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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 24.03.1999
Aktenzeichen: XII ZR 124/97
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 572
BGB § 571 Abs. 2 Satz 2
BGB §§ 572, 571 Abs. 2 Satz 2

Händigt der Veräußerer eines Grundstücks die ihm vom Mieter geleistete Sicherheit auf Verlangen des Erwerbers an diesen aus, bleibt er auch unter den Voraussetzungen des § 571 Abs. 2 Satz 2 BGB neben dem Erwerber zur Rückgewähr der Sicherheit nach Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet.

BGH, Urteil vom 24. März 1999 - XII ZR 124/97 - OLG Karlsruhe LG Baden-Baden


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 124/97

Verkündet am: 24. März 1999

Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. April 1997 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 23. Oktober 1996 abgeändert:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte von der Verpflichtung zur Rückgewähr der geleisteten Kaution an die Klägerin nicht frei geworden ist.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten der Streithilfe tragen der Streithelfer der Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte. Die Kosten des Rechtsstreits im übrigen werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rückzahlung einer Mietkaution für den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses über ein Ladenlokal.

Die Beklagte und ihr Bruder waren in ungeteilter Erbengemeinschaft nach ihrer Mutter Eigentümer eines Hausgrundstücks. Mit Vertrag vom 31. Oktober 1985 vermieteten sie, vertreten durch ihren Vater - den Streithelfer der Klägerin - für die Dauer von zunächst fünf Jahren ein Ladengeschäft in diesem Hause an die Klägerin, die darin eine Parfümerie betreibt. Seit Ablauf der Fünfjahresfrist wird das Mietverhältnis gemäß § 2 des Vertrages auf unbestimmte Zeit fortgesetzt und kann mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Monatsende gekündigt werden.

In § 4 des Vertrages ist vereinbart:

"Der Mieter hinterlegt nach Abschluß des Mietvertrages bei der Vermieterin als Sicherheit eine zinslose Kaution von sechs Monatsmieten = DM 30.000, die nach Ablauf des Mietverhältnisses nur dann wieder ausgehändigt wird, wenn der Mieter nicht vor Ende der Vertragsdauer ausscheidet und er auch keine Schäden hinterläßt."

Die Klägerin leistete die Kaution durch Hingabe eines Schecks, der zugunsten der Erbengemeinschaft eingelöst wurde.

1992 veräußerte die Erbengemeinschaft das Grundstück an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im folgenden: Erwerberin) und kehrte ihr die Kaution durch einvernehmliche Verrechnung mit dem Kaufpreis aus.

Mit Schreiben vom 8. Mai 1992 teilte der Streithelfer der Klägerin dieser mit, daß die Hausverwaltung ab 1. Juni 1992 von der CIP-Center AG wahrgenommen werde. Letztere teilte der Klägerin mit Schreiben vom 15. Mai 1992 den Übergang des Eigentums auf die Erwerberin mit.

Über das Vermögen der Erwerberin wurde in der Folgezeit das Konkursverfahren eröffnet. Die Klägerin befürchtet, nach Beendigung des Mietverhältnisses ihren Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gegen die Erwerberin nicht durchsetzen zu können, und nimmt deshalb die Beklagte auf künftige Leistung in Anspruch. Ihre Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Dagegen richtet sich ihre zugelassene Revision, mit der sie hilfsweise Feststellung begehrt, daß die Beklagte von der Verpflichtung zur Rückgewähr der geleisteten Kaution nicht frei geworden ist.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in DB 1997, 1326 = OLG-Report 1997, 90 veröffentlicht ist, hat aus seiner Sicht folgerichtig dahinstehen lassen, ob die auf künftige Leistung gerichtete Zahlungsklage (§ 259 ZPO) zulässig ist, oder ob die Klägerin auf den Weg der Feststellungsklage (§ 256 ZPO) hätte verwiesen werden müssen. Denn auch diese hätte nach der Auffassung des Berufungsgerichts in der Sache keinen Erfolg haben können, weil die ursprüngliche Vermieterin, die die Mietkaution an die Erwerberin weitergeleitet hat, jedenfalls nach Ablauf der Frist des § 571 Abs. 2 BGB nicht mehr - neben der Erwerberin - auf Rückzahlung hafte.

Dies hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

1. Der auf künftige Leistung gerichtete Hauptantrag ist unzulässig.

Abgesehen davon, daß die Kaution nicht schon bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Rückzahlung fällig wird, sondern erst nach Ablauf einer sich daran anschließenden angemessenen Überlegungs- und Abrechnungsfrist (vgl. Emmerich, Miete 7. Aufl. § 550 b BGB Rdn. 12), ist derzeit nicht abzusehen, welche Gegenansprüche des jetzigen Vermieters, für die die Kaution aufgrund der getroffenen Sicherungsabrede haftet, demnächst bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehen könnten.

Die Beklagte kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, eventuelle spätere Einwendungen nach § 767 ZPO geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 - III ZR 116/94 - MDR 1996, 1232). Denn bei der Rückzahlung der Kaution handelt es sich nicht um eine Leistung, die nur noch vom Zeitablauf abhängig ist. Der sich aus der Sicherungsabrede ergebende Rückzahlungsanspruch wird erst fällig und besteht auch nur insoweit, als feststeht, daß dem Vermieter keine Ansprüche mehr zustehen, für die die Kaution haftet, das Sicherungsbedürfnis also entfallen ist (vgl. Emmerich aaO Rdn. 11). Gegenansprüche des Vermieters sind folglich keine Einwendungen, die dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution entgegenzuhalten wären; vielmehr steht der Rückzahlungsanspruch entsprechend der Sicherungsabrede unter der Bedingung, daß derartige Ansprüche des Vermieters nicht bestehen.

Derzeit ist aber nicht abzusehen, ob demnächst nach Verrechnung mit eventuellen Gegenforderungen überhaupt noch ein an die Klägerin zurückzuzahlender Kautionsbetrag verbleiben wird. Es fehlt daher an der für eine Klage nach § 259 ZPO erforderlichen Bestimmbarkeit des geltend gemachten Anspruchs (vgl. RGZ 168, 321, 325 f.).

2. Der auf Feststellung gerichtete Hilfsantrag ist hingegen zulässig und begründet.

Ob die hier im Wege einverständlicher Verrechnung erfolgte Weitergabe einer (hier durch Scheckhingabe geleisteten) Kaution an den Erwerber zur Enthaftung des Veräußerers führt oder dieser neben dem Erwerber zur Rückgewähr verpflichtet bleibt, ist seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

a) Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, mit Aushändigung der Kaution an den Erwerber werde der Veräußerer stets von seiner Rückgabepflicht frei (vgl. Wolf/Eckert, Gewerbliches Miet-, Pacht- und Leasingrecht, 7. Aufl. Rdn. 1434; Scheuer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. V Rdn. 307; Peters JR 1997, 353, 356; Frenz MittRhNotK 1991, 165, 183; Roquette, Mietrecht, § 572 BGB Rdn. 18; Planck/Knoke, BGB 4. Aufl. § 572 Anm. 3 a; Niendorff, Mietrecht 10. Aufl. S. 313).

b) Weitgehende Einigkeit besteht nur darüber, daß eine Forthaftung des Veräußerers jedenfalls nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Veräußerer die Kaution - anders als im vorliegenden Fall - auf Verlangen oder mit Zustimmung des Mieters weitergegeben oder dieser auf sonstige Weise zu erkennen gegeben hat, daß er nunmehr allein den Erwerber als Rückzahlungsverpflichteten ansieht (vgl. RG JW 1905, 80 Nr. 18; OLG Karlsruhe (Senat Freiburg) NJW-RR 1989, 267, 268; Palandt/Putzo BGB 58. Aufl. § 572 Rdn. 2; Geldmacher DWW 1998, 230, 231; MünchKomm/Voelskow, BGB 3. Aufl. § 572 Rdn. 7; Erman/Jendrek, BGB 9. Aufl. § 572 Rdn. 3; RGRK-BGB/Gelhaar 12. Aufl. § 572 Rdn. 2; v. Martius in Bub/Treier aaO Kap. III Rdn. 783; Stellwaag DWW 1990, 145; Mittelstein, Miete 4. Aufl. § 110 Anm. 7 b).

c) Mit dem Berufungsurteil gehen einige Stimmen in Rechtsprechung und Schrifttum in den Fällen, in denen der Veräußerer die Kaution auf alleiniges Verlangen des Erwerbers an diesen ausgezahlt hat, in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 571 Abs. 2 Satz 2 BGB von einer zeitlich befristeten Forthaftung des Veräußerers aus (LG Berlin Grundeigentum 1986, 237; MünchKomm/Voelskow aaO § 572 Rdn. 7; Soergel/Heintzmann, BGB 12. Aufl. § 572 Rdn. 10; Derleder, Partner im Gespräch 37 [1993] S. 75, 85 unter 8.; Mittelstein aaO § 110 Anm. 7 b; Oertmann, BGB 5. Aufl. 1929 § 572 Anm. 1 b).

d) Nach überwiegender, wenn auch zum Teil unterschiedlich begründeter Auffassung haftet der Veräußerer indes auch in dem vorstehend unter c) genannten Fall - neben dem Erwerber - ohne zeitliche Beschränkung für die Rückzahlung der Kaution weiter (vgl. RG aaO; Palandt/Putzo aaO § 572 Rdn. 2; Emmerich, Miete 7. Aufl. § 572 BGB Rdn. 7 und 9; Staudinger/Emmerich BGB [1997] § 572 Rdn. 22 f. m.N. aus der landgerichtlichen Rechtsprechung; AK/Derleder BGB § 572 Rdn. 1; Sternel Mietrecht 3. Aufl. Kap. III Rdn. 237; Rödding BB 1968, 934, 937; BGB-RGRK/Gelhaar aaO § 572 Rdn. 2; Soergel/Kummer BGB 11. Aufl. § 572 Rdn. 9; Steinig Grundeigentum 1995, 710, 718; Stellwaag aaO; Blank, Partner im Gespräch 28 [1988] 131, 142; Boecken ZMR 1982, 134, 135 f.; Stückmann ZMR 1972, 328, 330; Nissen JW 1904, 545 f.; von Brünneck Gruchot 47, 288, 294 ff.).

2. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung aus gesetzessystematischen Erwägungen an, die auch im Hinblick auf die Interessenlage der Beteiligten keiner Korrektur bedürfen:

a) Im Gesetzgebungsverfahren war unter anderem vorgeschlagen worden, als § 532 a Satz 2 des Entwurfs zum BGB zu bestimmen, daß der Verpächter für die aus der Sicherheitsleistung sich ergebenden Verpflichtungen des Erwerbers dem Pächter als selbstschuldnerischer Bürge hafte (Protokolle II 260). Dieser Antrag wurde abgelehnt. Daraus wird gefolgert (Frenz aaO S. 183 Fußnote 266), daß der Gesetzgeber sich gegen eine fortdauernde Haftung des Veräußerers entschieden habe, denn diese hätte einer besonderen Regelung bedurft.

Dem kann nicht gefolgt werden. Denn der abgelehnte Antrag sah zugleich vor, daß der Erwerber in die aus der Sicherheitsleistung sich ergebenden Rechte und Verpflichtungen eintreten solle; die Kommission entschied sich jedoch für einen Hilfsantrag, der (unter Ausdehnung der Vorschrift auf die Miete) vorsah, daß der Erwerber in die Verpflichtungen nur dann eintritt, wenn er sie übernommen hat oder wenn ihm die Sicherheit ausgehändigt worden ist (Protokolle aaO). Wäre jener unbedingte gesetzliche Vertragseintritt des Erwerbers in die Verpflichtungen aus der Sicherheitsleistung Gesetz geworden, hätte eine gleichwohl fortdauernde Haftung des Veräußerers möglicherweise einer besonderen Regelung bedurft. Jedenfalls beabsichtigte die Kommission offenbar nicht, den Veräußerer aus seiner Haftung zu entlassen. Denn ihre Beratungen zu diesem Punkt galten (allein) der Frage, "ob im Falle einer Veräußerung des Grundstücks der Erwerber für die Erstattung einer von dem Pächter dem Veräußerer geleisteten Sicherheit haftbar gemacht werden soll" (Protokolle II, 260). Hierfür spricht auch ein später zurückgezogener Antrag, demzufolge der Erwerber nicht für die Erstattung einer dem Vermieter von dem Mieter geleisteten Sicherheit haften sollte (vgl. Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse II, S. 608 Fußnote 28).

Der Gesetzgeber hat sich statt dessen aber für die Regelung des heutigen § 572 Satz 1 BGB entschieden, die sich auf einen Eintritt des Erwerbers in die durch die Sicherheitsleistung begründeten Rechte beschränkt. Somit bleibt festzustellen, daß der Wortlaut dieser Vorschrift offen läßt, welche Auswirkungen der angeordnete Eintritt des Erwerbers in die Rechte aus der Sicherheitsleistung und dessen auf bestimmte Fälle beschränkte Rückgewährpflicht auf die sich aus der Sicherheitsleistung ergebenden Verpflichtungen des ursprünglichen Vermieters haben (vgl. Peters aaO S. 356 unter 2 a). Die Antwort auf diese Frage ist daher außerhalb dieser Vorschrift zu suchen.

b) Auszugehen ist von dem Grundsatz, daß ein Wechsel in der Person des Schuldners der Zustimmung des Gläubigers bedarf, § 415 BGB.

Von diesem Grundsatz bildet § 571 Abs. 1 BGB eine Ausnahme (vgl. BGHZ 107, 315, 320), indem er den Erwerber in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen an Stelle des veräußernden Vermieters eintreten läßt. Diese Systemwidrigkeit (vgl. Protokolle II 139; Crome JherJb Bd. 37 [1897] 1, 25; Hesse, Die rechtliche Natur der Miete [1902] S. 24) bedurfte zum Schutz des Mieters, der sich hinsichtlich seiner Rechte aus dem Mietverhältnis ohne sein Zutun einem neuen, möglicherweise weniger solventen Schuldner gegenübersieht, eines Korrektivs (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1968 - VIII ZR 29/68 - NJW 1969, 417, 419; insoweit in BGHZ 51, 273 ff. nicht abgedruckt). Deshalb bestimmt § 571 Abs. 2 Satz 1 BGB, daß der ursprüngliche, aus dem Mietverhältnis ausscheidende Vermieter dem Mieter für einen vom Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein selbstschuldnerischer Bürge haftet, und zwar so lange, wie der Mieter aus tatsächlichen oder Rechtsgründen gehindert ist, sich seinem neuen Vermieter gegenüber durch ordentliche Kündigung aus dem Mietverhältnis zu lösen (§ 571 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Nach Sinn und Zweck des § 571 BGB tritt der Erwerber jedoch nur hinsichtlich solcher Verpflichtungen an die Stelle des Veräußerers, die sich auf das Grundstück beziehen und deshalb regelmäßig auch nur von dessen jeweiligem Eigentümer erfüllt werden können, namentlich hinsichtlich der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung und Erhaltung in vertragsgemäßem Zustand.

Hierzu zählt die Verpflichtung zur Rückgabe der vom Mieter geleisteten Sicherheit nicht, da diese nicht aus dem Mietverhältnis selbst, sondern aus der ergänzend getroffenen Sicherungsabrede folgt, mit der Gewährung des Gebrauchs des Grundstücks in keinem inneren Zusammenhang steht und keine Gegenleistung für den Mietzins darstellt, sondern allein durch die Hingabe der Sicherheit bedingt ist (vgl. Protokolle II, 261; Gölz ZIP 1981, 127, 129; Stückmann aaO S. 330; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht § 133 II 1; Planck/Knoke aaO § 572 Anm. 3 a; Nissen JW 1904, 545; LG Frankfurt/Main WuM 1990, 427, 428; a.A. Mittelstein aaO § 110 Anm. 6; Crome aaO S. 36). Für die Frage, welche Rechte und Pflichten sich "aus dem Mietverhältnis" ergeben und damit dem § 571 BGB unterfallen, kommt es insbesondere nicht darauf an, welche Nebenabreden in den Mietvertrag aufgenommen wurden, sondern allein auf den materiellen Gehalt der jeweiligen Vertragsbestimmungen (vgl. BGHZ 48, 244, 248; Paschke/Oetker NJW 1986, 3174, 3175 unter III).

c) § 572 Satz 1 BGB, der den Eintritt des Erwerbers in die durch die Sicherheitsleistung begründeten Rechte an Stelle des ursprünglichen Vermieters vorsieht, ist vor diesem Hintergrund als selbständige Regelung anzusehen und nicht etwa als Einschränkung des im übrigen anwendbar bleibenden § 571 BGB (a.A. Fikentscher, Schuldrecht 9. Aufl. § 74 V 2 a S. 508). Wenn nämlich die Rechte aus der Sicherungsabrede und der ihr zufolge geleisteten Kaution bereits nach § 571 Abs. 1 BGB auf den Erwerber übergingen, hätte es der Regelung des § 572 Satz 1 BGB nicht bedurft (vgl. Gölz aaO S. 129).

§ 572 BGB läßt den Grundsatz des § 415 BGB unberührt, da der Erwerber lediglich unter den Voraussetzungen des § 572 Satz 2 BGB zur Rückgewähr der Sicherheit (mit-) verpflichtet wird, ohne an Stelle des Veräußerers in dessen Pflichten aus der Sicherheitsleistung einzutreten, so daß dieser von seiner vertraglichen Verpflichtung nicht frei wird und insoweit Schuldner des Mieters bleibt (vgl. Staudinger/Emmerich aaO § 572 Rdn. 23).

d) Damit verbietet sich auch eine entsprechende Anwendung des § 571 Abs. 2 Satz 2 BGB, denn diese Vorschrift mildert eine Haftung des Veräußerers, die ihm § 571 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Schutz des Mieters und zum Ausgleich des diesem kraft Gesetzes zugemuteten Schuldnerwechsels auferlegt. § 572 BGB ordnet demgegenüber keinen Austausch der Vertragsparteien an, der durch eine gesetzliche Bürgenhaftung des Veräußerers kompensiert werden müßte, sondern beläßt es bei der von diesem vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Rückgabe der Sicherheit. Es besteht daher keine Veranlassung, diese vertraglich begründete Haftung im Falle der Veräußerung des Grundstücks einzuschränken und damit wiederum zu Lasten des Mieters den Grundsatz des § 415 BGB zu durchbrechen. Denn eine solche Systemwidrigkeit hat der Gesetzgeber im Rahmen des § 571 BGB nur in Kauf genommen, weil er keine andere praktikable Möglichkeit sah, seine im Interesse des Mieterschutzes getroffene Entscheidung zugunsten des Grundsatzes "Kauf bricht nicht Miete" zu verwirklichen (vgl. Protokolle II, 139; Crome aaO S. 24; Hesse aaO S. 24 f.).

Dies gilt um so mehr, als die Vorschriften der §§ 571 ff. BGB durchgängig als ausgesprochene Mieterschutzbestimmungen anzusehen und deshalb ausnahmslos in diesem Licht zu interpretieren sind (vgl. Staudinger/Emmerich aaO § 571 Rdn. 4 m.w.N.).

e) Die uneingeschränkte Forthaftung des Veräußerers entspricht auch der Interessenlage. Der Mieter, der keinen Einfluß auf die Veräußerung des Grundstücks hat, bedarf des Schutzes vor der Gefahr, seinen ursprünglichen Vertragspartner, dem er insbesondere bei Hingabe einer Barkaution zur freien Verwendung persönliches Vertrauen geschenkt hat (vgl. RG aaO; Protokolle II, 261), zu verlieren und statt dessen an einen nicht zahlungskräftigen oder zahlungsunwilligen Schuldner zu geraten (vgl. Boecken aaO S. 136).

Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts erscheint es auch nicht gerechtfertigt, das Einverständnis des Mieters mit der alleinigen Haftung des Erwerbers zu unterstellen, wenn er davon absieht, allein zur möglicherweise besseren Sicherung seiner Rechte aus einer Nebenabrede das gesamte Mietverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt ordentlich zu kündigen (vgl. auch Medicus JuS 1974, 613, 615 a.E.).

Auf der anderen Seite erscheint es nicht unbillig, das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Erwerbers beim Veräußerer zu belassen, der allein Einfluß auf die Veräußerung des Grundstücks und damit auf die Auswahl eines solventen Erwerbers hatte (vgl. Boecken aaO S. 136). Im übrigen bleibt es dem Veräußerer unbenommen, das mit seiner späteren Inanspruchnahme durch den Mieter verbundene Risiko bereits im Veräußerungsvertrag durch entsprechende Abreden abzusichern (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR aaO S. 268), beispielsweise durch eine Bankbürgschaft des Erwerbers.

Die Argumentation des Berufungsgerichts, der Mieter habe es in der Hand, durch entsprechende Verhandlungen mit dem Vermieter eine konkurssichere Anlage seiner Kaution zu erreichen, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Denn dem Vermieter steht es (sofern er nicht bereits wegen Vermietung von Wohnraum der Verpflichtung aus § 550 b Abs. 2 Satz 1 BGB unterliegt) ebenfalls frei, die Anlage der Kaution insolvenzfest zu gestalten (vgl. Emmerich, Miete aaO § 550 b BGB Rdn. 7) und damit der Gefahr zu begegnen, im Falle der Insolvenz des Erwerbers trotz Weitergabe der Kaution vom Mieter in Anspruch genommen zu werden, ohne erfolgreich Rückgriff beim Erwerber nehmen zu können.

Das vorstehend dargelegte Verständnis des § 572 BGB vermeidet zudem das wenig überzeugende Ergebnis einer möglicherweise unterschiedlichen Haftung des Veräußerers je nachdem, ob ihm der Mieter selbst oder aber für diesen ein Dritter Sicherheit geleistet hat. Denn auf Vereinbarungen, die der Vermieter mit Dritten zugunsten des Mieters geschlossen hat, ist jedenfalls § 571 BGB nicht anwendbar (vgl. Emmerich, Miete aaO § 571 BGB Rdn. 15; vgl. auch OLG Königsberg OLG-Rspr. 23, 40).

Damit bleibt der Veräußerer eines Grundstücks, der die vom Mieter geleistete Sicherheit dem Erwerber ausgehändigt hat, neben diesem zur Rückgewähr der Sicherheit nach Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet. Allerdings wird der Mieter angesichts der getroffenen Sicherungsabrede nach Treu und Glauben grundsätzlich gehalten sein, zunächst den Erwerber als den gegenwärtigen Sicherungsnehmer und Mietvertragspartner in Anspruch zu nehmen, solange dies nicht aussichtslos erscheint.

3. Der Senat kann nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung treffen.

Ende der Entscheidung

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