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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.06.1999
Aktenzeichen: XII ZB 169/98
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 328
ZPO § 640 Abs. 2
ZPO § 640 Nr. 1
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 640
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 169/98

vom

9. Juni 1999

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juni 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Sprick und Weber-Monecke

beschlossen:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. November 1998 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der sofortigen Beschwerde.

Beschwerdewert: 4.000 DM.

Gründe:

I.

Mit Urteil des rumänischen Amtsgerichts S. vom 12. August 1969 wurde - nach mündlicher Verhandlung, Anhörung des damaligen, anwaltlich vertretenen Beklagten, Vernehmung von Zeugen, jedoch (wegen Verweigerung des Beklagten) ohne Erhebung eines Blutgruppengutachtens - festgestellt, daß der damalige Beklagte der Vater des Klägers ist.

Der damalige Beklagte ist verstorben. Der Kläger erstrebt die Anerkennung des rumänischen Urteils in der Bundesrepublik, weil er gegen die Erben (jetzige Beklagte) des verstorbenen Beklagten einen Erbersatzanspruch geltend machen will.

Mit Urteil vom 29. Januar 1998 hat das Amtsgericht (Zivilabteilung) festgestellt, daß das Vaterschaftsfeststellungsurteil des rumänischen Amtsgerichts für den Geltungsbereich des deutschen Rechts wirksam sei. Das Urteil wurde den Beklagten am 9. Februar 1998 zugestellt. Sie reichten am 5. März 1998 Berufung zum Landgericht ein, die sie am 3. April 1998 insbesondere mit einem Verstoß gegen den deutschen ordre public begründeten.

Das Landgericht wies die Beklagten telefonisch am 8. Juni 1998 auf die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts hin, da es sich um eine Kindschaftssache handele, und verwarf mit Urteil vom 25. Juni 1998 die Berufung als unzulässig, nachdem die Beklagten diese aufrechterhalten hatten. Am 19. Juni 1998 legten die Beklagten eine zugleich begründete Berufung zum Oberlandesgericht ein, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag, wobei sie hier insbesondere darauf abhoben, daß es sich nicht um eine Kindschaftssache, sondern um ein bloßes Anerkennungsverfahren nach § 328 ZPO handele. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 2. November 1998 die Wiedereinsetzung versagt und die Berufung als unzulässig verworfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Oberlandesgericht hat mit zutreffenden Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist versagt und die Berufung als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgemäß bei dem für Kindschaftssachen zuständigen Oberlandesgericht eingelegt wurde.

Zwar handelt es sich bei dem zugrundeliegenden Anerkennungsverfahren nicht um ein Verfahren, das die unmittelbare Feststellung des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses im Sinne des § 640 Abs. 2 (Nr. 1) ZPO zum Gegenstand hat, sondern es betrifft primär die Frage, ob ein ausländisches Urteil, welches diese Rechtsfolge ausspricht, gemäß § 328 ZPO hier anzuerkennen ist. Wegen der statusrechtlichen Bedeutung eines solchen Anerkenntnisurteils gehört jedoch auch das Anerkennungsverfahren kraft Sachzusammenhangs zu den Kindschaftssachen (so zutreffend OLG Hamm FamRZ 1993, 438; Baumbach/Albers ZPO 57. Aufl. § 640 Rdn. 3; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 21. Aufl. § 640 Rdn. 1; Zöller/Philippi ZPO 21. Aufl. § 640 Rdn. 1). Das ergibt sich auch daraus, daß im Rahmen des Anerkennungsverfahrens mit Rücksicht auf den deutschen ordre public (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) gegebenenfalls u.a. zu prüfen ist, ob es ausreicht, daß - entgegen dem im deutschen Kindschaftsverfahren herrschenden Amtsermittlungsgrundsatz - kein Blutgruppengutachten eingeholt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490, 492 m.w.N.). Damit wird eine Frage des Verfahrens in Kindschaftssachen unmittelbar aufgegriffen. Das Anerkennungsurteil wirkt im übrigen dergestalt, daß eine mit dem ausländischen Urteil inhaltlich übereinstimmende Sachentscheidung getroffen wird, so daß sich auch daraus der unmittelbare Sachzusammenhang ergibt (vgl. Senatsurteil vom 9. April 1986 - IVb ZR 28/85 - FamRZ 1986, 665, 666).

Die Beklagten können sich auch nicht auf einen entschuldbaren Rechts-irrtum ihres Rechtsanwalts berufen. Eine falsche Einschätzung der Rechtslage bildet nur in ganz engen Grenzen einen Wiedereinsetzungsgrund (vgl. Zöller/Greger aaO § 233 Rdn. 23 "Rechtsirrtum" m.N.). Nachdem bisher zumindest ein Oberlandesgericht in einer 1993 veröffentlichten Entscheidung sowie die vom Berufungsgericht bereits zitierte gängige Kommentarliteratur zur ZPO wie Baumbach, Stein/Jonas und Zöller (s.o.) jeweils zu Beginn ihrer Kommentierungen zu § 640 ZPO das Anerkennungsverfahren nach § 328 ZPO zu den Kindschaftssachen im Sinne des § 640 ZPO zählen, entlastet es den Rechtsanwalt der Beklagten nicht, daß nach dem Wortlaut des § 640 Abs. 2 ZPO Anerkennungsverfahren über ausländische Kindschaftsurteile nicht genannt sind.

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