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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.07.1998
Aktenzeichen: XII ZR 116/96
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB 1986
Vorschriften:
BGB § 556 Abs. 1 | |
BGB § 986 Abs. 1 Satz 1 | |
EGBGB 1986 Art. 233 § 2 a Abs. 1 | |
EGBGB 1986 Art. 233 § 2 a Abs. 6 Satz 6 |
a) Dem vertraglichen Rückgabeanspruch des Grundstückseigentümers aus § 556 Abs. 1 BGB kann der Mieter ein gesetzliches Recht zum Besitz nicht gemäß § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenhalten.
b) Selbständiges Gebäudeeigentum gewährt keinen Anspruch auf Verschaffung des Besitzes gegen den Eigentümer des Grundstücks.
c) Das Besitzrecht aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB erlischt in entsprechender Anwendung des Art. 233 § 2 a Abs. 6 Satz 6 EGBGB auch dann, wenn eine Vereinbarung nach den Sätzen 2 und 3 dieses Absatzes durch eine vom Eigentümer des Grundstücks ausgesprochene fristlose Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens des Nutzers beendet wird.
BGH, Urteil vom 8. Juli 1998 - XII ZR 116/96 - OLG Naumburg LG Dessau
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 8. Juli 1998
Riegel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Zysk, Dr. Hahne, Sprick und Weber-Monecke
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24. April 1996 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts D. vom 22. September 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung rückständiger Pachtzinsen und Nutzungsentschädigung sowie auf Herausgabe einer Teilfläche eines Grundstücks und eines Teils der aufstehenden Gebäude in Anspruch.
Er ist Eigentümer des im Grundbuch von K. Blatt ..., Flur ... Flurstück .../2, eingetragenen Grundstücks W.straße 3 in D.-K.. Voreigentümer war sein inzwischen verstorbener Vater, der es ihm durch Vertrag vom 15. November 1979 übertragen hatte.
Auf dem Grundstück waren bereits vor 1939 eine Scheune und ein Stall errichtet worden.
Der Vater des Klägers war Mitglied der 1958 gegründeten LPG M.. Diese wurde 1964 in eine LPG Typ III umgewandelt und später in LPG (P) H. umbenannt. Dabei wurden die Inventarbeiträge neu aufgenommen und durch die Mitglieder auch weiteres Inventar eingebracht. Laut "Übernahmeprotokoll für Inventarbeiträge" vom 13. März 1964 brachte der Vater als "übergebendes Genossenschaftsmitglied" 17,64 ha Bodenfläche (das vorstehend näher bezeichnete Grundstück) sowie unter anderem den Stall im Wert von 1.323,93 DM und die Scheune im Wert von 11.609,53 DM in die LPG ein. Das Protokoll ist indes über der Zeile "Unterschrift des übergebenden Mitgliedes" nicht vom Vater, sondern vom Bruder des Klägers unterzeichnet worden. Am 29. April 1964 beschloß die Mitgliederversammlung der LPG in Anwesenheit des Vaters des Klägers, im Rahmen des Ausbaus des Technikstützpunktes auf dem vorbezeichneten Grundstück die Scheune nebst Maschinenschuppen für insgesamt 11.609,53 DM zu übernehmen und als Werkstatt, Büro, Lager und Sanitäranlage auszubauen.
In den folgenden Jahren baute die LPG den Stall und die Scheune zu Lagerräumen, Sozialräumen und Büros um, errichtete auf dem Grundstück weitere Baulichkeiten und befestigte die Hoffläche.
Mit Vertrag vom 16. Februar 1982 überließ der Kläger dem Rat der Stadt D. eine 1,6262 ha große Teilfläche des Grundstücks gegen Übernahme der Grund- und Vermögensteuer sowie der landwirtschaftlichen Versicherungen und Beiträge auf unbefristete Zeit zur landwirtschaftlichen Nutzung. Ebenfalls im Februar 1982 übernahm die LPG diese Teilfläche durch Vereinbarung mit dem Rat der Stadt D..
Am 15. August 1990 schloß die LPG H. mit ihrer Abteilung Bau und Investitionen eine "Vereinbarung" des Inhalts, daß die Abteilung zum Zweck der "Bildung einer gemeinsamen GmbH" aus der LPG herausgelöst werden und die LPG der sich gründenden GmbH die Gebäude und baulichen Anlagen des auf dem Grundstück des Klägers befindlichen Reparaturstützpunktes K. unter Ausschluß der Kündigung durch die LPG zur uneingeschränkten Nutzung überlassen sollte. Als "Ausgleich für die Kreditbelastung der 1989 fertiggestellten Hoffläche" sollte die GmbH vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an für die Dauer der Laufzeit des Kredits eine der Höhe der Kreditbelastung entsprechende "Pacht" zahlen; nach Tilgung des Kredits sollte die LPG keine Kosten mehr berechnen. Zugleich räumte die LPG der GmbH ein Vorkaufsrecht an den Gebäuden ein.
Die Beklagte ist die aus der Abteilung Bau und Investitionen der LPG hervorgegangene GmbH. Die LPG wandelte sich ihrerseits um und ist seit dem 30. Mai 1995 im Genossenschaftsregister des Amtsgerichts D. als Agrarproduktions- und Handelsgenossenschaft e.G. H. (im folgenden: APH) eingetragen.
Am 22. August 1990 kündigte die Stadt D. den mit dem Kläger am 16. Februar 1982 geschlossenen Nutzungsvertrag zum 31. Dezember 1990.
Am 2. Dezember 1991 schlossen die Parteien über eine rund 4.770 qm große Teilfläche des Grundstücks und die durch Umbau von Stall und Scheune entstandenen Gebäude einen als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 1996 zu einem jährlichen Zins von 12.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, der gemäß Nachtragsvereinbarung in zwölf jeweils am Monatsersten fälligen Raten zu zahlen war. Ab März 1994 leistete die Beklagte keine Zahlungen mehr. Mit Schreiben vom 14. April 1994 kündigte der Kläger den Vertrag daraufhin fristlos zum 30. April 1994 und teilte der Beklagten mit Schreiben vom 18. Mai 1994 mit, daß eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht in Betracht komme, weil die Beklagte auch den Zins für Mai 1994 nicht gezahlt habe.
Im März 1994 beantragte die APH ein Bodenordnungsverfahren gemäß § 56 LwAnpG hinsichtlich der auf einer 0,3 ha großen Teilfläche des Grundstücks befindlichen Anlagen der Werkstatt K.. Ferner beantragte sie im Juli 1994 die Einleitung von Verfahren zur Feststellung und Zuordnung gesonderten Gebäudeeigentums gemäß Art. 233 § 2b EGBGB an den Gebäuden und der Hoffläche des "Pflegestützpunktes K." .
Mit seiner Klage verlangt der Kläger Herausgabe der überlassenen Grundstücksfläche und Gebäude sowie Zahlung rückständiger Pachtzinsen bzw. Nutzungsentschädigung in Höhe von je 1.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen für die Monate März 1994 bis Februar 1995. Das Landgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Oberlandesgericht die angefochtene Entscheidung und wies die Klage bis auf die zugesprochenen Beträge für März und April 1994 ab. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Parteien einen Mietvertrag (nicht: Pachtvertrag) geschlossen haben, der durch die fristlose Kündigung des Klägers beendet wurde, so daß sowohl die Voraussetzungen eines Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB als auch eines Rückgabeanspruchs aus § 556 Abs. 1 BGB "an sich" gegeben sind. Dies greift auch die Revision als ihr günstig nicht an.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 568 BGB. Der Kläger hat der Fortsetzung des Mietgebrauchs durch die Beklagte zwar erst mit Schreiben vom 18. Mai 1994 widersprochen; die Beklagte hat indes nicht vorgetragen, wann der in den alten Bundesländern lebende Kläger von der Fortsetzung des Mietgebrauchs erfahren hat. Für die Verspätung des Widerspruchs wegen zuvor länger als zwei Wochen bestehender Kenntnis des Vermieters trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Palandt/Putzo, BGB 57. Aufl. § 568 Rdn. 6). Im übrigen wäre in der Erhebung der Räumungsklage eine erneute fristlose Kündigung wegen fortbestehenden Verzuges der Beklagten mit der Entrichtung des Mietzinses zu sehen.
Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht indes, soweit es ein von einem gesetzlichen Besitzrecht der LPG (jetzt: APH) abgeleitetes Recht der Beklagten zum Besitz im Sinne des § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht, das diese nicht nur dem Herausgabeverlangen aus § 985 BGB, sondern auch dem konkurrierenden Rückgabeanspruch aus § 556 Abs. 1 BGB entgegenhalten könne.
Dem Rückgabeverlangen des Klägers aus § 556 BGB kann die Beklagte nämlich weder ein eigenes noch ein von der LPG abgeleitetes gesetzliches (oder durch gesetzlich angeordneten Vertragseintritt begründetes) Besitzrecht entgegenhalten.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist eine auf konkurrierende Anspruchsgrundlagen gestützte Klage nicht schon dann abweisungsreif, wenn der Beklagte einer dieser Anspruchsgrundlagen mit Erfolg eine Einwendung entgegenhalten kann. Ebenso wie die Voraussetzungen eines Anspruchs für jede in Betracht kommende Anspruchsgrundlage gesondert geprüft werden müssen, sind auch Einwendungen, Einreden und Gegenrechte in ihren Auswirkungen auf jede dieser Anspruchsgrundlagen getrennt zu prüfen.
Wie sich bereits aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung des § 986 BGB ergibt, steht ein Recht zum Besitz im Sinne dieser Vorschrift nur dem dinglichen Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB und - kraft ausdrücklicher Verweisung in § 1007 Abs. 3 Satz 2 BGB - dem Herausgabeanspruch des früheren Besitzers aus § 1007 BGB entgegen, nicht aber dem schuldrechtlichen Rückgabeanspruch des Vermieters aus § 556 Abs. 1 BGB, der als Umkehrung der Gebrauchsüberlassungspflicht weder Eigentum des Vermieters noch Besitz des Mieters voraussetzt (vgl. Staudinger/Sonnenschein, BGB 13. Aufl. § 556 Rdn. 7, 8).
Auch eine entsprechende Anwendung des § 986 Abs. 1 BGB auf den Anspruch aus § 556 BGB ist abzulehnen (vgl. auch Palandt/Bassenge, BGB 57. Aufl. Art. 233 § 2a EGBGB Rdn. 7; LG Berlin WuM 1995, 108; BT-Drucks. 12/2480 S. 78 zu Art. 233 § 2 a EGBGB unter d). Sie läßt sich insbesondere nicht mit dem Argument begründen, der Rückgabeanspruch des Vermieters könne nicht weiter reichen als der Vindikationsanspruch des Eigentümers. Daß dem nicht so ist, folgt bereits aus § 556 Abs. 2 BGB. Danach steht dem Mieter eines Grundstücks wegen seiner Ansprüche gegen den Vermieter kein Zurückbehaltungsrecht zu, während er gegenüber dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB ein Zurückbehaltungsrecht wegen zu ersetzender Verwendungen geltend machen kann, § 1000 Satz 1 BGB. Auch insoweit lehnt die herrschende Meinung eine entsprechende Anwendung des § 556 Abs. 2 BGB auf den Vindikationsanspruch ebenso ab wie die Nichtanwendung dieser Vorschrift beim Zusammentreffen von Herausgabeansprüchen aus § 556 BGB und § 985 BGB (vgl. Staudinger/Sonnenschein aaO § 556 Rdn. 46 m.N.; Erman/Jendrek, BGB 9. Aufl. § 556 Rdn. 13).
Etwas anderes ergibt sich in Fällen der vorliegenden Art auch nicht aus Sinn und Zweck des Sachenrechtsmoratoriums des Art. 233 § 2a EGBGB (a.A. wohl Staudinger/Rauscher, BGB [1996] Art. 233 § 2a EGBGB Rdn. 71). Zahlreiche Regelungen des Moratoriums (vgl. Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 und 5, Abs. 3 Satz 1, Abs. 6 Satz 2, 3 und 6, Abs. 8 Satz 1 und Abs. 9 Satz 4 EGBGB) räumen vertraglichen Abreden Vorrang vor der gesetzlichen Regelung ein. Zwar betrifft dies stets nur Vereinbarungen zwischen dem Nutzer und dem Grundstückseigentümer. Das in diesen Regelungen zutage tretende Subsidiaritätsprinzip ist aber auch im übrigen zu beachten. Die gesetzliche Regelung des Moratoriums ist daher - zumindest im Verhältnis der Beteiligten, die ihre Rechtsverhältnisse abweichend selbst geregelt haben - nicht anzuwenden.
2. Aus diesen Gründen stünde auch ein gesetzliches (oder durch gesetzlich angeordneten Vertragseintritt begründetes) Besitzrecht, das nicht von der früheren LPG abgeleitet wäre, sondern der Beklagten selbst zustünde, dem Rückgabeverlangen des Klägers aus § 556 BGB nicht entgegen.
a) Ein etwaiges Besitzrecht der Beklagten aufgrund des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) ließe die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag unberührt, § 6 Abs. 2 Satz 1 SchuldRAnpG. Abgesehen davon kommt ein solches Besitzrecht hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die von der Beklagten mit der LPG getroffene Nutzungsvereinbarung erst nach dem 30. Juni 1990 zustande gekommen ist (vgl. § 8 Abs. 1 SchuldRAnpG).
b) Die mietvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien hätten auch Vorrang vor einem gesetzlichen Besitzrecht der Beklagten nach dem Sachenrechtsmoratorium des Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB.
Da die Beklagte selbst keine der in § 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 EGBGB genannten Voraussetzungen erfüllt und, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, auch nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der LPG ist, kommt ein Besitzrecht der Beklagten aufgrund des Sachenrechtsmoratoriums nur in Betracht, wenn die LPG ein ursprünglich dieser zustehendes Besitzrecht gemäß Art. 233 § 2a Abs. 2 Satz 2 EGBGB auf die Beklagte übertragen hätte und dieses Besitzrecht auch jetzt noch - nach dem 31. Dezember 1994, vgl. Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 2 EGBGB - fortbestünde.
Eine solche Übertragung ist hier in der Vereinbarung vom 15. August 1990 zu sehen, mit der die LPG der Beklagten unbefristet und nicht einseitig kündbar die "uneingeschränkte Nutzung" eingeräumt hat. Zu diesem Zeitpunkt war das - erst 1992 eingeführte - Sachenrechtsmoratorium zwar noch nicht voraussehbar; indes enthält diese Vereinbarung, deren wirtschaftliches Ergebnis einer entgeltlichen Veräußerung nahekommt und die Einräumung aller gegenwärtigen und künftigen eine ungestörte Nutzung des Anwesens ermöglichenden Rechte darstellt, eine vorweggenommene Übertragung eines möglicherweise bestehenden Besitzrechts im Sinne des Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB. So hat der Bundesgerichtshof beispielsweise auch in einer vor dem Wirksamwerden des Beitritts erfolgten Übertragung der Rechtsträgerschaft die Einräumung der für eine Vermietung nach dem Beitritt erforderlichen Verfügungsbefugnis gesehen (vgl. Nichtannahmebeschluß des Senats vom 9. April 1997 - XII ZR 102/95 - , unveröffentlicht).
Sofern ein eigenes Besitzrecht der Beklagten aufgrund des Sachenrechtsmoratoriums bestanden haben sollte, ist es jedoch gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 6 Satz 2, 3 und 6 EGBGB mit Ablauf des 30. April 1994 erloschen. Nach dem Wortlaut des Absatzes 6 Satz 6 dieser Vorschrift erlischt das Besitzrecht des Nutzers zwar nur, wenn dieser selbst die über die Nutzung des Grundstücks getroffene Vereinbarung kündigt. Zu Recht macht die Revision aber geltend, einer Kündigung durch den Nutzer sei es gleichzustellen, wenn dieser die laufende Zahlung des vereinbarten Entgelts einstelle und damit die fristlose Kündigung durch den Grundstückseigentümer veranlasse, denn auch in einem solchen Fall ist er des besonderen Schutzes des Sachenrechtsmoratoriums im Hinblick auf die früher erbrachten Investitionen nicht mehr würdig.
Dies entspricht auch der Wertung des Vertragsmoratoriums, das gemäß Art. 232 § 4 a Abs. 1 Satz 1 EGBGB eine auf § 554 BGB gestützte Kündigung vor Ablauf des Moratoriums gestattet.
Es wäre zudem nicht nachvollziehbar, wenn dem Vermieter wegen Zahlungsverzuges des Mieters zwar ein Kündigungsrecht mit der Folge der Beendigung der vertraglichen Beziehungen eingeräumt wird, der Mieter aber gleichwohl zum Besitz berechtigt bliebe und die Mietsache fortan gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 3 EGBGB unentgeltlich nutzen dürfte (vgl. LG Berlin aaO; MünchKomm-BGB/Wendtland, 3. Aufl. Erg.-Bd. Art. 233 § 2a EGBGB Rdn. 18; Soergel/Hartmann, BGB 12. Aufl. Art. 233 § 2 a EGBGB Rdn. 26; Thomas in Kimme, Offene Vermögensfragen, Art. 233 § 2a EGBGB Rdn. 21).
3. Dem Rückgabeverlangen des Klägers aus § 556 BGB stünde allerdings der Einwand des Rechtsmißbrauchs (§ 242 BGB) entgegen, wenn der Kläger die Mietsache sogleich wieder an die APH herausgeben müßte und diese aufgrund der zwischen ihr bzw. der damaligen LPG und der Beklagten geschlossenen Nutzungsvereinbarung ihrerseits verpflichtet wäre, der Beklagten erneut den Besitz einzuräumen.
Der APH steht jedoch kein Herausgabeanspruch gegenüber dem Kläger zu, wenn dieser das Mietobjekt zurückerhält. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus selbständigem Gebäudeeigentum noch aus einem sonstigen Besitzrecht der APH.
a) Im Ergebnis hat das Berufungsgericht zu Recht dahinstehen lassen, ob an dem ehemaligen Stall und der ehemaligen Scheune selbständiges Gebäudeeigentum der LPG und nunmehr der APH entstanden ist oder nicht. Denn selbständiges Gebäudeeigentum als solches begründet - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - keinen Herausgabeanspruch gegen den Grundstückseigentümer (vgl. Schweizer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Aufl. Rdn. 617, 650). Es gewährt ein Recht zum Besitz nur unter den Voraussetzungen und im Umfang des Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB; auch Art. 233 §§ 2 b Abs. 4, 4 Abs. 3 EGBGB begründen keine hiervon unabhängigen Nutzungsrechte des Gebäudeeigentümers (vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Oktober 1995 - V ZR 254/94 - WM 1996, 91 f.; Staudinger/Rauscher aaO Art. 233 § 2 b EGBGB Rdn. 59).
b) Aus Art. 233 § 2 a EGBGB ergibt sich hier kein Herausgabeanspruch der APH gegen den Kläger. Abgesehen davon, daß die LPG, aus der die APH hervorgegangen ist, sich eines ihr etwa zustehenden Rechts zum Besitz im Sinne dieser Bestimmung bereits im Wege vorweggenommener (Übertragung zugunsten der Beklagten entäußert hatte (vgl. oben I 2 b), soll Art. 233 § 2 a EGBGB zugunsten des Nutzers lediglich den Status quo wahren, indem ihm Besitz und Nutzung bis zur Bereinigung der Rechtsverhältnisse an Grundstück und Gebäuden belassen werden (vgl. BGH, Urteile vom 13. Oktober 1995 aaO und vom 2. Juni 1995 - V ZR 304/93 - WM 1995, 1589, 1591 = DtZ 1995, 328 ff. m.N.; BT-Drucks. 12/2480 S. 77). Art. 233 § 2 a EGBGB gewährt hingegen demjenigen, der den Besitz bereits verloren hat, keinen Verschaffungsanspruch gegen den Eigentümer des Grundstücks. Denn das Recht "zum Besitz" umfaßt nicht zugleich ein Recht "auf Besitz" im Sinne eines Anspruchs auf Einräumung eines nicht oder nicht mehr vorhandenen Besitzes (vgl. RGRK-BGB/Pikart, 12. Aufl. § 986 Rdn. 3; Staudinger/Rauscher aaO Art. 233 § 2 a EGBGB Rdn. 58 ).
Im übrigen ist ein Besitzrecht der APH nach Art 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 lit a) EGBGB schon deshalb zu verneinen, weil sie, bzw. vor der Umwandlung die LPG, bei Inkrafttreten dieser Vorschrift am 22. Juli 1992 das Grundstück nicht mehr selbst nutzte. Zwar setzt das Sachenrechtsmoratorium keine höchstpersönliche Nutzung voraus; als Eigennutzung ist vielmehr auch die Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks anzusehen, weil auch die Erzielung von Miet- oder Pachtzins eine Nutzung im Sinne der §§ 100, 99 Abs. 3 BGB darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1995 aaO). Wegen der Besonderheiten des zwischen der LPG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung vom 15. August 1990 ist hier indes - ungeachtet der Bezeichnung des von der Beklagten zu entrichtenden Entgelts als "Pacht" - nicht von einer Eigennutzung des Grundstücks durch die LPG auszugehen. Die Überlassung des Grundstücks ist vielmehr im Zusammenhang mit der Ausgliederung der ehemaligen "Abteilung Bau und Investitionen" aus der LPG zu sehen; die zu gründende GmbH sollte auf diese Weise, wie in der Vereinbarung ausdrücklich festgehalten ist, mit den erforderlichen Grund- und Betriebsmitteln ausgestattet werden. Die als Entgelt vereinbarte Rückführung des Kredits ist damit als Übernahme der Lasten im Innenverhältnis anzusehen und nicht als Sachfruchtziehung in Gestalt eines von der Dauer der Überlassung abhängigen Entgelts für die gewährte Nutzung, was sich auch daraus ergibt, daß diese nach Rückführung des Kredits unentgeltlich sein sollte. Berücksichtigt man ferner, daß die LPG auf das Recht zur Kündigung der Nutzungsvereinbarung verzichtete, verblieb ihr lediglich das an den Gebäuden gegebenenfalls bestehende selbständige Gebäudeeigentum sowie das Recht, darüber zu verfügen. Denn auch den mittelbaren Besitz, der ihr nach Abschluß der Vereinbarung vom 15. August 1990 zunächst verblieben sein mochte, hatte sie spätestens im Dezember 1991 dadurch verloren, daß die Beklagte den Besitz nunmehr für den Kläger vermitteln wollte, was sie durch den Abschluß des "Pacht"vertrages mit diesem kundgetan hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 1979 - I ZR 147/77 - NJW 1979, 2037, 2038; Palandt/Bassenge aaO § 868 Rdn. 25).
Eine Eigennutzung der LPG lag somit im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr vor.
II.
Aus Vorstehendem folgt zugleich, daß dem Kläger über den für März und April 1994 zugesprochenen Mietzins in Höhe von monatlich 1.000 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer hinaus für die Zeit vom 1. Mai 1994 bis zum 28. Februar 1995 auch die verlangte Nutzungsentschädigung in gleicher Höhe wegen Vorenthaltung der Mietsache gemäß § 557 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht.
Ende der Entscheidung
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