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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.06.2007
Aktenzeichen: XII ZB 220/04
Rechtsgebiete: FGG, GVG, ZPO, BGB
Vorschriften:
FGG § 67 a Abs. 5 Satz 2 | |
FGG § 56 g Abs. 1 | |
FGG § 56 g Abs. 5 | |
FGG § 27 | |
FGG § 28 | |
FGG § 29 Abs. 2 | |
FGG a.F. § 67 Abs. 3 | |
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. a | |
GVG § 133 | |
ZPO § 621 Abs. 1 | |
ZPO § 621 e Abs. 2 | |
BGB § 1835 |
b) Zu den Aufgaben des Verfahrenspflegers und zur Erstattung der Kosten für eine von diesem in Anspruch genommene Beratung durch einen Psychologen ("Supervisor").
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 20. Juni 2007
in Sachen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. August 2004 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Beschwerdewert: 464 €
Gründe:
I.
In dem Sorgerechts- und Unterbringungsverfahren betreffend das minderjährige Kind P.R. wurde der Beteiligte zu 1 zum Verfahrenspfleger für das Kind bestellt. Für diese Tätigkeit hat er u.a. Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 464 € verlangt. Dabei handelt es sich um eine Vergütung, die ihm sein "Supervisor", ein Diplom-Psychologe und Psychotherapeut, für jeweils zwei Sitzungen am 17. und 23. Oktober 2002 (von jeweils 45 Minuten zu 100 €) in Rechnung gestellt hat. Gegenstand der Sitzungen war ausweislich der erteilten Rechnung "die fallbezogene Beratung/Supervision (Doppelsitzung) Familie R.".
Das Amtsgericht hat eine Erstattung der Kosten der "Supervision" abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verfahrenspflegers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht unter Hinweis auf § 56 g Abs. 5 FGG zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt der Verfahrenspfleger sein Erstattungsverlangen weiter.
II.
Das Rechtsmittel ist nicht statthaft.
1. Das Rechtsmittel ist nicht als sofortige weitere Beschwerde nach §§ 27, 29 Abs. 2 FGG statthaft.
Nach § 67 a Abs. 5 Satz 2 FGG (= § 67 Abs. 3 Satz 3 FGG a.F.) bestimmt sich das Verfahren für die Festsetzung von Vergütung und Aufwendungsersatz des Verfahrenspflegers nach dem entsprechend anzuwendenden § 56 g Abs. 1 und 5 FGG. Nach § 56 g FGG entscheidet das Vormundschaftsgericht über die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Vormunds; gegen diese Entscheidung findet nach Maßgabe des § 56 g Abs. 5 FGG die sofortige Beschwerde und - bei Zulassung - die sofortige weitere Beschwerde (§§ 27, 29 Abs. 2 FGG) statt. Bei einer entsprechenden Anwendung dieser Regelung auf den Verfahrenspfleger hat das Familiengericht, wenn es eine Verfahrenspflegschaft anordnet, über den Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch des Verfahrenspflegers zu entscheiden. Gegen die Entscheidung des Familiengerichts ist die sofortige Beschwerde gegeben, über die allerdings nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. a GVG nicht das Landgericht, sondern - wie hier auch geschehen - das Oberlandesgericht zu entscheiden hat.
Daraus folgt indes nicht, dass nunmehr gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts eine sofortige weitere Beschwerde zum Bundesgerichtshof eröffnet ist. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG, der gegen die Beschwerdeentscheidung nur die "weitere Beschwerde (§ 27 FGG)" zulässt, über die jedoch nach § 28 Abs. 1 FGG ausschließlich das Oberlandesgericht entscheidet. Eine Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs ist insoweit im übrigen auch gerichtsverfassungsrechtlich nicht eröffnet (Keidel/Engelhardt Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 56 g Rdn. 41). Gemäß § 133 GVG ist der Bundesgerichtshof in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für die Entscheidung von Rechtsbeschwerden zuständig. Die in § 27 FGG geregelte weitere Beschwerde ist zwar in der Sache eine Rechtsbeschwerde; sie wird jedoch vom Begriff der "Rechtsbeschwerde", den § 133 GVG auf die in §§ 572 ff., 621 e Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsmittel bezieht, nicht erfasst. Diese Eingrenzung des § 133 GVG ergibt sich aus dem System der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, dessen Instanzenzug beim Oberlandesgericht endet und das eine Befassung des Bundesgerichtshofs nur unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 FGG zulässt. Sie folgt aber auch aus dem Umstand, dass der frühere Zuständigkeitskatalog des § 133 GVG in der vor dem Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes geltenden Fassung eine Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs für weitere Beschwerden nach § 27 FGG nicht eröffnete. Mit der Anpassung dieser Vorschrift an das vom Zivilprozessreformgesetz neu strukturierte Rechtsmittelrecht war eine Ausweitung der Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs auf Beschwerdeverfahren nach dem FGG nicht beabsichtigt.
2. Das Rechtsmittel ist auch nicht als Rechtsbeschwerde nach § 621 e Abs. 2 ZPO statthaft.
Nach dieser Vorschrift ist in den dort aufgeführten Familiensachen bei Zulassung die Rechtsbeschwerde eröffnet. Eine solche Familiensache liegt hier jedoch nicht vor. Zwar wird mit dem Rechtsmittel eine Entscheidung angegriffen, mit der - wie ausgeführt - das (nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. a GVG zuständige) Oberlandesgericht über eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Familiengerichts entschieden hat. Hier geht es jedoch ausschließlich um den Aufwendungsersatzanspruch des vom Familiengericht in einem Sorgerechtsverfahren bestellten Verfahrenspflegers, nicht aber um die elterliche Sorge selbst. Die Zuständigkeit des Familien- und des Oberlandesgerichts für einen solchen Rechtsstreit beruht deshalb auch nicht auf § 621 Abs. 1 ZPO, sondern ausschließlich auf § 67 a Abs. 5 Satz 2 FGG (= § 67 Abs. 3 Satz 3 FGG a.F.) i.V.m. § 56 g Abs. 1 und 5 FGG. Daraus folgt, dass in einem solchen Rechtsstreit eine Rechtsbeschwerde nach § 621 e Abs. 2 ZPO nicht eröffnet ist.
3. An die Zulassung des Rechtsmittels durch das Oberlandesgericht ist der Senat nicht gebunden. Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde oder weitere Beschwerde zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich statthaft ist. Sie wird aber nicht in Fällen eröffnet, in denen - wie hier - eine Anfechtbarkeit ausgeschlossen ist (vgl. etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 159, 14, 15 = FamRZ 2004, 1191, 1192 m.w.N. und vom 11. Mai 2005 - XII ZB 189/03 - FamRZ 2005, 1481).
4. Schließlich kommt - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch eine Umdeutung des Rechtsmittels in eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG nicht in Betracht.
Nach § 28 Abs. 2 FGG besteht eine Vorlagepflicht nur dann, wenn ein Oberlandesgericht bei der Entscheidung über eine weitere Beschwerde von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs abweichen will. Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil die angegriffene Entscheidung auf eine sofortige Beschwerde, nicht aber auf eine sofortige weitere Beschwerde hin ergangen ist. Die Frage, ob eine Vorlagepflicht in entsprechender Anwendung des § 28 Abs. 2 FGG auch in Fällen besteht, in denen - wie hier - das Oberlandesgericht nicht als Gericht der weiteren Beschwerde, sondern als Beschwerdegericht tätig geworden ist, erscheint zweifelhaft. Dafür mag sich ein auch in solchen Fällen bestehendes Bedürfnis nach Vereinheitlichung der Rechtsprechung anführen lassen. Dagegen spricht jedoch die Konstruktion des § 28 Abs. 2 FGG, nach welcher der Bundesgerichtshof in Vorlagefällen an die Stelle des vorlegenden Gerichts tritt und damit - bei zulässiger Vorlage eines Beschwerdegerichts - als Tatrichter entscheiden müsste. Die Frage kann hier dahinstehen. Denn ein von einem Verfahrensbeteiligten eingelegtes Rechtsmittel lässt sich schon seiner Natur nach nicht in eine nur dem Gericht selbst mögliche Vorlage umdeuten. Im übrigen fehlte es hier auch an den Darlegungen des Gerichts zur Zulässigkeit einer solchen Vorlage. Der bloße - die Zulassung des Rechtsmittels begründende - Hinweis des Oberlandesgerichts, das Oberlandesgericht Karlsruhe habe in einem Beschluss vom 22. Dezember 2000 (OLGR 2001, 435) "ausnahmsweise ... die Kosten einer Supervision anerkannt", ersetzt diese Darlegungen nicht.
III.
Im Übrigen wäre das Rechtsmittel aber auch nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat einen Vergütungsanspruch des Verfahrenpflegers verneint, weil der Zeitaufwand für eine kollegiale Fachberatung sowie für die Supervision ebensowenig vergütungsfähig sei wie der Zeitaufwand für die allgemeine Fortbildung. Die Kosten der Supervision seien nicht erstattungsfähig, da diese Tätigkeit nicht der Erfüllung der gestellten Aufgabe als Verfahrenspfleger diene, sondern dem allgemeinen Eigeninteresse des Verfahrenspflegers. Vergütet werde jedoch nur die Leistung, die der Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung der subjektiven Interessen des Kindes erbringe.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur im Ergebnis stand.
Der Beschwerdeführer macht keinen Vergütungsanspruch, sondern einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen geltend (§ 67 Abs. 3 FGG a.F. i.V.m. § 1835 Abs. 1 Satz 1, § 670 BGB; zur Anwendbarkeit des bis zum 2. BtÄndG geltenden Rechts vgl. Art. 229 § 14 EGBGB). Ein solcher Anspruch ist indes nicht begründet.
Nach den genannten Vorschriften kann der Verfahrenspfleger nur Ersatz solcher Aufwendungen verlangen, deren Vornahme zur Führung der konkreten Verfahrenspflegschaft erforderlich ist. Deshalb sind nur solche Ausgaben erstattungsfähig, die individualisierbar, d.h. auf die Verfahrenspflegschaft bezogen sind. Aus diesem Grund können allgemeine Kosten, wie sie etwa für Aus- oder Weiterbildungsveranstaltungen anfallen mögen, auch dann nicht der Staatskasse als Aufwendungen für die konkrete Verfahrenspflegschaft in Rechnung gestellt werden, wenn sie letztlich auch dem Pflegling zugute kommen (vgl. etwa MünchKomm/Wagenitz BGB 4. Aufl. § 1835 Rdn. 13).
Ob die pauschale Aussage des Oberlandesgerichts, die "Supervision" habe nur dem allgemeinen Eigeninteresse des Verfahrenspflegers gedient, angesichts dessen gegenteiliger Behauptungen und der von ihm vorgelegten Rechnung des "Supervisors" trägt, kann dahinstehen. Ein Ersatz von Kosten, die dadurch entstanden sind, dass der Verfahrenspfleger einen Berater hinzugezogen hat, ist allenfalls dann möglich, wenn - was der Verfahrenspfleger darzulegen hat - die Inanspruchnahme eines solchen Beraters für die Durchführung der konkreten Verfahrenspflegschaft notwendig war. Dies ist hier weder vom Verfahrenspfleger dargetan noch sonst ersichtlich. Der Verfahrenspfleger ist - worauf bereits das Amtsgericht hingewiesen hat - hier zumindest auch im Hinblick auf seine Qualifikation als Diplom-Sozialpädagoge zum Verfahrenspfleger für das Kind P.R. bestellt worden. Dass die sachgerechte Wahrnehmung der Verfahrenspflegschaft - angesichts des begrenzten Aufgabenkreises eines Verfahrenspflegers - die Inanspruchnahme weitergehenden Sachverstandes erfordert, ist nicht erkennbar. Es mag sein, dass eine "Exploration" des Kindes und seiner Angehörigen, wie sie vom Verfahrenspfleger der Staatskasse wiederholt und unter Ansatz eines nicht unerheblichen Zeitaufwands als vergütungspflichtige Tätigkeit in Rechnung gestellt worden ist, ein von der üblichen Ausbildung eines Sozialpädagogen nicht umfasstes medizinisches oder psychologisches Fachwissen verlangt. Eine solche fachliche "Exploration" ist jedoch im Bedarfsfall einem vom Gericht zu beauftragenden Sachverständigen vorbehalten und gehört jedenfalls nicht zu den Aufgaben eines - nur mit der Wahrnehmung der Verfahrensinteressen des Kindes beauftragten - Pflegers für das Verfahren (vgl. auch OLG Brandenburg FamRZ 2003, 256 f.; OLG Frankfurt FamRZ 2004, 1751).
Ende der Entscheidung
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