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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: XII ZR 306/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 389
BGB § 407
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 306/00

Verkündet am: 17. März 2004

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 21. September 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerinnen machen gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht Mietzins für Juni 1996 bis September 1996 geltend.

Der Beklagte mietete mit schriftlichem Vertrag vom 7. Oktober 1986 von E. B. Gewerberäume fest auf 15 Jahre. Der monatliche Mietzins, fällig im voraus, betrug im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 63.198,35 DM einschließlich 713 DM Betriebskostenvorschuß.

In § 3.2 des Mietvertrages heißt es:

"Der Mietzins ist im voraus bis spätestens zum 3. eines Monats zusammen mit den Mietnebenkosten an eine vom Vermieter zu bezeichnende Stelle zu zahlen ..."

§ 3.6 des Vertrages lautet:

"Der Mieter kann gegenüber dem Vermieter den Mietzins mit einer Gegenforderung nicht aufrechnen oder ein Minderungs- bzw. Rückbehaltungsrecht ausüben."

§ 16.1 des Vertrages bestimmt:

"Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sowie des Abweichens von dieser Formvorschrift bedürfen der Schriftform. Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen."

Der Beklagte hatte mit Frau B. eine GbR zur Durchführung eines bestimmten Bauvorhabens gegründet. Zu diesem Zweck unterhielt er u. a. ein Bankkonto (im folgenden: Gesellschaftskonto), das allein auf seinen Namen lautete und von dem er Verbindlichkeiten der GbR zahlte. Mit Schreiben vom 21. März 1995 machte der Beklagte mit der Begründung, der Schuldsaldo des Gesellschaftskontos sei auf 2.203.851,87 DM aufgelaufen, gegenüber Frau B. einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 1.101.925,93 DM geltend. Gleichzeitig erklärte er mit der genannten Forderung die Aufrechnung gegen die laufenden Mietzinsansprüche für die Zeit ab 1. April 1995 bis zum Ausgleich des Gesamtbetrages, längstens jedoch für die Zeit bis Beendigung des Mietverhältnisses. Im Anschluß daran zahlte der Beklagte die Miete bis einschließlich Juli 1995 nicht mehr.

Am 30. Juni 1995 wurde die Zwangsverwaltung des Grundstücks angeordnet. Am 21. Mai 1996 nahmen die Klägerinnen ein notarielles Angebot von Frau B. zum Kauf des streitgegenständlichen Grundstücks an. Die Zwangsverwaltung wurde daraufhin am 23. Mai 1996 aufgehoben. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilten die Klägerinnen und S. B. , der Ehemann und Generalbevollmächtigte von Frau B. , dem Beklagten mit, daß die Miete ab sofort auf ein bestimmtes Konto der Klägerinnen zu bezahlen sei. Auf dieses Konto erbrachte der Beklagte keine Zahlungen. Er zahlte den Mietzins für August 1995 bis Mai 1996 an den Zwangsverwalter und überwies nach Aufhebung der Zwangsverwaltung Beträge in Höhe des Mietzinses für die Monate Juni bis September 1996 auf das Gesellschaftskonto. Die Klägerinnen sind am 9. September 1996 in das Grundbuch eingetragen worden. Ab Oktober 1996 zahlt der Beklagte den verlangten Mietzins an die Klägerinnen.

Mit der Klage machen die Klägerinnen aus abgetretenem Recht die Miete von Juni 1996 bis einschließlich September 1996 geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerinnen hat das Kammergericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten, nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Betriebskosten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, zur Zahlung des Mietzinses für Juni bis September 1996 zuzüglich Zinsen verurteilt. Mit der vom Senat angenommenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Die Klägerinnen seien aktivlegitimiert. Das gemeinsame Schreiben der Klägerinnen und des Generalbevollmächtigten der Voreigentümerin vom 23. Mai 1996 mit der Aufforderung, die Miete auf ein bestimmtes Konto der Klägerinnen zu überweisen, habe der Beklagte nur dahin verstehen können, daß die Voreigentümerin den Klägerinnen die laufenden Mietzinsansprüche abgetreten habe. Eine solche Abtretung sei auch tatsächlich erfolgt. Deshalb sei keine Erfüllung dadurch eingetreten, daß der Beklagte den Mietzins auf das Gesellschaftskonto überwiesen habe. Dies gelte auch dann, wenn sich die Voreigentümerin Ende März 1995 mit der Überweisung auf das Gesellschaftskonto einverstanden erklärt haben sollte.

Der Anspruch der Klägerinnen sei nicht gemäß § 389 BGB durch die vom Beklagten am 21. März 1995 erklärte Aufrechnung mit einem Ausgleichsanspruch erloschen. Denn die Parteien hätten die Zulässigkeit einer Aufrechnung im Mietvertrag wirksam ausgeschlossen, da die Vertragsbedingungen zwischen den Parteien im einzelnen ausgehandelt worden seien und das AGBG somit keine Anwendung finde.

Der Beklagte habe nicht schlüssig vorgetragen, daß die Vertragsparteien nach Abschluß des Mietvertrages wirksam eine von § 3.6 des Vertrages abweichende Vereinbarung getroffen hätten. Der Umstand, daß die Voreigentümerin nach der Aufrechnungserklärung im Schreiben vom 21. März 1995 bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung am 30. Juni 1995 der vom Beklagten erklärten Aufrechnung nicht widersprochen und die ausstehenden Beträge nicht angemahnt habe, reiche aufgrund der Kürze des Zeitraums nicht aus, um von einer konkludenten Aufhebung des Aufrechnungsverbots auszugehen. Zwar behaupte der Beklagte, der Generalbevollmächtigte der Voreigentümerin habe Ende März 1995 sein ausdrückliches Einverständnis mit der Aufrechnung erklärt. Dieser Vortrag sei jedoch unsubstantiiert, da er Ort, Umstände und Einzelheiten der Erklärung unerwähnt lasse. Außerdem stünde der Wirksamkeit einer derartigen mündlichen Erklärung das in § 16.1 des Vertrages vereinbarte Schriftformerfordernis entgegen.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Zu Unrecht macht allerdings die Revision geltend, der Beklagte habe mit seinen Zahlungen auf das Gesellschaftskonto den Mietzinsanspruch für den Klagezeitraum erfüllt. Vielmehr konnte nach § 407 BGB Erfüllung schon deswegen nicht eintreten, weil nach den von der Revision nicht angegriffenen und auch revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen des Berufungsgerichts die streitgegenständlichen Mietzinsansprüche, sofern sie nicht durch Aufrechnung erloschen waren, an die Klägerinnen abgetreten waren und der Generalbevollmächtigte der Voreigentümerin und die Klägerinnen dem Beklagten die Abtretung rechtzeitig mitgeteilt hatten. Es kommt daher nicht darauf an, ob sich der Generalbevollmächtigte der Voreigentümerin im März 1995 mit der Überweisung der Miete auf das Gesellschaftskonto einverstanden erklärt hatte. Auch dann wäre er, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, nicht gehindert gewesen, gemäß § 3.2 des Mietvertrages die Überweisung der Miete im Schreiben vom 23. Mai 1996 von nun an auf ein anderes Konto, nämlich auf das der Klägerinnen, zu verlangen. Damit konnte mit den nachfolgenden Überweisungen der Beträge auf das Gesellschaftskonto Erfüllung nicht mehr eintreten.

2. Mit Erfolg rügt allerdings die Revision, das Berufungsurteil beruhe auf einem Verfahrensfehler, weil das Oberlandesgericht das Vorbringen des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten über das Zustandekommen einer Aufrechnungsvereinbarung als unsubstantiiert angesehen und die angebotenen Beweise, nämlich die Vernehmung der Voreigentümerin und ihres Generalbevollmächtigten, deshalb nicht erhoben habe.

a) Der Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß der Zeuge S. B. dem Beklagten in einem persönlichen Gespräch Ende März 1995 bestätigten habe, daß Frau E. B. als Vermieterin mit der Verrechnung gemäß dem Schreiben vom 21. März 1995 einverstanden sei. Damit wird ein Sachverhalt behauptet, der die Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Verrechnungsvereinbarung erfüllt.

Der Sachvortrag des Beklagten war entgegen der Meinung des Oberlandesgerichts auch nicht deswegen unerheblich, weil dem Zustandekommen einer Verrechnungsvereinbarung die in § 16.1 des Vertrages geforderte qualifizierte Schriftformklausel entgegengestanden hätte. Zwar kann eine qualifizierte Schriftformklausel regelmäßig nur durch eine schriftliche Vereinbarung abgeändert werden (vgl. BGHZ 66, 378, 380). Die Parteien haben jedoch mit der vom Beklagten erklärten und der angeblich von der Voreigentümerin akzeptierten Verrechnung das im Vertrag vereinbarte Aufrechnungsverbot nicht insgesamt aufgehoben. Vielmehr hat sich der Beklagte nach seinen Behauptungen mit der Voreigentümerin lediglich in einem konkreten Fall - entsprechend § 3.2 des Mietvertrages - auf eine bestimmte Zahlungs- oder Verrechnungsweise geeinigt. Dem aber würde die vereinbarte qualifizierte Schriftformklausel nicht entgegenstehen.

b) Entgegen der Revisionserwiderung war der Beklagte auch nicht gehalten, sich nach Beendigung der Zwangsverwaltung erneut auf die Aufrechnung zu berufen. Denn die - zudem zeitlich begrenzte - relative Unwirksamkeit der Verrechnungsvereinbarung dem betreibenden Gläubiger gegenüber ließ die Wirksamkeit der Vereinbarung mit der Voreigentümerin, von der die Klägerinnen ihre Rechte herleiten, unberührt.



Ende der Entscheidung

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