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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.11.1999
Aktenzeichen: XII ZR 281/97
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 273
BGB § 387
BGB §§ 1371 ff.
BGB §§ 273, 387, 1371 ff.

Zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts und Erklärung der Aufrechnung mit einem - noch nicht titulierten - Anspruch auf Zugewinnausgleich gegenüber einem Anspruch auf (Teil-)Auskehrung des hinterlegten Versteigerungserlöses für einen früher gemeinschaftlichen Vermögensgegenstand geschiedener Ehegatten.

BGH, Urteil vom 17. November 1999 - XII ZR 281/97 - OLG Karlsruhe LG Baden-Baden


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 281/97

Verkündet am: 17. November 1999

Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. September 1997 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien waren seit 1982 im gesetzlichen Güterstand miteinander verheiratet. Auf den am 7. Juni 1993 zugestellten Scheidungsantrag wurde ihre Ehe durch Urteil vom 3. Februar 1994 (rechtskräftig) geschieden.

Nach dem Scheitern der Ehe wurde auf Antrag der Klägerin die Teilungsversteigerung einer den Parteien als Miteigentümern zu gleichen Anteilen gehörenden Eigentumswohnung durchgeführt. Der Beklagte erhielt den Zuschlag. Da sich die Parteien nicht über die Verteilung des Erlösüberschusses einigen konnten, hinterlegte das Amtsgericht den Restbetrag von 138.655,77 DM bei der Hinterlegungsstelle und stellte zugleich fest, daß damit die gesamte Teilungsmasse abgewickelt sei. Mit Schreiben vom 17. Juli 1997 erklärte die Klägerin gegenüber der Hinterlegungsstelle ihr Einverständnis damit, daß die Hälfte des hinterlegten Versteigerungserlöses an den Beklagten ausbezahlt werde unter der Voraussetzung, daß dieser seinerseits in die Auszahlung des ihr, der Klägerin, gebührenden hälftigen Anteils an dem Erlös einwillige. Der Beklagte verweigerte sein Einverständnis unter Berufung auf ihm zustehende Gegenrechte. Er nimmt die Klägerin mit einer im Jahre 1996 erhobenen Klage auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 184.272,89 DM in Anspruch. Das Verfahren war im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht im vorliegenden Rechtsstreit noch im ersten Rechtszug anhängig.

Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Abgabe der Erklärung, daß er mit der Auszahlung der Hälfte des bei dem Amtsgericht hinterlegten Erlösüberschusses aus dem Teilungsversteigerungsverfahren an sie einverstanden sei.

Der Beklagte macht gegenüber der Klageforderung ein Zurückbehaltungsrecht mit seinem Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend, hilfsweise erklärt er in Höhe des Klagebetrages die Aufrechnung mit dem Zugewinnausgleichsanspruch.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß - uneingeschränkt - verurteilt. Seine Berufung gegen das Urteil hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt er sein bisheriges Begehren - in erster Linie auf Verurteilung Zug um Zug gegen Zahlung des Zugewinnausgleichs in Höhe der Hälfte des hinterlegten Erlösüberschusses - weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.

1. Das Oberlandesgericht hat ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen des von ihm behaupteten Zugewinnausgleichsanspruchs verneint und dazu ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung eines hinterlegten Erlöses nicht in Betracht, wenn der in Anspruch Genommene, wie im vorliegenden Fall, Gegenansprüche geltend mache, die keine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös rechtfertigten bzw. nicht im Zusammenhang mit der aufgelösten Rechtsgemeinschaft ständen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. November 1989 (NJW-RR 1990, 133), auf die sich der Beklagte zur Begründung seiner Rechtsauffassung berufe, habe demgegenüber ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Dort sei das Versteigerungsverfahren tatsächlich beendet gewesen, und die Parteien hätten sich, anders als im vorliegenden Fall, auf eine treuhänderische Verwaltung des Resterlöses durch ihre Prozeßbevollmächtigten geeinigt gehabt.

Selbst wenn aber ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nicht deshalb ausgeschlossen wäre, weil er keinen Anspruch geltend machen könne, der im Zusammenhang mit dem früheren Gemeinschaftsverhältnis an der Eigentumswohnung stehe oder aus anderen Gründen einen Zugriff auf den Versteigerungserlös rechtfertige, könnte sich der Beklagte dennoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben hier nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Wenn nämlich einer unbestrittenen Forderung ein Gegenanspruch entgegengesetzt werde, dessen Klärung so schwierig und zeitraubend sei, daß die Durchsetzung der unbestrittenen Forderung damit auf unübersehbare Zeit verhindert würde, scheitere die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts an § 242 BGB. So liege der Fall hier. Wie sich aus dem Vortrag des Beklagten ergebe, bedürfe es zur Abklärung des Zugewinnausgleichsanspruchs wegen des vorhandenen Grundbesitzes und der Beteiligung des Beklagten an einer Gesellschaft der Einholung verschiedener Gutachten. Dies nehme erfahrungsgemäß einen sehr langen Zeitraum in Anspruch, insbesondere dann, wenn zwischen den Parteien, wie im vorliegenden Fall, sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Bewertung beständen. Aus diesem Grund sei es völlig offen, bis wann mit dem Abschluß des Zugewinnausgleichsverfahrens gerechnet werden könne. Unter diesen Umständen sei es der Klägerin nicht zumutbar, noch länger auf den ihr zustehenden Erlösanteil zu warten, zumal der Beklagte seinerseits seit dem Erwerb der Eigentumswohnung durch den Zuschlag im Juli 1996 einen Nutzen aus der Wohnung ziehen könne.

Der Beklagte könne gegenüber dem Klageanspruch auch nicht mit dem Anspruch auf den Zugewinnausgleich aufrechnen, da die beiden Ansprüche nicht gleichartig seien.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Wie der Senat in dem - von dem Oberlandesgericht mit herangezogenen - Urteil vom 15. November 1989 (IVb ZR 60/88 = FamRZ 1990, 254 ff.) entschieden hat, kann gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zur Auskehrung eines hinterlegten Erlöses für einen früher gemeinschaftlichen Vermögensgegenstand nach Aufhebung der Gemeinschaft ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines fälligen Zugewinnausgleichsanspruchs geltend gemacht werden. Die für die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts erforderliche Konnexität ist gegeben, da beide Ansprüche in einem innerlich zusammengehörigen einheitlichen Lebensverhältnis wurzeln, nämlich beide aus der von den Parteien durch die Ehe begründeten und durch ihr Scheitern beendeten Lebensgemeinschaft herrühren (vgl. auch BGHZ 92, 194 ff.; MünchKomm/Gernhuber BGB 3. Aufl. § 1378 Rdn. 15 m. Fn. 7; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts 3. Aufl. VII Rdn. 186 m. Fn. 15; Staudinger/Selb, BGB 13. Bearb. 1995, § 273 Rdn. 19). Bedenken aus dem früheren Gemeinschaftsverhältnis an der Eigentumswohnung (§ 749 Abs. 1 BGB) stehen dem Zurückbehaltungsrecht nicht entgegen. Denn die Gemeinschaft ist aufgehoben. Die Forderung gegen die Hinterlegungsstelle auf Herausgabe des Erlöses steht gemäß § 420 BGB beiden Teilhabern nur anteilsmäßig gemäß ihrer Beteiligungsquote an der früheren Eigentümergemeinschaft zu und ist damit bereits in Natur geteilt (vgl. BGHZ 90, 194, 196). Soweit § 273 Abs. 1 BGB Fälligkeit des Gegenanspruchs voraussetzt, tritt diese bei dem Anspruch auf Zugewinnausgleich mit seiner Entstehung im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes ein (§§ 1378 Abs. 3 Satz 1, 271 Abs. 1 BGB; vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 3. Aufl. § 1378 Rdn. 9). Der behauptete Zugewinnausgleichsanspruch des Beklagten ist mithin seit dem 7. Juni 1993 fällig (§ 1384 BGB).

Zur wirksamen Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts gehört schließlich, daß die Gegenforderung genau bezeichnet wird (vgl. MünchKomm/Keller aaO § 274 Rdn. 4 m.N.). Das hat der Beklagte jedoch mit der Vorlage der Klageschrift aus dem Zugewinnausgleichsverfahren getan, in welcher in nachprüfbarer Weise das beiderseitige Anfangs- und Endvermögen dargelegt, das Anfangsvermögen auf den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags hochgerechnet und aus der Gegenüberstellung der beiderseits angenommenen Werte der dem Beklagten nach seiner Ansicht zustehende Zugewinnausgleichsanspruch betragsmäßig errechnet ist. Damit ist der Anspruch schlüssig dargetan.

Er ist nach alledem grundsätzlich geeignet, dem Klagebegehren im Wege eines Zurückbehaltungsrechts entgegengehalten zu werden. Ob und in welcher Höhe sich der Zugewinnausgleichsanspruch letztlich als berechtigt erweisen wird, ist eine andere Frage, von der die wirksame Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nicht abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1984 - IX ZR 53/83 = FamRZ 1985, 48, 50 - insoweit in BGHZ 92, 194 ff. nicht abgedruckt).

Da das angefochtene Urteil die Voraussetzungen für die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts aus Rechtsgründen verneint, kann es mit der gegebenen Hauptbegründung nicht bestehen bleiben.

b) Im Rahmen der Hilfsbegründung hat das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht den Grundsatz berücksichtigt, daß das Zurückbehaltungsrecht nicht in einer Weise ausgeübt werden darf, die im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen würde, und daß es unter diesem Gesichtspunkt beispielsweise ausgeschlossen sein kann, wenn die Erfüllung einer nach Grund und Höhe unbestrittenen Forderung wegen Gegenforderungen verweigert wird, deren Klärung so schwierig und zeitraubend ist, daß dadurch die Durchsetzung der Forderung des Gegners auf unabsehbare Zeit verhindert würde (vgl. BGHZ 91, 73, 83; allgemein auch BGHZ 92 aaO; MünchKomm/Keller aaO § 273 Rdn. 80 m.w.N.).

aa) Bei der Anwendung dieses Grundsatzes auf den gegebenen Fall hat das Berufungsgericht indessen den Besonderheiten nicht hinreichend Rechnung getragen, die sich daraus ergeben, daß sowohl der Klageanspruch als auch der Zugewinnausgleichsanspruch ihren Ursprung in der früheren ehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien haben. Da die Eheleute im gesetzlichen Güterstand gelebt haben, bestimmt sich die Abwicklung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen insbesondere nach den güterrechtlichen Regeln des Zugewinnausgleichs. Für diesen ist es aber nicht außergewöhnlich, daß das Verfahren langwierig und häufig streitig ist. Dieser Umstand allein rechtfertigt es nicht, der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts mit einem Zugewinnausgleichsanspruch gegenüber einer unbestrittenen Forderung unter Berufung auf Treu und Glauben die Wirksamkeit zu versagen. Für den Inhaber der unbestrittenen, ebenfalls in der durch die frühere Ehe begründeten Lebensgemeinschaft wurzelnden Forderung ist es vielmehr - abgesehen von besonderen Ausnahmesituationen im Einzelfall - grundsätzlich nicht unzumutbar, nach Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch den anderen Ehegatten den Ausgang des Zugewinnausgleichsverfahrens abzuwarten und seine Forderung sodann nur Zug um Zug gegen die ihm obliegende Zahlung des Zugewinnausgleichs zu verwirklichen. Auf diese Weise wird die Gesamtbereinigung der beiderseitigen aus der Ehe herrührenden Ansprüche in einem Akt ermöglicht. Darauf ist bei der Abwicklung vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen Eheleuten, die im gesetzlichen Güterstand gelebt haben, generell Bedacht zu nehmen.

So hat der Senat für den Ausgleich unbenannter, ehebezogener Zuwendungen (wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage) nach Beendigung des - gesetzlichen - Güterstandes entschieden, daß derartige Zuwendungen grundsätzlich allein güterrechtlich auszugleichen sind. Der Ausgleich ist in das Güterrecht zu integrieren und mit dem Ausgleich des Zugewinns in einem Akt durchzuführen. Der die Abwicklung einer solchen Zuwendung betreibende frühere Ehegatte ist danach mit seinem Begehren auf das Zugewinnausgleichsverfahren und dessen Ausgang verwiesen. Er kann nur dann ausnahmsweise unter Anwendung des § 242 BGB eine selbständige Einzelabwicklung erreichen, wenn das Ergebnis, zu dem der Zugewinnausgleich unter Einbeziehung der Zuwendung führen würde, schlechthin unangemessen und unzumutbar für ihn wäre (vgl. Senatsurteil BGHZ, 115, 132 ff. m.w.N.).

Daß die güterrechtlichen Vorschriften über den Zugewinnausgleich demgegenüber den Gesamtschuldnerausgleich zwischen früheren Ehegatten nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht verdrängen (vgl. Senatsurteil vom 30. September 1987 - IVb ZR 94/86 = BGHR BGB § 426 Ehegatten 1), gilt insbesondere für die Fälle, in denen Leistungen für die Zeit nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens auszugleichen sind, und geht auf diese Fälle zurück. Sie werden von dem Zugewinnausgleich nicht erfaßt (§ 1384 BGB; vgl. BGHZ 87, 265, 273).

Im Anwendungsbereich der Vorschriften über den Zugewinnausgleich kann es entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts jedenfalls nicht von vornherein als treuwidrig angesehen werden, daß ein Anspruch auf Zugewinnausgleich einem ebenfalls in der früheren ehelichen Lebensgemeinschaft wurzelnden Anspruch des anderen Ehegatten entgegengehalten wird.

bb) Demgemäß kann auch die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts wegen des dem Beklagten nach seinem Vortrag zustehenden Zugewinnausgleichsanspruchs vom Grundsatz her nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet werden. Das gilt insbesondere deshalb, weil der Beklagte, wie die Revision zu Recht hervorhebt, im Verfahren geltend gemacht hat, die Klägerin könne über das ihr zu Alleineigentum gehörende Hausgrundstück in A. als ihren wesentlichsten Vermögenswert jederzeit ungehindert verfügen; aus diesem Grund sei er, der Beklagte, darauf angewiesen, seine Zugewinnausgleichsforderung an dem Anspruch auf Auskehrung des hinterlegten Erlöses zu sichern. Das hiermit behauptete Sicherungsbedürfnis ist bei der Abwägung unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB zugunsten des Beklagten maßgeblich zu berücksichtigen.

Die Sonderregelung des § 1375 Abs. 2 Nr. 3 BGB, die den Schutz des Zugewinnausgleichsberechtigten vor benachteiligenden Handlungen des Verpflichteten bezweckt, greift hier nicht ein. § 1375 Abs. 2 BGB erfaßt ohnehin nur Handlungen, die während des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft vorgenommen werden (vgl. Soergel/Hermann/Lange BGB 12. Aufl. § 1375 Rdn. 15). Dieser ist hier jedoch beendet.

Die Höhe der Ausgleichsforderung des Beklagten wird zwar gemäß § 1378 Abs. 2 BGB durch den Wert des vorhandenen Vermögens (nach Abzug der Verbindlichkeiten) bei Beendigung des Güterstandes begrenzt. Auf das behauptete Sicherungsbedürfnis des Beklagten wegen seiner Ausgleichsforderung ist diese Vorschrift jedoch ohne Einfluß.

Da die Klägerin dem Beklagten keine anderweite Sicherheitsleistung zur Abwendung seines Zurückbehaltungsrechts angeboten und gewährt hat (§ 273 Abs. 3 BGB) - ihre bloße Erklärung, sie werde keine einzige Mark eines dem Beklagten rechtskräftig zugesprochenen Zugewinns schuldig bleiben, reicht hierfür nicht aus -, ist dem Beklagten auch unter diesem Gesichtspunkt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nicht nach Maßgabe des § 242 BGB verwehrt.

Aus den dargelegten Gründen kann das angefochtene Urteil nach alledem mit der darin gegebenen Hilfsbegründung ebenfalls nicht bestehen bleiben.

3. Auch die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit der weiter hilfsweise erklärten Aufrechnung hält rechtlicher Nachprüfung nicht Stand.

a) Es fehlt entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht an der Gleichartigkeit zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf (Teil-)Auskehrung des hinterlegten Erlöses und dem Anspruch des Beklagten auf den Zugewinnausgleich (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 1988 - IVb ZR 70/87 = FamRZ 1989, 166 ff.). Auch der Klageanspruch hat einen Geldbetrag zum Gegenstand. Es betrifft lediglich die äußere Form, in der der Anspruch verwirklicht werden müßte, daß er nicht auf Zahlung von Geld, sondern auf Einwilligung in die Auszahlung von Geld gerichtet ist. Ihrem Gegenstand nach ist die Freigabeforderung jedoch gleichartig mit der Forderung des Beklagten auf Zahlung des Zugewinnausgleichsbetrages (vgl. Senatsurteil aaO S. 167 unter III. 1. b m.w.N.).

Daß der Zugewinnausgleichsanspruch bereits anderweitig vor dem Familiengericht O. rechtshängig ist, stellt die Zulässigkeit der Aufrechnung nicht in Frage. Das mit der Freigabeforderung befaßte - für allgemeine Zivilsachen zuständige - Gericht kann die Verhandlung ggf. nach § 148 ZPO aussetzen, bis der Beklagte eine Entscheidung des Familiengerichts über seine Gegenforderung beigebracht hat (vgl. Senatsurteil aaO S. 167 unter III. 1. c). Hierauf hat der Beklagte bereits in den Tatsacheninstanzen hingewiesen.

b) Auch die Aufrechnung steht allerdings grundsätzlich unter dem Gebot von Treu und Glauben. So ist anerkannt, daß sich eine Aufrechnung verbietet, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluß als stillschweigend vereinbart anzusehen ist (§ 157 BGB) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen (vgl. BGHZ 95, 109, 113 m.w.N.). Derartige Ausnahmeregelungen werden beispielsweise für bestimmte Gestaltungen im Rahmen von Auftrags-, Treuhand- oder Darlehensverhältnissen angenommen (vgl. etwa BGHZ 71, 380, 383; 14, 342, 346; 25, 211, 215). Bei der Abwicklung vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen früheren Ehegatten ist hingegen die Aufrechnung mit einem Zugewinnausgleichsanspruch nach der Natur der Rechtsbeziehungen oder dem Zweck der geschuldeten Leistung (hier: Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Erlöses) nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Unabhängig hiervon kann eine an sich zulässige Aufrechnung - ähnlich wie ein Zurückbehaltungsrecht - im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die erhobene Forderung liquide ist, die Gegenforderung dagegen langwieriger Aufklärung bedarf, obwohl der Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses verpflichtet gewesen wäre, für Klarheit der Abrechnungsverhältnisse zu sorgen (vgl. BGHZ 54, 244, 248). Wollte man diese Erwägungen auf die Aufrechnung mit einem Zugewinnausgleichsanspruch übertragen, der bereits anderweitig rechtshängig ist, so ergäben sich aufgrund der güterrechtlichen Besonderheiten entsprechende Vorbehalte, wie sie oben (in Abschnitt 2. b) aa)) hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts dargelegt worden sind. Auch die Aufrechnung mit einem - noch nicht rechtskräftig titulierten - Anspruch auf den Zugewinnausgleich verstößt als solche nicht deshalb gegen Treu und Glauben, weil das Zugewinnausgleichsverfahren voraussichtlich langwierig, zeitraubend und kompliziert sein wird.

Besondere Umstände, aufgrund deren es wegen der konkreten Situation des hier vorliegenden Einzelfalles dennoch treuwidrig sein könnte, daß der Beklagte die Forderung der Klägerin auf (Teil-)Auszahlung des hinterlegten Erlöses mit Hilfe seines Zugewinnausgleichsanspruchs tilgen will, sind - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus folgerichtig - bisher nicht festgestellt.

4. Der Senat ist zu einer abschließenden eigenen Entscheidung nicht in der Lage. Es bedarf der Prüfung, ob die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts, - eventuell auch die Erklärung der Aufrechnung - aus besonderen Gründen des Einzelfalls - unter Abwägung des Interesses der Klägerin an der Verwirklichung gerade des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs gegenüber dem Sicherungsbedürfnis des Beklagten hinsichtlich seines Zugewinnausgleichsanspruchs - gegen Treu und Glauben verstößt. Die hierzu erforderlichen Feststellungen sind dem Tatrichter vorbehalten. An diesen ist die Sache daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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