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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: XII ZR 1/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 536 Abs. 1 |
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2008
durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und
die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Klinkhammer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. November 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu Lasten der Beklagten entschieden wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger haben von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Vertrag vom 18. Dezember 2003 für die Dauer von 10 Jahren Gewerberäume zum Betrieb einer radiologischen Gemeinschaftspraxis im 6. Obergeschoss eines 13-geschossigen Bürohochhauses zu einem monatlichen Mietzins von 7.370,13 EUR gemietet. Sie begehren die Feststellung, seit dem 1. März 2005 nur einen geminderten Mietzins zu schulden.
Sie machen geltend, die in der Baubeschreibung (Teil III Nr. 4 des Mietvertrages) vereinbarte Zugangssicherung zum Büroturm durch ein Codekartensystem habe gewährleisten sollen, dass außer den Inhabern von Codekarten nur solche Personen das Gebäude betreten könnten, denen nach entsprechender Meldung über die vor dem Eingang angebrachte Sprechanlage von den jeweiligen Mietern geöffnet werde. Diese Zugangssicherung sei außer Kraft gesetzt worden. Seit Überlassung der anfänglich leerstehenden Obergeschosse 2 bis 4 an die "Hartz-IV-Behörde" (Arbeitsgemeinschaft der Bundesagentur für Arbeit und des Landkreises Heilbronn, im Folgenden: ARGE) nebst Drogenberatungsstelle und Schuldnerberatung im Januar 2005 stehe - unstreitig - der Eingang zum Büroturm (Drehtür) während der Sprechzeiten der ARGE werktäglich von 8 bis 12 Uhr und an Donnerstagen auch nachmittags ständig offen. Dies führe angesichts des hohen Publikumsaufkommens der ARGE und des Verhaltens eines nicht unbeträchtlichen Teils ihres Kundenkreises zu im einzelnen näher dargelegten massiven und dauerhaften Unzuträglichkeiten, die eine Minderung der Miete rechtfertigten.
Das Landgericht gab der Klage auf Feststellung, dass die Miete ab 1. März 2005 um 50 % gemindert sei, teilweise statt, nämlich in Höhe einer Minderung um 10 % ab 1. März 2005 und einer weiteren Minderung dieses geminderten Mietzinses um 5 % ab 1. Dezember 2005. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht zurück. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Klage weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt, soweit die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn zurückgewiesen wurde, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückgewiesen, als sie die vom Landgericht getroffene Feststellung für die Zeit bis zum 31. Januar 2006 betraf. Zwar hatten die Kläger im Berufungsrechtszug ihre ursprüngliche Klage erweitert, indem sie für den Zeitraum März 2005 bis Januar 2006 anstelle der bislang auch insoweit begehrten Feststellung beantragt hatten, die Beklagte zur Zahlung von 8.870,41 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Im Umfang dieser Erweiterung wies das Berufungsgericht die Klage als unzulässig zurück, beließ es aber bei der vom Landgericht (auch) für diesen Zeitraum getroffenen Feststellung mit der Begründung, in dem unzulässigen Zahlungsantrag sei der ursprüngliche Feststellungsantrag für diese Zeit als - zulässiges und begründetes Minus - enthalten.
Dies begegnet in prozessualer Hinsicht keinen Bedenken und wird von der Revision insoweit auch nicht angegriffen.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Mieträume seien seit dem 1. März 2005 mit Mängeln behaftet, die eine Mietminderung um 15 % rechtfertigten, hinter der die vom Landgericht getroffene Feststellung teilweise zurückbleibe.
1.
Ein erster Mangel bestehe darin, dass der mietvertraglich geschuldete Betrieb einer Zugangskontrolle während der Öffnungszeiten der ARGE nicht gewährleistet sei. Insoweit könne dahinstehen, ob die Beklagte die Kontrollanlage während dieser Zeiten außer Betrieb setze oder deren Kontrollfunktion dadurch vereitele, dass sie während dieser Zeiten die Drehtür im Erdgeschoss öffne und so beliebigen Personen einen unkontrollierten Zugang zum Gebäude ermögliche.
Diese Maßnahmen der Beklagten seien weder durch die Hausordnung noch durch ein ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis der Kläger gedeckt. Der Beurteilung als Mangel stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte den Eingangsbereich zu den fraglichen Zeiten durch eine als Pförtner oder Sicherheitskraft eingestellte Aufsichtsperson kontrollieren lasse. Damit könne eine vergleichbare Sicherheitslage wie durch eine Zugangskontrollanlage nicht geschaffen werden, weil die Aufsichtsperson das Verhalten der eintretenden Personen jenseits des Eingangsbereiches nicht wahrnehmen könne.
2.
Einen zweiten Mangel sieht das Berufungsgericht in dem Umstand, dass die Beklagte Räume an die ARGE vermietet habe, deren Besucherverkehr sowohl in quantitativer als auch in "qualitativer" Hinsicht den konkludenten Abreden bei Abschluss des Mietvertrages widerspreche. Allein schon die nicht fern liegende Möglichkeit von Belästigungen und Gefahren durch diesen Personenkreis rechtfertige eine Minderung. Zudem würden die Kläger im Gebrauch der Mietsache durch Wartezeiten an den Aufzügen sowie eine größere Verschmutzung des Treppenhauses und der übrigen Zugänge, auch zu ihren eigenen Praxisräumen, unmittelbar berührt.
Aus dem Mietvertrag einschließlich der Mieterbaubeschreibung gehe nämlich hervor, dass das Hochhaus ausschließlich für Bürozwecke vermietet werde und der Betrieb einer Zugangskontrolle und einer Türsprechanlage vereinbart sei. Aus der Vereinbarung eines deutlich über dem örtlichen Spitzenpreis für Büroräume und unter Berücksichtigung des von der Rechtsvorgängerin der Beklagten herausgegebenen Exposés ergebe sich zudem die konkludente Abrede, dass die Mieträume auch hinsichtlich ihres unmittelbaren Umfeldes, zu dem insbesondere auch die Mitmieter und deren Besucherverkehr gehörten, eher über dem Durchschnitt liegenden Anforderungen gerecht würden und einem hoch angesiedelten Niveau entsprächen. Deshalb schulde die Beklagte den Klägern die Vermietung der übrigen Flächen nur an solche Mitmieter, deren Besucherverkehr einem Bürobetrieb entspreche, durch die Zugangskontrollanlage in Verbindung mit der Türsprechanlage bewältigt werden könne und in "qualitativer" Hinsicht zumindest durchschnittlichen Anforderungen gerecht werde. Mit diesen Anforderungen sei eine auf die ARGE entfallende tägliche Besucherzahl von mindestens 280, unter denen sich ein überdurchschnittlicher Anteil von sozial auffällig gewordenen Personen befinde, nicht vereinbar.
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht stand.
Die Beurteilung, ob eine Abweichung der Mietsache von der vereinbarten Sollbeschaffenheit den vertragsgemäßen Mietgebrauch mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt, und welche Minderung des Mietzinses ein solcher Mangel gegebenenfalls rechtfertigt, obliegt zwar in erster Linie dem Tatrichter. Das Revisionsgericht hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter die Sollbeschaffenheit zutreffend beurteilt hat, den Begriff des Mangels nicht verkennt und auf entsprechende Rüge hin auch, ob seiner Beurteilung verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen zugrunde liegen.
Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung in entscheidenden Punkten nicht gerecht.
1.
Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen noch nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beeinträchtigung der Funktion der Zugangskontrollanlage sei als Mangel der Mietsache anzusehen.
a)
Soweit diese Anlage gewährleisten soll, dass Inhaber von Codekarten ihre Büroräume auch außerhalb der üblichen Bürostunden jederzeit problemlos aufsuchen oder verlassen können, ist eine Beeinträchtigung dieser Funktion weder festgestellt noch von den Klägern behauptet worden. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen zu der Behauptung der Kläger getroffen, das zur Sicherung der Tiefgarage installierte Rolltor sei nunmehr ständig geöffnet, so dass sich dort auch Unbefugte aufhielten, denn hierfür haben die Kläger keinen Beweis angetreten.
Zu beurteilen ist daher allein, ob die Tauglichkeit der Mieträume der Kläger zum vertragsgemäßen Gebrauch mehr als nur unerheblich gemindert ist, seitdem die Drehtür zum Eingangsbereich des Hochhauses während der Öffnungszeiten der ARGE geöffnet ist.
b)
Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass dieser Umstand eine Abweichung von der vertraglich vorgesehenen Sollbeschaffenheit darstellt. Denn nach der Mieterbaubeschreibung, die Bestandteil des Mietvertrages ist, sollte die Zugangskontrolle (nur) solchen Personen den Zutritt zum Gebäude ermöglichen, die entweder über eine Codekarte verfügen oder denen die Tür nach Anmeldung über die Sprechanlage vom jeweiligen Mieter mittels des elektrischen Türöffners geöffnet wurde. Dies bedeutet zugleich, dass die Eingangstür im Übrigen regelmäßig geschlossen blieb und die Mieter jeweils selbst entscheiden konnten, wem sie Einlass gewährten und wem nicht.
c)
Das Berufungsgericht hat aber keine hinreichenden Feststellungen zu den konkreten tatsächlichen Auswirkungen der geänderten Handhabung auf den Mietgebrauch der Kläger getroffen. Damit fehlt es auch an einer tragfähigen Grundlage für die tatrichterliche Beurteilung, ob eine Minderung der Tauglichkeit der Mietsache die Erheblichkeitsschwelle des § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB überschreitet.
Zwar trägt die Beklagte und Revisionsklägerin die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs der Kläger als unerheblich erscheinen lassen (vgl. Emmerich in Emmerich/Sonnenschein Miete 9. Aufl. § 536 Rdn. 18 m.N.). Dem ist sie jedoch nachgekommen. Sie hat behauptet und unter Beweis gestellt, der - unstreitige - Einsatz einer Aufsichtsperson im Eingangsbereich habe dazu geführt, dass sich die Sicherheitslage jedenfalls nicht verschlechtert habe; auch habe der Publikumsverkehr der ARGE bislang nicht zu Unzuträglichkeiten geführt, insbesondere nicht in den Bereichen des Gebäudes, die von den Klägern, ihren Mitarbeitern oder ihren Patienten mitbenutzt würden.
Das Berufungsgericht hat sich hingegen darauf beschränkt, die abstrakte Gefahr des Eindringens Unbefugter zu bejahen und daraus auf einen Mangel der Mietsache zu schließen, der eine Minderung rechtfertige. Insoweit hat es den einmaligen Vorfall der Beschädigung eines Aufzugspiegels als exemplarischen Beleg für eine tatsächliche Verschlechterung der Sicherheitslage herangezogen. Dies hält den Angriffen der Revision und der rechtlichen Prüfung nicht stand.
Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Veränderung der Zugangskontrolle für die Beschädigung des Aufzugspiegels ursächlich war. Es ist weder festgestellt, dass der Täter, der unstreitig ein Besucher der ARGE war, das Gebäude unbefugt betreten hatte und bei Anmeldung über die Türsprechanlage abgewiesen worden wäre, noch dass die Sachbeschädigung hätte vermieden werden können, wenn die ARGE ihn wegen eines Anliegens eingelassen und somit von seiner Anwesenheit im Gebäude Kenntnis gehabt hätte. Jedenfalls ist in dieser Sachbeschädigung noch keine unmittelbare Beeinträchtigung des Mietgebrauchs der Kläger zu sehen; weder war die Funktion des Aufzuges beeinträchtigt, noch haben die Kläger vorgetragen, dass das negative Erscheinungsbild des Aufzuges erst nach unangemessen langer Zeit durch eine Reparatur beseitigt worden sei. Auch rechtfertigt ein einmalig gebliebener Vorfall dieser Art noch nicht den Schluss auf eine allgemeine, einen Mitmieter beeinträchtigende Gefahrenlage, etwa in Gestalt einer gestiegenen Zahl von Personen, die sich unbefugt im Gebäude aufhalten.
Es wäre daher erforderlich gewesen, nähere Feststellungen zu Art, Intensität und Effizienz der von der Aufsichtsperson im Eingangsbereich ausgeübten Zutrittskontrolle zu treffen, wozu auch eine Ortsbesichtigung zu den Öffnungszeiten der ARGE hätte beitragen können, um diese Feststellungen sodann mit der hypothetischen Situation zu vergleichen, die bestünde, wenn es bei Vollvermietung der jetzt von der ARGE genutzten Geschosse bei dem bisher gehandhabten Einlass mittels Türsprechanlage verblieben wäre. Insoweit hätte auch die bisherige oder zu erwartende Intensität dieser Zugangskontrolle in Betracht gezogen werden müssen, namentlich die Frage, ob sämtliche Mieter über die Türsprechanlage den Namen des Besuchers zu erfragen, eine entsprechende Terminvereinbarung zu überprüfen oder Maßnahmen zu ergreifen pflegen, wenn ein Besucher nicht innerhalb angemessener Zeit nach Einlass bei ihnen vorstellig wird.
Die Zurückverweisung wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
2.
Ferner verkennt das Berufungsgericht den Begriff des Mangels, wenn es einen solchen bereits abstrakt in der Vermietung von Räumen an die ARGE sieht.
a)
Ohne besondere Absprachen kann aus der bloßen Vereinbarung einer deutlich über den örtlichen Spitzenpreisen liegenden Miete, auch vor dem Hintergrund eines das "einmalige Ambiente" und die "angenehme Atmosphäre" hervorhebenden Exposés, noch keine Verpflichtung des Vermieters abgeleitet werden, einen bestimmten "Mietermix" oder ein bestimmtes "Milieuniveau" zu bewahren. Dies gilt auch, soweit das Berufungsgericht demgegenüber aus der Miethöhe die konkludente Abrede herleitet, dass das Umfeld, namentlich die Mitmieter und deren Besucherverkehr, zumindest "eher über dem Durchschnitt liegenden Anforderungen" gerecht werden müsse. Dieser Begriff ist bereits so unbestimmt und einer Subsumtion so wenig zugänglich, dass die Miethöhe allein kein hinreichendes Indiz für einen dahingehenden Rechtsbindungswillen der Parteien darstellt.
Die Kläger haben daher keinen Anspruch darauf, dass sich im Umfeld ihrer Mieträume nur Kunden oder Besucher anderer Mieter einfinden, die einer "gehobenen" Bevölkerungsschicht angehören oder sich durch ein angenehmes Erscheinungsbild und Verhalten auszeichnen. Gehören zu den Bestandsmietern - wie hier - Anwälte und Ärzte, ohne dass Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass diese infolge ihrer Spezialisierung bzw. mangels Kassenzulassung sämtlich nur einen exklusiven Mandanten- oder Patientenstamm betreuen, ist ohnehin damit zu rechnen, dass das Gebäude von Angehörigen aller Bevölkerungskreise aufgesucht wird.
b)
Hinsichtlich der "qualitativen" Anforderungen des Berufungsgerichts an einen mit dem Mietgebrauch zu vereinbarenden Besucherverkehr sind aber auch die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht geeignet, einen durch den Besucherkreis der ARGE bedingten Mangel der Mietsache zu begründen.
Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, unter den Besuchern der ARGE einschließlich der von ihr für ihre Kunden betriebenen Schuldner- und Suchtberatung befinde sich ein überdurchschnittlich hoher Anteil sozial auffällig gewordener Personen. Gleiches mag auf Mandanten eines Strafverteidigers, Klienten eines Bewährungshelfers und Patienten eines Psychiaters zutreffen, kann aber für sich allein die Annahme eines Mangels noch nicht rechtfertigen. Dies setzt vielmehr voraus, dass der vertragsgemäße Mietgebrauch hierdurch konkret beeinträchtigt wird. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn einzelne Mieter, deren Mitarbeiter oder Kunden sich allein wegen der Vorstellung, mit einem solchen Personenkreis konfrontiert werden zu können, in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt fühlen. Erst wenn wiederholt konkrete Anlässe oder Gefahrensituationen auftreten, die dem Besucher- oder Kundenkreis eines anderen Mieters zuzuordnen sind, kommt dieser Umfeldeinfluss als mietrechtlich relevanter Mangel in Betracht.
Die einmalige, unbestritten einem ARGE-Besucher zuzurechnende Beschädigung des Spiegels und der Wandverkleidung des Aufzugs erfüllt diese Voraussetzung auch dann noch nicht, wenn sie mutwillig war. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts reicht hierfür auch nicht der weitere Umstand aus, dass die ARGE zum Schutz ihrer Bediensteten auf den Fluren vor ihren Mieträumen einen Sicherheitsdienst patrouillieren lässt, der nach der Aussage des Zeugen F. gelegentlich auch schon eingreifen musste. Es ist nämlich weder festgestellt, dass die Anwesenheit des Sicherheitsdienstes nicht ausreiche, die Gefahr derartiger Vorfälle, die sich dort - offenbar in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit den vorgetragenen Anliegen - zutragen, rechtzeitig zu unterbinden, noch dass solche Gefahrensituationen und Vorfälle von Mitarbeitern oder Patienten der Kläger wahrgenommen werden und sich auf ihr Verhalten oder die dortigen Praxisräume unmittelbar auswirken. Dem Vortrag der Kläger ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass es auch in der Nähe ihrer Praxisräume oder auf dem Weg dorthin zu bedrohlichen Situationen gekommen ist.
Soweit die Kläger geltend machen, ihre Patienten fühlten sich bereits durch den Anblick einer Aufsichtsperson im Eingangsbereich eher verunsichert oder abgeschreckt, weil dies zugleich die Vermutung einer problematischen Gefahrenlage nahe lege, haben sie hierfür weder Beweis angetreten noch dargelegt, dass etwa Patienten oder potentielle Patienten deswegen davon Abstand genommen hätten, die Praxis der Kläger aufzusuchen.
c)
Mit Erfolg greift die Revision auch die Feststellung des Berufungsgerichts an, aus der Aussage des Zeugen F. ergebe sich, dass der Besucherverkehr der ARGE zu einer größeren Verschmutzung des Treppenhauses und der übrigen Zugänge führe, die bis zur nächsten Reinigung andaure. Der Zeuge F. hat ausweislich der Vernehmungsniederschrift lediglich bekundet, ihm sei abends schon das eine oder andere Mal aufgefallen, dass irgendetwas auf dem Boden liege; morgens sei der Eingangsbereich aber wieder sauber. Es bedarf keiner Erörterung, dass dies noch keinen erheblichen Mangel darstellt. Auch die Niederschrift der vom Landgericht um 16 Uhr durchgeführten Ortsbesichtigung erwähnt keine Verschmutzungen. Auch soweit das Landgericht stärkere Verschmutzungen als durch vorgelegte Fotos teilweise bewiesen angesehen hat, ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass es darin angesichts regelmäßiger zeitnaher Reinigung keinen Mangel im Sinne des § 536 BGB gesehen hat.
3.
Auch in der Vielzahl oder dem Verhalten der Kunden und Besucher eines Mitmieters ist ein den vertragsgemäßen Gebrauch der Mieträume mehr als nur unwesentlich beeinträchtigender Mangel erst dann zu sehen, wenn sich daraus Unzuträglichkeiten oder Belästigungen ergeben, die sich konkret auf den Mieter und seinen Betrieb auswirken.
Unter einem Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können. So können bestimmte äußere Einflüsse oder Umstände - etwa die Behinderung des Zugangs zu einem gemieteten Geschäftslokal - einen Fehler des Mietobjekts begründen. Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (Senatsurteile vom 21. September 2006 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 900 und vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1715 m.N.).
Hierfür reichen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht aus.
a)
Das Berufungsgericht lässt dahinstehen, ob die ARGE täglich von 280 oder 500 Personen aufgesucht wird; revisionsrechtlich ist daher zugunsten der Beklagten von einer täglichen Besucherzahl von 280 auszugehen.
Ob diese Zahl angesichts der von dem Zeugen F. genannten Zahl von 109 Mitarbeitern der ARGE und einer von dieser im zweiten bis vierten Stockwerk genutzten Mietfläche von rund 2.350 qm den anteiligen Publikumsverkehr, der in einem derartigen Bürohochhaus zu erwarten und von den Mitmietern zu tolerieren ist, quantitativ deutlich überschreitet und die Nutzung der Räume der ARGE deshalb derjenigen einer Schalterhalle einer Bank oder des Bürgeramtes einer Gemeindeverwaltung gleichkommt, entzieht sich einer eigenen Beurteilung des Senats. Auch das Berufungsgericht führt keine Vergleichszahlen an, auf die es - gegebenenfalls aufgrund eigenen Sachverstandes - eine solche Beurteilung hätte stützen können.
Vielmehr hätte es auch insoweit weiterer Feststellungen bedurft. Ohne Belang ist nämlich die Zahl der Kunden der ARGE, die sich gleichzeitig in den Räumen der ARGE aufhalten und während dieser Zeit nach außen nicht in Erscheinung treten. Für die von einem Mitmieter wahrzunehmende Belastung des Gebäudes mit Publikumsverkehr der ARGE kommt es allein auf die Zahl derer an, die sich zu gleicher Zeit in den allgemein zugänglichen Bereichen des Gebäudes aufhalten, weil sie sich auf dem Weg zur ARGE oder zurück befinden oder gegebenenfalls Wartezeiten auf den Fluren und nicht in den Räumen der ARGE selbst verbringen.
Diese Zahl bedarf sodann der Gegenüberstellung mit der korrespondierenden Größenordnung des Publikumsverkehrs, die zu erwarten wäre, wenn die Räumlichkeiten der ARGE von anderen Mietern - beispielsweise als freiberufliche Praxen - genutzt würden (und nicht etwa dem Publikumsverkehr, der während des Leerstandes der nun von der ARGE genutzten Stockwerke vorhanden war).
b)
Mit Erfolg greift die Revision auch die Beurteilung des Berufungsgerichts an, diese Besucherzahl berühre die Kläger unmittelbar, weil sie die Leichtigkeit des Zugangs zu ihren Praxisräumen beeinträchtige.
Den getroffenen Feststellungen ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass sich etwa im Eingangsbereich, im Treppenhaus oder gar im Zugangsbereich zu den Praxisräumen der Kläger im 6. Stock Schlangen wartender ARGE-Besucher aufhielten, an denen vorbei sich die Kläger, ihre Angestellten oder ihre Patienten einen Weg bahnen müssten. Vielmehr stellt das Berufungsgericht insoweit allein auf längere Wartezeiten an den Aufzügen ab, mit denen ohne diesen Besucherverkehr nicht zu rechnen sei. Insoweit lässt das Berufungsgericht dahinstehen, ob es sich um Wartezeiten von zwei Minuten handelt, wie der Zeuge F. bekundet habe, oder von bis zu 15 Minuten, wie die Kläger behaupten. Der Zeuge F. (Geschäftsführer bei der Bundesanstalt für Arbeit) hat indes lediglich bekundet, ihm seien größere Menschenansammlungen vor den Aufzügen oder längere Wartezeiten bislang nicht aufgefallen; es komme aber durchaus vor, dass sich dort vier bis fünf Personen gleichzeitig ansammelten. Er selbst habe maximal 2 Minuten Wartezeit erlebt. Revisionsrechtlich ist daher lediglich von gelegentlich auftretenden Wartezeiten von bis zu zwei Minuten auszugehen.
Hier fehlt es wiederum an einer tatrichterlichen Würdigung solcher Wartezeiten im Hinblick darauf, ob diese in einem 13-geschossigen Bürohochhaus eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung des Zugangs darstellen. Diese Würdigung kann jedenfalls nicht durch die Erwägung ersetzt werden, ohne eine Vermietung an die ARGE hätte es keine Wartezeiten gegeben. Auch hier bedarf es eines Vergleichs mit den Wartezeiten, mit denen in diesem Gebäude bei einer Vollvermietung von Büro- und Praxisräumen typischerweise zu rechnen wäre.
Mit der gegebenen Begründung kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da die Kläger weitergehende Beeinträchtigungen durch den Publikumsverkehr der ARGE behauptet und unter Beweis gestellt haben, ohne dass das Berufungsgericht die angebotenen Beweise erhoben hätte. Dies wird nachzuholen sein, da nicht auszuschließen ist, dass sich als Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme in der Gesamtwürdigung eine konkrete Beeinträchtigung des Mietgebrauchs der Kläger ergibt, die auch nach den vorstehend dargelegten Maßstäben eine Minderung rechtfertigt.
Ferner wird das Berufungsgericht auch den Beweisangeboten der Kläger für ihre Behauptung nachzugehen haben, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe ihnen im Rahmen der Vertragsverhandlungen versichert, sie werde lediglich an "ausgewählte, besonders exklusive Mieter" vermieten, bei der Auswahl "strengste Maßstäbe anlegen und darauf achten, dass es keine Mieter mit nennenswertem Publikumsverkehr" gebe, weshalb beispielsweise die Vermietung des Dachgeschosses zum Betriebe eines Dachrestaurants nicht in Betracht komme, obwohl die Räume sich angesichts der dortigen Rundumsicht hervorragend dafür eignen würden. Je nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme kann sich nämlich eine andere vertraglich vereinbarte Sollbeschaffenheit des Mietobjekts herausstellen, als sie ohne derartige Absprachen zugrundezulegen ist.
Ende der Entscheidung
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