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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.10.2008
Aktenzeichen: XII ZB 34/08
Rechtsgebiete: BGB, SGB VI


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 2
SGB VI § 76 Abs. 7
SGB VI § 77 Abs. 2 Nr. 2 a
Hat ein Ehegatte während der Ehezeit vorzeitig Altersrente in Anspruch genommen, muss der bis zum Ende der Ehezeit nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI geminderte Zugangsfaktor in verfassungskonformer Auslegung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 22. Juni 2005 XII ZB 117/03 FamRZ 2005, 1455 und vom 9. Mai 2007 XII ZB 77/06 FamRZ 2007, 1542).
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 34/08

vom 1. Oktober 2008

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:

Gründe:

1. Der Antragstellerin wird als Rechtsbeschwerdeführerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Wassermann beigeordnet.

2. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 17. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen vom 22. Januar 2008 aufgehoben.

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 1 wird das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 29. Mai 2007 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Abs. 2 des Tenors) geändert und insoweit neu gefasst:

Vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 8,46 €, bezogen auf den 30. September 2006 und umzurechnen in Entgeltpunkte (Ost), übertragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 2.000 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten noch um die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs.

Sie hatten am 18. Januar 1964 die Ehe geschlossen. Auf den Scheidungsantrag der Antragstellerin (Ehefrau), der dem Antragsgegner (Ehemann) am 17. Oktober 2006 zugestellt worden ist, hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt.

In der Ehezeit (1. Januar 1964 bis 30. September 2006; § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien sowohl angleichungsdynamische als auch nicht angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Der Ehezeitanteil der Vollrente wegen Alters des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (im Folgenden DRV Bund) beläuft sich auf einen nicht angleichungsdynamischen Anteil in Höhe von 207,65 € und einen angleichungsdynamischen Anteil in Höhe von 1.001,69 €. Der Ehezeitanteil der von der Ehefrau bereits vor Ende der Ehezeit seit dem 1. Januar 2005, also mit Vollendung des 60. Lebensjahres, bezogenen Altersrente für Frauen bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (im Folgenden DRV Berlin-Brandenburg) beläuft sich - ohne Berücksichtigung des Zugangsfaktors - auf einen nicht angleichungsdynamischen Teil in Höhe von 312,84 € und einen angleichungsdynamischen Teil in Höhe von 630,34 €.

Zusätzlich hat die Ehefrau bei Ende der Ehezeit eine volldynamische Betriebsrente bei der Deutschen Post AG mit einem Ehezeitanteil von monatlich 275,47 € sowie eine statische Betriebsrente bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost mit einem Ehezeitanteil von monatlich 51,27 € bezogen.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es im Wege des Splittings vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der DRV Bund auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der DRV Berlin-Brandenburg Rentenanwartschaften in Höhe von 135,17 €, bezogen auf den 30. September 2006 als Ende der Ehezeit und umrechenbar in Entgeltpunkte (Ost), übertragen hat. Auf die Beschwerde des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 1 hat das Kammergericht die Entscheidung abgeändert. Es hat im Wege des analogen Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Betriebsrente der Ehefrau bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost Rentenanwartschaften in Höhe von 2,29 € und im Wege des erweiterten Splittings zu Lasten der Rentenanwartschaften der Ehefrau bei der DRV Berlin-Brandenburg Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 18,97 €, jeweils bezogen auf den 30. September 2006 und umrechenbar in allgemeine Entgeltpunkte, auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der DRV Bund übertragen. Dagegen richtet sich die - vom Kammergericht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Ehefrau. II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

1. Das Kammergericht hat auf Seiten der Ehefrau den Ehezeitanteil der Betriebsrente bei der Deutschen Post AG in Höhe von monatlich 275,47 € berücksichtigt und die weitere statische Betriebsrente bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost von ehezeitlich 51,27 € unter Anwendung der Tabelle 7 der Barwert-Verordnung in ein volldynamisches Anrecht von 33,20 € umgerechnet. Außerdem hat es auf Seiten der Ehefrau die vollen angleichungsdynamischen und die nicht angleichungsdynamischen Rentenanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen. Dabei hat es sich der Rechtsauffassung der weiteren Beteiligten zu 1 angeschlossen und - abweichend von der Rechtsprechung des Senats - trotz Rentenbeginns vor Ende der Ehezeit den geminderten Zugangsfaktor für die gesetzliche Rente der Ehefrau unberücksichtigt gelassen.

Unter Berücksichtigung des Ehezeitanteils der Rente des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung hat es eine Ausgleichspflicht der Ehefrau in Höhe von insgesamt 21,26 € errechnet.

2. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.

a) Soweit das Beschwerdegericht bei der Ermittlung der ehezeitlich erworbenen Anwartschaften der Ehefrau den Zugangsfaktor trotz vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente vor Ende der Ehezeit unberücksichtigt gelassen hat, widerspricht dies der Rechtsprechung des Senats.

Zwar ist der Zugangsfaktor nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB bei der Wertermittlung von Rentenanrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich unberücksichtigt zu lassen. Diese Regelung ist jedoch zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Zugangsfaktor bei der Berechnung des Ehezeitanteils nur dann und insoweit außer Betracht bleibt, als die für die Herabsetzung des Faktors maßgeblichen Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs nicht in der Ehezeit zurückgelegt worden sind (Senatsbeschlüsse vom 22. Juni 2005 - XII ZB 117/03 - FamRZ 2005, 1455, 1458 und vom 9. Mai 2007 - XII ZB 77/06 - FamRZ 2007, 1542, 1543 f.; vgl. auch FAKomm-FamR/Rehme 3. Aufl. § 1587 a BGB Rdn. 93 ff.; Staudinger/Rehme BGB [2004] § 1587 a Rdn. 240 ff.; AnwK-BGB/Hauß § 1587 a Rdn. 99; vgl. auch Soergel/Häußermann BGB [2000] § 1587 a Rdn. 241; kritisch FA-FamR/Gutdeutsch 6. Aufl. 7. Kap. Rdn. 47 a; a.A. Gutdeutsch FamRB 2007, 358, 359). Denn soweit die bereits zurückgelegten Kalendermonate vorzeitigen Rentenbezugs in die Ehezeit fallen, steht bereits fest, dass der Versicherte eine gesetzliche Altersrente mit dem Zugangsfaktor 1,0 nicht mehr erreichen kann, so dass eine fiktive Berechnung des Altersruhegeldes mit diesem Zugangsfaktor dem wirklichen Wert seiner Versorgung am Ende der Ehezeit nicht entspricht (vgl. § 77 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI). Es wäre dann mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht in Einklang zu bringen, wenn der Zugangsfaktor auch insoweit unberücksichtigt bliebe, als die für seine Veränderung maßgeblichen Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs in die Ehezeit fallen (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 117/03 - FamRZ 2005, 1455, 1458; zum erhöhten Zugangsfaktor bei schon während der Ehezeit hinausgeschobenem Leistungsbeginn vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 115/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).

aa) Soweit gegen die Einbeziehung des Zugangsfaktors in die Bewertung eines Anrechts nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB eingewandt wird, sie führe zu einer doppelten Berücksichtigung des Zugangsfaktors, weil dieser bereits in die Berechnung der Monatsrente durch den Rententräger einfließe, indem die für die Rente maßgeblichen persönlichen Entgeltpunkte gemäß §§ 64, 66 Abs. 1, 77 Abs. 1 SGB VI mit dem Zugangsfaktor multipliziert würden (Bergner NJW 2008, 271, 273; Schmeiduch NZS 2006, 240, 242 ff.; Rahm/Künkel/ Schmeiduch Handbuch des Familiengerichtsverfahrens V Rz. 135 ff., 137; Brudermüller NJW 2005, 3187, 3191 und Kemnade FamRZ 2005, 1751 f.) überzeugt dies im Ergebnis nicht.

Richtig ist allerdings, dass die Bewertung eines Anrechts nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors nicht dazu führen darf, dass der Versorgungsausgleich im Ergebnis zu Lasten des Rentenversicherers geht. Dies wäre der Fall, wenn die ehezeitlichen Versorgungsanrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten unter Berücksichtigung eines (die ehezeitlichen Verminderungszeiten erfassenden) Zugangsfaktors berechnet und die sich daraus (allein durch Division mit dem aktuellen Rentenwert bei Ende der Ehezeit) ergebenden Entgeltpunkte in Folge des Versorgungsausgleichs gemäß § 76 Abs. 1 bis 3, 7 SGB VI erneut um den Zugangsfaktor gekürzt würden (so aber Bergner NJW 2008, 271). Dann würden die sich aufgrund des Abschlags beim Versorgungsausgleich ergebenden und für die Rentenberechnung maßgebenden Entgeltpunkte gemäß § 66 Abs. 1 SGB VI nochmals mit einem - nunmehr alle Verminderungszeiten erfassenden - Zugangsfaktor multipliziert. Die bereits im Abschlag berücksichtigten Verminderungszeiten würden mithin - über die Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte nach § 66 Abs. 1 SGB VI - erneut zu einer Verkürzung des Abschlags führen. Dieser zweimaligen Verkürzung des Abschlags beim ausgleichspflichtigen Ehegatten stünde aber nur eine einmalige Kürzung des Zuschlags gegenüber, um den die Entgeltpunkte des ausgleichsberechtigten Ehegatten aufgrund des Versorgungsausgleichs zu erhöhen sind. Der Wertausgleich wäre somit nicht kostenneutral, weil der Versicherungsträger dem Ausgleichsberechtigten einen Beitrag zu leisten hätte, der über der gekürzten, dem Versorgungsausgleich zugrunde liegenden Altersrente des Ausgleichspflichtigen läge (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Mai 2007 - XII ZB 77/06 - FamRZ 2007, 1542, 1543; vgl. auch Bergner NJW 2008, 271).

bb) Soweit das Kammergericht daraus - mit den schon genannten Stimmen in der Literatur - die Folgerung zieht, der Zugangsfaktor dürfe auch dann nicht beim Versorgungsausgleich berücksichtigt werden, wenn er auf einem Rentenbeginn vor Ende der Ehezeit beruht, verkennt es, dass der Versorgungsausgleich im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB durch Übertragung von Rentenanwartschaften und nicht durch Übertragung von Entgeltpunkten erfolgt (zur Änderung durch den Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs - VAStrRefG vgl. BR-Drucks. 343/08 S. 187). Schon wegen des Halbteilungsgrundsatzes ist es deswegen ausgeschlossen, dem Versorgungsausgleich die vollen ehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaften zugrunde zu legen, wenn durch einen vorzeitigen Rentenbeginn vor Ende der Ehezeit nicht nur die beim Ausgleichspflichtigen verbleibende Hälfte dieser Anwartschaften, sondern von Rentenbeginn bis Ehezeitende der gesamte Ehezeitanteil nach den §§ 64, 77 Abs. 2 Nr. 2 a BGB entsprechend gemindert ist. Gerade darin liegt der Unterschied zu einem vorzeitigen Rentenbeginn nach Ende der Ehezeit, weil in solchen Fällen nur der beim Ausgleichspflichtigen verbleibende hälftige Ehezeitanteil zeitlich gestreckt und damit zur Höhe vermindert wird. Wie die vom Familiengericht zur Wahrung der Halbteilung übertragenen Rentenanwartschaften infolge des Versorgungsausgleichs nach § 76 SGB VI in die im Rentenrecht ausschlaggebenden sozialrechtlichen Werteinheiten umgesetzt werden, ist erst eine Folgeentscheidung des Versorgungsausgleichs und muss sich daran orientieren. Ein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz ist jedenfalls schon dann ausgeschlossen, wenn im Rahmen der sozialrechtlichen Umsetzung beachtet wird, dass aus den im Versorgungsausgleich vom Ausgleichspflichtigen auf den Ausgleichsberechtigten übertragenen Rentenanwartschaften nach § 76 SGB VI keine unterschiedlich hohen Zu- oder Abschläge errechnet werden dürfen. Bei richtiger Anwendung des § 76 SGB VI können aus einem Ausgleichsbetrag, der im Versorgungsausgleich für den Ausgleichspflichtigen und den Ausgleichsberechtigten einheitlich errechnet wurde, keine unterschiedlich hohen Zu- oder Abschläge entstehen.

Nur die vom Senat aufgezeigte Methode gewährleistet, dass das auszugleichende laufende Anrecht der Antragstellerin mit seinem wirklichen Wert zum Stichtag Ehezeitende - und nicht mit einem fiktiven höheren Wert, der bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr erreicht werden kann - bei der Berechnung des Ausgleichsbetrages Berücksichtigung findet und dem in § 1587 a Abs. 1 BGB normierten Halbteilungsgrundsatz Rechnung getragen wird (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 117/03 - FamRZ 2005, 1455, 1458). Ein Wertausgleich zulasten des Rentenversicherers kann deswegen nicht dadurch vermieden werden, dass - entgegen der Senatsrechtsprechung - der Zugangsfaktor bei der Bewertung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB auch insoweit außer Betracht bleibt, als Verminderungszeiten innerhalb der Ehezeit zurückgelegt wurden. Die Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs kann nämlich auf andere Weise sichergestellt werden.

Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs werden die übertragenen Rentenanwartschaften nach § 76 Abs. 4 SGB VI durch eine Division mit dem aktuellen Rentenwert bei Ende der Ehezeit in Entgeltpunkte umgerechnet. Dabei bleibt der Zugangsfaktor zunächst also unberücksichtigt. Daraus folgt allerdings, dass die so errechneten Entgeltpunkte nicht ohne Berücksichtigung der bei den geschiedenen Ehegatten gegebenenfalls unterschiedlichen Zugangsfaktoren nach § 66 Abs. 1 SGB VI ausgeglichen werden können. Deswegen ist der Zuschlag oder Abschlag nach § 76 Abs. 7 SGB VI unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors zu ermitteln. Der versorgungsausgleichsbedingte Zu- und Abschlag an Entgeltpunkten ist also erst vorzunehmen, nachdem zuvor die Entgeltpunkte gemäß § 66 SGB VI mit dem für jeden Ehegatten geltenden Zugangsfaktor multipliziert worden und somit zu persönlichen Entgeltpunkten geworden sind. Damit wird vermieden, dass der Abschlag doppelt - nämlich über die Berechnung der Rentenanwartschaften im Versorgungsausgleich und nochmals über die Bildung der persönlichen Entgeltpunkte - vermindert wird (Senatsbeschluss vom 9. Mai 2007 - XII ZB 77/06 - FamRZ 2007, 1542, 1543).

Soweit diese Berechnung erreicht, dass der Ehegatte, der schon während der Ehezeit vorzeitig Rente bezogen hat, geringere persönliche Entgeltpunkte nach § 76 Abs. 7 SGB VI zu- oder abgeschlagen bekommt, als es umgekehrt bei dem anderen Ehegatten ohne vorzeitigen Rentenbeginn der Fall ist, liegt darin kein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz. Denn die geringeren persönlichen Entgeltpunkte wirken sich über die statistisch längere Rentenzeit nach vorzeitigem Rentenbeginn entsprechend stärker aus. Der Senat hält deswegen auch weiterhin an seiner Rechtsprechung fest, wonach im Versorgungsausgleich der ehezeitliche Anteil eines vorzeitigen Rentenbeginns durch den Zugangsfaktor zu berücksichtigen ist.

cc) Weil die Ehefrau ihre vorgezogene Altersrente für Frauen bereits seit dem 1. Januar 2005 und somit bereits 21 Monate vor Ende der Ehezeit bezogen hat, sind ihre ehezeitlich erworbenen Anwartschaften nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI um (21 Monate x 0,3 % =) 6,3 % zu kürzen. Das ergibt die von der DRV Berlin-Brandenburg richtig berechneten Beträge von (312,84 € x 93,7 % =) 293,13 € nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften und (630,34 € x 93,7 % =) 590,63 € angleichungsdynamische Rentenanwartschaften.

b) Im Ergebnis zutreffend hat das Kammergericht den Versorgungsausgleich durch Verrechnung aller ehezeitlich erworbenen Anrechte durchgeführt, obwohl beide Ehegatten während der Ehezeit neben nichtangleichungsdynamischen auch angleichungsdynamische Rentenanwartschaften im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG erworben haben.

aa) Zwar scheidet ein getrennter Ausgleich dieser unterschiedlichen Rentenanwartschaften nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG aus, weil der Ehemann zwar höhere angleichungsdynamische Rentenanwartschaften, aber geringere nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften erworben hat als die Ehefrau.

Gleichwohl ist der Versorgungsausgleich hier schon vor der Einkommensangleichung durchzuführen, weil beide Parteien bereits Rentner sind und deswegen aus dem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht Leistungen zu erbringen und zu kürzen wären (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG).

bb) Soweit das Kammergericht diesen Ausgleich ohne Berücksichtigung eines Angleichungsfaktors nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 a VAÜG durchgeführt hat, ist auch dies im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Eine Saldierung angleichungsdynamischer Anrechte mit sonstigen Anrechten wird nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 a VAÜG dadurch ermöglicht, dass eine zwischen dem Ehezeitende und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eingetretene, auf der besonderen Dynamik der Renten im Beitrittsgebiet beruhende Wertsteigerung durch einen so genannten Angleichungsfaktor erfasst wird, mit dem der auf das Ehezeitende bezogene Nominalwert des Anrechts zu multiplizieren ist. Dieser Angleichungsfaktor ergibt sich für Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung aus der Entwicklung des Verhältnisses des aktuellen Rentenwerts (Ost) zum aktuellen Rentenwert (West) in der Zeit zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 3 VAÜG Rdn. 9 f.; Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rdn. 230; Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rdn. 276).

Weil sich der aktuelle Rentenwert (Ost) gegenüber dem aktuellen Rentenwert (West) seit Juli 2003 annähernd gleich entwickelt hat (vgl. FamRZ 2008, 115), beläuft sich der nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 a SGB VI vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichte Angleichungsfaktor für diese Zeit auf 1,0 (vgl. Bekanntmachung der Angleichungsfaktoren für den Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung vom 26. Juni 2008; BGBl. I 2008 S. 1101). Für das hier relevante Ehezeitende am 30. September 2006 können deswegen im Rahmen des leistungsbedingt notwendigen vorzeitigen Versorgungsausgleichs angleichungsdynamische Rentenanwartschaften und nichtangleichungsdynamische Anwartschaften ohne weiteres saldiert werden.

c) Der Summe der Ehezeitanteile in der gesetzlichen Rentenversicherung der Ehefrau hat das Kammergericht zutreffend den volldynamischen Ehezeitanteil ihrer Betriebsrente bei der Deutschen Post AG in Höhe von 275,47 € hinzugerechnet. Den Ehezeitanteil der statischen Betriebsrente der Ehefrau aus ihrer VAP-Versicherung hat das Oberlandesgericht ebenso zutreffend und auch von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen in ein volldynamisches Anrecht in Höhe von 33,20 € umgerechnet (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 20. September 2006 - XII ZB 248/03 - FamRZ 2007, 23, 25). Damit ergeben sich für die Ehefrau (nichtangleichungsdynamische und angleichungsdynamische) ehezeitliche Anrechte in Höhe von insgesamt (293,13 € + 590,63 € + 275,47 € + 33,20 € =) 1.192,43 €.

Den ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechten der Ehefrau hat das Kammergericht ebenso zutreffend die Summe der (nichtangleichungsdynamischen und angleichungsdynamischen) ehezeitlich erworbenen Rentenanrechte des Ehemannes in Höhe von (207,65 € + 1.001,69 € =) 1.209,34 € gegenübergestellt. Damit übersteigt der Ehezeitanteil der gesetzlichen Rente des Ehemannes die Ehezeitanteile der Renten der Ehefrau um (1.209,34 € - 1.192,43 € =) 16,91 €. In Höhe der Hälfte dieser Differenz, also in Höhe von (16,91 € : 2 =) 8,46 € sind deswegen Versorgungsanrechte zulasten des Ehemannes auf das Versicherungskonto der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung zu übertragen.

d) Weil der Ehemann mit den werthöheren auszugleichenden Anrechten auch die werthöheren angleichungsdynamischen Anrechte erworben hat, ist der Monatsbetrag der mit 8,46 € zu übertragenden Rentenanwartschaften nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 a VAÜG in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Ende der Entscheidung

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