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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 28.08.1997
Aktenzeichen: 8 RKn 1/96
Rechtsgebiete: RKG
Vorschriften:
RKG § 76 Abs 1 Satz 1 | |
RKG § 75 Abs 1 und 3 Nr 2 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 28. August 1997
in dem Rechtsstreit
Az: 8 RKn 1/96
Prozeßbevollmächtigter:
Bundesknappschaft, Pieperstraße 14/28, 44789 Bochum,
Klägerin und Revisionsbeklagte,
gegen
Beklagte und Revisionsklägerin.
Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 28. August 1997 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter W i e s t e r , die Richter S c h e n k und M a s u c h sowie die ehrenamtlichen Richter O t t o und O v e r l ä n d e r für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 1995 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Jrteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Februar 1995 zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Rechtsstreit betrifft die Höhe der Witwenrente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung beim Zusammentreffen mit einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin ist die Tochter und Sonderrechtsnachfolgerin der am 14. Januar 1994 verstorbenen Maria G. Frau G war die Witwe des im Jahre 1904 geborenen und am 28. April 1984 verstorbenen Versicherten Ludwig G. Dieser bezog zum Zeitpunkt seines Todes
- Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres, - Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer vom 23. April 1962 an als Berufskrankheit anerkannten Quarz-Staublungen-Erkrankung, seit 1982 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 80 vH, - Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), die gemäß § 65 BVG wegen des Bezugs der Verletztenrente teilweise ruhte.
Die Beklagte bewilligte der Witwe mit Bescheid vom 6. August 1984 Witwenrente, welche sie unter Anwendung der Ruhensbestimmungen des § 76 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) - Ruhen der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Bezugs einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung - ab 1. August 1984 nur gekürzt auszahlte. Durch weiteren Bescheid vom 6. Dezember 1984 stellte sie die Witwenrente unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Krankenversicherung neu fest und forderte eine Überzahlung von 94,26 DM zurück. Den gegen die Berechnung des Höchstbetrages der Hinterbliebenenrente erhobenen Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1985). Nach einem ersten Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gießen und dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen schlossen die Beteiligten vor dem Bundessozialgericht (<BSG> 8 RKn 1/88) im Jahre 1989 einen Vergleich, durch welchen sich die Beklagte zur Neubescheidung im Wege des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) verpflichtete und die Witwe die Klage zurücknahm.
Mit Bescheid vom vom 5. Dezember 1989 lehnte die Beklagte - unter Beibehaltung ihrer Rechtsauffassung - die Neufeststellung der Witwenrente mit einem höheren Zahlbetrag ab. Die Klage ist vor dem SG erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 14. Februar 1995). Das Hessische LSG hat auf die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 19. Dezember 1995 die Beklagte zur Rücknahme ihrer Bescheide vom 6. August 1984 und 6. Dezember 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1985 und zur Auszahlung der der Witwe zugestandenen Witwenrente unter Berücksichtigung der ungekürzten Rente des verstorbenen Versicherten verurteilt. Zur Begründung hat es die Rechtsfrage bejaht, ob im Falle eines Zusammentreffens von Witwenrenten aus der knappschaftlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung bei Anwendung der Ruhensvorschriften des § 75 RKG auch dessen Abs 3 anzuwenden sei, nach dessen Nr "3" (richtig: Nr 2) ein Ruhen der knappschaftlichen Rente nicht eintrete, wenn die Verletztenrente schon ein Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 65 BVG herbeigeführt habe. Zwar nehme der Wortlaut von § 76 Abs 1 RKG nicht ausdrücklich auf § 75 RKG Bezug. "Nach einem natürlichen Textverständnis" und bei Beachtung des Gesetzeszwecks des § 76 RKG ergebe sich indes eine Anwendung des § 75 RKG in vollem Umfange. Denn ihren angemessenen Lebensbedarf von sechs Zehnteln der Versichertenrente erlange die Witwe nur dann, wenn ihre Hinterbliebenenrente auf der gleichen Basis wie die Versichertenrente berechnet werde.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine rechtsfehlerhafte Anwendung der § 76 Abs 1 Satz 1, § 75 Abs 1 und 3 Nr 2 RKG. Da der Witwe Versorgungsbezüge nicht zu gewähren gewesen seien, hätten in Ihrer Person die Voraussetzungen des § 75 Abs 3 Nr 2 RKG nicht vorgelegen, so daß diese Regelung bei der Berechnung der fiktiven Verletztenrente außer Betracht bleiben müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 1995 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Februar 1995 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt - unter näherer Darlegung -,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat die Witwenrente wegen des Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in zutreffender Höhe zum Ruhen gebracht.
Nach § 300 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sind durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Das ist hier im Hinblick auf die Vorschriften des RKG der Fall. Die Witwe hat ihr Begehren auf Neufeststellung der Witwenrente ab August 1984 ohne teilweise Anrechnung der Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung im Vergleich vor dem BSG im Jahre 1989 geltend gemacht.
Die Klägerin kann nicht mit Erfolg verlangen, die der Witwe ab August 1984 gezahlte Witwenrente im Wege der Neufeststellung nach § 44 Abs 1 SGB X zu erhöhen. Entgegen der Rechtsansicht des LSG hat die Beklagte bei Erlaß des ursprünglichen Bewilligungsbescheides vom 6. August 1984 sowie des weiteren Rentenbescheides vom 6. Dezember 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1985 nicht das Recht unrichtig angewandt.
Die Beklagte hat die Witwenrente in richtiger Anwendung von § 76 Abs 1 Satz 1 RKG (entspricht § 1279 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung <RVO> und § 56 Abs 1 Satz 1 Angestelltenversicherungsgesetz <AVG>) berechnet. Trifft eine Witwen- oder Witwerrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit einer Witwen- oder Witwerrente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung zusammen, so ruht die Rente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung insoweit, als sie zusammen mit der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sechs Zehntel der Rentenbezüge übersteigt, die dem Verstorbenen zur Zeit des Todes als Vollrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und als Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) aus der knappschaftlichen Rentenversicherung mit Leistungszuschlag ohne Kinderzulage und ohne Kinderzuschuß zugestanden hätte, wenn er zu diesem Zeitpunkt erwerbsunfähig gewesen wäre (§ 76 Abs 1 Satz 1 RKG). Nach den das BSG bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) steht fest, daß die Witwe nach dem Tode des Versicherten zeitgleich Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hatte (§ 590 Abs 1 RVO).
Das Zusammentreffen - wenn und soweit materielle Ansprüche zeitgleich bestehen - einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit einer entsprechenden Rente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung führt zu einem Ruhen der letztgenannten Rente in Höhe des folgenden Differenzbetrages: Summe der zusammentreffenden Hinterbliebenenrenten abzüglich des Grenzwerts von sechs Zehnteln des Gesamtbetrages aus Vollrente und EU-Rente. Dafür ist ohne Belang, ob der verstorbene Versicherte diese Renten vor seinem Tode tatsächlich bezogen hat, weil das Gesetz auf einen hypothetischen Rentenbezug abstellt, wie die Formulierung "zugestanden hätte" und "erwerbsunfähig gewesen wäre" zu erkennen geben. Diese Fiktion steht andererseits einer Anwendung der Ruhensvorschriften des § 75 Abs 1 RKG nicht entgegen, so daß in die Grenzwertbestimmung der nach Anwendung von § 75 Abs 1 RKG verbleibende Betrag der hypothetischen EU-Rente eingeht (vgl BSG Urteil vom 28. August 1963, SozR Nr 1 zu § 1279 RVO; 29. November 1967, BSGE 27, 230 = SozR Nr 2 zu § 1279 RVO). Zu beachten ist nämlich, daß auch dem verstorbenen Versicherten die EU-Rente nur unter Anwendung der Ruhensvorschriften "zugestanden hätte" (so auch KasselerKomm-Funk RVO § 1279 RdNr 5).
Obwohl § 76 Abs 1 Satz 1 RKG auf den fiktiven Bezug im Todeszeitpunkt abstellt und es auf den tatsächlichen Rentenbezug nicht ankommt, scheidet die Anwendbarkeit von § 75 Abs 3 RKG nicht grundsätzlich aus.
Nach dieser Norm gilt § 75 Abs 1 RKG, der das Ruhen der Versichertenrente beim Zusammentreffen mit einer Verletztenrente regelt, nicht, wenn die Verletztenrente
1. auf eigener Beitragsleistung des Versicherten oder seines Ehegatten beruht, 2. schon ein Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 65 BVG herbeiführt.
Zwar kann eine bloß hypothetische Verletztenrente nicht das Ruhen von Versorgungsbezügen herbeiführen (vgl zu dieser Auffassung KasselerKomm-Funk aaO RdNr 6). Dieser Auffassung ist allerdings die Rechtsprechung des BSG zu den §§ 1278, 1279 RVO nicht gefolgt, die einen weiteren Nichtanrechnungsfall betraf. Über die Regelung des § 75 Abs 3 RKG hinausgehend schrieb § 1278 Abs 3 Nr 1 RVO (entspricht § 55 Abs 3 Nr 1 AVG) für den Versicherten vor, die Ruhensregelung des Abs 1 aaO gelte nicht, "wenn die Verletztenrente für einen Unfall gewährt wird, der sich nach Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit oder nach dem Beginn des Altersruhegeldes ereignet".
Obwohl § 1279 RVO keine klare Regelung darüber enthielt, ob die Nichtanrechnungsvorschrift des § 1278 Abs 3 Nr 1 RVO auch auf Hinterbliebenenrenten Anwendung finden sollte, hat das BSG die Frage in diesen Fällen im Sinne einer sinngemäßen Anwendung bejaht (siehe Urteil vom 21. Juni 1995, SozR 3-2600 § 93 Nr 1 S 5 im Anschluß an das Urteil des BSG vom 29. November 1967 aaO). Dem hat sich auch der erkennende Senat angeschlossen (Teilurteil und Beschluß vom 28. Mai 1997 - 8 RKn 27/95 -).
Hierdurch hat das BSG den Weg eröffnet, die Nichtanrechnungsvorschrift des § 1278 Abs 3 RVO "jedenfalls in ihren Grundzügen" (BSG vom 29. November 1967 aaO S 230) den Hinterbliebenen gutzubringen. Ausnahmen von dieser Regel müssen jedoch dann gelten, wenn das anzuwendende Recht der Sonderversicherung einen wesentlichen Teil der Nichtanrechnungsvorschrift des § 1278 Abs 3 RVO nicht übernommen hat und außerdem der Sinn und Zweck der Nichtanrechnungsvorschrift zugunsten des Versicherten nicht auch in der Person der Hinterbliebenen erfüllt werden kann. Das trifft im vorliegenden Fall auf die Rechtslage unter der Geltung des RKG zu: Dort fehlte eine dem § 1278 Abs 3 Nr 1 RVO entsprechende Vorschrift, so daß es auch bei einem Arbeitsunfall während des Bezugs eines Knappschaftsruhegeldes zur Anwendung der allgemeinen Ruhensvorschrift des § 75 Abs 1 RKG kam. Die unterschiedlichen Regelungen hier und in der allgemeinen Rentenversicherung hatten ihre Grundlage darin, daß die Höchstgrenzen beim Zusammentreffen von Renten aus der Rentenversicherung mit Renten aus der Unfallversicherung nach § 1278 Abs 1 Satz 1 RVO (ursprünglich 85 vH des Jahresarbeitsverdienstes oder der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage, ab dem 21. Rentenanpassungsgesetz vom 25. Juli 1978 <BGBl I 1089>: 80 vH) in der knappschaftlichen Rentenversicherung 100 bis 95 vH betrugen. Die Renten aus der knappschaftlichen Rentenversicherung und der Unfallversicherung zusammen konnten also (knapp) eine Größe erreichen, die typischerweise dem Brutto-Arbeitsentgelt entspricht. Diese Besserstellung des knappschaftlich Versicherten ließ eine noch weitergehende Absicherung beim. Eintreten eines Arbeitsunfalls nach dem Versicherungsfall der knappschaftlichen Rentenversicherung überflüssig erscheinen (so auch der schriftliche Bericht des BT-Ausschusses für Sozialpolitik, Abgeordneter Scheppmann, BT-Drucks 11/3365 S 5 zu § 75). Die großzügige Bemessung der Höchstgrenze beim Zusammentreffen von Renten aus der knappschaftlichen Rentenversicherung und der Unfallversicherung fand ihre Begründung wiederum darin, daß es im Zeitpunkt der Rentenreform 1957 möglich war, aus der knappschaftlichen Rentenversicherung ein Renteneinkommen in Höhe von 100 vH der persönlichen Bemessungsgrundlage zu erhalten (Teilurteil und Beschluß des Senats vom 28. Mai 1997 - 8 RKn 27/95 - mwN).
Das RKG läßt also abweichend vom allgemeinen Rentenrecht schon in den Hauptanwendungsfällen, wie sie in § 1278 Abs 3 Nr 1 RVO geregelt sind, keine Ausnahme von der Anrechnung der Verletztenrente auf das Knappschaftsruhegeld zu. Damit wird das Recht der knappschaftlichen Rentenversicherung weitgehend von dem Anrechnungsprinzip beherrscht. Unter diesen Voraussetzungen gilt um so mehr, daß eine sinngemäße Anwendung der außerordentlichen Nichtanrechnungsvorschrift des § 75 Abs 3 Nr 2 RKG (entspricht § 1278 Abs 3 Nr 3 RVO = § 55 Abs 3 Nr 3 AVG) bei der Berechnung der Hinterbliebenenleistungen an die Witwe höchstens dann gerechtfertigt sein könnte, wenn der Sinn und Zweck des § 75 Abs 3 Nr 2 RKG auch in ihrer Person erfüllt ist. Das trifft im vorliegenden Falle nicht zu. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, eine Doppelkürzung, also eine Kürzung sowohl des Knappschaftsruhegeldes als auch der Versorgungsbezüge nach dem BVG wegen der Gewährung ein und derselben Verletztenrente auszuschließen (vgl dazu KasselerKomm-Funk RVO § 1278 RdNr. 25; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Aufl, RVO § 1278 Anm 111.3.). Ohne den Bezug solcher Versorgungsleistungen kann eine derartige Doppelkürzung nicht eintreten. Würde man hingegen der Klägerin eine deshalb nicht teilweise ruhende Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewähren, so würde man sie im Ergebnis so stellen, als ob sie einen Anspruch nach dem BVG hätte, den ihr der Gesetzgeber gerade nicht zubilligt.
Die Grundsätze der Rechtsprechung des BSG zur Einbeziehung der Hinterbliebenen in die Nichtanrechnungsregelung führen im vorliegenden Fall nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Vorschriften über das Ruhen der Renten werden von zwei - teilweise einander entgegenwirkenden - Leitgedanken beherrscht (BSG vom 29. November 1967, aaO S 231). Das Gesetz will einerseits Vorsorge dagegen treffen, daß eine oder mehrere soziale Leistungen höher sind als das Einkommen, das sie ersetzen sollen. Andererseits sollen mehrere Ansprüche nebeneinander ungekürzt erfüllt, insbesondere erworbene Ansprüche nicht nachträglich geschmälert werden. Dieser letztere vom BSG als Zweck besonders des § 1278 Abs 3 Nr 1 RVO angeführte Gesichtspunkt kann hier angesichts der Regelung des § 38 BVG nicht zum Tragen kommen. Denn alle nach dem BVG erworbenen Ansprüche der Kriegsopferversorgung gingen bereits mit dem Tode des Versicherten als Beschädigter ohne Anspruch auf nachfolgende Witwenversorgung unter, weil die Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach dem BVG nicht erfüllt waren. Soweit - andererseits - eine "Schmälerung" der Hinterbliebenenrente dadurch eingetreten ist, daß das Ruhen der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in größerem Umfange eintritt als bei dem Beschädigten der Umfang des Ruhens nach § 65 BVG, handelte es sich bei dem Beschädigten um die Folge einer Begünstigung; die Beklagte weist nämlich zutreffend darauf hin, daß im Extremfall bereits eine minimale Versorgungsleistung nach dem BVG ausreichte, um die ungekürzte Versichertenrente zu erhalten. Da der mit § 75 Abs 3 Nr 2 RKG bezweckte Schutz vor einer Doppelkürzung hier überhaupt nicht greifen konnte, vermochte die Witwe auch von dieser nicht unbedingt zwecknotwendigen Begünstigung des Versicherten als Beschädigter keine Ansprüche für sich herzuleiten.
Mit dieser Lösung macht der erkennende Senat auch nicht Rechtsgedanken des Versorgungsrechts fruchtbar, wogegen sich das LSG gewendet hat. Im Gegenteil kommt ein versicherungsrechtlicher Grundsatz - der der Anrechnung von Renten aus der Unfallversicherung auf die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung - wieder zum Tragen. Hiergegen streiten auch nicht die von der Klägerin vorgetragene Überlegung, wegen der Fiktion der EU-Rente im Todeszeitpunkt des Versicherten könne es nicht darauf ankommen, daß die Witwe in ihrer Person die Ausnahmevoraussetzungen von § 75 Abs 3 Nr 2 RKG nicht erfüllt. Sie übersieht dabei, daß eine solche am Wortlaut haftende Auslegung nicht zu einem günstigeren Ergebnis führen würde; denn eine hier vorausgesetzte hypothetische Vollrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung könnte wesensgemäß als niemals tatsächlich gewährte Leistung nicht ein Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 65 BVG herbeiführen (vgl KasselerKomm-Funk RVO § 1279 RdNr 6).
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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