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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.09.1998
Aktenzeichen: XII ZB 99/98
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 233 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
23. September 1998
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juli 1998 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 4.800 DM.
Gründe:
I.
Gegen das ihm am 22. Mai 1998 zugestellte Urteil des Familiengerichts legte der Beklagte am 30. Juni 1998 Berufung ein und beantragte zugleich, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs trug er vor und machte glaubhaft, sein erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter habe die Bürogehilfin K. am 18. Juni 1998 auf die am 22. Juni 1998 ablaufende Berufungsfrist aufmerksam gemacht und sie gebeten, die Kanzlei seiner zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten mit der fristgerechten Einlegung der Berufung zu beauftragen; am Vormittag des 22. Juni 1998 habe er sie nochmals auf den Fristablauf aufmerksam gemacht. Aus nicht mehr aufklärbaren Gründen habe es die sonst stets zuverlässige Bürogehilfin jedoch versäumt, den Rechtsmittelauftrag zu übermitteln. Dies sei erst am 23. Juni 1998 bei der morgendlichen Fristenkontrolle der auf den 22. Juni 1998 notierten Notfrist bemerkt worden.
Das Berufungsgericht wies den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Berufungsgericht die begehrte Wiedereinsetzung mit der Begründung versagt, der Beklagte sei nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Berufungsfrist verhindert gewesen, § 233 ZPO.
a) Zwar braucht der Beklagte sich ein Verschulden einer sonst zuverlässigen Bürokraft seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten nicht zurechnen zu lassen. Das Berufungsgericht hat ein dem Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Organisationsverschulden des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten aber darin gesehen, daß in dessen Kanzlei eine den Anforderungen genügende Ausgangskontrolle nicht stattfinde. Der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs sei nämlich zu entnehmen, daß der Fristenkalender nur am Morgen eines jeden Arbeitstages kontrolliert werde.
Zu Recht hat das Berufungsgericht eine derartige Fristenkontrolle nicht als ausreichend angesehen. Eine wirksame Ausgangskontrolle setzt eine Anordnung des Prozeßbevollmächtigten voraus, die gewährleistet, daß die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders überprüft wird (vgl. Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 84/90 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 1). Diese Sorgfalt ist auch dort zu wahren, wo es um die Übermittlung eines Auftrags zur Rechtsmitteleinlegung an einen zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten geht, da von dessen rechtzeitiger Einschaltung die Fristwahrung hinsichtlich des Rechtsmittels abhängt (vgl. BGH, Beschluß vom 8. April 1997 - VI ZB 8/97 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 9 m.N.).
Wäre der Fristenkalender am Abend des 22. Juni 1998 überprüft worden, hätte die nicht gestrichene Notfrist Anlaß zur Überprüfung gegeben, ob der Rechtsmittelauftrag erteilt worden war.
b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine ordnungsgemäße Fristenkontrolle ausnahmsweise entbehrlich sein kann, wenn der Rechtsanwalt davon ausgehen kann, durch eine konkrete Einzelanweisung an eine zuverlässige Büroangestellte alles zur Einhaltung der Frist Erforderliche veranlaßt zu haben. Denn im vorliegenden Fall ist schon eine hinreichend konkrete Einzelweisung nicht dargetan. Die am 18. Juni 1998 erteilte Anordnung legte weder fest, wann der Rechtsmittel-auftrag zu erteilen war, noch auf welche Weise er übermittelt werden sollte. Letzteres ist auch durch die erneute Erinnerung an den Fristablauf nicht konkretisiert worden.
c) Die begehrte Wiedereinsetzung konnte auch deshalb nicht gewährt werden, weil ein weiteres dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten nicht ausgeräumt ist:
Ein von einem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten erteilter Rechtsmittelauftrag soll die rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels durch den beauftragten Rechtsanwalt sicherstellen. Da in der Regel nicht von vornherein feststeht, ob der beauftragte Rechtsanwalt den Auftrag übernehmen wird, muß der beauftragende Anwalt dafür Sorge tragen, daß der beauftragte Anwalt den Auftrag rechtzeitig bestätigt, und den Eingang dieser Bestätigung überwachen. Kommt er dieser Überwachungspflicht nicht nach, so ist dieser Pflichtverstoß ursächlich für die Versäumung der Rechtsmittelfrist (vgl. BGHZ 105, 116, 119). Etwas anderes gilt nur, wenn zwischen dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten und dem Rechtsmittelanwalt im Einzelfall oder allgemein eine Absprache dahingehend besteht, daß dieser Rechtsmittelaufträge annehmen, prüfen und ausführen wird (vgl. BGH aaO S. 119 f.).
Eine solche Absprache läßt sich der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs und dem Vorbringen der sofortigen Beschwerde aber ebensowenig entnehmen wie eine rechtzeitige Überwachung der Annahme des Rechtsmittelauftrages, durch die - in gleicher Weise wie durch rechtzeitige Kontrolle des Fristenkalenders - aufgedeckt worden wäre, daß der Rechtsmittelauftrag noch nicht übermittelt worden war.
Ende der Entscheidung
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