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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: XII ZB 36/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1587 Abs. 1 | |
BGB § 1587 Abs. 3 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 14. März 2007
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 30. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 17. Januar 2005 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.375,88 €
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um den Versorgungsausgleich.
Die Ehegatten, die am 7. März 1988 miteinander die Ehe geschlossen haben, lebten im Güterstand der Gütergemeinschaft, die noch nicht auseinandergesetzt ist. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin, geb. 3. August 1963) wurde dem Ehemann (Antragsgegner, geb. am 4. Februar 1962) am 31. März 2001 zugestellt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe durch Verbundurteil geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
In der Ehezeit (1. März 1988 bis 28. Februar 2001, § 1587 Abs. 2 BGB) hat der Ehemann Anrechte bei der Land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben (im Folgenden: Land- und forstwirtschaftliche Alterskasse) in Höhe von 291,47 DM (= 149,03 €) erworben, außerdem Anwartschaften auf eine Rentenversicherung bei der Allianz Lebensversicherungs-AG mit einem ehezeitlichen Deckungskapital von 83.254,38 DM, umgerechnet in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 387,23 DM (= 197,99 €). Die Ehefrau hat in der Ehezeit Rentenanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Schwaben in Höhe von 109,00 DM (= 55,73 €) erworben; außerdem hat sie Anwartschaften auf eine Rentenversicherung bei der DBV-Winterthur-Lebensversicherung AG mit einem ehezeitlichen Deckungskapital von 17.905,19 DM, umgerechnet in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 83,28 DM (= 42,58 €) erworben.
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es zu Lasten der bei der Land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse bestehenden Anrechte des Ehemannes auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Schwaben Rentenanwartschaften, und zwar im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG in Höhe von 53,40 € und im Wege des erweiterten analogen Quasisplittings gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG in Höhe von 45,81 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 28. Februar 2001, begründet hat. Außerdem hat es den Ehemann gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG verpflichtet, auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Schwaben Rentenanwartschaften in Höhe von 25,14 €, monatlich und bezogen auf den 28. Februar 2001, durch Beitragszahlung in Höhe von 5.403,81 € zu begründen.
Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Amtsgerichts geändert. Es hat - in Übereinstimmung mit dem von der Ehefrau verfolgten Beschwerdeziel - die bei der Allianz Lebensversicherungs-AG bestehenden Anrechte des Ehemannes nicht als eine dem Versorgungsausgleich unterliegende Versorgung wegen Alters angesehen. Dementsprechend hat es für die Ehefrau lediglich im Wege des analogen Quasisplittings zu Lasten der bei der Land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse bestehenden Anrechte des Ehemannes auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Schwaben Rentenanwartschaften in Höhe von 25,36 € begründet.
Der Ehemann begehrt, dass die für ihn bei der Allianz Lebensversicherungs-AG begründeten Anrechte nicht einer späteren güterrechtlichen Auseinandersetzung vorbehalten, sondern in den Versorgungsausgleich einbezogen werden. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt er die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.
II.
1. Die statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Zwar wird der Ehemann mit der Regelung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs durch das Oberlandesgericht gegenüber der amtsgerichtlichen Entscheidung formal nicht benachteiligt; denn die Höhe der für die Ehefrau durch analoges Quasisplitting begründeten Anrechte bleibt hinter der Höhe der für sie vom Amtsgericht begründeten Anrechte zurück. Dennoch wird der Ehemann durch die angefochtene Entscheidung in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt (§ 20 Abs. 1 FGG).
Für eine solche Beeinträchtigung genügt es, wenn der Entscheidungssatz der angefochtenen Entscheidung unmittelbar in ein dem Rechtsbeschwerdeführer zustehendes Recht eingreift, wobei diese Beeinträchtigung auch in einer ungünstigen Beeinflussung oder Gefährdung desselben liegen kann. Das ist hier der Fall. Zwar hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts, die bei der Allianz Lebensversicherungs-AG begründeten Anrechte nicht dem Versorgungsausgleich zuzuordnen, für eine spätere güterrechtliche Auseinandersetzung keine Bindungswirkung. Das mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung befasste Gericht ist also - vorbehaltlich des § 242 BGB - nicht gehindert, Anrechte, die im vorausgegangenen Verfahren über den Versorgungsausgleich von diesem ausgenommen worden sind, entgegen dieser Würdigung dem Versorgungsausgleich zuzuordnen und einen güterrechtlichen Ausgleich dieser Anrechte zu verweigern (vgl. § 1587 Abs. 3 BGB). Dennoch besteht die Gefahr, dass eine unzutreffende Zuordnung eines Anrechts bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs auch im Rahmen der noch ausstehenden güterrechtlichen Auseinandersetzung zugrunde gelegt wird. Diese Gefahr genügt, um den Ehemann durch eine möglicherweise unzutreffende Zuordnung seiner Lebensversicherung im Verfahren über den Versorgungssausgleich als beschwert anzusehen. Auch wenn diese Zuordnung seine Ausgleichspflicht im Versorgungsausgleich senkt, muss ihm die Möglichkeit eröffnet sein, eine richtige Zuordnung der Versorgung zu erreichen und Nachteile, die sich aus einer unzutreffenden Zuordnung für ein späteres güterrechtliches Ausgleichsverfahren ergeben können, abzuwenden.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.
a) Nach Auffassung des Oberlandesgerichts unterfallen dem Versorgungsausgleich Anrechte auf Rentenzahlung nicht schon immer dann, wenn sie einen Versorgungszweck im allgemeinen verfolgen. Zwar sei nicht nötig, dass eine Versorgung wegen Alters erst mit Eintritt in das gesetzliche Rentenalter eingreife. Unter den Zweck der Versorgung wegen Alters sei eine Rente jedoch nur dann einzuordnen, wenn sie der Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dienen solle. Das sei bei den vom Ehemann begründeten Rentenanrechten der Allianz Lebensversicherungs-AG nicht der Fall. Diese Rente habe vielmehr Renditecharakter und verfolge einen allgemeinen Versorgungszweck: Sie werde aufgrund einer fünfjährigen Beitragszahlung von jährlich 10.000 DM ab dem 1. Dezember 2005 gewährt und tatsächlich monatlich 212,54 € betragen. Zwar werde sie bis zum Lebensende des Ehemannes gezahlt, dies jedoch bereits ab dessen 44. (richtig: 43.) Lebensjahr. Zu diesem Zeitpunkt sei mit einem Ausscheiden des Ehemannes aus dem aktiven Berufsleben bei einem üblichen Lebensverlauf nicht zu rechnen.
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
Zwar lassen sich die dem Versorgungsausgleich unterliegenden Anrechte nicht von sonstigen, dem Güterrecht unterfallenden Rechtspositionen (vgl. § 1587 Abs. 3 BGB) danach abgrenzen, ob sie Renditecharakter haben. Der Ertrag einer Anlage ist vielmehr auch für die in § 1587 Abs. 1 BGB genannten Versorgungsanrechte ein Auswahlgesichtspunkt, der für die Anlage von Versorgungsvermögen zunehmend Bedeutung erlangt. Erforderlich ist indes, dass ein auf Rentenzahlung gerichtetes Anrecht gerade der "Versorgung wegen Alters" dienen soll. Das ist nicht immer schon dann der Fall, wenn die zugesagten Monatsleistungen dem Empfänger langfristig zu einer Aufstockung seiner verfügbaren Mittel dienen sollen und bis zum Lebensende gewährt werden. Der vom Gesetz geforderte Altersbezug setzt, wie der Senat bereits dargelegt hat, vielmehr voraus, dass die Versorgung nicht nur "auch", sondern speziell für das Alter bestimmt ist. Das verlangt, wie das Oberlandesgericht zu Recht betont, zwar keinen Gleichlauf des Rentenbeginns mit der gesetzlichen Rente oder mit der Beamtenversorgung. Dennoch wird eine Versorgung wegen Alters regelmäßig nur dann vorliegen, wenn die zugesagte Versorgungsleistung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Berufslebens gewährt wird und das bisherige Erwerbseinkommen ersetzen soll (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2005 XII ZB 198/01 FamRZ 2005, 696, 698, vom 27. September 2000 XII ZB 67/99 FamRZ 2001, 284, 285 und vom 1. Juni 1988 IVb ZB 132/85 FamRZ 1988, 936, 938).
Diese Voraussetzung hat das Oberlandesgericht - in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise - verneint. Der Ehemann bezieht die bei der Allianz Lebensversicherungs-AG begründete Rente bereits mit dem 43. Lebensjahr. Umstände, welche die Annahme rechtfertigen können, dieser Bezugszeitpunkt sei im Hinblick auf einen - verglichen mit den Leitbildern der öffentlich-rechtlichen Versorgungssysteme - vorgezogenen Ruhestand gewählt worden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die vom Ehemann bei der Allianz Lebensversicherungs-AG abgeschlossene Lebensversicherung keine Versorgung wegen Alters ist, die dem Versorgungsausgleich unterliegt und deshalb gemäß § 1587 Abs. 3 BGB einen güterrechtlichen Ausgleich ausschließt.
Ende der Entscheidung
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