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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 04.12.1997
Aktenzeichen: 7 RAr 66/97
Rechtsgebiete: AFG, ABMAnO


Vorschriften:

AFG § 94
ABMAnO § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 4. Dezember 1997

in dem Rechtsstreit

Az: 7 RAr 66/97

Kläger und Revisionsbeklagter,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsklägerin.

Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 1997 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Wolff, die Richter Eicher und Husmann sowie die ehrenamtlichen Richter Höchst und Lasar

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 11. April 1997 - Az: L 4 Ar 98/95 - und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. August 1995 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt einen Zuschuß in Höhe von 1.027,08 DM (= 100 %) wegen einer Urlaubsabgeltung (6 Tage), die er an den bei ihm im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) "Offene Kirchen VI" (1. Juni 1993 bis 31. Mai 1994) bis 31. Mai 1994 beschäftigten Arbeitnehmer T. gezahlt hat.

Das Arbeitsamt (ArbA) hatte dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 1993 eine Förderung aus Mitteln des Bundes nach einem Förderungssatz von 75 %, für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 1994 aus ihren eigenen Mitteln nach einem Förderungssatz von 75 % und für die Gesamtzeit aus Landesmitteln nach einem zusätzlichen Förderungssatz von 25 % des förderungsfähigen Arbeitsentgelts bewilligt (Bescheid vom 20. April 1993); die Bezuschussung der Urlaubsabgeltung wurde jedoch abgelehnt (Bescheid vom 1. August 1994; Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1994).

Die Klage hatte erst- und zweitinstanzlich Erfolg (Urteil des Sozialgerichts <SG> vom 2. August 1995; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> vom 11. April 1997). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die bei Erlaß des Anerkennungsbescheids vom 20. April 1993 maßgeblichen Durchführungsanweisungen (DA) der Beklagten hätten dem förderungsfähigen Arbeitsentgelt auch die Urlaubsabgeltung zugerechnet. Die spätere Änderung der DA im Juni 1994 könne unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für den Kläger keine Bedeutung mehr gewinnen. Im übrigen handele es sich bei der Urlaubsabgeltung schon nach den gesetzlichen Bestimmungen um förderungsfähiges Arbeitsentgelt.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 94 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 16 der Anordnung ihres Verwaltungsrats über die Förderung von Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der Beklagten (ABMAnO). Sie ist der Ansicht, die vom Kläger gezahlte Urlaubsabgeltung sei kein förderungsfähiges Arbeitsentgelt iS des § 94 Abs 1 und 4 AFG. Es handele sich nicht um Entgelt für in den Förderungszeitraum fallende Arbeitsstunden (mit oder ohne Arbeitsleistung), wie dies die gesetzliche Regelung voraussetze. Der Kläger könne sich auch nicht auf die früheren DA zu § 16 ABMAnO stützen, weil diese lediglich verwaltungsinterne Bedeutung besäßen und aus ihnen ein Anspruch auf Förderung nicht abgeleitet werden könne.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, das LSG habe richtig entschieden. Die Urlaubsabgeltung sei dem Förderungszeitraum zuzuordnen, weil sie für solche Arbeitsstunden erbracht werde, die während des Förderungszeitraums eigentlich arbeitsfrei hätten sein sollen.

II

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>); das die Entscheidung des SG bestätigende Urteil des LSG beruht auf einer Verletzung des § 94 AFG (hier idF des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 - BGBl I 2343).

In der Revisionsinstanz fortwirkende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die den Senat an einer Entscheidung in der Sache hinderten, liegen nicht vor. Insbesondere war weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land Berlin gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG notwendig beizuladen, obwohl auch Zuschüsse aus deren Haushaltsmitteln streitbefangen sind; eine Beiladung im Revisionsverfahren gemäß § 168 Satz 2 SGG (in der seit 1. März 1993 geltenden Fassung) scheidet somit aus (vgl die Entscheidung des Senats vom selben Tag - 7 RAr 62/97 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG war gemäß §§ 143, 144 SGG (jeweils in der seit 1. März 1993 geltenden Fassung) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,00 DM überstieg (§ 144 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Senat hat im übrigen nicht zu prüfen, ob wegen der begehrten Zuschüsse aus Mitteln des Landes und des Bundes der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet war (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz <GVG>). Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) zulässig (vgl hierzu die Entscheidung des Senats vom selben Tag - 7 RAr 62/97 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist jedoch nicht zu beanstanden; der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrten Zuschüsse, weil die an den Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung kein förderungsfähiges Arbeitsentgelt iS des § 94 AFG iVm § 16 ABMAnO ist. Dies gilt auch für die Zuschüsse aus Bundes- und Landesmitteln; denn die entsprechenden Vereinbarungen mit dem Land Berlin und der Bundesregierung verweisen insoweit auf die Vorschriften über die ABM im AFG und in der ABMAnO.

Gemäß § 94 Abs 1 AFG soll der Zuschuß mindestens 50 vH des tariflichen oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, des für vergleichbare Beschäftigungen ortsüblichen Arbeitsentgelts betragen; er darf 75 vH des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Der Zuschuß wird nach § 94 Abs 4 AFG nur für die von den zugewiesenen Arbeitnehmern innerhalb der Arbeitszeit des § 69 AFG geleisteten Arbeitsstunden gezahlt. Ergänzend hierzu bestimmt § 16 ABMAnO, daß als förderungsfähiges Arbeitsentgelt iS des § 94 AFG auch Leistungen gelten, die an die zugewiesenen Arbeitnehmer (§ 93 Abs 1 AFG) aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder tarifvertraglicher Vereinbarungen für Zeiten gezahlt worden sind, in denen diese Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung nicht erbracht haben (Abs 1 Satz 1 ), es sei denn, daß diese Leistungen dem Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder tarifvertraglicher Vereinbarungen im Rahmen eines Ausgleichssystems erstattet werden (Abs 1 Satz 2).

Danach gehören Urlaubsabgeltungen nicht zum Arbeitsentgelt iS von § 94 Abs 4 AFG iVm § 16 ABMAnO. Wortlaut und historische Entwicklung dieser Vorschriften belegen, daß nur das Arbeitsentgelt für geleistete und allenfalls noch für solche Stunden zuschußfähig ist, in denen die Arbeit ausgefallen ist, nicht jedoch - wie vorliegend - das Entgelt, das als Surrogat für - aus welchen Gründen auch immer - nicht genommenen Urlaub gezahlt worden ist (vgl die ausführliche Begründung in der Entscheidung des Senats vom selben Tag - 7 RAr 62/97 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Zudem handelt es sich bei der vom Kläger gezahlten Urlaubsabgeltung um eine Arbeitgeberleistung, die der Kläger jedenfalls nicht für Zeiten bis zum Ende der ABM erbracht hat; sie unterfällt weder dem Normbereich des § 94 AFG noch dem des § 16 ABMAnO (vgl auch hierzu die genauere Begründung im bezeichneten Senatsurteil vom selben Tag). Schließlich vermag sich der Kläger nicht auf die DA der Bundesanstalt zu § 16 der ABMAnO (in der vor Juni 1994 geltenden Fassung) zu stützen. Aus ihnen kann weder unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 Grundgesetz) noch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ein Anspruch auf Förderung abgeleitet werden (vgl die nähere Begründung im Senatsurteil vom selben Tag - 7 RAr 62/97 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.



Ende der Entscheidung

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