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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.09.2007
Aktenzeichen: XII ZB 27/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 121 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 11. September 2007
in der Prozesskostenhilfesache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 31. Januar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Pankow/Weißensee zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Der Beklagte wird von der Klägerin auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts in Anspruch genommen. Das Familiengericht bewilligte ihm Prozesskostenhilfe, wies seinen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch mit der Begründung ab, eine anwaltliche Vertretung sei im vorliegenden Amtsermittlungsverfahren nicht erforderlich (§ 121 Abs. 2 ZPO). Seine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 1472 f. veröffentlicht ist, zurück. Mit seiner vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Beiordnung seines Dresdner Rechtsanwalts weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht.
1. Der von der Rechtsbeschwerde formulierte Antrag, dem Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse des Familiengerichts und des Kammergerichts Prozesskostenhilfe zu bewilligen, war umzudeuten. Prozesskostenhilfe ist dem Beklagten bereits bewilligt. Wie der Rechtsbeschwerdebegründung eindeutig zu entnehmen ist, richtet sich die Rechtsbeschwerde allein gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwaltes und damit gegen die Beschwer des Beklagten durch den angefochtenen Beschluss.
2. Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde die vom Beschwerdegericht auch schon früher (DAVorm 1999, 201 f.) und nach seiner Darstellung in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, im Vaterschaftsfeststellungsverfahren sei die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für den als Vater in Anspruch Genommenen nicht im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich, jedenfalls nicht, solange das einzuholende Abstammungsgutachten - wie hier - noch nicht vorliege.
Insoweit führt das Beschwerdegericht aus, bis dahin brauche der Beklagte nichts weiter zu veranlassen, als seiner Verpflichtung aus § 372a Abs. 1 ZPO nachzukommen und an der Begutachtung mitzuwirken. Auch gewährten ihm das Verbot eines Versäumnisurteils (§ 612 Abs. 4 ZPO) und die in Kindschaftssachen geltende Amtsermittlungspflicht (§§ 640 Abs. 1, 616 Abs. 1 ZPO) hinreichenden Schutz. Zwar komme es für die Frage, ob eine anwaltliche Vertretung erforderlich sei, auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf den Umfang, die Schwierigkeit und die Bedeutung der Sache sowie auf die Person des Antragstellers und insoweit vor allem auf seine Gewandtheit. Besondere Umstände, die die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderten, lägen hier aber derzeit nicht vor. Dies gelte auch für den im Annexverfahren begehrten Regelunterhalt, zumal der Beklagte etwaige Einwendungen wegen § 653 Abs. 1 Satz 3 ZPO erst mit einer Abänderungsklage nach § 654 ZPO geltend machen könne. Schließlich gebiete auch die dem klagenden Kind durch das Jugendamt gewährte Vertretung und Beratung keine Beiordnung eines Rechtsanwalts aus Gründen der Waffengleichheit.
3. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen und folgt vielmehr der in Rechtsprechung und Literatur wohl herrschenden Meinung (vgl. OLG Frankfurt NJW 2007, 230 f.; Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 121 Rdn. 6 m.N.; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 121 Rdn. 11 m.N.; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 28. Aufl. § 121 Rdn. 5; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 4. Aufl. Rdn. 547 m.N.).
Auch im Amtsermittlungsverfahren darf die mittellose Partei nicht schlechter gestellt werden als eine Partei, die die Kosten des Rechtsstreits aufbringen kann (BVerfG FamRZ 2002, 531, 532).
Jedenfalls dann, wenn die Parteien des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens - wie hier - entgegengesetzte Ziele verfolgen, legt bereits die existentielle Bedeutung der Sache die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahe. Dies gilt erst recht, wenn damit eine Klage auf Zahlung des Regelunterhalts verbunden ist. Denn in einem Verfahren mit so weit reichender Bedeutung würde auch eine bemittelte Partei sich in der Regel eines Anwalts bedienen.
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts erscheint im Vaterschaftsfeststellungsverfahren aber auch deshalb geboten, weil es sich um ein vom allgemeinen Zivilprozess stark abweichendes Verfahren eigener Art handelt. Gerade mit seinem Hinweis, der Beklagte brauche nichts weiter zu tun als seiner Verpflichtung nach § 372a ZPO nachzukommen, verkennt das Beschwerdegericht, dass der Schutz des Beklagten insoweit allein durch die Möglichkeit gewährleistet ist, die Untersuchung zu verweigern und über die Rechtmäßigkeit dieser Weigerung nach § 372 a Abs. 2 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung der §§ 386 f. ZPO ein Zwischenurteil herbeizuführen (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 210/04 - FamRZ 2006, 686, 688 = BGHZ 166, 283 ff.). Diese Möglichkeit ist aber einem juristischen Laien regelmäßig nicht bekannt.
Im vorliegenden Verfahren kommt hinzu, dass das Familiengericht sich - nach der Entscheidung des Kammergerichts - bei der Vernehmung der Kindesmutter mit der Angabe begnügt hat, sie habe mit dem Beklagten mehrmals "in der gesetzlichen Empfängniszeit" verkehrt, ohne nach weiteren Zeitangaben oder Umständen zu fragen, und mit der Abstammungsbegutachtung sodann entgegen § 404 Abs. 2 ZPO statt eines persönlich zu beauftragenden (vgl. dazu Zöller/Greger aaO § 404 Rdn. 1a) öffentlich bestellten Sachverständigen eine GmbH beauftragt hat. Dies als problematisch zu erkennen und daraus gegebenenfalls rechtliche Konsequenzen zu ziehen, wird dem Beklagten ohne rechtlichen Beistand ebenfalls kaum möglich sein.
Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde weiter darauf hin, dass Prozesskostenhilfe für die Instanz und nicht für einzelne Verfahrensabschnitte zu gewähren ist. Nichts anderes gilt für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 121 Abs. 2 ZPO. Auch insoweit ist die Erforderlichkeit im Zeitpunkt des Eingangs des Prozesskostenhilfegesuchs im Wege der Prognose zu beurteilen. Sie kann nicht mit der Erwägung verneint werden, eine noch durchzuführende Beweisaufnahme könne zu dem Ergebnis führen, dass die Vaterschaft des Beklagten ausgeschlossen wird, und dessen anwaltliche Vertretung sich dann als nicht erforderlich erweisen werde.
4. Der Senat hält es für sachdienlich, die Auswahl des beizuordnenden Rechtsanwalts und die Bedingungen seiner Beiordnung dem erstinstanzlichen Tatrichter zu überlassen, und sieht deshalb davon ab, selbst darüber zu entscheiden. Die Sache wird deshalb zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - zurückverwiesen.
Ende der Entscheidung
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