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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.08.2002
Aktenzeichen: XII ZB 13/02
Rechtsgebiete: EGZPO, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 10
ZPO § 519 b Abs. 2
ZPO § 621 d Abs. 2 a.F.
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 13/02

vom

14. August 2002

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. August 2002 durch die Richter Gerber, Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Vézina und Neskovic

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2001 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verweigerung der Prozeßkostenhilfe für die zweite Instanz richtet. Im übrigen wird sie als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 3.579 € (7.000 DM).

Gründe:

I.

Der Beklagte hat gegen ein in einem Unterhaltsverfahren zu seinen Lasten ergangenes Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Kassel vom 19. April 2001 Berufung eingelegt. Auf seinen Antrag hat das Oberlandesgericht die Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. September 2001 verlängert. Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2001 hat er die Berufung begründet und gleichzeitig wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Prozeßkostenhilfe beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat er ausgeführt, die seit Jahren mit der Fristenkontrolle befaßte Bürovorsteherin seines Prozeßbevollmächtigten habe auf den die Berufungsbegründungsfrist verlängernden Beschluß des Oberlandesgerichts vom 24. Juli 2001 die bürointern als "Rotfrist" bezeichnete Ablauffrist zum 25. September 2001 nebst Vorfristen für den 7., 14. und 21. September 2001 notiert und durch ihr Handzeichen gleichzeitig bestätigt, daß sie diese Fristen in den gesonderten Eilfristenkalender eingetragen habe. Versehentlich habe sie jedoch nur die Vorfristen, nicht aber die Ablauffrist in den Eilfristenkalender eingetragen. Sein Prozeßbevollmächtigter, der bis einschließlich Freitag, den 21. September 2001 in Urlaub gewesen sei, habe verfügt, daß ihm die Akte am 21. September 2001 auf seinen Stuhl gelegt werden solle. Am Sonntag, den 23. September 2001, sei sein Prozeßbevollmächtigter nicht mehr dazu gekommen, die ihm vorgelegte Akte zu bearbeiten, und habe keine weitere Verfügung mehr getroffen, weil er davon ausgegangen sei, daß ihm entsprechend einer allgemeinen Weisung in der Kanzlei die Akte am Tag des Fristablaufs vormittags mit einem schriftlichen Vermerk, der auf die "Rotfrist" ausdrücklich hinweise, vorgelegt und er gegen 12.00 Uhr an deren Erledigung erinnert werden würde. Wäre die "Rotfrist" vom 25. September im Fristenkalender notiert gewesen, so wäre dies geschehen und damit die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung sichergestellt gewesen. Wo sich die Akte am 24. und 25. September 2001 befunden habe, lasse sich nicht mehr nachvollziehen.

Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 20. Dezember 2001 die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, sowie den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen. Gegen diesen, am 28. Dezember 2001 zur Geschäftsstelle gegebenen, den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 2. Januar 2002 zugestellten Beschluß richtet sich die am 16. Januar 2002 eingegangene sofortige Beschwerde.

II.

Auf die sofortige Beschwerde ist gemäß § 26 Nr. 10 EGZPO altes Recht anwendbar, da der angefochtene Beschluß vom 20. Dezember 2001 am 28. Dezember 2001 der Geschäftsstelle übergeben worden ist.

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verweigerung der Prozeßkostenhilfe für die zweite Instanz richtet. Insoweit ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 567 IV ZPO).

Im übrigen ist die sofortige Beschwerde nach §§ 519 b Abs. 2, 621 d Abs. 2 ZPO a.F. statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Berufung ist unzulässig, weil sie erst nach Ablauf der bis 25. September 2001 eingeräumten Frist begründet worden ist (§§ 519 Abs. 2, 519 b Abs. 1 ZPO a.F.). Das Berufungsgericht hat den Antrag des Beklagten, ihm wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, zu Recht zurückgewiesen, weil die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten beruht und dies dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.

Zutreffend hält es das Berufungsgericht für ausschlaggebend, daß die Akte dem Prozeßbevollmächtigten am 21. September 2001 zur Fertigung der Berufungsbegründung vorgelegt worden ist und er sie - nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub - am 23. September 2001, somit zwei Tage vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, in seinem Arbeitszimmer vorfand. In den Akten war - anders als im Fristenkalender - unmißverständlich vermerkt, daß die Frist am 25. September 2001 ablief. Damit entstand eine eigene Pflicht des Prozeßbevollmächtigten zur Prüfung und Beachtung des Fristablaufs, und zwar unabhängig davon, ob er sich sogleich zur Bearbeitung der Sache entschloß (BGH, Urteil vom 14. Januar 1997 - VI ZB 24/96 - NJW 1997, 1311). Von dieser eigenen Verantwortung für die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist konnte sich der Prozeßbevollmächtigte auch nicht durch die allgemein erteilte Anweisung an seine Bürovorsteherin, ihm am Tage des Fristablaufs die Akten erneut vorzulegen bzw. ihn an die noch unerledigten Fristsachen zu erinnern, befreien. Daß diese Erinnerung ausblieb, weil die Bürovorsteherin den Ablauf der Frist versehentlich nicht eingetragen hatte, schließt das Verschulden des Prozeßbevollmächtigten nicht aus (BGH aaO m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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