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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.11.2005
Aktenzeichen: XII ZR 31/03
Rechtsgebiete: BGB, Regelbetrag-VO


Vorschriften:

BGB § 1610 Abs. 1
BGB § 1612 b Abs. 5
Regelbetrag-VO § 2
a) Zur Anrechnung des Kindergeldes, wenn der Unterhaltspflichtige außerstande ist, mindestens 135 % des Regelbetrags der Regelbetrag-Verordnung (hier: § 2, Regelbetrag Ost) zu leisten (Festhaltung an Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 447).

b) Zur pauschalierenden unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen mit 5 % vom Nettoeinkommen und zu den Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis höherer Fahrt- und Übernachtungskosten eines bundesweit auf wechselnden Baustellen eingesetzten Leiharbeitnehmers.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 31/03

Verkündet am: 9. November 2005

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterinnen Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats - 2. Familiensenat - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. Dezember 2002 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die im Beitrittsgebiet lebenden Parteien streiten um Kindesunterhalt.

Die im August 1997 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten und seiner 2001 von ihm geschiedenen Ehefrau, in deren Obhut sie sich befindet.

Mit ihrer Klage beantragte sie, den Beklagten zu verurteilen, an sie rückständigen Kindesunterhalt für die Monate Juni bis Dezember 2001 in Höhe von insgesamt 408,01 € nebst Zinsen sowie ab 1. Januar 2002 laufenden monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 123,5 % des jeweiligen Regelbetrages gemäß § 2 Regelbetrag-Verordnung der jeweiligen Altersstufe "unter Abzug des jeweilig gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB anteilig anzurechnenden Kindergeldes zu zahlen, was ab 01.01.2002 einem Betrag in Höhe von 215 € gemäß der ersten Altersstufe abzüglich eines anzurechnenden anteiligen staatlichen Kindergeldes in Höhe von 57 €, somit monatlich 158 € entspricht".

Das Amtsgericht gab der Klage statt, hinsichtlich des laufenden Unterhalts allerdings "unter Abzug eines anteiligen Kindergeldes von derzeit 0,-- Euro".

Die Berufung des Beklagten, mit der er zuletzt noch seine Verurteilung zu mehr als 88,86 € rückständigem Unterhalt und im übrigen zu mehr als 60 % des jeweiligen Regelbetrages bekämpfte, hatte nur geringen Erfolg, nämlich insoweit, als das Berufungsgericht den laufenden Unterhalt auf 116 % des jeweiligen Regelbetrages - ebenfalls ohne Anrechnung von Kindergeld - herabsetzte.

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht wegen der Frage der Anrechnung des Kindergeldes zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seine zuletzt gestellten Berufungsanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht habe der Klägerin unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO mehr zugesprochen, als sie beantragt habe. Insoweit kann dahinstehen, ob schon das Amtsgericht gegen diese Vorschrift verstoßen hatte, indem es laufenden Unterhalt ohne Anrechnung des im Klageantrag angegebenen Kindergeldanrechnungsbetrages von 57 € zusprach, oder ob diese bezifferte Angabe lediglich eine das Klagebegehren nicht einschränkende Erläuterung der eigenen Berechnung der Klägerin darstellte. Jedenfalls wäre ein solcher Verstoß dadurch geheilt worden, dass die Klägerin ausweislich des Protokolls der Berufungsverhandlung das angefochtene Urteil verteidigt und Zurückweisung der Berufung beantragt hat.

Dem steht - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht entgegen, dass die Klägerin sich in ihrer Berufungserwiderung der Auffassung des Beklagten angeschlossen hatte, das Amtsgericht habe § 1612 b Abs. 5 BGB verkannt, indem es von einer anteiligen Anrechnung des Kindergeldes abgesehen habe. Maßgeblich ist, was die Klägerin zuletzt beantragt hat, und dieser Antrag ist auch im Hinblick auf ihre in der Berufungserwiderung dargelegte Rechtsauffassung schon deshalb nicht einschränkend auszulegen, weil sie das angefochtene Urteil in der letzten mündlichen Verhandlung ohne ersichtliche Einschränkung "verteidigt" hat, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, sie habe auch dann noch an ihrer insoweit entgegenstehenden Ansicht festhalten wollen.

2. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR Naumburg 2003, 297 ff. veröffentlicht ist, geht anhand vorgelegter Gehaltsabrechnungen von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen - ohne Aufwandsentschädigungen - des als Leiharbeiter beschäftigten Beklagten in Höhe von rund 2.146 DM aus. Weitere rund 1.000 DM monatlich, die er als Aufwendungsersatz für Fahrtkosten und auswärtige Unterbringung erhält (aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur auswärtige Übernachtungen und erhöhten Verpflegungsaufwand abdecken sollen), rechnet es nach den Leitlinien des OLG Naumburg mit einem Drittel hinzu und gelangt so zu einem Einkommen von rund 2.472 DM (richtig: 2.479 DM).

Das Berufungsgericht lehnt es ab, davon die vom Beklagten behaupteten Fahrtkosten von monatlich rund 800 DM in Abzug zu bringen, weil diese durch die vorgelegten Aufstellungen nicht nachgewiesen seien, und berücksichtigt stattdessen lediglich pauschal 5 % als berufsbedingte Aufwendungen. Somit sei von einem Einkommen von 2.349 DM auszugehen, was der 1. Einkommensgruppe der Leitlinien des OLG Naumburg entspreche. Allerdings sei ein Verpflichteter nach diesen Leitlinien um eine Einkommensgruppe höher einzustufen, wenn er nur einem Kind und einem Ehegatten unterhaltspflichtig sei. Da der Beklagte allein der Klägerin Unterhalt schulde, sei er daher erst recht höher einzustufen. Allerdings sei eine weitergehende Korrektur durch Höhergruppierung um zwei Einkommensstufen, wie sie das Amtsgericht vorgenommen habe, angesichts des hohen zeitlichen Aufwandes des Beklagten für Überstunden und Fahrten zu auswärtigen Arbeitsstellen hier nicht angemessen. Der Bedarf der Klägerin sei daher nach der 2. Einkommensgruppe der Tabellen des OLG Naumburg (Stand 1.7.2001/1.1.2002, FamRZ 2001, 966, 967, Einkommen 1.300 bis 1.500 €), 1. Altersstufe, mit 392 DM (202 €) anzusetzen, was 116 % des Regelbetrages gemäß § 2 Regelbetrag-Verordnung (174 €) entspreche.

3. Zwar sei das an einen anderen als den Barunterhaltspflichtigen gezahlte Kindergeld nach § 1612 b Abs. 1 BGB grundsätzlich hälftig auf den Unterhaltsanspruch des Kindes anzurechnen. Dies gelte nach Absatz 5 dieser Vorschrift aber nicht, wenn der Unterhaltspflichtige außerstande sei, Unterhalt in Höhe von mindestens 135 % des Regelbetrages zu leisten. Das sei hier der Fall. Insoweit könne dahinstehen, ob auf den Regelbetrag des § 1 oder des für das Beitrittsgebiet maßgeblichen § 2 der Regelbetrag-Verordnung abzustellen sei, weil der Beklagte schon nicht in der Lage sei, mehr als 116 % des geringeren Regelbetrages des § 2 zu leisten.

Ein Teil der Rechtsprechung und Literatur vertrete zwar die Auffassung, bei einer Leistungsfähigkeit von unter 135 % sei das hälftige Kindergeld jedenfalls mit dem Teilbetrag anzurechnen, der die Differenz zwischen 135 % des Regelbetrages und dem, was der Unterhaltspflichtige zahlen könne, übersteige. Dem sei jedoch nicht zu folgen, weil § 1612 b Abs. 5 BGB das Barexistenzminimum des unterhaltsberechtigten Kindes sicherstellen solle, dieser Betrag bei der genannten Anrechnungsmethode aber nur fiktiv und nicht tatsächlich erreicht werde.

4. Das hält den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Die Frage, ob bei einer Leistungsfähigkeit von unter 135 % des Regelsatzes das dem anderen Elternteil ausgezahlte Kindergeld nach § 1612 b Abs. 5 BGB nur anteilig oder gar nicht anzurechnen ist, hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils ebenso geklärt wie die Frage, ob insoweit der Regelbetrag des § 1 oder gegebenenfalls des § 2 der Regelbetrag-Verordnung maßgeblich ist.

Schuldet der Unterhaltspflichtige Kindesunterhalt nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung, richtet sich auch die Anrechnung des Kindergeldes im Sinne von § 1612 b Abs. 5 BGB nach den Werten dieser Regelbeträge (Ost), vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 48/04 - FamRZ 2005, 611 f.

Nach § 1612 b Abs. 5 BGB unterbleibt eine Anrechnung des Kindergeldes, "soweit" (und nicht: "wenn") der Unterhaltspflichtige außer Stande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages zu leisten. Übersteigt das hälftige Kindergeld die Differenz zwischen 135 % des maßgeblichen Regelbetrages und dem Betrag, den der Verpflichtete nach seinen Einkommensverhältnissen zu leisten hat, ist der verbleibende Teilbetrag, der zur rechnerischen "Auffüllung" auf 135 % des Regelbetrages nicht benötigt wird, anzurechnen (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 447; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 aaO S. 612; siehe zur Anrechnung des Kindergeldes allgemein auch Senatsurteil BGHZ 150, 12, 28 ff.).

Dieser Rechtsprechung haben sich die Oberlandesgerichte inzwischen durchweg angeschlossen und zum Teil entsprechende Anrechnungstabellen entwickelt (vgl. Anlage zu Teil A Anmerkung 10 der Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Juli 2005 - FamRZ 2005, 1303; Berliner Tabelle FamRZ 2005, 1305; OLG Brandenburg FamRZ 2005, 1311; OLG Bremen FamRZ 2005, 1316; OLG Celle FamRZ 2005, 1320; OLG Dresden FamRZ 2005, 1325; OLG Frankfurt FamRZ 2005, 1335; OLG Hamburg FamRZ 2005, 1339, OLG Hamm FamRZ 2005, 1345; KG Berlin FamRZ 2005, 1352; OLG Köln FamRZ 2005, 1361; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 1366; OLG Rostock FamRZ 2005, 1371; OLG Schleswig FamRZ 2005, 1376; Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland FamRZ 2005, 1380).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Revisionserwiderung fest. Insbesondere kann die Revisionserwiderung sich für ihre Auslegung des § 1612 b Abs. 5 BGB nicht darauf stützen, auch der Senat verwende offenbar, einem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend, das Wort "soweit" als Synonym für "wenn", so namentlich in seinem Urteil vom 22. Januar 2003 (- XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 a.E.). Der dort sprachlich ungenauen Wiedergabe der gesetzlichen Regelung kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Senat im vorletzten Absatz seiner Entscheidungsgründe (aaO S. 367) ausgeführt hat, eine Anrechnung des Kindergeldes komme in diesem Fall nicht in Betracht, weil das hälftige Kindergeld zusammen mit dem geschuldeten Unterhalt den Regelbetrag nach der Regelbetrag-Verordnung nicht übersteige (und damit erst recht nicht 135 % des Regelbetrags). Auch diese Entscheidung steht daher im Einklang mit der bereits zitierten Rechtsprechung des Senats.

b) Ob somit im vorliegenden Fall Kindergeld anteilig anzurechnen ist, kann allerdings nicht beurteilt werden, weil auch die Entscheidung des Berufungsgerichts, der Beklagte schulde laufenden Kindesunterhalt in Höhe von 116 % des jeweiligen Regelbetrages, der revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhält.

aa) Bei der Feststellung, in welchem Umfang der Beklagte leistungsfähig ist, hätte das Berufungsgericht dessen berufsbedingte Aufwendungen nicht pauschal mit nur 5 % vom Einkommen absetzen dürfen.

Grundsätzlich obliegt es zwar den Instanzgerichten, den Umfang berufsbedingter Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen im Rahmen des ihnen eingeräumten tatrichterlichen Ermessens zu berücksichtigen, wobei auch auf pauschalierende Berechnungsmethoden zurückgegriffen werden darf (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 537) .

Deshalb ist aus Rechtsgründen im Ansatz nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht Ziffer 2.1.1 seiner Unterhaltsleitlinien (Stand 1.7.2001/1.1.2002 FamRZ 2001, 966; ähnlich Ziffer 10.2.1 der Leitlinien Stand 1.7.2005 FamRZ 2005, 1361, 1364) anwendet. Diese sehen vor, dass solche Aufwendungen in der Regel mit 5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden und dass, wenn höhere Aufwendungen geltend gemacht werden oder ein Mangelfall vorliegt, die (gesamten) Aufwendungen im einzelnen darzulegen, nachzuweisen und gegebenenfalls nach § 287 ZPO zu schätzen sind.

Zu Recht rügt die Revision aber, dass das Berufungsgericht hier die Anforderungen an die erforderliche Darlegung der Fahrtkosten und an ihren Nachweis überspannt hat.

Der Beklagte ist Leiharbeitnehmer und wird auf kurzfristigen Abruf auf Großbaustellen im gesamten Bundesgebiet eingesetzt. Angesichts der hierfür erforderlichen Mobilität wird er nicht auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen werden können. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass eine Pauschale von 5 % des Einkommens dem Aufwand für Fahrtkosten in einem solchen Fall jedenfalls dann ersichtlich nicht gerecht wird, wenn - wie hier - der Unterhaltspflichtige unter Bezeichnung der wechselnden Arbeitsstellen nachvollziehbar darlegt, von Mai 2001 bis April 2002 rund 23.400 km, monatlich also fast 2.000 km, für Fahrten zwischen seinem Wohnort bzw. dem Ort seiner auswärtigen Unterbringung und der jeweiligen Arbeitsstelle zurückgelegt zu haben, und der Arbeitgeber ihm diese Kosten nicht ersetzt.

Angesichts der detaillierten und übersichtlichen Zusammenstellung in Form von Monatstabellen, in denen für jeden Arbeitstag der Einsatzort und die zurückgelegte Entfernung aufgeführt sowie angegeben wird, ob eine Heimfahrt oder eine Übernachtung am Einsatzort stattfand, hätte die Klägerin sich nicht auf ein pauschales Bestreiten dieser Angaben beschränken dürfen. Zumindest hätten diese für eine nach § 287 ZPO vorzunehmende Schätzung ausgereicht.

Auch soweit der Beklagte für einzelne Monate, teilweise unter Vorlage von Gehaltsabrechnungen, Fahrtkostenerstattungen seines Arbeitgebers angegeben hat, waren diese nicht geeignet, den behaupteten Aufwand insgesamt in Frage zu stellen, sondern hätten davon abgezogen werden können.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dürfte auch der Umstand, dass der Beklagte ausweislich des Einkommensteuerbescheides für 2000 keine Fahrtkosten als Werbungskosten geltend gemacht hat, nicht geeignet sein, seine Darlegungen insgesamt in Zweifel zu ziehen. Denn immerhin wurden darin 4.818 DM als Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung anerkannt. Dem Arbeitnehmer stand nämlich bei Einsatzwechseltätigkeit ein Wahlrecht zu, Heimfahrten entweder als Fahrtkosten von und zum Arbeitsort und damit als Werbungskosten oder aber als Mehraufwand im Rahmen doppelter Haushaltsführung geltend zu machen (vgl. BFH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - VI R 2/92 - BB 1995, 179 ff.; Änderung dieser Rechtsprechung erst durch BFH, Urteil vom 11. Mai 2005 - VI R 7/02 - BB 2005, 1826 ff.).

bb) Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Das Revisionsgericht kann auch nicht selbst entscheiden, weil zuverlässige Feststellungen zum einsetzbaren Einkommen des Beklagten fehlen und daher schon nicht abschließend beurteilt werden kann, in welche Einkommensgruppe der Beklagte einzustufen ist. Dies ist Voraussetzung für die Beantwortung der weiteren Fragen, ob wegen des Umstandes, dass er nur seinem Kind unterhaltspflichtig ist, eine Höherstufung vorzunehmen ist, und ob gegebenenfalls sein notwendiger Selbstbehalt gewahrt wäre und eine Anrechnung von Kindergeld angesichts des zu zahlenden Unterhalts überhaupt noch in Betracht kommen kann. Dies gilt sowohl für die Höhe des geltend gemachten Rückstandes als auch für den laufenden Unterhalt.

5. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen daher - notfalls im Wege der Schätzung - nachzuholen haben. Die Zurückverweisung gibt den Parteien zugleich Gelegenheit, zur weiteren Entwicklung des Einkommens des Beklagten vorzutragen.

Dabei wird, da insoweit Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen und das Berufungsurteil auch nicht ergänzend auf den Akteninhalt Bezug nimmt, insbesondere zu berücksichtigen sein, dass der Beklagte seit dem 1. Januar 2002 bei einem neuen Arbeitgeber beschäftigt ist und Ziffer 6.4 des zu den Akten gereichten Mitarbeitervertrages vorsieht, dass neben dem vereinbarten Stundenlohn "Aufwandsentschädigungen und Auslösen ... im Rahmen des derzeit gültigen Steuerrechts gezahlt (werden), wenn dem Mitarbeiter zum Erreichen des zugewiesenen Arbeitsplatzes Aufwendungen entstehen, die das normal zumutbare Maß übersteigen".

Dem entsprechen die Angaben des Beklagten in den von ihm vorgelegten monatlichen Aufstellungen, für den Einsatz auf den Arbeitsstellen B. , L. und S. von seinem Arbeitgeber - neben Erstattungen für Verpflegungsmehraufwand - im Januar 2002 380 €, im Februar 2002 400 €, im März 2002 380 € und im April 2002 320 € "Fahrgeld" erhalten zu haben. Diese waren im übrigen steuerfrei, wie sich aus der Lohnabrechnung für März 2002 ergibt (die ein Fahrgeld von 400 € und nicht von nur 380 € ausweist). Das hat die Klägerin sich auf Seite 3 ihrer Berufungserwiderung zu eigen gemacht.

Diese Beträge entsprechen nahezu den gesamten Fahrtkosten, die der Beklagte durchgängig geltend macht, so dass zu prüfen sein wird, ob der Beklagte derartige Erstattungen nur vorübergehend oder auch weiterhin erhalten hat und Übernachtungskosten auch in der Folgezeit nicht mehr anfielen. Auch dazu fehlt es bisher an entsprechenden Feststellungen.

Ende der Entscheidung

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