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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: XII ZR 137/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1603 Abs. 1
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1607 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 137/04

Verkündet am: 20. Dezember 2006

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, die Richter Prof. Dr. Wagenitz und Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten werden dem Kläger zu 1 zu 55 % und dem Kläger zu 2 zu 45 % auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen diese selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger nehmen die Beklagte, ihre Großmutter väterlicherseits, auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch.

Die 1987 und 1990 geborenen Kläger entstammen der geschiedenen Ehe des Sohnes der Beklagten mit ihrer Mutter. Ihr Vater wurde durch Versäumnisurteil vom 27. Februar 2002 verurteilt, für sie monatlichen Unterhalt in Höhe des jeweiligen Regelbetrages zu zahlen. Vollstreckungsversuche gegen ihn blieben erfolglos; auch freiwillige Zahlungen erfolgten nicht. Ein Ermittlungsverfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht wurde mit der Begründung eingestellt, der Vater sei nicht leistungsfähig.

Die Kläger nahmen deshalb zunächst die Beklagte und deren Ehemann, ihren Großvater väterlicherseits, für die Zeit ab Januar 2003 auf Unterhalt in Höhe der Regelbeträge in Anspruch, der Kläger zu 1 allerdings mit Ausnahme der Zeit von März bis August 2003, während der er Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezog. Der Großvater verstarb während des Rechtsstreits im Juni 2003. Die Kläger beanspruchten daraufhin für die Zeit bis zu seinem Tod von der Beklagten zugleich als Miterbin Unterhalt.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Klägern zeitlich gestaffelt Unterhaltsbeträge zuerkannt, die zwischen monatlich 44 € und 236 € liegen. Auf die Berufung der Kläger wurde die Beklagte - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - zu weitergehenden Unterhaltszahlungen verurteilt. Mit ihrer - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in OLG-Report 2005, 22 ff. veröffentlicht ist, hat die Beklagte nach § 1607 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit § 1603 Abs. 1 BGB für unterhaltspflichtig gehalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Für die Ersatzhaftung reiche es aus, wenn der Anspruch selbst aufgrund eines - gegebenenfalls auf der Zurechnung fiktiven Einkommens beruhenden - Vollstreckungstitels nicht durchgesetzt werden könne. Die Mutter der Kläger sei unstreitig nicht leistungsfähig. Die Beklagte sei aufgrund gesetzlicher Erbfolge jedenfalls Miterbin nach ihrem verstorbenen Ehemann geworden (§ 1931 BGB); als solche hafte sie gesamtschuldnerisch für die Nachlassverbindlichkeiten (§§ 2058, 1907 BGB), zu denen auch die bis zum Tod des Verstorbenen fällig gewordenen Unterhaltsschulden gehörten. Für die Zeit danach sei die Beklagte alleine unterhaltspflichtig.

Von den Renten- und Versorgungseinkünften der Beklagten und ihres Ehemannes seien für den Zeitraum bis August 2003 die Kreditraten für einen Pkw in Abzug zu bringen. Eine zeitlich weitergehende Berücksichtigung sei dagegen nicht gerechtfertigt. Da die Beklagte unstreitig keine Fahrerlaubnis besitze, sei die Pkw-Haltung nach dem Tod ihres Ehemannes nicht mehr als angemessener Aufwand anzusehen. Die Beklagte, die nicht dargelegt habe, in besonderem Maße auf die Nutzung eines Pkw angewiesen zu sein, könne sich mit einem Taxi deutlich billiger zum Einkaufen sowie zu Arzt- oder Verwandtenbesuchen fahren lassen. Ihr sei jedoch eine Übergangszeit bis Ende August 2003 zuzubilligen, in der sie den Pkw veräußern und sich anderweit einrichten könne.

Der einem Großelternteil zuzubilligende Selbstbehalt sei mit 1.250 € zu bemessen; für den anderen Großelternteil sei dagegen wegen der mit der gemeinsamen Haushaltsführung verbundenen Ersparnis nur ein Betrag von 950 € anzusetzen, so dass bis zum Tod des Großvaters von einem Selbstbehalt von insgesamt 2.200 € auszugehen sei. Das darüber hinausgehende Einkommen generell in Höhe der Hälfte anrechnungsfrei zu lassen, erscheine nicht gerechtfertigt, wenn es - wie hier - um den Unterhalt für minderjährige Kinder gehe. Allerdings seien konkrete Belastungen großzügig zu berücksichtigen. Dies gelte zum einen für die Kreditrate zur Finanzierung des Pkw, solange dieser von der Beklagten und ihrem Ehemann genutzt worden sei. Zum anderen sei der Beklagten zuzugestehen, weiterhin in der 1998 angemieteten ehelichen Wohnung zu verbleiben. Da sie hierfür eine Warmmiete von 650 € monatlich zu zahlen habe, sei der Selbstbehalt um den Betrag von 210 € zu erhöhen (650 € abzüglich im Selbstbehalt enthaltener Warmmiete von 440 €). Danach könnten die Kläger zwar höheren Unterhalt als vom Amtsgericht zuerkannt verlangen; in vollem Umfang des Klagebegehrens bestünden Unterhaltsansprüche mangels Leistungsfähigkeit indessen nicht.

2. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision als ihr günstig nicht, soweit sie die Voraussetzungen der Ersatzhaftung und die Haftung der Großmutter als Miterbin nach ihrem Ehemann betrifft. Sie greift allerdings die Ausführungen zur Leistungsfähigkeit der Beklagten an. Damit kann sie indessen nicht durchdringen.

a) Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hat, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn Großeltern im Fall der Inanspruchnahme auf Unterhalt für ihre Enkel zumindest die höheren Selbstbehaltsbeträge zugebilligt werden, die auch erwachsene Kinder gegenüber ihren unterhaltsbedürftigen Eltern verteidigen können. Das gilt auch gegenüber minderjährigen Enkeln. Zwar sind diese in der Regel nicht in der Lage, ihren Lebensbedarf selbst zu decken. Deshalb ordnet das Gesetz in § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB an, dass ihnen gegenüber eine gesteigerte Unterhaltspflicht besteht. Die vorgenannte Bestimmung gilt aber nur im Verhältnis zwischen Kindern und ihren Eltern. Für Großeltern besteht dagegen keine gesteigerte Unterhaltspflicht, sondern sie haften allein unter Berücksichtigung ihres angemessenen Eigenbedarfs, und zwar nachrangig. Das rechtfertigt es, ihnen generell die erhöhten Selbstbehaltsbeträge, wie sie auch im Rahmen des Elternunterhalts gelten, zuzubilligen (Senatsurteile vom 8. Juni 2005 - XII ZR 75/04 - FamRZ 2006, 26, 28 m.Anm. Duderstadt FamRZ 2006, 30 f. und Luthin FamRB 2006, 4 f. und ff. 206, 54 f. und vom 3. Mai 2006 - XII ZR 35/04 - FamRZ 2006, 1099).

b) Deshalb hat das Oberlandesgericht zu Recht den Selbstbehaltsbetrag zugrunde gelegt, der gegenüber der Inanspruchnahme durch Eltern verteidigt werden kann. Dieser belief sich nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Januar 2002) auf monatlich 1.250 € bzw. auf 950 € für den mit dem Unterhaltspflichtigen zusammen lebenden Ehegatten. Nach der seit dem 1. Juli 2005 geltenden Düsseldorfer Tabelle sind Beträge von 1.400 € bzw. von 1.050 € anzusetzen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht für die Zeit bis zum Tod des Großvaters (Juni 2003) einen Selbstbehalt von insgesamt 2200 € und danach von 1.250 € zugrunde gelegt hat.

c) Die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens der Beklagten bzw. der Beklagten und ihres Ehemannes ist ebenfalls rechtsbedenkenfrei. Das Berufungsgericht hat die jeweiligen - unstreitigen - Renteneinkünfte zugrunde gelegt. Soweit die Revision beanstandet, dass von dem Einkommen zunächst die Kreditrate für den Pkw in Abzug gebracht und der Selbstbehalt wegen erhöhter Wohnkosten angehoben worden ist, hat sie keinen Erfolg.

Der Selbstbehalt umfasst nur die Mittel, die der Unterhaltspflichtige zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt. Dazu gehören Kreditraten für einen Pkw nicht. Derartige Aufwendungen können als abzugsfähig anerkannt werden, wenn und soweit sie sich in einer im Verhältnis zu den vorhandenen Einkünften angemessenen Höhe halten und die Verpflichtung bereits eingegangen wurde, als der Unterhaltspflichtige noch nicht damit zu rechnen brauchte, auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden. Denn Großeltern brauchen - ebenso wenig wie Kinder im Verhältnis zu ihren unterhaltsbedürftigen Eltern - keine spürbare und dauerhafte Senkung ihres einkommenstypischen Unterhaltsniveaus hinzunehmen, soweit sie keinen unangemessenen Aufwand betreiben (Senatsurteil vom 8. Juni 2006 aaO S. 28). Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die bei Gesamteinkünften der Großeltern von monatlich ca. 2560 € nicht unangemessen hohen Kreditraten abgesetzt und der Beklagten nach dem Tod ihres Ehemannes eine Übergangszeit von etwa zwei Monaten zugebilligt hat, um den Pkw zu veräußern.

Rechtsbedenkenfrei ist schließlich auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei zuzugestehen, in der früheren ehelichen Wohnung zu verbleiben, um nicht im Alter noch umziehen zu müssen. Da die Warmmiete von 650 € den insoweit im Selbstbehalt enthaltenen Betrag von 440 € überschreitet, konnte der Selbstbehalt um den Mehrbetrag von 210 € erhöht werden.

d) Gegen die auf dieser Grundlage erfolgte Unterhaltsberechnung hat die Revision keine Einwendungen erhoben. Dagegen ist auch revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

Ende der Entscheidung

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