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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.10.2009
Aktenzeichen: XII ZR 175/07
Rechtsgebiete: SchuldRAnpG, NutzEV, ZGB-DDR, EGBGB


Vorschriften:

SchuldRAnpG § 20 Abs. 1
NutzEV § 3 Abs. 2
NutzEV § 3 Abs. 3
NutzEV § 5 Abs. 1
ZGB-DDR § 296
EGBGB Art. 231 Abs. 1
Bei der Ermittlung des ortsüblichen Nutzungsentgelts für Garagenflächen in den neuen Ländern (§ 5 Abs. 1 Nutzungsentgeltverordnung) müssen zwar Einzelfälle außer Betracht bleiben, in denen es einem Nutzungsgeber gelungen ist, ein völlig außerhalb des gängigen Preisspektrums liegendes Nutzungsentgelt zu erzielen. Die Frage, ob ein solcher Extremfall vorliegt, kann aber nicht ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Marktes beantwortet werden.

Werden Garagenflächen in 80% bis 90% aller Fälle von Kommunen oder kommunalen Gesellschaften angeboten, so kann das ortsübliche Entgelt nicht allein durch die Preisgestaltung dieser Anbieter bestimmt und dabei eine nicht unbeachtliche Anzahl privater Nutzungsverträge mit deutlich höheren Entgelten als "Ausreißer" außer Betracht gelassen werden.

Zur Ermittlung des ortsüblichen Entgelts bei erheblich divergierenden Nutzungsvereinbarungen.


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2009

durch

die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und

die Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und Schilling

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 4. Dezember 2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4. Februar 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger verlangen vom Beklagten ein erhöhtes Entgelt für die Nutzung einer in T. gelegenen Garagenfläche.

Die Garagenfläche steht im Eigentum der Kläger; an der aufstehenden Garage besteht - nach dem insoweit fortgeltenden Recht der DDR über das Eigentum des Nutzers an Baulichkeiten [§ 296 ZGB-DDR; Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB] - Eigentum des Beklagten. Die Garagenfläche ist Teil einer Garagenanlage ("B. straße I"), die insgesamt 121 Garagen umfasst. 51 dieser Garagen - auch die vom Beklagten genutzte Garage - liegen auf einem Grundstück der Kläger. Die übrigen 70 Garagen der Anlage liegen auf einem der Stadt T. gehörenden Nachbargrundstück, das von der Wohnungsbaugesellschaft T. mbH verwaltet wird. Die Kläger sind ferner Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks, das mit einem weiteren - 72 Plätze umfassenden - Garagenkomplex ("B. straße II") bebaut ist.

Der Beklagte schloss am 18. Februar 1975 mit der VEB KWV T. - "auf der Grundlage eines zwischen der VEB KWV T. und der Garagengemeinschaft T. , B. straße, geschlossenen Vertrags" einen als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag über die bereits mit einer Garage bebaute Stellfläche für die Zeit ab 1. Januar 1975. Als jährlich zu entrichtendes Nutzungsentgelt waren ursprünglich 12 Mark vereinbart; außerdem hatte der Beklagte an die Garagengemeinschaft nach dem Gemeinschaftsstatut einen variablen Zusatzbetrag für zu erwartende Ausgaben zu entrichten. Das Nutzungsentgelt wurde später auf 60 DM jährlich erhöht. Es wird - nach Aufhebung der staatlichen Verwaltung - über die Garagengemeinschaft an die Kläger gezahlt. Außerdem entrichtet der Beklagte weiterhin an die Garagengemeinschaft einen Geldbetrag, aus dem diese die Kosten für von ihr errichtete Gemeinschaftseinrichtungen sowie bestimmte Steuern und Versicherungsbeiträge deckt. Nicht zu diesen Kosten zählen Eigentümerhaftpflichtversicherung und Grundsteuer, die bei den Klägern anfallen.

Mit Schreiben vom 28. Juli 1994 erklärten die Kläger, das Nutzungsentgelt zum 1. November 1994 auf 60 DM monatlich zu erhöhen. Das erhöhte Entgelt soll nach dem Willen der Kläger - als Brutto-Entgelt - auch bislang von der Garagengemeinschaft - nach deren Statut - erbrachte Verwaltungs- und Nebenleistungen umfassen und künftig monatlich und unmittelbar (also nicht über die Garagengemeinschaft) an die Kläger gezahlt werden. Die Parteien streiten über die Berechtigung dieses Verlangens.

Ein entsprechender Streit besteht zwischen den Klägern und den übrigen [50] Nutzern der Garagenflächen der Garagenanlage B. strasse I, soweit diese zum Grundstück der Kläger gehören. Für die übrigen 70 Garagenplätze des Garagenkomplexes "B. straße I", die auf dem von der Wohnungsbaugesellschaft T. mbH verwalteten Grundstück belegen sind, hat diese das Nutzungsentgelt durch Vereinbarung rückwirkend zum 1. Januar 2000 von bisher 60 DM auf 120 DM jährlich angehoben. Mit den Nutzern der Einstellplätze auf dem weiteren den Klägern gehörenden Grundstück (Garagenkomplex "B. straße II") haben die Kläger Erhöhungen vereinbart. Dabei wurde das Nutzungsentgelt für 49 der insgesamt 50 dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterliegenden Plätze auf 60 DM im Monat angehoben. Mit zwei Nutzern wurde eine Erhöhung des Entgelts auf 70 DM vereinbart. 18 Garagen wurden für 100 DM monatlich vermietet. Die vereinbarten Entgelte umfassen als Bruttoentgelte auch die Abgeltung der den Klägern entstehenden Kosten für die Unterhaltung und die öffentlichen Lasten des Objekts.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger vom Beklagten rückständigen Mietzins für die Zeit von November 1994 bis Dezember 2003 in Höhe von [monatlich (geforderter 60 DM - gezahlter 5 DM =) 55 DM x 110 Monate = 6.050 DM =] 3.093,32 EUR nebst Zinsen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte nur in Höhe eines Betrags von 316,90 EUR nebst Zinsen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Nach Auffassung des Landgerichts durfte das Entgelt für die vom Beklagten genutzte Garagenfläche - nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nutzungsentgeltverordnung (NutzEV) - ab dem 1. November 1993 bis zur Höhe der ortsüblichen Entgelte, jedoch mindestens auf 60 DM je Stellplatz im Jahr, erhöht werden. Diese Erhöhung hätten die Kläger mit ihrem Schreiben vom 28. Juli 1994 zum 1. November 1994 vollzogen, so dass sie für die Nutzung des Garagengrundstücks die Zahlung eines ortsüblichen und angemessenen Nutzungsentgelts verlangen könnten. Auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen M. O. sei davon auszugehen, dass für eine in T. gelegene Garagenfläche in den Jahren 1994 bis 1997 [richtig: bis 1996] ein jährliches Nutzungsentgelt von 90 DM und für die Jahre 1997 bis 2003 ein jährliches Nutzungsentgelt von 120 DM ortsüblich gewesen sei.

Der Sachverständige habe das ortsübliche Nutzungsentgelt unter Heranziehung vergleichbar genutzter Grundstücke aufgrund zutreffender Erwägungen ermittelt. Es sei nicht zu beanstanden, dass er Nutzungsverträge, in denen die Nutzungsüberlassung seitens der T. Wohnungsbaugenossenschaft oder der Wohnungsbaugesellschaft T. mbH erfolgt sei, in seine Vergleichsberechnung einbezogen habe. Die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften seien als Anbieter Teil des örtlichen Marktes. Die Nutzungsentgeltverordnung lasse nur eine Differenzierung anhand von objektiven grundstücksbezogenen Kriterien zu, nicht jedoch eine Differenzierung nach der Art des Vermieters bzw. der Person des Überlassenden. Es sei damit - wie im Gutachten des Sachverständigen auch geschehen - ausschließlich von der Art, Größe, Lage und Beschaffenheit des Grundstücks auszugehen. Nicht zu beanstanden sei auch, dass der Sachverständige die - von ihm als Ausnahmeerscheinung gewerteten - Entgelte für Garagenflächen des Garagenkomplexes "B. straße II" außer Ansatz gelassen habe. Diese Vorgehensweise bewirke angesichts des geringfügigen Anteils dieser Garagenflächen an der Gesamtzahl der Nutzungsverträge im Gemeindegebiet T. keine Verzerrung des dargestellten Marktes.

Das zuvor eingeholte Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis Potsdam-Mittelmark, nach dem für eine in T. belegene Garagenfläche ein monatliches Nutzungsentgelt von 40 DM (bis 1994) bzw. 60 DM (ab 1995) angemessen und ortsüblich sei, stelle die Ergebnisse des Sachverständigen M. O. nicht in Frage. Denn den vom Ausschuss ermittelten Entgelten liege die fehlerhafte Auffassung zugrunde, dass es sich bei den von den gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften angebotenen Garagenflächen um einen nicht zu berücksichtigenden Teilmarkt handele. Auch die vom Gutachterausschuss im Rahmen einer Hilfserwägung vorgenommene Ableitung des ortsüblichen Entgelts aus einer Verzinsung des Bodenwertes könne den Beweiswert des Gutachtens des Sachverständigen M. O. nicht erschüttern. Denn nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NutzEV sei eine solche Ableitung nur zulässig, wenn es an Erkenntnissen über eine ausreichende Anzahl von vergleichbaren Grundstücken mit nach dem 1. Oktober 1990 vereinbarten Entgelten fehle. Das sei, wie das Gutachten des Sachverständigen M. O. belege, hier nicht der Fall.

Dieses Gutachten sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Sachverständige keine vergleichbaren Garagenflächen aus dem Stadtgebiet B. in seine Bewertung einbezogen habe; denn insoweit fehle es schon im Hinblick auf die unterschiedliche Größe von B. und T. am Erfordernis "vergleichbarer Gemeinden" im Sinne von § 3 Abs. 2 NutzEV.

Allerdings sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Nutzungsentgelt für Garagenflächen um Bruttobeträge handele; nach den Feststellungen des Sachverständigen M. O. würden bei den Garagenflächen, welche die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften zur Nutzung überließen, die anfallenden Lasten und Kosten durch die jeweiligen Nutzer bzw. durch die von ihnen gebildeten Garagengemeinschaften getragen. Es sei davon auszugehen, dass auch die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften, müssten sie die laufenden Kosten selbst tragen, ein diese Kosten berücksichtigendes Bruttoentgelt verlangen würden. Bezogen auf die vom Beklagten genutzte Garagenfläche würden die Haftpflichtversicherung und die Grundsteuer von den Klägern getragen. Die vom Sachverständigen M. O. ermittelten Nutzungsentgelte seien deshalb um diese Kosten zu erhöhen. Unter Berücksichtigung dieses Erhöhungsbetrags, der nach § 315 BGB mit 14 DM (für 1996 [richtig: 1994] bis 2002) und 20,40 DM (für 2003) bestimmt werde, errechne sich ein jährliches ortsübliches Nutzungsentgelt von 104 DM für die Jahre 1994 bis 1996, von 134 DM für die Jahre 1997 bis 2002 und von 140,40 DM für das Jahr 2003.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

Zwar geht das Landgericht zu Recht davon aus, dass die Kläger - auch schon für die hier in Frage stehende Nutzungszeit (1994 bis 2003) - Eigentümer der vom Beklagten genutzten Garagenfläche waren, dass sie damit für die Forderung nach Nutzungsentgelt für den genannten Zeitraum (gemäß § 20 Abs. 1 Schuldrechtsanpassungsgesetz) aktiv legitimiert sind und dass ihr Erhöhungsverlangen vom 28. Juli 1994 (nach § 6 Abs. 1 NutzEV in der damals geltenden Fassung) formwirksam war.

2.

Indes sind die Feststellungen, die das Landgericht zur Höhe des ortsüblichen Nutzungsentgelts für die vom Beklagten genutzte Garagenfläche getroffen hat, nicht frei von Rechtsfehlern. Das Gutachten des Sachverständigen M. O., auf welches das Landgericht seine Entscheidung maßgebend stützt, bietet keine tragfähige Grundlage für die Ermittlung des ortsüblichen Nutzungsentgelts.

a)

Die Höhe des ortsüblichen Nutzungsentgelts festzustellen ist Aufgabe des Tatrichters, dem für eine - weil "punktgenau" regelmäßig gar nicht mögliche - Ermittlung des konkreten ortsüblichen Nutzungsentgelts ein Schätzungsermessen (§ 287 ZPO) einzuräumen ist. Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf grundsätzlich falschen oder offenbar unrichtigen Erwägungen beruht, ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer Betracht gelassen worden sind oder ob die Entscheidung auf sonstigen Verfahrensverstößen beruht. Im Rahmen seines Schätzungsermessens muss der Tatrichter alle wesentlichen Gesichtspunkte, die Erfahrungssätze und die Denkgesetze beachtet haben (vgl. etwa BGH Urteil vom 20. April 2005 - VIII ZR 110/04 - NJW 2005, 2074 Rdn. 16).

b)

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung ausschließlich auf das Gutachten des Sachverständigen M. O. gestützt. Dabei hat es - dem Gutachter folgend - für die Entscheidung wesentliche Gesichtspunkte unbeachtet gelassen.

aa)

Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Gutachter - auch Nutzungsverträge über Garagenflächen einbezogen hat, die im Eigentum der Stadt T. stehen und von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften verwaltet werden.

Das ortsübliche Entgelt, bis zu dessen Höhe Nutzungsentgelte nach § 5 Abs. 1 Satz 2 NutzEV angehoben werden können, ist in § 3 Abs. 2 NutzEV definiert. Danach sind ortsüblich die Entgelte, die nach dem 2. Oktober 1990 in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für vergleichbar genutzte Grundstücke vereinbart worden sind. Für die Vergleichbarkeit ist die tatsächliche Nutzung unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs der Bebauung der Grundstücke maßgebend. Mit dieser Formulierung hat der Gesetzgeber - ähnlich wie bei der Definition der ortsüblichen Vergleichsmiete im Wohnraummietrecht (§ 558 Abs. 2 BGB, zuvor § 2 Abs. 1, 1 a Miethöheregelungsgesetz, Art. 1 § 3 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz) - klargestellt, dass sich die Preisbildung auf dem Garagengrundstücksmarkt ausschließlich nach den zuvor genannten Nutzungs- und Bebauungsmerkmalen richtet. Diese Merkmale lassen eine Differenzierung nach der Rechtsnatur des Nutzungsgebers oder Grundstückseigentümers nicht zu. Versuche, die von Kommunen oder kommunalen Gesellschaften zur Nutzung überlassenen Garagenflächen als "Teilmarkt" oder "Sondermarkt" (vgl. zu diesen Begriffen Staudinger/Emmerich BGB [2006] § 538 Rdn. 19, 24, 30, 33; MünchKomm/Artz BGB 5. Aufl. § 558 Rdn. 33) mit der Folge zu qualifizieren, dass Nutzungsverträge über solche Flächen bei der Ermittlung des ortsüblichen Nutzungsentgelts unberücksichtigt bleiben müssten, sind deshalb mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob und inwieweit Kommunen und kommunale Gesellschaften die Entgelte für die Nutzung solcher Garagenflächen nicht oder nicht nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kalkulieren, sondern auch politische Aspekte - etwa der städtebaulichen Planung und der Strukturentwicklung, aber auch sozialpolitische Gesichtspunkte - in ihre Preisgestaltung einfließen lassen. Denn der Gesetzgeber hat - ungeachtet der Möglichkeit einer solchen Preispraxis, die in den Gutachten der Gutachterausschüsse von Landkreis und Land nachdrücklich beklagt wird und angesichts des dort aufgezeigten Preisspektrums jedenfalls als Erklärungsmöglichkeit nicht fern liegt - keinen Weg eröffnet, eine solche nicht marktwirtschaftlich, sondern politisch motivierte Preisgestaltung als Teil- oder Sondermarkt zu qualifizieren und bei der Berücksichtigung des ortsüblichen Nutzungsentgelts unberücksichtigt zu lassen.

bb)

Mit der Zielrichtung der Nutzungsentgeltverordnung nicht im Einklang steht dagegen, dass das Berufungsgericht - auch insoweit dem Gutachter folgend - die von den Klägern für 49 Garagenflächen des Garagenkomplexes "B. strasse II" vereinbarten Nutzungsentgelte bei der Ermittlung des ortsüblichen Entgelts außer Betracht gelassen hat, weil es sich insoweit um "Ausreißer nach oben" handele.

Das Berufungsgericht verkennt nicht, dass diese Nutzungsverträge, die ein Nutzungsentgelt von monatlich 60 DM vorsehen, nicht schon deshalb als Vergleichsobjekt bei der Feststellung des ortsüblichen Entgelts außer Betracht bleiben, weil die Kläger selbst Vertragspartner auch dieser Verträge sind. Im Wohnraummietrecht ist anerkannt, dass auch vom Vermieter selbst an Dritte vermietete Wohnungen taugliche Vergleichsobjekte für die Feststellung der ortsüblichen Miete hergeben (vgl. etwa Sternel, Mietrecht aktuell, 2009 Rdn. IV 243 m.w.N.). Für das ortsübliche Nutzungsentgelt nach der NutzEV kann nichts anderes gelten.

Das Berufungsgericht geht auch zu Recht davon aus, dass bei der Ermittlung des ortsüblichen Nutzungsentgelts Einzelfälle außer Betracht bleiben müssen, in denen es einem Nutzungsgeber gelungen ist, ein völlig außerhalb des gängigen Preisspektrums liegendes Nutzungsentgelt zu erzielen. Anderenfalls träten Verzerrungen ein: Extremen Einzelfällen, die hinsichtlich der vereinbarten Entgelthöhe nicht repräsentativ sind, würde über eine Durchschnittsbetrachtung eine Marktbedeutung zugemessen, die ihnen in der - mit dem Kriterium der Ortsüblichkeit abzubildenden - flächendeckenden Realität nicht zukommt (vgl. etwa Staudinger/Emmerich a.a.O. Rdn. 24).

Die Frage, ob ein solcher Extremfall ("Ausreißer") vorliegt, kann indes nicht ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Marktes beantwortet werden. Werden Garagenflächen (bei Trennung von Grundeigentum und Eigentum an der Garage) - wie vom Sachverständigen M. O. geschätzt - in 80% bis 90% aller Fälle von Kommunen oder kommunalen Gesellschaften angeboten, so kann das ortsübliche Entgelt für die Nutzung solcher Flächen nicht allein durch die - möglicherweise auch anderen als nur marktwirtschaftlichen Überlegungen folgende - Preisgestaltung dieser Anbieter bestimmt und dabei eine nicht unbeachtliche Anzahl der von privaten Anbietern mit deutlich höheren Entgelten abgeschlossenen Nutzungsverträge als "Ausreißer" außer Betracht gelassen werden.

So liegen die Dinge hier: Den vom Sachverständigen ermittelten [angeblich] 469 Nutzungsverträgen über Garagenflächen, aus denen kommunale T. Gesellschaften jährliche Entgelte zwischen 60 und 144 DM erzielen, stehen 49 von den Klägern geschlossene Ergänzungsverträge über Garagenflächen gegenüber, in denen ein jährliches Entgelt von 720 DM vereinbart ist. Damit werden in rund 10% aller Fälle in T. Nutzungsentgelte erzielt, die über dem vom Sachverständigen für ortsüblich erachteten Niveau liegen. Diese rund 10% aller Nutzungsverhältnisse sind schon für sich genommen keine unbeachtliche Größenordnung. Jedenfalls geht es nicht an, eine solche Quantität ohne weiteres als "Ausreißer" abzutun und deshalb bei der Ermittlung des ortüblichen Entgelts von vornherein außer Betracht zu lassen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die verbleibenden 90% aller Nutzungsverhältnisse ausschließlich auf Nutzungsverträgen mit den beiden kommunalen Wohnungsgesellschaften basieren und die Nutzungsentgelte in einem Gutteil dieser Fälle und für weite Strecken des hier in Frage stehenden Nutzungszeitraums lediglich auf das von § 5 Abs. 3 Satz 2 NutzEV vorgesehene Mindestentgelt von 60 DM angehoben worden sind.

3.

Das angefochtene Urteil kann danach nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Denn es fehlt an den zu einer gesetzmäßigen Ermittlung des ortsüblichen Nutzungsentgelts notwendigen Feststellungen. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen nachholt.

4.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a)

Für die Ermittlung des ortsüblichen Entgelts werden - jedenfalls im Grundsatz - neben den zu den kommunalen Anbietern bestehenden Nutzungsverhältnissen auch die von den Klägern abgeschlossenen (Nutzungs-) Ergänzungsverträge in die Betrachtung einzubeziehen sein. Das bedeutet indes nicht, dass die von den kommunalen Anbietern erzielten und die von den Klägern in Ergänzungsverträgen vereinbarten Nutzungsentgelte einem unmittelbaren, an den jeweiligen Nominalbeträgen dieser Entgelte orientierten Vergleich zugänglich wären.

Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass die von den Klägern in den Ergänzungsverträgen vereinbarten Nutzungsentgelte - vom Sachverständigen unberücksichtigt - ein anderes Leistungsspektrum vorsehen als die Nutzungsverträge der kommunalen Anbieter. Während die von den Klägern neu vereinbarten Nutzungsentgelte sich als "Bruttoentgelte" verstehen und die für die Garagenflächen zu entrichtenden öffentlichen Abgaben, Versicherungen sowie Versorgungs- und Verwaltungsleistungen (etwa Gemeinstrom, Platzwart etc.) einbeziehen, wird zumindest ein Teil dieser Leistungen bei den zu den Kommunen bestehenden Nutzugsverhältnissen von den sogenannten Garagengemeinschaften erbracht. In diesen Gemeinschaften waren schon vor 1990 die Nutzer der Garagenflächen zusammengeschlossen; für die von diesen Gemeinschaften erbrachten Leistungen haben die Nutzer gesonderte Entgelte zu entrichten.

Ein Vergleich der von den Klägern in den Ergänzungsverträgen neu vereinbarten Entgelte mit den von den kommunalen Wohnungsverwaltungen verlangten Preisen müsste deshalb berücksichtigen, in welchem Umfang und für welche Leistungen die Nutzer der von den kommunalen Wohnungsgesellschaften überlassenen Garagenflächen an die Garagengemeinschaften zusätzliche Entgelte zu entrichten haben. Solche Entgelte müssten den an die kommunalen Wohnungsgesellschaften (unmittelbar oder über die Garagengemeinschaften) zu zahlenden Entgelten insoweit hinzugerechnet werden, als sie Leistungen der Garagengemeinschaften abdecken, die auch in dem von den Klägern nunmehr vereinbarten Bruttoentgelt enthalten sind. Im Interesse einer inhaltlichen Vergleichbarkeit der Entgelte müsste zudem ermittelt werden, ob und inwieweit die von den Klägern neu vereinbarten Bruttoentgelte Leistungen (etwa die Beaufsichtigung durch einen Platzwart) umfassen, die weder von den kommunalen Anbietern noch von den Garagengemeinschaften erbracht werden. Der Wert solcher Leistungen müsste folgerichtig von den von den Klägern vereinbarten Bruttoentgelten in Abzug gebracht werden. Zu beidem enthält das Berufungsurteil ebenso wie das ihm zugrundeliegende Gutachten des Sachverständigen M. O. keine Feststellungen.

Solche Feststellungen dürften sich nicht etwa deshalb als entbehrlich erweisen, weil die Kläger - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - auch die derzeit von den Garagengemeinschaften erbrachten Leistungen anbieten und das erhöhte Nutzungsentgelt, dessen (Nach-) Zahlung sie vom Beklagten begehren, als ein auch diese Leistungen umfassendes Bruttoentgelt zu verstehen ist. Die Leistungserbringung durch die Garagengemeinschaften und das von den Nutzern hierfür an die Garagengemeinschaften zu zahlende Entgelt dürfte ihre Grundlage in den bisherigen Nutzungsverträgen finden. Die NutzEV erlaubt nur eine den Nutzungsvertrag gestaltende Erhöhung des vereinbarten Nutzungsentgelts; eine einseitige Veränderung des vertraglich vereinbarten Leistungsinhalts ermöglicht sie indes nicht. Erst anhand der gebotenen Korrektur der von kommunalen Wohnungsverwaltungen verlangten ("Netto-") Preise (um etwaige an die Garagengemeinschaften zu zahlende Vergütungen für die von ihnen erbrachten Leistungen) und des von den Klägern begehrten (auch etwaige weitergehende Leistungen umfassenden) Bruttoentgelts können deshalb vergleichbare, weil für vergleichbare Leistungen geschuldete, Entgelte ermittelt werden. Die so ermittelten vergleichbaren Entgelte können die Grundlage für die Feststellung eines ortsüblichen Entgelts ergeben, das dann jedoch - bezogen auf das vom Beklagten an die Kläger zu entrichtende Nutzungsentgelt - um die von ihm auch weiterhin an die Garagengemeinschaft zu erbringende Vergütung zu vermindern ist.

b)

Wenn und soweit auch zwischen den solchermaßen "bereinigten" Entgelten, die von den Nutzern an die Kläger einerseits und an die kommunalen Wohnungsgesellschaften andererseits zu zahlen sind, weiterhin erhebliche Diskrepanzen bestehen sollten, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass das ortsübliche Entgelt nicht als ein arithmetisches Mittel aus erheblich divergierenden Vereinbarungen hergeleitet werden kann. Mit dem Maßstab der ortsüblichen Vergleichsmiete wird vielmehr ein repräsentatives Angebot an vergleichstauglichen Objekten vorausgesetzt, bei denen sich das festzustellende ortsübliche Nutzungsentgelt an marktwirtschaftlichen Grundsätzen orientiert. Die dynamische Entwicklung des Marktes führt dabei zu einer Anpassung der für bestehende Nutzungsverhältnisse zu zahlenden Entgelte.

Das Berufungsgericht hat - in Übereinstimmung mit dem Gutachter - den Kreis der tauglichen Vergleichsobjekte auf solche Nutzungsverhältnisse beschränkt, bei denen der Grundeigentümer dem Nutzer nur die in seinem Eigentum stehende Garagenfläche überlässt, die auf dieser Fläche errichtete Garage dagegen - nach dem Recht der DDR - im (Mobiliar-) Eigentum des Nutzers steht und deshalb von der Nutzungsüberlassung und dem für sie an den Grundeigentümer zu zahlenden Entgelt nicht umfasst wird. Das ist im Ansatz richtig, da auch das Nutzungsverhältnis zwischen den Parteien, für das die Kläger ein erhöhtes Entgelt beanspruchen, nur auf die Garagenfläche, nicht aber auf die im Eigentum des Beklagten stehende Garage bezogen ist. Allerdings führt gerade diese Beschränkung auf solche vom Recht der DDR geprägten Nutzungsverhältnisse möglicherweise zu einer Konzentration der Anbieter auf Kommunen und kommunale Wohnungsbaugesellschaften und damit zu einer Verengung des Vergleichsmarktes. Falls sich deshalb auch bei einer erneuten, die "bereinigten" Entgelte zugrunde legenden Vergleichsbetrachtung keine für die Ermittlung eines ortsüblichen Entgelts hinreichend repräsentative Zahl von Nutzungsverhältnissen mit unterschiedlichen Anbietern und zumindest näherungsweise kompatiblen Entgelten finden lässt, wird das Berufungsgereicht zu erwägen haben, den Vergleichsmaßstab zu lockern und auch Nutzungsverträge über im Eigentum des Grundeigentümers stehende Garagen (also nicht nur über Garagenflächen) oder über bloße Stellplätze in seine Betrachtung einzubeziehen. Eine solche Vorgehensweise könnte den Unterschieden zwischen Nutzungsverträgen über Garagenflächen einerseits und der Miete von (im Eigentum des Grundeigentümers und Vermieters stehenden) Garagen andererseits durch wirtschaftlich ermittelte Abschläge von dem für die Garagennutzung festgestellten ortsüblichen Entgelt Rechnung tragen. Ebenso könnte der Unterschied zwischen Nutzungsverträgen über Garagenflächen einerseits und der Miete von bloßen Stellplätzen andererseits durch entsprechende Zuschläge zum ortsüblichen Entgelt für bloße Stellplätze Berücksichtigung finden. Eine solche Möglichkeit ist im Ergänzungsgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis Potsdam-Mittelmark (vom 23. September 2005 Seite 6, 13) vorgezeichnet. Sie erscheint dem Senat als ein gangbarer Weg, den Zielen der Nutzungsentgeltverordnung auch unter nur begrenzt marktwirtschaftlichen Prinzipien folgenden Angebotsverhältnissen angemessen Geltung zu verschaffen. Soweit sich dieser Weg als nicht gangbar erweist, wird das Berufungsgericht auf die von § 3 Abs. 3 NutzEV eröffnete Möglichkeit, das ortsübliche Entgelt aus einer Verzinsung des Bodenwertes abzuleiten, zurückgreifen müssen.

Ende der Entscheidung

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