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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.05.2008
Aktenzeichen: XII ZB 34/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 645 | |
ZPO § 646 | |
ZPO § 652 | |
BGB § 288 |
b) Unterhaltsschulden sind beim Vorliegen des Schuldnerverzuges gemäß § 288 Abs. 1 BGB wie andere Geldschulden zu verzinsen.
c) Im vereinfachten Verfahren können gesetzliche Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Festsetzungsantrages (§ 647 Abs. 1 ZPO) auf den zu dieser Zeit rückständigen Unterhalt festgesetzt werden; die Festsetzung künftiger Verzugszinsen ist ausgeschlossen.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 28. Mai 2008
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Mai 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Prof. Dr. Ahlt und Dose
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 3. Februar 2005 aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Simmern vom 9. Dezember 2004 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
"Der aufgrund der Unterhaltsvorschussleistungen des Antragstellers an das Kind Alexandra A. , geboren am 7. Juli 2000, von dem Antragsgegner an den Antragsteller monatlich im Voraus zum ersten eines jeden Monats zu zahlende Kindesunterhalt wird wie folgt festgesetzt:
- ab 1. November 2004 auf 100 % des jeweiligen Regelbetrages der ersten Altersstufe gemäß § 1 RegelbetragVO abzüglich des jeweiligen hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind,
- ab 1. Juli 2006 auf 100 % des jeweiligen Regelbetrages der zweiten Altersstufe gemäß § 1 RegelbetragVO abzüglich des jeweiligen hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind,
- ab 1. Januar 2008 auf 76,1 % des jeweiligen Mindestunterhalts der 2. Altersstufe nach § 36 Nr. 4 EGZPO, § 1612 a BGB abzüglich des jeweiligen hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind.
Die Festsetzung des laufenden Unterhalts erfolgt unter der Bedingung, dass der Antragsteller Unterhaltsvorschussleistungen für das Kind erbringt. Der Nachweis der Zahlung des Unterhaltsvorschusses kann durch eine einfache Bestätigung der Kreiskasse über den gezahlten Unterhaltsvorschuss erfolgen.
Der von dem Antragsgegner an den Antragsteller zu zahlende Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1. April 2004 bis zum 31. Oktober 2004 wird auf 854,00 Euro festgesetzt. Der festgesetzte Unterhaltsrückstand ist mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 3. November 2004 zu verzinsen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner."
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 300 € festgesetzt.
Gründe:
1. Der Antragsteller (im Folgenden: die Unterhaltsvorschusskasse) erbringt für die Tochter des Antragsgegners seit dem Jahre 2004 laufend Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG). Die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht - Familiengericht - setzte auf Antrag der Unterhaltsvorschusskasse im vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO durch Beschluss vom 9. Dezember 2004 den an das Land zu zahlenden rückständigen und laufenden Kindesunterhalt gegen den Antragsgegner fest. Den weitergehenden Antrag der Unterhaltsvorschusskasse, den zugunsten des Landes festgesetzten Unterhalt "ab Rechtshängigkeit" mit einem jährlichen Zinssatz von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen, wies die Rechtspflegerin zurück.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendete sich die Unterhaltsvorschusskasse dagegen, dass das Amtsgericht es abgelehnt hat, im vereinfachten Verfahren Verzugszinsen festzusetzen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 2000 f. veröffentlicht ist, wies die Beschwerde zurück. Hiergegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Unterhaltsvorschusskasse ihr Begehren weiterverfolgt. II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Gegen Beschlüsse des Beschwerdegerichts kann der Bundesgerichtshof in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angerufen werden. Danach ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder wenn das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Eine ausdrückliche Bestimmung bezüglich der Rechtsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidungen nach § 652 Abs. 1 ZPO enthält das Gesetz nicht, so dass die Rechtsbeschwerde in diesen Fällen nur dann stattfinden kann, wenn sie das Beschwerdegericht - wie auch im vorliegenden Fall - zugelassen hat.
An die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht ist der Senat unter den hier vorliegenden Umständen gebunden. Der Bindungswirkung steht nicht entgegen, dass etwa bereits die Erstbeschwerde zum Oberlandesgericht unzulässig gewesen wäre (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse BGHZ 159, 14, 15 und vom 11. Mai 2005 - XII ZB 189/03 - FamRZ 2005, 1481; BGH Beschluss vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112, 1113). Mit Recht hat das Oberlandesgericht die Erstbeschwerde der Unterhaltsvorschusskasse als zulässig angesehen.
1. Allerdings ist eine Zurückweisung des Festsetzungsantrages, die auf dem Fehlen von Verfahrensvoraussetzungen für das vereinfachte Verfahren gemäß §§ 645, 646 Abs. 1 ZPO beruht, gemäß § 646 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht anfechtbar. Soweit es die Rechtspflegerin im vorliegenden Fall abgelehnt hat, die beantragten Zinsen zugunsten des Landes festzusetzen, folgt diese Zurückweisung daraus, dass die Geltendmachung von Zinsen als im vereinfachten Verfahren unzulässig angesehen wurde. Eine Beschwerde der Unterhaltsvorschusskasse gegen die Zurückweisungsentscheidung der Rechtspflegerin müsste daher im Hinblick auf die Unanfechtbarkeit nach § 646 Abs. 2 Satz 3 ZPO an sich als unstatthaft angesehen werden.
Indessen entspricht es wohl überwiegender Auffassung, dass § 646 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur solche Fälle erfasst, in denen der Festsetzungsantrag insgesamt zurückgewiesen worden ist; handelt es sich dagegen - wie im vorliegenden Fall - um eine bloße Teilzurückweisung, muss dem Antragsteller nach dieser Ansicht die Beschwerde zum Oberlandesgericht eröffnet bleiben (vgl. Johannsen/Henrich/Voßkuhle Eherecht 4. Aufl. § 652 ZPO Rdn. 3; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 66. Aufl. § 646 Rdn. 18; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 28. Aufl. § 646 Rdn. 6). Dieser Auffassung ist jedenfalls für den vorliegenden Fall zuzustimmen, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt:
Gegen Entscheidungen des Rechtspflegers, gegen die ein Rechtsmittel nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften nicht gegeben ist, findet die Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG statt. Ein Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschrift ist auch - und insbesondere - dann nicht gegeben, wenn ein solches Rechtsmittel wegen Unanfechtbarkeit der Ausgangsentscheidung nicht statthaft ist. Dem Antragsteller ist aus diesem Grunde bei einer Zurückweisung des Festsetzungsantrages wegen Fehlens der in §§ 645, 646 Abs. 1 ZPO bezeichneten Verfahrensvoraussetzungen die befristete Erinnerung eröffnet, über die der Familienrichter im Falle der Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger abschließend entscheidet (allg. Meinung; vgl. Johannsen/Henrich/Voßkuhle aaO § 646 Rdn. 22; Wendl/Thalmann, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 331a; Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 646 Rdn. 13; vgl. auch Senatsbeschluss vom 28. Mai 2008 - XII ZB 104/06 -; zur Veröffentlichung bestimmt). Allerdings ist dann, wenn im Falle der bloßen Teilzurückweisung des Festsetzungsantrages die Gefahr besteht, dass die Überprüfung des Festsetzungsbeschlusses durch den Familienrichter (auf eine Erinnerung des Antragstellers) und durch das Oberlandesgericht (auf eine Beschwerde des Antragsgegners) zu widersprechenden Entscheidungen führen könnte, eine Zusammenführung der Entscheidungskompetenzen geboten und dem Antragsteller unbeschadet des § 646 Abs. 2 Satz 3 ZPO die sofortige Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel zu eröffnen.
So liegt der Fall auch bei der Ablehnung der Festsetzung von Verzugszinsen. Würde der Familienrichter im Rahmen einer befristeten Erinnerung mit der Frage der Zulässigkeit einer Festsetzung von Zinsen im vereinfachten Verfahren befasst, könnte etwa die Konstellation entstehen, dass der Familienrichter auf die Erinnerung des Antragstellers Verzugszinsen auf Unterhaltsrückstände festsetzt, die nach einer zugunsten des Antragsgegners ergehenden Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts nicht bestehen. Das Oberlandesgericht ist daher im Ergebnis zu Recht von der Statthaftigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen.
2. Aus dem Umstand, dass der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss nicht gemäß § 646 Abs. 2 Satz 3 ZPO unanfechtbar, sondern die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers nach § 652 Abs. 1 ZPO statthaft ist, lässt sich aber nicht folgern, dass dem Antragsteller eines vereinfachten Verfahrens in diesen Fällen die sofortige Beschwerde ohne Bindung an die Beschwerdegründe des § 652 Abs. 2 ZPO eröffnet ist. Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 652 Abs. 2 ZPO gelten in jedem Fall auch für die Beschwerde des Antragstellers (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 28. Mai 2008 - XII ZB 104/06 - mit weiteren Nachweisen; zur Veröffentlichung bestimmt). Sie sind im vorliegenden Fall indessen gegeben, da die Frage der Festsetzbarkeit von Zinsen eine Einwendung hinsichtlich der Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens (§ 648 Abs. 1 ZPO) und damit einen zulässigen Anfechtungsgrund nach § 652 Abs. 2 ZPO betrifft. III.
In der Sache hat die Rechtsbeschwerde teilweise Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Rechtspflegerin habe es zu Recht abgelehnt, die beantragten Verzugszinsen festzusetzen. Das Gesetz sehe in den Vorschriften über das vereinfachte Verfahren lediglich die Festsetzung von Unterhalt (§ 646 Abs. 1 Nr. 4 bis Nr. 6 ZPO) sowie der im Verfahren entstandenen Kosten (§ 649 Abs. 1 ZPO) vor. Das vereinfachte Verfahren sei auf größtmögliche Vereinfachung und Beschleunigung ausgerichtet, weshalb es in weitem Umfang formalisiert sei und den Rechtspfleger von wertenden Beurteilungen freistelle. Damit sei es unvereinbar, wenn im vereinfachten Verfahren geklärt werden müsse, welche Nebenforderungen (Verzugszinsen, Mahnkosten) zuerkannt werden könnten. Auch solle der Rechtspfleger im vereinfachten Verfahren hinsichtlich der Verzugszinsen nicht zu prüfen haben, ob eine ordnungsgemäße Mahnung vorliege und ob der Höhe nach nur die gesetzlichen Mindestzinsen (§ 288 Abs. 1 BGB) oder ein höherer Verzugszins zugesprochen werden könne. Hinsichtlich der Verzugszinsen auf die noch nicht fälligen Unterhaltsbeträge könne der Rechtspfleger zudem nicht beurteilen, ob die prozessualen Voraussetzungen gegeben seien, unter denen künftige Verzugszinsen zugesprochen werden könnten.
Die von dem Antragsteller begehrte Verzinsung ab Rechtshängigkeit könne im vereinfachten Verfahren auch deshalb nicht ausgesprochen werden, weil die Einleitung des vereinfachten Verfahrens keine Rechtshängigkeit herbeiführe, sondern eine Rechtshängigkeit gemäß § 651 Abs. 3 ZPO lediglich bei Überleitung in das streitige Verfahren - dann allerdings mit Rückwirkung auf die Zustellung des Festsetzungsantrages - eintrete.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
2. Die Geltendmachung von Zinsen im vereinfachten Verfahren wird nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass nach dem Wortlaut der §§ 645 Abs. 1, 646 Abs. 1 Nr. 4 bis Nr. 6 ZPO auf Antrag nur der "Unterhalt eines minderjährigen Kindes" gegen den in Anspruch genommenen Elternteil festzusetzen ist. Damit ist lediglich klargestellt, dass ein vereinfachtes Unterhaltsfestsetzungsverfahren in der Hauptsache nur Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes zum Gegenstand haben kann. Es entspricht demgegenüber einem allgemeinen zivilprozessualen Grundsatz (vgl. § 4 Abs. 1, 2. Halbs. ZPO), dass Nebenforderungen - mithin solche Forderungen, die von der eingeklagten Hauptsache abhängig sind - im Verfahren ohne Erhöhung des Streitwerts und damit ohne zusätzliche Kosten neben der Hauptsache geltend gemacht werden können. Gerade in einem Verfahren, welches auch der Kostenersparnis dienen soll, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, die Titulierung von kostenrechtlich privilegierten Nebenforderungen in jedem Falle auszuschließen und den Gläubiger nur wegen dieser Nebenforderungen auf eine mit zusätzlichen Kosten verbundene Individualklage zu verweisen.
3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann die Unterhaltsvorschusskasse die von ihr beantragte Festsetzung von Zinsen gegen den Antragsgegner indessen nicht auf einen vom Eintritt des Schuldnerverzuges unabhängigen Anspruch auf Prozesszinsen (§ 291 BGB) stützen. Zwar unterliegt es keinem Zweifel, dass § 291 BGB grundsätzlich auch auf Unterhaltsforderungen anzuwenden ist (Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 3/86 - FamRZ 1987, 352). Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Prozesszinsen sind unter den hier vorliegenden Umständen aber nicht gegeben.
Gemäß § 291 Abs. 1 BGB hat der Schuldner eine Geldschuld vom Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen; der Begriff der Rechtshängigkeit wird dabei verfahrensrechtlich verstanden (MünchKomm/Ernst BGB 5. Aufl. § 291 Rdn. 8). Nach den Grundsätzen der Zivilprozessordnung ist ein materiell-rechtlicher Anspruch rechtshängig, solange über ihn ein kontradiktorisches Erkenntnisverfahren durchgeführt wird. Die Zustellung eines Festsetzungsantrages gemäß § 647 Abs. 1 ZPO steht in dieser Hinsicht der Erhebung einer Klage (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO) allerdings nicht gleich. Die Erhebung einer Klage ist von vornherein auf die streitige Entscheidung der Rechtssache durch ein Urteil gerichtet. Das vereinfachte Verfahren zielt dagegen - ähnlich wie das Mahnverfahren - darauf ab, dem Gläubiger einen einfachen und schnellen Weg zur Erlangung eines Vollstreckungstitels ohne vorherige Sachverhandlung und Sachentscheidung durch den Rechtspfleger zu eröffnen (vgl. zum Mahnverfahren BGH Urteile vom 8. März 1977 - VI ZR 111/76 - NJW 1977, 1149 f. und vom 16. Dezember 1987 - VII ZR 4/87 - NJW 1988, 1980, 1981). In diesem Verfahren tritt keine Rechtshängigkeit wie in einem streitigen Verfahren ein. Das vereinfachte Verfahren als besondere Prozessart ist erst dann beendet und geht in ein kontradiktorisches Verfahren über, wenn der Antragsgegner gegenüber dem Festsetzungsantrag nicht zurückzuweisende oder zulässige Einwendungen erhebt und eine Partei daraufhin die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt (§§ 650 Abs. 1, 651 ZPO). Das war hier indessen nicht der Fall.
Auch Sinn und Zweck des § 291 BGB gebieten es nicht, dem Antragsteller eines vereinfachten Verfahrens einen Anspruch auf Prozesszinsen ab Zustellung des Festsetzungsantrages zuzubilligen. Der Anspruch auf Prozesszinsen findet seinen Rechtsgrund allein in der Rechtshängigkeit; er soll das Verhalten des Schuldners sanktionieren, der seinen Gläubiger zu Unrecht zu einer Klageerhebung zwingt und damit einem Prozessrisiko aussetzt (vgl. BGH Urteil vom 5. Januar 1965 - VI ZR 24/64 - NJW 1965, 531, 532; MünchKomm/Ernst BGB 5. Aufl. § 291 Rdn. 1; Wilske/Schweda MDR 2006, 191, 192 f.). In einem Beschlussverfahren, das von vornherein nicht auf eine streitige Sachentscheidung ausgerichtet ist, bedarf es einer solchen Sanktion nicht.
4. Zutreffend ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass die Zuerkennung künftiger Verzugszinsen auf noch nicht fällige Unterhaltsraten im vereinfachten Verfahren nicht in Betracht kommt. Dies ergibt sich schon daraus, dass etwaige Verzugszinsen, die beansprucht werden können, wenn wiederkehrende Leistungen nicht rechtzeitig erbracht werden, vom künftigen Zahlungsverhalten des Gläubigers abhängen und deshalb in ihrer Entstehung ungewiss sind. Anders als die künftigen Unterhaltsraten sind die Verzugszinsen daher keine wiederkehrenden Leistungen im Sinne von § 258 ZPO, so dass sie nur unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO bei der Besorgnis der Leistungsverweigerung zuerkannt werden können (vgl. OLG Koblenz FamRZ 1980, 583, 585; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 704, 706; MünchKomm/Becker-Eberhard ZPO 3. Aufl. § 258 Rdn. 9; Musielak/Foerste aaO § 258 Rdn. 3; Stein/Jonas/Schumann ZPO 21. Aufl. § 259 Rdn. 2). Für die Klärung der damit zusammenhängenden Fragen ist in dem vereinfachten Verfahren nach den §§ 645 ff. ZPO kein Raum.
Das vereinfachte Verfahren soll nicht nur der Kostenersparnis, sondern auch und insbesondere der zügigen Schaffung eines Vollstreckungstitels dienen (vgl. BT-Drucks. 13/7338, S. 36). Aus diesem Grunde ist es auf größtmögliche Vereinfachung und Beschleunigung ausgerichtet und in weitem Umfang schematisiert. Es soll den Rechtspfleger davon entheben, im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung wertende Beurteilungen abgeben zu müssen (DIJuF-Rechtsgutachten vom 30. April 2002, JAmt 2002, 251, 252). Die dem Antragsteller nach § 646 Abs. 1 ZPO obliegenden Angaben - auch zur tatsächlichen Begründung des geltend gemachten Anspruchs - umschreiben zwar lediglich den notwendigen Mindestinhalt eines ordnungsgemäßen verfahrenseinleitenden Antrags; andererseits werden dadurch im Hinblick auf das Vereinfachungs- und Beschleunigungsgebot aber auch die Maßstäbe für die sachliche Prüfung durch den Rechtspfleger gesetzt. Er soll sich bei der materiellen Prüfung grundsätzlich auf die Frage beschränken können, ob die gemäß § 646 Abs. 1 ZPO von dem Antragsteller zu machenden Angaben - ihre Richtigkeit unterstellt - den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe rechtfertigen. In diesem schematisierten Verfahren können künftige Zinsen deshalb nicht festgesetzt werden (vgl. ebenso Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO aaO § 646 Rdn. 2; Vogel FPR 2002, 628, 632; Runge JAmt 2002, 110; van Els RPfleger 2003, 477, 479; DIJuF-Rechtsgutachten vom 30. April 2002 JAmt 2002, 251, 252).
5. Nicht uneingeschränkt gefolgt werden kann dem Oberlandesgericht jedoch in seiner Auffassung, dass die Geltendmachung gesetzlicher Verzugszinsen auch für rückständigen Unterhalt im vereinfachten Verfahren ausgeschlossen sei.
a) Es entspricht ganz überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Vorschriften über die Verzinsung einer Geldschuld bei Schuldnerverzug (§§ 288, 286 BGB) auch für Unterhaltsforderungen gelten (OLG Hamburg FamRZ 1984, 87; OLG München FamRZ 1984, 310, 311; OLG Hamm FamRZ 1984, 478; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 704, 706; Palandt/Heinrichs BGB 67. Aufl. § 288 Rdn. 6; MünchKomm/Ernst aaO § 288 Rdn. 13; Erman/Hager BGB 11. Aufl. § 288 Rdn. 6; Bamberger/Roth/Unberath BGB § 288 Rdn. 2; Wendl/Gerhardt aaO § 6 Rdn. 132; Johannsen/Henrich/ Graba aaO § 1613 Rdn. 8; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 269; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Rdn. IV 1265; offen gelassen im Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 3/86 - FamRZ 1987, 352).
Soweit hiergegen eingewendet worden ist, dass die Verzinsungspflicht gemäß § 288 Abs. 1 BGB Unterhaltsforderungen nicht erfassen könne, weil Unterhalt zur Deckung des aktuellen Lebensbedarfs, nicht aber zur verzinslichen Anlage bestimmt sei (vgl. OLG Celle FamRZ 1983, 525 mit zust. Anm. Brüggemann, S. 525 ff.), ist dem bereits entgegenzuhalten, dass die Zuerkennung von Verzugszinsen nach ihrem Sinn und Zweck nicht nur einen gesetzlich fingierten Mindestschaden des Gläubigers ausgleichen, sondern daneben auch bewirken soll, dass dem Schuldner durch die Abschöpfung der möglichen Vorteile aus der Leistungsverzögerung der Anreiz zur Zahlungsverzögerung genommen wird. Gerade dieser präventive Gedanke, den Schuldner durch die Androhung eines Verzugszinses davon abzuhalten, bei Liquiditätsschwierigkeiten durch Unterlassen der fälligen Zahlung statt eines Bankkredits einen günstigen "Gläubigerkredit" in Anspruch zu nehmen, ist zuletzt im Zusammenhang mit der Erhöhung des Verzugszinses durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I, S. 330) in den Vordergrund getreten (vgl. BT-Drucks. 14/1246, S. 5).
b) Im Ausgangspunkt beizutreten ist dem Oberlandesgericht in der Einschätzung, dass dem Rechtspfleger im vereinfachten Verfahren nicht die materielle Prüfung abverlangt werden kann, ob und wann der Antragsgegner mit den rückständigen Unterhaltsraten schon vor Einleitung des Verfahrens durch eine Mahnung in Verzug geraten ist. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde lässt sich dies nicht ohne weiteres anhand der gemäß § 646 Abs. 1 Nr. 5 ZPO erforderlichen Angaben beurteilen. Nach dieser Vorschrift hat der Antragsteller für den Fall der Geltendmachung von Unterhaltsrückständen anzugeben, wann die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 2 BGB vorgelegen haben. Dieser Zeitpunkt muss indessen nicht mit dem Zeitpunkt identisch sein, von dem an der Gläubiger Verzugszinsen auf die nicht gezahlten Unterhaltsraten verlangen kann. Denn die bloße Aufforderung zur Auskunft im Sinne von § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB eröffnet dem Unterhaltsgläubiger zwar die rechtliche Möglichkeit, Unterhalt auch für die Vergangenheit zu fordern; der Unterhaltsschuldner wird dadurch aber nach allgemeiner Meinung nicht in einer den Schuldnerverzug nach § 286 Abs. 1 BGB begründenden und damit einen etwaigen Zinsanspruch nach § 288 Abs. 1 BGB auslösenden Weise zur Leistung aufgefordert (MünchKomm/Born BGB 4. Aufl. § 1613 Rdn. 18; Johannsen/ Henrich/Graba aaO § 1613 Rdn. 2; DIJuF-Rechtsgutachten vom 30. April 2002 JAmt 2002, 251). Es wären daher Darlegungen erforderlich, die über die Angaben nach § 646 Abs. 1 Nr. 5 ZPO hinausgehen und die dementsprechend einen höheren Prüfungsaufwand erfordern. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Unterhaltsschuldner in der Vergangenheit bereits Teilleistungen erbracht hat. In diesem Falle müsste der Rechtspfleger wegen der möglichen Auswirkungen auf eine Beendigung des Schuldnerverzuges bei älteren Unterhaltsforderungen beurteilen, ob den Teilzahlungen eine ausdrückliche oder stillschweigende Leistungsbestimmung zugrunde lag oder ob sie in Ermangelung einer solchen Bestimmung nach § 366 Abs. 2 BGB anzurechnen wären. Für eine solche Prüfung ist im Rahmen eines weitgehend schematisierten Verfahrens kein Raum.
c) Diese Bedenken können aber nicht erhoben werden, soweit für den Beginn der Verzinsung wegen der Unterhaltsrückstände nicht auf eine vom Antragsteller besonders darzulegende Mahnung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern auf die einer Mahnung gleichstehende gerichtliche Geltendmachung (§ 286 Abs. 1 Satz 2 BGB) der bereits fällig gewordenen Unterhaltsraten abgestellt wird. Nach § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB treten die Verzugsfolgen wie bei der Mahnung auch bei der Erhebung der Leistungsklage sowie bei der Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren ein. Die Vorschrift ist auch auf andere Formen gerichtlicher Geltendmachung einer Geldforderung entsprechend anzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 351/81 - NJW 1983, 2318, 2320: Zustellung eines Antrages auf einstweilige Anordnung; Senatsurteil vom 15. November 1989 - IVb ZR 3/89 - FamRZ 1990, 283, 285: Zugang eines Prozesskostenhilfegesuchs), so dass jedenfalls die Zustellung des Festsetzungsantrages (§ 647 Abs. 1 ZPO) schon wegen der dem Mahnverfahren ähnlichen Ausgestaltung des vereinfachten Verfahrens als verzugsbegründender Vorgang im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB anzusehen ist.
Wird der Zinsanspruch demzufolge auf den Zeitpunkt der Zustellung des Festsetzungsantrages bezogen, beschränkt sich die Tätigkeit des Rechtspflegers darauf, diesen Zeitpunkt aus den Akten festzustellen, um anschließend die Verzinsung der Unterhaltsrückstände mit dem gesetzlichen Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von diesem Zeitpunkt an aussprechen zu können. Umfangreicher materieller Prüfungen oder einer wertenden Beurteilung bedarf es insoweit nicht, so dass der Vereinfachungs- und Beschleunigungsgrundsatz des vereinfachten Verfahrens nicht in Frage gestellt wird. Soweit das Oberlandesgericht auch insoweit Bedenken trägt, vermag der Senat dem nicht zu folgen:
aa) Das Problem, ob der Antragsteller möglicherweise höhere Zinsen als den gesetzlichen Verzugszins beanspruchen kann (§ 288 Abs. 4 BGB), könnte sich nur dann stellen, wenn eine höhere Zinsforderung tatsächlich geltend gemacht werden würde. Selbst wenn die Überprüfung der höheren Zinsforderung auf ihre Schlüssigkeit den Prüfungsumfang des vereinfachten Verfahrens übersteigen sollte - was nicht von der Hand zu weisen ist -, ist nichts dagegen zu erinnern, dem Antragsteller ohne weitergehende Prüfung der Schadenshöhe zumindest den gesetzlichen Verzugszins als gesetzlich fingierten Mindestschaden zuzusprechen. Mehr war im vorliegenden Fall auch nicht beantragt worden.
bb) Auch die vom Oberlandesgericht aufgeworfene Frage, welche Nebenforderungen durch den Rechtspfleger überhaupt zuerkannt werden könnten und wo im Hinblick auf andere verzugsbedingte Sekundäransprüche (insbesondere Schadenersatzforderungen) die Grenzen hierfür zu ziehen seien, stellt sich nicht. Denn der Rechtspfleger hat nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits vor Einleitung des Verfahrens vorgelegen haben. Aus diesem Grunde kommt die Festsetzung von anderen Nebenforderungen (etwa Mahnkosten), die ihre Begründung notwendigerweise in einem Schuldnerverzug vor Zustellung des Feststellungsantrages haben, von vornherein nicht in Betracht.
d) Demzufolge waren auf die bei Zustellung des Festsetzungsantrages am 3. November 2004 bereits fälligen Unterhaltszahlungen von diesem Zeitpunkt an die gesetzlichen Verzugszinsen (§ 288 Abs. 1 BGB) zuzuerkennen. Bereits das Oberlandesgericht hat insoweit zutreffend erkannt, dass die von der Unterhaltsvorschusskasse beantragte Zuerkennung von Zinsen "ab Rechtshängigkeit" - schon im Auslegungsrückgriff auf § 651 Abs. 3 ZPO - dahin verstanden werden kann, dass jedenfalls eine Verzinsung ab Zustellung des Festsetzungsantrages begehrt wird.
e) Für die Zeit ab 1. Januar 2008 war der Unterhalt nach § 36 Nr. 3 a, 4 EGZPO als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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