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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.10.2007
Aktenzeichen: XII ZB 55/07
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII
Vorschriften:
ZPO § 115 Abs. 3 | |
ZPO § 120 Abs. 4 | |
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 3 | |
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 8 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 31. Oktober 2007
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2007 durch den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. März 2007 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 4.781 €
Gründe:
I.
Die Parteien sind geschiedene Ehegatten. In dem Ehescheidungsverfahren wurde der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26. April 2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bewilligt. Ergänzend wurde in dem Beschluss ausgeführt:
"Die Prüfung der Bedürftigkeit bleibt vorbehalten, da der Antragsgegnerin evtl. ein Zugewinnausgleichsanspruch oder sonstige Ausgleichsansprüche zustehen."
Später hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung von dem Antragsteller einen Betrag in Höhe von 56.087,99 € unter Aufgabe ihres Miteigentumsanteils an dem früher als Ehewohnung genutzten Hausgrundstück erhalten. Mit diesem Erlös, einem neu aufgenommenen Bankkredit in Höhe von 142.000 € und einem weiteren Darlehen ihres Vaters in Höhe von 55.000 € hat die Antragsgegnerin sodann zum Kaufpreis von 238.000 € ein Ein- bis Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 140 m² erworben, in dem sie mit ihren drei in den Jahren 1993, 1995 und 1998 geborenen Kindern lebt.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2007 ordnete das Amtsgericht die Zahlung der auf die Antragsgegnerin entfallenden Prozesskosten in Höhe von 4.781,11 € an die Landeskasse an. Dagegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, weil sie der Auffassung ist, der Erlös aus der Verwertung ihres Miteigentumsanteils an dem früheren Hausgrundstück sei privilegiert und müsse im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nicht für entstandene Prozesskosten eingesetzt werden. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (vgl. Senatsbeschluss vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633 f.) und auch sonst zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat im Rahmen der Rechtsbeschwerde gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO), auch wenn der Zulassungsgrund nachträglich weggefallen ist. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.
1. Der Senat hat die Rechtsfrage, deretwegen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, mit Beschluss vom 18. Juli 2007 (XII ZA 11/07 - FamRZ 2007, 1720, 1721 f.) bereits entschieden. Danach kann der Partei im Rahmen einer Änderungsentscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO Vermögen zugerechnet werden, das sie inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat, womit sie ihre zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig wieder herbeigeführt hat. Das gilt wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Änderung einer Prozesskostenhilfeentscheidung innerhalb der folgenden vier Jahre (§ 120 Abs. 4 ZPO) generell und ist nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig. Die Partei muss auch schon vor Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO mit der Verpflichtung zum Einsatz eines neu erlangten Vermögens für die Prozesskosten rechnen. Nur wenn schon berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten vorhanden waren, als der Rechtsstreit absehbar wurde, darf ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser Verbindlichkeiten verwendet werden und führt erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einzusetzenden Vermögen i.S. von § 115 Abs. 3 ZPO.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Partei von einem erhaltenen Vermögen Wohnungseigentum erworben hat, das - wenn es schon bei Beginn des Rechtsstreits vorhanden gewesen wäre - als privilegiertes angemessenes Hausgrundstück nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII unberücksichtigt hätte bleiben müssen. Denn der Sinn der Privilegierung in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII liegt darin, der bedürftigen Partei den Mittelpunkt ihres bisherigen sozialen Lebens zu erhalten und sie davor zu bewahren, ein schon vorhandenes privilegiertes Eigenheim zur Finanzierung der Verfahrenskosten veräußern zu müssen. Ein sonstiges Vermögen will das Gesetz im Regelfall gerade nicht schützen, auch wenn dies dazu bestimmt ist, später ein privilegiertes Hausgrundstück zu erwerben. Das ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII. Danach bleibt sonstiges Vermögen nur berücksichtigungsfrei, soweit es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks i.S. des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bestimmt ist, falls dieses Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll. Ist dies - wie hier - nicht der Fall, ist das dafür eingesetzte Vermögen auch nicht privilegiert. Diese Qualifikation behält es, weil der beabsichtigte Erwerb eines Hausgrundstücks in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit nach § 120 Abs. 4 ZPO daran nichts ändert.
Unerheblich ist auch, dass die Antragsgegnerin ihr Barvermögen aus dem Verkauf eines früher privilegierten Hausgrundstücks i.S. von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII erlangt hat. Mit der Verwertung des früheren Familienheims ist dessen Privilegierung entfallen und hat sich nicht an dem Verkaufserlös fortgesetzt. Im Einklang damit sind grundsätzlich auch Guthaben aus zuteilungsreifen Bausparverträgen als einzusetzendes Vermögen zu behandeln und nicht wegen ihrer Zweckbindung privilegiert (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZA 11/07 - FamRZ 2007, 1720, 1722 m.w.N.).
2. Mit dieser jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Danach ist der Erlös aus dem Verkauf des früheren Familienwohnheims gerade nicht privilegiert und hätte deswegen zunächst für die Verfahrenskosten eingesetzt werden müssen. Für die Antragsgegnerin stellt es auch keine Härte i.S. des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar, wenn sie von dem erhaltenen Verkaufserlös in Höhe von mehr als 56.000 € knapp 4.800 € für Prozesskosten aufwenden muss. Einerseits hat die Antragsgegnerin schon nicht hinreichend nachvollziehbar vorgetragen, dass sie mit ihren drei minderjährigen Kindern nicht auch eine Mietwohnung hätte beziehen oder ein Haus zu einem günstigeren Kaufpreis als 238.000 € hätte erwerben können. Andererseits hat die Antragsgegnerin ohnehin den überwiegenden Teil des Kaufpreises, nämlich 142.000 €, mit einem Bankkredit und weitere 55.000 € mit einem Privatdarlehen fremdfinanziert. Unter Berücksichtigung des Wertes des erworbenen Hauses spricht dann nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin auch einen weiteren Kredit von weniger als 5.000 € hätte finanzieren können. Das Beschwerdegericht hat deswegen zu Recht auch eine Härte i.S. des § 90 Abs. 3 SGB XII verneint.
Ende der Entscheidung
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