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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.07.2003
Aktenzeichen: XII ZR 16/00
Rechtsgebiete: BGB, ZVG


Vorschriften:

BGB § 557
BGB § 574 a.F.
BGB § 581 a.F.
BGB § 1124 Abs. 2
BGB § 1125
ZVG § 57
ZVG § 57 b
ZVG § 152
ZVG § 155

Entscheidung wurde am 08.11.2004 korrigiert: unter II. 1. muß das dritte Wort im dritten Satz statt Zwangsversteigerung richtig Zwangsverwaltung lauten
a) Zur Aktivlegitimation des Zwangsverwalters hinsichtlich des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung nach §§ 557 Abs. 1 a.F., 581 Abs. 2 BGB.

b) Eine im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag getroffene Vereinbarung zwischen dem Verpächter und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Pächterin dahingehend, daß die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sei, stellt keine Vorausverfügung über den Pachtzins i.S. von §§ 574 a.F., 1124 Abs. 2 BGB dar.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 16/00

Verkündet am: 23. Juli 2003

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Gerber, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Rostock vom 20. Dezember 1999 aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers - das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 6. Juni 1997 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Zwangsverwalter Ansprüche aus einem Pachtvertrag geltend.

Der Beklagte und der an dem Rechtsstreit nicht beteiligte Gesellschafter S. gründeten durch Gesellschaftsvertrag vom 21. Dezember 1992 die "B. und S. Automatenaufstellgesellschaft bR" (fortan: GbR). Der Gesellschaftsvertrag enthielt in § 3 a Abs. 4 die Regelung, daß die Gesellschafter im Innen- wie im Außenverhältnis lediglich mit dem Gesellschaftsvermögen haften.

Die GbR, vertreten durch den Gesellschafter S., pachtete mit schriftlichem Pachtvertrag vom 30. August/21. September 1994 von Dr. H. (fortan: Verpächter) das Gastronomieobjekt "Café K. " zu einem monatlichen Pachtzins von 11.500 DM zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen von 1.500 DM. Der Verpächter schloß am 1. Dezember 1994 mit dem Beklagten als Vertreter der GbR eine schriftliche Vereinbarung, wonach dieser im Namen und für Rechnung der GbR einen Baukostenzuschuß in Höhe von 100.000 DM zur Verfügung stellen sollte, welcher zweckgebunden für die Fertigstellung des Gastronomieobjekts verwendet und auf die laufenden Pachtzinsen angerechnet werden sollte. Zusätzlich sollten die Kosten der Lüftungsanlage in Höhe von 50.000 DM von der GbR als Baukostenzuschuß übernommen und mit den monatlichen Pachtzinsen verrechnet werden. In einer weiteren Zusatzvereinbarung vom 25. Januar 1995 vereinbarten die Vertragsparteien, daß der Verpächter weiterhin Konzessionsträger der Gaststätte bleibt und die GbR die Gaststätte im Namen und im Auftrag des Verpächters führt und leitet. Die GbR entrichtete bis einschließlich Mai 1995 den vereinbarten Pachtzins.

Durch Beschluß vom 17. Mai 1995 ordnete das Amtsgericht Rostock auf Antrag eines Grundpfandgläubigers die Zwangsverwaltung über das Pachtgrundstück an und bestellte den Kläger zum Zwangsverwalter. Dieser nahm am 7. Juni 1995 das Grundstück in Besitz und forderte die GbR mit Schreiben vom 29. Juni 1995 auf, ab Juli 1995 den Pachtzins an ihn zu zahlen. Die GbR entrichtete ab diesem Zeitpunkt die Pachtzinsen weder an den Kläger noch an den Verpächter. Der Kläger kündigte deshalb das Pachtverhältnis mit Schreiben vom 16. August 1995 fristlos.

Der Kläger verlangt mit der Klage rückständige Pachtzinsen und Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Juli und August 1995 sowie eine Nutzungsentschädigung für den Zeitraum von September 1995 bis März 1997. Die Parteien streiten unter anderem darüber, ob der Beklagte persönlich für die Klageforderung haftet. Er wendet gegen seine Inanspruchnahme ein, daß die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt und dies bei Abschluß des Pachtvertrages mit dem Verpächter erörtert worden sei. Die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung sei gegenüber dem Kläger wirksam, da sie keine Vorausverfügung i.S. von § 574 BGB a.F., § 1124 Abs. 2 BGB sei.

Die Zwangsverwaltung wurde mit Beschluß vom 27. Mai 1999 aufgehoben, nachdem das Grundstück zwangsversteigert worden war.

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 273.000 DM nebst 4 % Zinsen aus 26.000 DM seit dem 3. August 1995 zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 230.000 DM nebst 4 % Zinsen monatlich gestaffelt verurteilt. Im übrigen hat es die weitergehenden Rechtsmittel der Parteien zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Senat angenommene Revision des Beklagten, mit der er die vollständige Abweisung der Klage erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsmittel des Beklagten führen zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils dahin, daß die Klage insgesamt abgewiesen wird.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger sei aktivlegitimiert, die wegen der Vorenthaltung der Pachtsache nach §§ 557 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB a.F. geschuldete Nutzungsentschädigung geltend zu machen. Er sei als Zwangsverwalter Gläubiger des vertraglichen Rückgabeanspruches. Deshalb enthalte die zur Rückgabe verpflichtete GbR die Pachtsache dem Zwangsverwalter vor, wodurch diesem auch der Anspruch nach § 557 Abs. 1 BGB a.F. zustehe. Die Aufhebung der Zwangsverwaltung lasse die Aktivlegitimation des Klägers hinsichtlich der Ansprüche aus der Zeit der Zwangsverwaltung nicht entfallen, da diese weiterhin den Realgläubigern zustünden. Der Beklagte sei auch passivlegitimiert. Pächterin des Gastronomieobjektes sei zwar die von dem Beklagten und dem Gesellschafter S. gegründete GbR gewesen. Für die aus Rechtsgeschäften der GbR folgenden Verbindlichkeiten könne jedoch der Beklagte persönlich in Anspruch genommen werden, da die Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen und mit ihrem Privatvermögen hafteten. Dem stehe nicht entgegen, daß die Haftung des Beklagten auf das Gesellschaftsvermögen nach § 3 a Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages beschränkt gewesen sei. Die Haftungsbeschränkung habe zwar gegenüber dem Verpächter gewirkt, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die im Gesellschaftsvertrag eingeschränkte Haftung der Gesellschafter mit dem Verpächter bei Abschluß des Pachtvertrages vereinbart worden sei. Sie gelte jedoch dem Kläger als Zwangsverwalter gegenüber nur in den zeitlichen Grenzen des § 574 BGB a.F., auf den § 57 b ZVG verweise. Die Vorschrift des § 57 b ZVG entspreche § 1124 Abs. 2 BGB, der ebenfalls sicherstellen wolle, daß die Pachtzinseinnahmen aus dem zwangsverwalteten Grundstück den Grundpfandrechtsgläubigern zufließen. Zu den von diesen Vorschriften erfaßten Rechtsgeschäften seien sämtliche Handlungen zu zählen, die diesen Zweck beeinträchtigten, indem sie auf den Bestand der Mietforderung oder die Berechtigung des Vermieters einwirkten. Dies sei nicht nur bei der zum Erlöschen der Forderung führenden Mietzinsvorauszahlung oder dem Erlaßvertrag der Fall, sondern auch bei weniger einschneidenden Maßnahmen, wie der Stundung oder der Änderung der Zahlungsart. Die mit dem Verpächter vereinbarte Haftungsbeschränkung der Gesellschafter habe zumindest dieselbe wirtschaftliche Auswirkung wie eine Stundungsabrede. Sie habe zwar nicht zum Erlöschen des Mietzinsanspruches geführt. Die Durchsetzbarkeit der vertraglichen Ansprüche hänge jedoch während des Bestehens der Gesellschaft von deren Vermögensbestand ab; nach Auflösung der Gesellschaft seien die Ansprüche faktisch nicht mehr zu realisieren. Nach § 152 Abs. 2 ZVG müsse der Zwangsverwalter den Inhalt des Pachtvertrages bzw. ein mit dem Vertrag vereinbartes Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen. Die Vorschriften der § 574 BGB a.F., § 1124 Abs. 2 BGB, § 57 b ZVG würden jedoch die Grundpfandrechtsgläubiger und damit auch den Zwangsverwalter gegen eine schon im ursprünglichen Mietvertrag enthaltene Vorausverfügung schützen. Die vereinbarte Haftungsbeschränkung sei daher gemäß § 574 Satz 1 BGB a.F. nur insoweit wirksam, als sie sich auf den der Zustellung der Beschlagnahme folgenden Monat und damit den Monat Juli 1995 beziehe. Für die Folgezeit sei die vereinbarte Haftungsbeschränkung unwirksam, weshalb der Beklagte für die Erfüllung des Mietzinses und für die Erfüllung der Nutzungsentschädigung persönlich mit seinem Privatvermögen hafte. Die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche seien auch nicht aufgrund einer Mietvorauszahlung oder eines anzurechnenden Baukostenzuschusses erloschen.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichtes halten der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Kläger als Zwangsverwalter berechtigt ist, die Klageforderung geltend zu machen. Soweit er mit der Klage rückständige Pachtzinsen verlangt, ergibt sich seine Aktivlegitimation - was die Revision auch nicht angreift - aus § 152 Abs. 1 ZVG. Daß die Zwangsverwaltung nach zwischenzeitlich erfolgter Zwangsversteigerung des Grundstücks aufgehoben wurde, steht nicht entgegen (Senatsurteil vom 21. Oktober 1992 - XII ZR 125/91 - NJW-RR 1993, 442 f.; vgl. auch BGH Urteil vom 8. Mai 2003 - IX ZR 385/00 - zur Veröffentlichung bestimmt). Er ist aber - entgegen der Revision - nach der vorgenannten Bestimmung auch befugt, den in §§ 557 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB a.F. vorgesehenen Anspruch auf Nutzungsentschädigung geltend zu machen. Die nach § 152 Abs. 1 ZVG bestehende Aufgabe des Zwangsverwalters, für eine ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstückes zu sorgen, schließt die Befugnis ein, auch solche Ansprüche zu verfolgen, die sich aus einer rechtsgrundlosen Benutzung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Sache sowie der Verletzung von Besitzrechten ergeben. Die Durchsetzung dieser Rechte dient dazu, eine Schmälerung der nach § 155 Abs. 2 ZVG zu verteilenden Überschüsse zu vermeiden (vgl. BGHZ 109, 171, 174 f.; BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - IX ZR 241/91 - NJW 1992, 2487 m.w.N.; Zeller/Stöber ZVG 17. Aufl. § 152 Rdn. 11.2). Zu diesen Rechten gehört auch die Berechtigung des Zwangsverwalters, eine Entschädigung für eine rechtsgrundlose Nutzung der beschlagnahmten Räume zu verlangen. Die Durchsetzung dieses Anspruches liegt im Rahmen des dem Kläger als Zwangsverwalter gesetzlich übertragenen Pflichtenkreises, da ihm in diesem Fall Räume vorenthalten werden, die sonst anderweitig hätten vermietet werden können, (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 aaO 2487 m.w.N.; Zeller/Stöber aaO Rdn. 11.2; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 8. Aufl. Rdn. 1527; Belz in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Kapitel VII Rdn. 145). Der aus § 557 Abs. 1 BGB a.F. folgende Entschädigungsanspruch setzt die Beendigung des Vertragsverhältnisses voraus. Er ist vertragsähnlicher Natur, da er einen Ausgleich dafür gewährt, daß der Mieter die Nutzungsmöglichkeit der Mieträume nach Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin für sich in Anspruch nimmt. Der Entschädigungsanspruch tritt daher im Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses als vertraglicher Anspruch eigener Art an die Stelle des Mietzinsanspruches (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1984 - VIII ZR 213/82 - NJW 1984, 1527, 1528 m.w.N.).

2. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht im Wege der Beweisaufnahme festgestellt, daß zwischen dem Verpächter und dem Beklagten eine wirksame Vereinbarung getroffen worden ist, durch welche die Haftung für die vertraglichen Ansprüche auf das Gesellschaftsvermögen der GbR beschränkt, die persönliche Haftung des Beklagten als Gesellschafter mithin ausgeschlossen wurde. Eine solche Haftungsbeschränkung ist wirksam, wenn sie - wie hier - durch eine mit dem Vertragspartner getroffene individualvertragliche Abrede vereinbart worden ist (vgl. BGHZ 142, 315, 319 f.). Die von der Revisionserwiderung gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gerichtete Gegenrüge hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 561 Abs. 2 ZPO a.F.

3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die vorgenannte Haftungsbeschränkung des Beklagten sei gegenüber dem Kläger gemäß § 57 b ZVG i.V. mit § 574 a.F. BGB; § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam.

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vollstreckungsschuldners im Rahmen einer Zwangsverwaltung allein nach den Vorschriften der §§ 1124, 1125 BGB, wenn - wie hier - ein Grundpfandgläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt. Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 146 ZVG, der hinsichtlich der Anordnung der Zwangsverwaltung auf die Regelungen der Zwangversteigerung und damit auf die §§ 15 - 27 ZVG verweist (vgl. Steiner/Teufel ZVG 9. Aufl. Bd. I §§ 57 - 57 d Rdn 9; Steiner/Hagemann ZVG 9. Aufl. Bd. II § 146 Rdn. 4). Durch diese Verweisung findet auch § 20 Abs. 2 ZVG Anwendung, der zur Bestimmung des Umfangs der Beschlagnahme über das ZVG hinausgreift und seinerseits auf die Vorschriften des materiellen Rechts über den Haftungsumfang bei Grundpfandrechten verweist. Die Beschlagnahme erfaßt danach neben dem Grundstück auch alle gemäß §§ 1120 ff. BGB dem Haftungsverband zugeordneten Gegenstände. Da die Zwangsverwaltung nach § 148 Abs. 1 ZVG auch die Miet- und Pachtzinsforderungen i.S. von § 1123 BGB erfaßt, richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vollstreckungsschuldners nicht nach den §§ 57, 57 b ZVG, sondern nach den §§ 1124, 1125 BGB (vgl. Steiner/Teufel ZVG 9. Aufl. Bd. I §§ 20 - 21 Rdn. 28, Rdn. 130; Dassler/Muth ZVG 12. Aufl. § 20 Rdn. 6; Staudinger/Emmerich BGB (13. Bearb. 1997) § 573 Rdn. 6; Belz in: Bub/Treier aaO Kap. VII Rdn. 148; Emmerich in: Emmerich/Sonnenschein Miete 7. Aufl. § 573 Rdn. 2).

b) Die mit dem Verpächter vereinbarte Haftungsbeschränkung des Beklagten ist - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - keine Vorausverfügung über den Pachtzins i.S. von § 1124 Abs. 2 BGB. Unter einer solchen Verfügung ist jedes Rechtsgeschäft zu verstehen, durch das die Miet- oder Pachtzinsforderung unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird. Hierunter fallen insbesondere die Erfüllung der Forderung durch Aufrechnung, durch Annahme an Erfüllung statt sowie ihre Stundung und ihr Erlaß. Die Vorausverfügung muß zudem unmittelbar auf den Miet- bzw. Pachtzins einwirken (vgl. Staudinger/Wolfsteiner BGB (13. Bearb.1996) § 1124 Rdn. 6; Gather in: Schmidt-Futterer Mietrecht 7. Aufl. § 574 Rdn. 2).

aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die vereinbarte Haftungsbeschränkung des Beklagten nicht wie eine Stundungsabrede zu behandeln. Eine Vorausverfügung i.S. von § 1124 Abs. 2 BGB setzt die Existenz einer - nach periodischen Zeitabschnitten bemessenen - Miet- bzw. Pachtzinsforderung gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft eingewirkt wird (vgl. BGHZ 137, 106, 110 f.; BGHZ 37, 346, 351 f.). Nicht ausreichend ist, daß die Verfügung den Miet- bzw. Pachtzins erst dem Grunde und der Höhe nach schafft (vgl. Gather in: Schmidt-Futterer aaO § 573 Rdn. 6). Vielmehr muß die Verfügung auf einen bereits bestehenden Miet- bzw. Pachtzins einwirken. Unter diesen Voraussetzungen kann zwar die Miet- bzw. Pachtzinsforderung und das auf sie einwirkende Rechtsgeschäft in demselben Vertrag begründet werden, da die Vorschrift des § 1124 Abs. 2 BGB den Zwangsverwalter auch gegen eine schon im ursprünglichen Miet- bzw. Pachtvertrag enthaltene Vorausverfügung schützt (vgl. BGHZ 137 aaO 110 f.; BGHZ 37 aaO 351 f.). Jedoch ist auch in diesem Fall die Vorausverfügung von der Vereinbarung zu unterscheiden, die den Mietzins erst dem Grunde und der Höhe nach entstehen läßt (vgl. Gather in: Schmidt-Futterer aaO § 573 Rdn. 6).

bb) Im Streitfall ist durch die vereinbarte Haftungsbeschränkung nicht auf eine Forderung eingewirkt worden, die aus der persönlichen Haftung des Beklagten für die Verbindlichkeiten der GbR resultiert. Vielmehr ist eine - aus dem Pachtvertrag sich ergebende - persönliche Verpflichtung des Beklagten von vornherein nicht zur Entstehung gelangt. Als rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft wird die GbR aus den sie treffenden Schuldverhältnissen unmittelbar selbst berechtigt und verpflichtet. Die daneben in Analogie zu §§ 128 ff. HGB bestehende akzessorische Haftung ihrer Gesellschafter erfaßt zwar grundsätzlich sämtliche Verbindlichkeiten der Gesamthand. Sie tritt jedoch dann nicht ein, wenn mit dem jeweiligen Gläubiger eine Haftungsbeschränkung auf das Gesamtshandsvermögen vereinbart wird (vgl. BGHZ 142, aaO 319 ff.; MünchKomm/Ulmer aaO § 714 Rdn. 27, m.w.N.). Insofern handelt es sich bei der gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter einer GbR um dispositives Recht.

Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, daß die Vertragsparteien bei den Vertragsverhandlungen die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehende Haftungsbeschränkung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GbR aus dem Pachtvertrag vereinbart haben. Zu diesen Verbindlichkeiten gehören nicht nur die Pachtzinsforderungen, sondern auch die von dem Kläger geltend gemachte Nutzungsentschädigung, da ein solcher Anspruch - wie sich aus den Ausführungen zu II 1. ergibt - aus dem Pachtvertrag resultiert. Dies führt dazu, daß ein Anspruch gegen den Beklagten persönlich aus Verbindlichkeiten der GbR von vornherein nicht zur Entstehung gelangt ist und damit nicht Gegenstand eines Rechtgeschäfts im Sinne von § 1124 Abs. 2 BGB sein kann. Der Umstand, daß die Durchsetzbarkeit der ausschließlich gegen die GbR gerichteten Forderungen von deren Leistungsfähigkeit bzw. von deren Fortbestand abhängt, ist eine Folge der vertraglichen Haftungsabreden, die vom Zwangsverwalter gemäß § 152 Abs. 2 ZVG hinzunehmen sind. Es liegt daher keine Einwirkung des Vollstreckungsschuldners (Verpächters) auf den Bestand bzw. die Durchsetzbarkeit einer gegen den Beklagten persönlich gerichteten Forderung vor.

4. Auf die Frage, ob die Baukostenzuschüsse als schuldbefreiende Leistungen des Beklagten an den Verpächter anzusehen wären, kam es nach Vorstehendem nicht mehr an.

Ende der Entscheidung

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