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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.09.2008
Aktenzeichen: XII ZB 203/06
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587
BGB § 1587 b
BGB § 1587 f
BGB § 1587 g
VAHRG § 1
VAHRG § 2
VAHRG § 3 b
Im Versorgungsausgleich ist die niederländische AOW Pension zwar in die Ausgleichsbilanz nach § 1587 BGB einzustellen. Steht sie dem ausgleichspflichtigen Ehegatten zu, kann sie jedoch selbst nicht in den Formen des öffentlich rechtlichen Ausgleichs, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 1587 f, 1587 g BGB) nur schuldrechtlich ausgeglichen werden (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 6. Februar 2008 XII ZB 66/07 FamRZ 2008, 770).
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 203/06

vom 3. September 2008

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. September 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick und Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dr. Klinkhammer

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. September 2006 wird auf Kosten des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um den Versorgungsausgleich.

Die am 30. September 1981 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 6. August 2003 zugestellten Antrag durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 27. Januar 2006 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 28. April 2006) und der Versorgungsausgleich geregelt.

In der Ehezeit (1. September 1981 bis 31. Juli 2003, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Parteien gesetzliche Rentenanwartschaften erworben, und zwar der Antragsgegner (geboren am 2. Juli 1943; im Folgenden: Ehemann) in Höhe von 146,27 € und die Antragstellerin (geboren am 18. September 1956; im Folgenden: Ehefrau) in Höhe von 142,61 €, jeweils monatlich und bezogen auf das Ehezeitende. Außerdem hat die Ehefrau in der Ehezeit in den Niederlanden Anwartschaften nach dem Allgemeinen Altersgesetz (Algemene Ouderdomswet - AOW) in Höhe von 344,85 € erworben.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin durchgeführt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der Beteiligten zu 1 auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Beteiligten zu 2 Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1,83 €, bezogen auf den 31. Juli 2003, übertragen hat. Auf die Beschwerde des Ehemannes hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und ausgesprochen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet; die weitergehende Beschwerde, mit der der Ehemann - im Hinblick auf die niederländische Rentenanwartschaft der Ehefrau - einen Ausgleich zu seinen Gunsten erstrebt, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Anwartschaft der Ehefrau auf die niederländische AOW-Rente nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, da es sich um eine aus Steuermitteln gespeiste Volksrente handele. Ein Versorgungssausgleich zugunsten des Ehemannes komme deshalb nicht in Betracht. Der sich rechnerisch zugunsten der Ehefrau ergebende Versorgungsausgleich wäre jedoch grob unbillig und sei deshalb nach § 1587 c BGB auszuschließen. Denn die Alterssicherung der 50-jährigen Ehefrau sei deutlich besser als die des 63-jährigen Ehemannes. Dies beruhe zu einem wesentlichen Teil auf der AOW-Rente der Ehefrau. Auch wenn diese Rente nicht in die Ausgleichsbilanz einzustellen sei, stelle sie im Ergebnis aber doch in gleicher Weise wie die deutsche Rentenversicherung eine Alterssicherung dar.

2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

Wie der Senat - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, stellt die niederländische AOW-Rente eine gesetzliche Altersversorgung dar, die trotz ihres Charakters als Volksrente als Grundversicherung unter § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB fällt (Senatsbeschluss vom 6. Februar 2008 - XII ZB 66/07 - FamRZ 2008, 770 f.). Deshalb ist die AOW-Rente der Ehefrau mit ihrem ehezeitanteiligen Wert in die Versorgungsausgleichsbilanz einzustellen mit der Folge, dass der Wert der von der Ehefrau in der Ehezeit erworbenen Versorgungen den Wert der vom Ehemann in der Ehezeit erworbenen Versorgung übersteigt und ein Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau deshalb nicht in Betracht kommt. Auf die Voraussetzungen des § 1587 c BGB kommt es insoweit nicht an.

Der Umstand, dass die AOW-Rente der Ehefrau im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist, bedeutet indes nicht, dass diese Rente selbst zum öffentlich-rechtlichen Ausgleich des sich aus der Ausgleichsbilanz ergebenden Wertunterschiedes herangezogen werden kann. Ausländische Versorgungsanrechte unterliegen nicht der Jurisdiktionsgewalt deutscher Gerichte; sie können deshalb nur schuldrechtlich ausgeglichen werden (vgl. etwa Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 a Rdn. 243). Ebenso kann ein inländisches Anrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten nicht zum Ausgleich seines bei einem ausländischen Träger begründeten Anrechts herangezogen werden (§ 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG); auch kann der ausgleichspflichtige Ehegatte nicht (nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG) verpflichtet werden, zum Ausgleich seines ausländischen Anrechts für den ausgleichsberechtigten Ehegatten Rentenanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Beitragszahlung zu begründen. § 3 b Abs. 2 (i.V.m. § 3 a Abs. 5) VAHRG beschränkt ein erweitertes Splitting oder Quasi-Splitting ebenso wie einen Ausgleich durch Beitragszahlung vielmehr ausdrücklich auf den Ausgleich inländischer Anrechte. Die niederländische AOW-Rente der Ehefrau kann deshalb nicht in den von § 1587 b BGB, § 1 VAHRG vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Ausgleichsformen ausgeglichen werden. Ebenso kann die inländische gesetzliche Rente der Ehefrau nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 nicht zum Ausgleich ihrer AOW-Rente herangezogen oder diese durch die Verpflichtung zur Entrichtung von Beitragszahlungen ausgeglichen werden.

Möglich ist allerdings, die AOW-Rente der Ehefrau, soweit diese nicht bereits mit den ihre eigene gesetzliche Rente überschießenden gesetzlichen Rentenanrechten des Ehemannes zu verrechnen ist, schuldrechtlich auszugleichen. Der schuldrechtliche Ausgleich setzt voraus, dass der ausgleichspflichtige Ehegatte aus dem schuldrechtlich auszugleichenden Versorgungsausgleich bereits eine Versorgung bezieht (§ 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB) und der ausgleichsberechtigte Ehegatte den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich beantragt (§ 1587 f BGB). Beides ist hier nicht der Fall. Die 1956 geborene Ehefrau bezieht aus den für sie bestehenden Anrechten aus der AOW-Versorgung noch keine Rente. Der Ehemann hat im Hinblick auf diese Versorgung lediglich begehrt, ihm - falls insoweit kein öffentlich-rechtlicher Ausgleichsanspruch bestehe - "die Möglichkeit einzuräumen, im Erreichensfall Ansprüche aufgrund eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs geltend zu machen".

Das Oberlandesgericht hat deshalb im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Diese Feststellung ist zwar im Tenor der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich auf den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich beschränkt. Diese Beschränkung ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe, nach denen das Oberlandesgericht ersichtlich nur über den ihm angefallenen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, nicht aber auch über einen gar nicht beantragten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich entscheiden konnte und wollte. Der von der Rechtsbeschwerde gerügte Umstand, dass das Oberlandesgericht den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nicht ausdrücklich vorbehalten hat, ist ohne Belang; einem solchen Ausspruch käme ohnehin nur deklaratorische Bedeutung zu (Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 f Rdn. 22).

Nach allem war die Rechtsbeschwerde des Ehemannes mit der - klarstellenden - Maßgabe zurückzuweisen, dass ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Ende der Entscheidung

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