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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.05.2001
Aktenzeichen: XII ZB 204/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 519 b Abs. 2
ZPO § 233
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 204/00

vom

10. Mai 2001

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Gerber, Sprick, Weber-Monecke und Fuchs

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. Oktober 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 13.193 DM.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat die Klage, mit der die Klägerin rückständigen Mietzins geltend macht, durch Urteil vom 28. April 2000 abgewiesen. Gegen dieses ihr am 12. Mai 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 8. Juni 2000 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Auf ihren Antrag wurde die Berufungsbegründungsfrist am 16. Juni 2000 bis zum 15. August 2000 verlängert.

Auf einen Hinweis des Gerichts, die Berufungsbegründungsfrist sei abgelaufen, begründete die Klägerin die Berufung mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 24. August 2000, beim Oberlandesgericht eingegangen am 28. August 2000, und beantragte gleichzeitig wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie machte geltend, das Ende der Berufungsbegründungsfrist sei zwar von der Angestellten ihres Prozeßbevollmächtigten Frau B. im Fristenkalender eingetragen, diese Eintragung sei aber von Frau B. am 15. August 2000 gestrichen worden, ohne daß eine Berufungsbegründung eingereicht worden sei. Frau B. habe irrtümlich angenommen, die Frist habe sich erledigt, weil in einem anderen zwischen den Parteien anhängigen Verfahren, in dem sie - die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits - von derselben Kanzlei vertreten worden sei, kurz vor dem 15. August 2000 eine Berufungserwiderung eingereicht worden sei.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen und den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 519 b Abs. 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, weil sie nicht in der (verlängerten) Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist (§§ 519 Abs. 1 und Abs. 2, 519 b Abs. 1 ZPO).

Zu Recht hat das Oberlandesgericht auch den Antrag der Klägerin, ihr wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, zurückgewiesen.

Nach § 233 ZPO darf einer Partei, die eine Frist versäumt hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gewährt werden, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten (nicht: ein Verschulden von dessen Büropersonal) muß sich die Partei zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Hat ein Organisationsmangel in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Partei zu der Versäumung der Frist geführt, liegt ein der Partei zuzurechnendes Verschulden des Prozeßbevollmächtigten vor.

Das Berufungsgericht führt aus, die Art und Weise, wie Fristen in der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin behandelt würden, sei unter mehreren Gesichtspunkten zu beanstanden. Es ist nicht erforderlich, zu überprüfen, ob diese Beanstandungen des Berufungsgerichts in allen Punkten gerechtfertigt sind. Das Berufungsgericht hat jedenfalls zu Recht einen für die Fristversäumung ursächlichen anwaltlichen Organisationsmangel darin gesehen, daß es in der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin an einer allgemeinen Anordnung fehlt, im Fristenkalender außer dem Parteinamen einen eindeutig kennzeichnenden Zusatz anzubringen, wenn in dem Büro gleichzeitig ein anderes zwischen denselben Parteien anhängiges Verfahren bearbeitet wird (st.Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. Senatsbeschluß vom 25. März 1992 - XII ZB 25/92 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 25 m.w.N.; BGH, Beschluß vom 22. Juni 1995 - LwZB 1/95 - NJW 1995, 2562).

Aus der vorgelegten Fotokopie des Fristenkalenders ergibt sich, daß ein entsprechender Zusatz nicht eingetragen war, sondern lediglich die Namen der Parteien. Die Klägerin macht auch nicht geltend, es bestehe in der Kanzlei ihrer Prozeßbevollmächtigten eine entsprechende Anordnung und das Fehlen eines kennzeichnenden Zusatzes sei auf einen Verstoß gegen diese Anordnung zurückzuführen. Die Klägerin meint vielmehr zu Unrecht, eine solche Kennzeichnung sei - jedenfalls im vorliegenden Falle - nicht erforderlich gewesen.

Im vorliegenden Fall ist die Berufungsbegründungsfrist gerade deshalb versäumt worden, weil es bei der Eintragung im Fristenkalender an einer solchen Kennzeichnung gefehlt und weil Frau B. deshalb die beiden Verfahren miteinander verwechselt hat.

Ohne eine entsprechende Kennzeichnung hätte die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist selbst dann nicht zuverlässig vermieden werden können, wenn Frau B. die Frist nicht selbständig gestrichen, sondern die Akten dem Prozeßbevollmächtigten vorgelegt hätte. Es hätte dann nämlich zumindest die Gefahr bestanden, daß sie ihm die falschen Akten vorlegt. Daraus hätte er nicht ersehen können, daß in einer anderen Sache eine Frist einzuhalten ist (vgl. BGH, Beschluß vom 22. Juni 1995 aaO).

Ende der Entscheidung

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