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden in diesen Verfahren nicht erstattet.

Beschwerdewert: 1000 DM

Gründe:

I.

Die am 21. Dezember 1979 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am 2. August 2000 zugestellten Antrag der Ehefrau (Antragstellerin) durch Verbundurteil vom 13. Dezember 2000 geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem selben Tage) und der Versorgungsausgleich geregelt.

Während der Ehezeit (1. Dezember 1979 bis 31. Juli 2000; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Ehegatten nach den tatrichterlichen Feststellungen jeweils Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz (weitere Beteiligte, LVA), und zwar die am 5. Oktober 1959 geborene Ehefrau in Höhe von 566,07 DM und der am 26. November 1954 geborene Ehemann in Höhe von 936,81 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Juli 2000. Daneben besteht für den Ehemann ein nach der Satzung unverfallbares Anrecht auf eine Versorgung bei der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG in Höhe von 1.488 DM jährlich.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es Rentenanwartschaften des Ehemanns bei der LVA in Höhe von monatlich 185,37 DM, bezogen auf den 31. Juli 2000, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen hat. Außerdem hat es - im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, § 1587 b Abs. 1 BGB - von dem Versicherungskonto des Ehemanns bei der LVA weitere Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 9,12 DM, bezogen auf den 31. Juli 2000, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen. Für die Umrechnung des statischen Anrechts des Ehemanns auf eine Betriebsrente in eine dynamische Anwartschaft hat es dessen Barwert nicht nach der Barwertverordnung, die es für verfassungswidrig erachtet, sondern unter Bezugnahme auf in der Literatur veröffentlichte "Ersatztabellen" mit 3.947,56 DM ermittelt und es auf dieser Grundlage in eine dynamische Anwartschaft in Höhe von monatlich 18,23 DM umgerechnet.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde hat die LVA gerügt, das Amtsgericht habe bei der Umrechnung der statischen Anwartschaften nicht von der zwingend angeordneten Anwendung der Barwertverordnung absehen dürfen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene weitere Beschwerde der LVA, mit der sie weiterhin die Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich begehrt.

II.

Die weitere Beschwerde ist begründet.

1. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Barwertverordnung sei verfassungswidrig, weil sie zu einer übermäßigen Abwertung der mit ihr bewerteten Anrechte führe und daher den Gleichheitssatz verletze. Dies beruhe darauf, daß die Barwertverordnung auf veralteten biometrischen Rechnungsgrundlagen beruhe, eine etwaige Hinterbliebenenversorgung bei der Barwertbildung unberücksichtigt bleibe und die Dynamik der gesetzlichen Rente und der Beamtenversorgung immer wesentlich unter dem Rechnungszins der Barwertverordnung von 5,5 % liege. Deshalb seien anstelle der Tabellen der Barwertverordnung die im Jahre 2000 veröffentlichten "Ersatztabellen" (Glockner/ Gutdeutsch FamRZ 2000, 270, 271) für die Barwertermittlung heranzuziehen. Dies habe das Amtsgericht korrekt getan.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Der erkennende Senat hat mit Beschluß vom 5. September 2001 entschieden, daß die Gerichte bei der Ermittlung der Barwerte für statische und teildynamische Anwartschaften grundsätzlich auch weiterhin an die Barwertverordnung und deren Tabellen gebunden sind; auf "Ersatztabellen" kann nicht zurückgegriffen werden (Senatsbeschluß vom 5. September 2001 - XII ZB 121/99 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Auf diesen Beschluß, dessen Abdruck beigefügt wird, wird verwiesen.

3. Danach können die Entscheidungen der Vorinstanzen keinen Bestand haben. Der Senat kann anhand der vom Tatrichter zugrunde gelegten Versorgungsauskünfte, gegen die von seiten der Beteiligten keine Einwände erhoben wurden und auch sonst keine Bedenken ersichtlich sind, selbst entscheiden.

a) Auf seiten des Ehemanns sind in der Ehezeit erworbene Anwartschaften bei der LVA in Höhe von 936,81 DM für den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, sowie das Anrecht auf die Versorgung bei der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG. Zwar sind die Wartezeitvoraussetzungen nicht erfüllt, jedoch ist die Anwartschaft dessen ungeachtet nach der Auskunft des Versorgungsträgers unverfallbar, da beim Ehemann aufgrund eines Arbeitsunfalls eine anerkannte Bau-/Fachuntauglichkeit vorliegt. Nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b) BGB ist nur der zeitratierlich zu berechnende Ehezeitanteil der Betriebsrente auszugleichen, der tatrichterlich mit 962,82 DM jährlich festgestellt ist. Da der Wert der Versorgung nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung, ist der ehezeitlich erworbene Anteil der Versorgung gemäß § 1587 a Abs. 3, 4 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen. Dies geschieht, indem zunächst der Barwert des im Anwartschafts- und Leistungsstadium statischen Anrechts, das für den Fall des Alters und der Invalidität zugesagt ist, nach Tabelle 1 BarwertVO ermittelt wird. Bei dem anzuwendenden Barwertfaktor von 3,0 (Alter des Ehemanns zum Ende der Ehezeit: 45 Jahre) ergibt sich ein Barwert von 2.888,46 DM. Zur Umrechnung in ein dynamisches Anrecht wird dieser Betrag fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Der Betrag wird daher mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte umgerechnet, diese sodann mit Hilfe des aktuellen Rentenwerts nach § 1587 a Abs. 3, 4 BGB in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies ergibt eine dynamisierte Rente von monatlich 13,34 DM (2.888,46 DM x 0,0000950479 ( 0,2745 Entgeltpunkte x 48,58 DM = 13,34 DM). Der Ehemann hat daher während der Ehezeit insgesamt Anwartschaften in Höhe von monatlich 950,15 DM erworben.

Auf seiten der Ehefrau sind in der Ehezeit erworbene Anwartschaften bei der LVA in Höhe von monatlich 566,07 DM zu berücksichtigen.

b) Dementsprechend ist gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB der Ehemann, der die werthöheren Anwartschaften erworben hat, in Höhe von 192,04 DM [(950,15 DM - 566,07 DM) : 2] ausgleichspflichtig. Bezüglich der bei der LVA erworbenen Anwartschaften hat das Familiengericht richtig das Rentensplitting nach § 1587 b Abs. 1 BGB in Höhe von 185,37 DM durchgeführt.

c) Das Anrecht des Ehemannes auf eine betriebliche Altersversorgung richtet sich gegen einen inländischen privatrechtlich organisierten Versorgungsträger, der die Realteilung nicht zuläßt. Es unterliegt daher grundsätzlich dem schuldrechtlichen Ausgleich nach § 2 VAHRG. Anstelle des schuldrechtlichen Ausgleichs kann jedoch nach § 3 b Nr. 1 VAHRG bis zur Höhe von 2 % des auf einen Monat entfallenden Teils der am Ende der Ehezeit maßgebenden Bezugsgröße (§ 18 SGB IV), hier 89,60 DM, ein anderes vor oder während der Ehe erworbenes Anrecht des Verpflichteten, das seiner Art nach durch Übertragung oder Begründung von Anrechten ausgeglichen werden kann, zum Ausgleich herangezogen werden. Der Ausgleich erfolgt daher im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Nr. 1 VAHRG in Höhe von 6,67 DM monatlich (13,34 DM : 2), bezogen auf den 31. Juli 2000.

d) Der Höchstbetrag nach § 1587 b Abs. 5 BGB von 1.441,90 DM ist nicht überschritten. Die übertragenen Rentenanwartschaften sind nach § 1587 b Abs. 6 BGB in Entgeltpunkte umzurechnen.

Ende der Entscheidung

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