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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 03.12.1997
Aktenzeichen: 6 RKa 74/96
Rechtsgebiete: Bema
Vorschriften:
Bema Nr 127b |
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Zum Dienstgebrauch
Verkündet am 3. Dezember 1997
in dem Rechtsstreit
Az: 6 RKa 74/96
AOK - Die Gesundheitskasse für Niedersachsen, Kolumbusstraße 2, 30519 Hannover,
Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte,
gegen
Beschwerdeausschuß für die niedersächsischen gesetzlichen Krankenkassen bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Berliner Allee 14, 30175 Hannover,
Beklagter, Revisionskläger und Revisionsbeklagter,
Prozeßbevollmächtigte
Justitiar Hans-Kraft Rodenhausen bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Berliner Allee 14, 30175 Hannover,
beigeladen:
1.
Prozeßbevollmächtigte:
2. Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen, Berliner Allee 14, 30175 Hannover,
Revisionsklägerin.
Der 6. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Engelmann, die Richter Kruschinsky und Dr. Clemens sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Lichtblau und Schmeinck
für Recht erkannt:
Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2, gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 21. August 1996 werden zurückgewiesen.
Auf die Revisionen der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 21. August 1996 und des Sozialgerichts Hannover vom 25. Mai 1994 abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 1993 sowie die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 20. Mai 1987 und der Beigeladenen zu 2. vom 28. Juli 1986 werden aufgehoben. Die Beigeladene zu 2. wird verpflichtet, von der Abrechnung des Beigeladenen zu 1. im Leistungsfall B H im Quartal II/85 63,26 DM zugunsten der Klägerin abzusetzen.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 2. tragen die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungs- und Revisionsverfahren. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der beigeladene Zahnarzt gliederte im Quartal II/1985 bei der bei der Klägerin versicherten Patientin B H als kieferumformende Maßnahme einen Gesichtsbogen mit intra-extra-oraler Verankerung (Head-Gear) ein. Für diese Leistung rechnete er gegenüber der zu 2. beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) im Quartal II/1985 neben der Ziff 127b des Bewertungsmaßstabes für Kassenzahnärztliche Leistungen (Bema) Materialkosten für das Einpolymerisieren der Head-Gear-Röhrchen (41,40 DM), für die beiden Röhrchen (6,40 DM), für eine Schraube (1,50 DM) sowie für eine Kopfkappe (13,96 DM) ab.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin beantragte über ihren (ehemaligen) Landesverband nach § 3 Abs 2 der Prüfordnung vom 6. März 1968 die Prüfung der KFO-Abrechnung des Beigeladenen zu 1. einschließlich der gesamten Materialkosten. Dies lehnte die Beigeladene zu 2. durch Bescheid vom 28. Juli 1986 ab, da die Materialkosten in voller Höhe neben der Nr 127 Bema abrechenbar seien. Den Widerspruch der Klägerin wies der Prüfungsausschuß durch Bescheid vom 20. Mai 1987 zurück. Über die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin entschied der beklagte Beschwerdeausschuß zunächst im Hinblick auf anhängige Gerichtsverfahren nicht. Mit Bescheid vom 11. Februar 1993 wies er schließlich die Beschwerde zurück. Die vom Beigeladenen zu 1. beanspruchten Materialkosten würden anerkannt. Laut Leistungsbeschreibung der Gebührennummern 126 und 127 Bema seien die Materialkosten für das Eingliedern mit diesen Gebührennummern abgegolten. Andere über das Eingliedern hinausgehende Material- und Laborkosten seien zusätzlich abrechenbar. Diese Auslegung des Textes werde durch den Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sowie die Kommentarliteratur bestätigt. Die vom Bundessozialgericht (BSG) "angeregte" Klärung durch die Technische Kommission sei laut Aussage der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung nicht möglich.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat durch Urteil vom 25. Mai 1994 den Bescheid des Beklagten aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verurteilt. Unter Hinweis auf die Senatsurteile vom 1. August 1991 (ua BSGE 69, 166 = SozR 3-2500 § 87 Nr 2) hat es ausgeführt, der Normtext der Nr 127b Bema bleibe zweifelhaft, weil danach nicht entschieden werden könne, ob nur die Kosten der Materialien für das Eingliedern des Bogens oder auch die Kosten des für die Verankerung benötigten Materials eingeschlossen seien. Zur Klärung dieser Frage sei die Technische Kommission nach der Anlage 5 zum BMV-Z berufen. Nach deren Entscheidung habe der Beklagte seinerseits erneut zu entscheiden.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG ganz sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 1993 und den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 20. Mai 1987 teilweise aufgehoben, ebenso den Bescheid der Beigeladenen zu 2. vom 28. Juli 1986. Ferner hat es die Beigeladene zu 2. verurteilt, von der Abrechnung des Beigeladenen zu 1. 47,80 DM für zwei Head-Gear-Röhrchen sowie für das Einpolymerisieren der Röhrchen abzusetzen. Im übrigen hat es die Klagen und Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 21. August 1996). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht entschieden, daß die Kosten der Kopfkappe und einer Schraube neben der Nr 127b Bema gesondert abgerechnet werden könnten. Demgegenüber seien die Kosten der beiden Head-GearRöhrchen neben der Nr 127b Bema nicht gesondert abrechenbar. Hinsichtlich dieser Kosten sei der Wortlaut der Gebührenziffer nicht zweifelhaft. Es handele sich um notwendige Bestandteile der Eingliederung des Bogens. Die Kosten für die Kopfkappe und die Schraube seien demgegenüber nicht von der Nr 127b Bema erfaßt. Die vom erkennenden Senat herausgestellte tatbestandliche Ungenauigkeit der Nr 127b Bema, ob nur die Kosten der Materialien für das Eingliedern des Bogens oder auch die Kosten des für die Verankerung benötigten Materials eingeschlossen seien, betreffe weder das Nackenband noch die Kopfkappe, denn diese dienten nicht der Verankerung des Bogens. Vielmehr seien sie Kraftquelle des Head-Gear, über die vermittels der Bänder die Zugkraft auf die Zähne erzeugt werde. Die gleichen Überlegungen gälten auch für die Schraube.. Auch diese diene nicht der Eingliederung oder Verankerung des Bogens, sondern lediglich der internen Regulierung des eigentlichen Behandlungsgerätes.
Mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen bekämpfen Klägerin, Beklagter und Beigeladene zu 2. dieses Urteil, soweit es für sie ungünstig ist.
Die Klägerin meint, entgegen der Auffassung des LSG seien die Kosten für die Kopfkappe und die Schraube nicht gesondert neben der Nr 127b Bema abrechenbar. Es treffe nicht zu, daß die Kopfkappe von der Gebührennummer 127b überhaupt nicht erfaßt werde, denn erst die Kopfkappe (oder ein Nackenband) verhelfe dem Bogen zur Wirksamkeit. Ohne sie sei der Bogen nutzlos. Es spreche alles dafür, daß ein Bogen nur eingegliedert werde könne, wenn er auch verankert werde. Weder Kieferorthopäden noch die fachmedizinische Literatur gäben zweifelsfrei Aufschluß darüber, was ein "Head-Gear" sei. Es bleibe das Geheimnis des LSG, woher es die Erkenntnis habe, welche Bestandteile zum Head-Gear gehörten und welche nicht. Letztlich blieben also hinsichtlich der Abrechenbarkeit der Kopfkappe Zweifel, so daß, wenn diese Zweifel nicht durch die Technische Kommission geklärt werden könnten, nach der Rechtsprechung des BSG der Vergütungsanspruch zu versagen sei. Das gleiche gelte für die Schraube. Es treffe nicht zu, daß die Schraube von der Gebührenordnungsnummer 127b nicht erfaßt werde. Denn gerade die Schraube sei Voraussetzung für die Wirksamkeit des Bogens. Erst mit ihrer Hilfe bestehe die Möglichkeit der Anpassung an die individuell unterschiedlichen Kiefer der Patienten. Mit seiner Entscheidung habe das LSG den ihm zustehenden Auslegungsspielraum überschritten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 21. August 1996 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Mai 1994 zurückzuweisen, soweit die Klage abgewiesen und die Anschlußberufung zurückgewiesen wurde, die Beigeladene zu 2. unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 1986 zu verurteilen, bei der Honorarabrechnung des Beigeladenen zu 1. für das Quartal II/1985 (Patientin: B H ) 63,26 DM für das Einpolymerisieren der HG-Röhrchen, 2 HG-Röhrchen, eine Schraube und eine High-Pull-Kopf-Kappe zugunsten der Klägerin abzusetzen, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 21. August 1996 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit die Klage abgewiesen und die Anschlußberufung zurückgewiesen wurde sowie die Revision des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 2. beantragen,
die Urteile des Sozialgerichts Hannover vom 25. Mai 1994 und des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 21. August 1996 zu ändern und die Klage sowie die im Rahmen der Anschlußberufung der Klägerin erhobene, gegen die Beigeladene zu 2. gerichtete Klage abzuweisen sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 1. beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 2. machen geltend, der von ihnen angegriffene Teil des Urteilsausspruchs verletze Verfassungsrecht. Er verstoße gegen das Gewaltenteilungsprinzip, weil das LSG seine eigene Entscheidung an die Stelle der zuständigen Verwaltungsbehörde gesetzt habe. Dies wiege besonders schwer, weil die Einlegung der Anschlußberufung durch die Klägerin und die Erweiterung der Klage gegen die Beigeladene zu 2. in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - gegen den erklärten Willen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. - auf ausdrückliche Anregung des Senatsvorsitzenden und des Berichterstatters erfolgt seien. Das Urteil sei sachlich richtig, soweit es Klage und Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen habe.
Der Beigeladene zu 1. tritt allein der Revision der Klägerin entgegen und schließt sich insoweit dem angefochtenen Urteil an.
Die Revision der Klägerin ist begründet, die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. dagegen nicht. Der Klage ist in vollem Umfang zu entsprechen, weil nicht festgestellt werden kann, daß die vom Beigeladenen zu 1. abgerechneten Materialkosten neben der Nr 127b Bema abrechenbar sind.
Der Senat entscheidet in dieser Sache mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte und der Krankenkassen, denn es handelt sich um eine Angelegenheit des Kassenzahnarztrechts. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats beurteilt sich die Frage, ob eine Streitigkeit eine Angelegenheit des Kassenzahnarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) oder eine Angelegenheit der Kassenzahnärzte iS des Satz 2 dieser Vorschrift darstellt, in den Fällen, in denen eine Verwaltungsstelle zu entscheiden hat, danach, ob diese nur mit Kassenzahnärzten oder mit Vertretern von Krankenkassen und Kassenzahnärzten besetzt ist. In Fällen, in denen die Besetzung des Verwaltungsgremiums, das zu entscheiden hat, in Streit steht, oder Gremien unterschiedlicher Besetzung zu entscheiden haben, ist in sog paritätischer Besetzung zu entscheiden (zum Ganzen zuletzt Urteil vom 8. Mai 1996 - 6 RKa 90/95 - SozR 3-1500 § 12 Nr 9). In Fällen, in denen der Streitgegenstand die Außenrechtsbeziehungen einer K(Z)ÄV zu Krankenkassen betrifft, handelt es sich ebenfalls um eine Angelegenheit des Kassen(zahn)arztrechts (Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKa 40/96 -). Die hier angefochtene Verwaltungsentscheidung ist im Februar 1993 von dem "Beschwerdeausschuß (§ 3 Prüfordnung)" getroffen worden, bei dem es sich um ein Gremium der Gemeinsamen Selbstverwaltung von Zahnärzten und Krankenkassen handelt und dem Vertreter von Zahnärzten und Krankenkassen "in gleicher Zahl" angehören (§ 106 Abs 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung <SGB V>, § 368n Abs 5 Satz 2 Reichsversicherungsordnung <RVO> in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung). Über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung dieses Gremiums kann nur in der sog paritätischen Besetzung entschieden werden, selbst wenn der beklagte Ausschuß bei seiner Entscheidung falsch, also nur mit Vertretern der Zahnärzte besetzt gewesen sein sollte. Letzteres ist hier nach der in der Verwaltungsakte enthaltenen Niederschrift der Sitzung vom 9. Februar 1993 nicht auszuschließen.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist indessen nicht schon deshalb rechtswidrig, weil er als ein Gremium der Wirtschaftlichkeitsprüfung über einen Antrag auf gebührenordnungsmäßige Richtigstellung der Abrechnung des Beigeladenen zu 1. entschieden hat. Der Senat hat bereits mehrfach das in der geltenden Prüfordnung vom 6. März 1968 vorgesehene dreistufige Verwaltungsverfahren mit der abschließenden Entscheidungskompetenz des Beklagten für die Quartale bis einschließlich IV/88 für statthaft erklärt (vgl zuletzt BSG SozR 3-1500 § 12 Nr 9 S 18). Hieran wird festgehalten.
Die Klage ist zutreffend auf die Verurteilung zur Absetzung aller neben der Nr 127b Bema geltend gemachten Materialkosten gerichtet. Es handelt sich vorliegend nämlich trotz des Umstandes, daß der Beschwerdeausschuß beklagt ist, nicht um ein Verfahren der Wrtschaftlichkeitsprüfung, sondern um eines der sachlichen Richtigstellung der Abrechnung des Beigeladenen zu 1. In dessen Rahmen hat die Beigeladene zu 2. keine Beurteilungs- und/oder Ermessensspielräume, denn es geht nicht um die sachkundige Beurteilung der Wirtschaftlichkeit, sondern um die - gebundene - Anwendung der Vertragsgebührenordnung auf die Abrechnung des Beigeladenen zu 1. Lediglich die vom Senat nicht beanstandete niedersächsische Besonderheit, daß nach § 3 der Prüfordnung vom 6. März 1968 bei Anfechtung des Richtigstellungsbescheides der KZÄV die Wirtschaftlichkeitsprüfungsgremien zu entscheiden haben, führt dazu, daß diese zuständig sind, ohne daß ihnen deshalb Beurteilungsspielräume zustehen. Demzufolge ist hier kein Raum für eine Verurteilung zur Neubescheidung. Der Senat hat zwar in seinen Urteilen vom 1. August 1991 (aaO) den Beklagten selbst zur Neubescheidung verurteilt, weil dieser sich nicht auf die im Urteil ausgesprochenen Rechtssätze habe einstellen können. Dieser Gesichtspunkt ist aber für die vorliegende Entscheidung nicht erheblich. Der Beklagte hat über die Beschwerde der Klägerin mit Bescheid vom 11. Februar 1993 entschieden und sich in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich mit den Senatsurteilen vom 1. August 1991 befaßt. Insoweit hatte er auch ausreichend Gelegenheit, sich auf die dort dargelegten Grundsätze zur restriktiven Auslegung der Vertragsgebührenordnungen einzustellen.
Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 1993 ist entgegen der Auffassung des LSG nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang rechtswidrig, weil er das auf die Absetzung aller Materialkosten gerichtete Begehren der Klägerin zu Unrecht zurückgewiesen hat. Dementsprechend erweist sich die Revision der Klägerin als begründet, die Revisionen des Beklagten sowie der Beigeladenen zu 2. indessen nicht.
Die letztgenannten Revisionen können auch nicht deswegen zum Erfolg führen, weil das LSG etwa in verfahrensfehlerhafter Weise über einen Antrag der Klägerin entschieden hätte. Zwar trifft es zu, daß die Klägerin vor dem SG allein beantragt hatte, den Bescheid des Beklagten aufzuheben und diesen zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen. Die Klage war aber von Anfang an auf das Absetzen aller Materialkosten gerichtet. Mit dem Klageantrag vom 8. März 1993, "unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts neu zu entscheiden", war ersichtlich gemeint, wie insbesondere aus der Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG deutlich wird, daß das SG den Beklagten zur Absetzung der Materialkosten verurteilen sollte.
Der schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25. Mai 1994 gestellte Antrag auf Verurteilung zur Neubescheidung geht erkennbar auf das Einwirken des Kammervorsitzenden zurück, sachdienliche Anträge zu stellen (§ 106 Abs 1 SGG). An dem eigentlichen Prozeßziel der Klägerin, den Beklagten - oder die Beigeladene zu 2. - zur Absetzung aller Materialkosten zu ihren Gunsten zu veranlassen, hat sich durch die formelle Antragstellung nichts geändert. Wenn danach die Klägerin im Berufungsverfahren ihr Prozeßziel durch die nunmehr von dem Vorsitzenden des Berufungsgerichts veranlaßte sachdienliche Antragstellung wieder aufgreift, ist dies nicht als Klageänderung gemäß § 99 Abs 1 SGG anzusehen. Im übrigen wäre, selbst wenn es sich um eine Klageänderung handeln würde und die übrigen Beteiligten entgegen ihren protokollierten Anträgen auf Zurückweisung der Rechtsmittel der Klägerin der Klageänderung nicht zugestimmt hätten, diese vom Berufungsgericht als sachdienlich angesehen worden. Dies ergibt sich daraus, daß. das Gericht über die Anträge der Klägerin in vollem Umfang entschieden hat.
Durch die Urteile vom 1. August 1991 (- 6 RKa 15/90 - BSGE 69, 166 = SozR 3-2500 § 87 Nr 2; - 6 RKa 13, 14 und 16/90 - USK 91192) hat der Senat entschieden, daß neben der Leistung Nr 127b Bema ein Anspruch auf Ersatz der Materialkosten nur bestehe, wenn er vom Wortlaut her eindeutig gegeben ist. Die Allgemeinen Bestimmungen des Bema und das Leistungsverzeichnis bilden ein zusammengehöriges Ganzes. Hiernach besteht ein Vergütungsanspruch nur dann, wenn er sich aus dem Leistungsverzeichnis klar ergibt. Bei Leistungen, die auch spezielle Materialien erfordern, ist davon auszugehen, daß die Kosten hierfür mitabgedeckt sind, es sei denn, aus der Leistungsbeschreibung ließe sich entnehmen, daß dies nicht der Fall sein soll. Der Senat hat in den genannten Entscheidungen herausgestellt, daß Zweifel bestehen, ob die GebNr 127b Bema nur die Kosten für das "Eingliedern" oder auch für das "Verankern" erfaßt. Abhilfe kann nur durch eine Entscheidung des Bewertungsausschusses bzw der Technischen Kommission nach der Anlage 5 zum BMV-Z erfolgen. Solange dies - wie bislang - nicht geschehen ist, bleiben die Zweifel nicht geklärt und kann ein Vergütungsanspruch aus dem Leistungsverzeichnis nicht hergeleitet werden. Die Anführung der Nr 4 Satz 2 der Allgemeinen Bestimmungen reicht - wegen der Zusammengehörigkeit mit dem Leistungsverzeichnis - zur Anspruchsbegründung nicht aus (BSGE 69, 166, 170 = SozR 3-2500 § 87 Nr 2 S 7).
Die Anwendung der aufgezeigten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß die Kosten der hier streitigen Materialien nicht gesondert berechnungsfähig sind. Zwar wurde in den Ausgangsentscheidungen vom 1. August 1991 über die Abrechnungsfähigkeit von Gummizug und Nackenpolster gestritten. Ihnen stehen aber die Materialien Gummizüge und Kopfkappe gleich. Zudem hat das LSG zutreffend erkannt, daß die HG-Röhrchen durch das Einpolymerisieren eine feste Verbindung zwischen dem inneren und dem äußeren Gesichtsbogen des Head-Gear herstellen und vom Abrechnungsausschluß der Nr 127b Bema erfaßt sind. Indessen ist der gesamte Head-Gear ohne seine Kraftquelle (Kopfkappe oder - bei notwendigem tieferen Zugpunkt - Nackenband oder Nackenpolster und verbindende Gummizüge) funktionslos. Warum man diese, wenn auch mit Hilfe von Gummizügen erfolgte Verbindung nicht auch als Verankerung verstehen kann, bleibt entgegen den Darlegungen des LSG unklar.
Bei der zur Behebung der Unklarheiten der GebNr 127b Bema erforderlichen Klarstellung könnte angesichts der Verwendung aufwendigerer Materialien Anlaß zu der Prüfung bestehen, ob die Leistung mit 45 Punkten noch ausreichend bewertet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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