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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.09.1999
Aktenzeichen: XII ZB 96/96
Rechtsgebiete: BGB, VBL, BerwertVO
Vorschriften:
BGB § 1587 Abs. 2 | |
BGB § 1587 b Abs. 2 | |
VBL § 40 | |
VBL § 41 | |
VBL § 42 | |
BarwertVO § 5 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
29. September 1999
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 3 werden der Beschluß des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Mai 1996 aufgehoben und der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Detmold vom 10. Januar 1996 zu Ziff. 1, 2. Abs. des Entscheidungssatzes (Versorgungsausgleich hinsichtlich der Zusatzversorgung) wie folgt abgeändert:
Zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, L.-Nr. .............., werden auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Hannover, Vers.Nr. .............., Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 42,93 DM, bezogen auf den 30. April 1993, begründet.
Die Gerichtskosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Gründe:
I.
Die am 1. November 1952 geschlossene Ehe der Parteien wurde - auf den am 5. Mai 1993 zugestellten Antrag der Ehefrau - durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 26. April 1995 rechtskräftig vorab geschieden.
Während der Ehezeit (1. November 1952 bis 30. April 1993; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarben beide Parteien Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar die Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Hannover (LVA) in Höhe von monatlich 63,58 DM und der Ehemann bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Höhe von monatlich 1.189,85 DM, jeweils bezogen auf den 30. April 1993. Für den Ehemann besteht außerdem ein Anspruch auf Leistungen aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), aus der er seit dem 1. Oktober 1993 eine Versorgungsrente bezieht. Das auf die Ehezeit entfallende Anrecht auf die statische Mindestversorgungsrente beträgt monatlich 173,65 DM, der ehezeitanteilige Unterschiedsbetrag zwischen der Gesamtversorgung und den darauf anzurechnenden Bezügen beläuft sich auf monatlich 23,55 DM. Der nicht dynamische Wert von monatlich 173,65 DM bleibt nur solange maßgeblich, bis der Betrag von 23,55 DM ihn - infolge seiner Dynamisierung - übersteigt.
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es Rentenanwartschaften des Ehemannes bei der BfA in Höhe von monatlich 563,14 DM auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen und für diese auf demselben Konto weitere Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 46,99 DM, jeweils bezogen auf den 30. April 1993, zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der VBL begründet hat. Dabei ist es hinsichtlich der Zusatzversorgung davon ausgegangen, daß der Ehezeitanteil der statischen Mindestversorgungsrente von monatlich 173,65 DM auszugleichen sei, die Umrechnung in eine dynamische Rentenanwartschaft unter Heranziehung des für das Alter des Ehemannes am 30. April 1993 maßgebenden Faktors der Tabelle 7 der Barwertverordnung zu erfolgen habe und sich eine dynamische Rentenanwartschaft von monatlich 93,98 DM ergebe.
Gegen die Entscheidung zum Quasi-Splitting hat die VBL Beschwerde mit der Begründung eingelegt, daß der Umrechnung des statischen Anrechts in eine dynamische Rentenanwartschaft nicht der Altersfaktor der Tabelle 7 der Barwertverordnung, sondern derjenige der Tabelle 1 zugrunde zu legen sei. Dann ergebe sich eine dynamische Rente von nur 85,46 DM monatlich, so daß ein Quasi-Splitting lediglich in Höhe von 42,93 DM monatlich durchzuführen sei.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß - wegen eines Rechenfehlers des Amtsgerichts - zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Ehefrau monatliche Rentenanwartschaften von nur 47,02 DM, bezogen auf den 30. April 1993, begründet werden. Hiergegen wendet sich die VBL mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der sie ihre Auffassung, für die Umrechnung des Anrechts aus der Zusatzversorgung sei die Tabelle 1 der Barwertverordnung heranzuziehen, weiterverfolgt.
II.
Die weitere Beschwerde ist begründet. Das Oberlandesgericht hat die Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der VBL mit einem zu hohen Wert in den Versorgungsausgleich eingestellt.
1. Die Vorinstanzen haben allerdings zu Recht auf seiten des Ehemannes den Ehezeitanteil der statischen Mindestversorgungsrente und nicht denjenigen der als Differenz zwischen Grund- und Gesamtversorgung berechneten dynamischen Versorgungsrente von monatlich 23,55 DM in den Wertausgleich einbezogen. Dem Ehemann steht zwar seit Eintritt des Versicherungsfalls am 1. Oktober 1993 die dynamische Versorgungsrente nach §§ 40, 41, 42 der Satzung der VBL unentziehbar zu. Da der Betrag der Versorgungsrente jedoch niedriger ist als derjenige der Mindestversorgungsrente, wird dem Ehemann - aus Gründen der Besitzstandswahrung - zur Zeit eine Rente in Höhe der Mindestversorgungsrente gezahlt, denn der Anspruch des Versicherten gegen die Zusatzversorgung wird durch den jeweils höchsten Betrag begründet (st.Rspr. des Senats, vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 84, 158, 172; vom 19. Dezember 1989 - IVb ZB 183/88 - FamRZ 1990, 380, 381 und vom 4. Oktober 1995 - XII ZB 38/94 - FamRZ 1996, 93, 94). Der Ehefrau steht im Rahmen des Versorgungsausgleichs die Hälfte des auf die Ehezeit entfallenden werthöchsten - unverfallbaren - Anrechts des Ehemannes aus der Zusatzversorgung zu (Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 1989 aaO und vom 9. Mai 1990 - XII ZB 89/89 - FamRZ 1990, 984, 985). Da der Ehezeitanteil der dynamisierten Mindestversorgungsrente höher ist als derjenige der dynamischen Versorgungsrente - ohne daß es insofern darauf ankommt, ob der Umrechnung die Tabelle 1 oder die Tabelle 7 der Barwertverordnung zugrunde zu legen ist -, ist die Mindestversorgungsrente, soweit sie auf die Ehezeit entfällt, in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
2. a) Das Oberlandesgericht hat die statische Mindestversorgungsrente nach dem für das Alter des Ehemannes bei Ende der Ehezeit maßgebenden Kapitalisierungsfaktor der Tabelle 7 der Barwertverordnung in eine dynamische Rentenanwartschaft umgerechnet. Hierzu hat es im wesentlichen ausgeführt: Für die Frage, ob es sich um eine bereits laufende Versorgung im Sinne des § 5 BarwertVO handele, sei nicht auf das Ende der Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich abzustellen. Für diese Auffassung spreche die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der auch nachehezeitliche individuelle Änderungen bei der Regelung des Versorgungsausgleichs Beachtung finden müßten. Es bestehe deshalb kein Grund, den Umstand, daß eine Versorgung - wie im vorliegenden Fall - zwar erst nach dem Ehezeitende, aber noch vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu laufen begonnen habe, unberücksichtigt zu lassen. Die andernfalls vorzunehmende Ermittlung des Barwertes nach Tabelle 1 der Barwertverordnung führe zu einer nicht gerechtfertigten niedrigeren Bewertung betrieblicher Versorgungsanrechte, obwohl die bei der Tabelle 1 berücksichtigten Unsicherheitsfaktoren der Entwicklung der Anwartschaft bis zum Rentenbeginn seit dem Bezug der Rente nicht mehr bestünden.
b) Diese Auffassung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Senat hat - nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses - entschieden, daß bei der auf das Ende der Ehezeit bezogenen Umrechnung eines statischen Versorgungsanrechts in eine dynamische Rentenanwartschaft nur dann die Kapitalisierungsfaktoren der Tabelle 7 der Barwertverordnung in Ansatz gebracht werden dürfen, wenn bereits am Ende der Ehezeit eine laufende Versorgung vorlag (Senatsbeschluß vom 23. September 1998 - XII ZB 123/94 - FamRZ 1999, 218, 220 unter Ziff. 2 c m.N.). Dazu ist in dem genannten Senatsbeschluß u.a. ausgeführt: Bereits die Entstehungsgeschichte des § 5 BarwertVO spreche dafür, daß es für die Beurteilung des Vorliegens einer bereits laufenden Versorgung grundsätzlich auf das Ehezeitende ankomme. Das ergebe sich aber auch aus dem Grundsatz, daß im Versorgungsausgleich nur die in der Ehezeit durch gemeinsame Lebensleistung erworbenen Versorgungsanrechte geteilt werden sollten. Die Heranziehung der Faktoren der Tabelle 7 führe nämlich zu einem versicherungsmathematisch falschen Ergebnis, da die Rente tatsächlich erst zu einem nach dem Ende der Ehezeit liegenden Zeitpunkt begonnen habe. Zwischen dem Ende der Ehezeit und dem tatsächlichen Rentenbeginn ergebe sich daher eine weitere Anwartschaftszeit, die die Notwendigkeit einer Abzinsung des sich nach Tabelle 7 ergebenden Barwerts einer laufenden Versorgung, mithin eine niedrigere Bewertung, zur Folge habe. Das nach Tabelle 7 ermittelte dynamische Anrecht entspreche deshalb nicht dem ehezeitlich erworbenen Wert.
An dieser Auffassung hält der Senat fest.
3. Die Umrechnung der ehezeitbezogenen statischen Mindestversorgungsrente in eine dynamische Rentenanwartschaft hat somit - im vorliegenden Fall - nach Tabelle 1 der Barwertverordnung zu erfolgen. Unter Heranziehung des für das Alter des Ehemannes am 30. April 1993 maßgebenden Faktors von 8,4 errechnet sich ein dynamischer Wert von monatlich 85,86 DM (Jahresrente: 173,65 x 12 x 8,4 x 0,0001150612 x 42,63 = 85,8568 = rund 85,86). In Höhe der Hälfte, also in Höhe von monatlich 42,93 DM, sind nach den §§ 1 Abs. 3 VAHRG, 1587 b Abs. 2 BGB im Wege des Quasi-Splitting zu Lasten der Versorgungsanrechte des Ehemannes bei der VBL monatliche Rentenanwartschaften auf dem bei der LVA geführten Versicherungskonto der Ehefrau, bezogen auf den 30. April 1993, zu begründen.
Ende der Entscheidung
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