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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.03.2001
Aktenzeichen: XII ZB 32/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 233 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
28. März 2001
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber- Monecke und Prof. Dr. Wagenitz
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. Dezember 2000 aufgehoben. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Wert: bis 340.000 DM.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts war dem Kläger gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden verhindert war, die Notfrist zur Einlegung der Berufung einzuhalten. Die Versäumung beruht nicht auf einem ihm zuzurechnenden Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO), sondern ist auf einen von ihm nicht zu vertretenden Fehler des Büropersonals seines Prozeßbevollmächtigten zurückzuführen.
Der Kläger hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch unter Glaubhaftmachung vorgetragen, daß eine bisher stets zuverlässige Fachangestellte seines Prozeßbevollmächtigten die Berufungsschrift am letzten Tag der Berufungsfrist per Telefax abgesandt und dabei die Telefax-Empfängernummer aus der neben dem Telefaxgerät angeschlagenen Liste der Empfängernummern aller Hamburger Gerichte entnommen und eingegeben habe. Nach erfolgter Übermittlung habe sie - entsprechend einer allgemeinen Büroanweisung - das Sendeprotokoll auch auf die richtige Empfängernummer anhand der neben dem Faxgerät befindlichen Liste überprüft. Bei der Eingabe der Empfängernummer wie auch bei deren späterer Überprüfung anhand des Sendeprotokolls habe sie offensichtlich die Nummer des Berufungsgerichts mit der Nummer des Sozialgerichts verwechselt, die sich - durch eine gestrichelte Linie abgegrenzt - eine Spalte tiefer auf der neben dem Telefaxgerät angeschlagenen Nummern-Liste befinde. Diese Verwechslung der Empfängernummer bei der Eingabe in das Telefaxgerät und bei der Gegenkontrolle des Sendeberichts sei nicht erklärlich.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts trifft den Prozeßbevollmächtigten des Klägers ein Organisationsverschulden, das für die Versäumung der Berufungsfrist ursächlich geworden ist. Bei der Übermittlung eines Telefax reiche das vom Prozeßbevollmächtigten angeordnete nachträgliche Abgleichen im Sinne eines erneuten bloßen Ablesens der Empfängernummer aus dem Sendeprotokoll und aus einer neben dem Faxgerät befindlichen Liste der Empfängernummern nicht aus, um die erforderliche Kontrolle des rechtzeitigen Zugangs fristgebundener Schriftsätze zu gewährleisten. Die Gefahr, daß sich der Ablesefehler wiederhole, sei insbesondere bei einem flüchtigen Blick erheblich. Dieser Gefahr könne dadurch vorgebeugt werden, daß die aus der Liste abgelesene Empfängernummer an geeigneter Stelle niedergeschrieben und erst dann mit der Nummer auf dem Sendeprotokoll verglichen werde. Vorzuziehen sei allerdings ein Verfahren, das die Empfängernummer bereits auf dem zu übermittelnden Schriftsatz - quasi als Teil der Empfängeranschrift - dokumentiere, dadurch die Verwechslungsgefahr minimiere und dem Anwalt eine eigene Kontrolle zumindest im Hinblick auf die Einhaltung des Verfahrens ermögliche.
Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Bei der Eingabe der Telefax-Empfängernummer besteht, wenn diese aus einer neben dem Telefaxgerät befindlichen Liste abgelesen wird, eine hohe Verwechslungsgefahr, der - worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist - durch eine geeignete Kontrolle vorgebeugt werden muß (BGH, Beschluß vom 3. Dezember 1996 - XI ZB 20/96 - NJW 1997, 948). Diesem Erfordernis hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers jedoch durch die vorgetragene Anweisung, die in der Liste aufgeführte Empfängernummer mit der vom Sendeprotokoll ausgewiesenen Empfängernummer zu vergleichen, hinreichend Rechnung getragen. Dabei kann offenbleiben, ob das vom Oberlandesgericht empfohlene Verfahren, die einer Liste entnommene Empfängernummer vor der Eingabe in das Faxgerät an geeigneter Stelle niederzuschreiben oder diese Nummer sogar in die Anschrift des zu übermittelnden Schriftsatzes zu übernehmen, allgemein eine noch höhere Kontrollsicherheit als die vom Prozeßbevollmächtigten des Klägers angeordnete Vorgehensweise verbürgt. Der Umstand, daß eine Büro-Fachkraft sich beim Ablesen der Telefax-Empfängernummer aus einer durchaus übersichtlichen Liste gleich doppelt - bei der Eingabe der Telefaxnummer wie auch bei der späteren Kontrolle der vom Sendebericht protokollierten Empfängernummer - irrt, erscheint nämlich als eine so außergewöhnliche Fehlleistung, daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit ihr - jedenfalls bei einer, wie er vorträgt, bislang zuverlässigen Bürokraft - nicht zu rechnen brauchte. Auch durch die vom Oberlandesgericht erwogenen Vorkehrungen könnte ein derart gravierendes Fehlverhalten nicht verläßlich ausgeschlossen werden.
Dem vom Oberlandesgericht angeführten Beschluß des Bundesgerichtshofs (vom 3. Dezember 1996, aaO) läßt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof in einem Falle, in dem ein Schriftsatz aufgrund der Eingabe einer falschen Telefax-Empfängernummer nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen war, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. In dem damals entschiedenen Fall sollte nach einer allgemeinen Anweisung des Prozeßbevollmächtigten im Falle der Übermittlung von Schriftsätzen durch Telefax zwar eine Kontrolle der Sendeberichte stattfinden. Welcher Art diese Kontrolle sein und ob sie sich auch auf die richtige Übermittlung der entscheidenden Empfängernummern erstrecken sollte, war jedoch zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs nicht vorgetragen. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall aber gerade nicht.
Ende der Entscheidung
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