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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 27.10.2009
Aktenzeichen: B 1 KR 12/09 R
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art 20 Abs 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 27. Oktober 2009

in dem Rechtsstreit

Az: B 1 KR 12/09 R

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2009 durch den Präsidenten Masuch, den Richter Dr. Kretschmer und die Richterin Dr. Brandts sowie die ehrenamtliche Richterin Gabke und den ehrenamtlichen Richter Bungart

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Februar 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung geändert und die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes aufgehoben wird.

Kosten des Klageverfahrens und des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zum Umlageverfahren nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG) herangezogen werden darf.

Der klagende Rechtsanwalt ist Arbeitgeber einer bei der beklagten Ersatzkasse versicherten Angestellten. Mit Bescheid vom 7.6.2006 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als Arbeitgeber vom 1.1. bis 31.12.2006 am AAG-Ausgleichsverfahren für Krankheitsaufwendungen (U 1) sowie für Mutterschaftsaufwendungen (U 2) teilnehme; für die Krankheitsaufwendungen gelte - mangels eines abweichenden Antrags des Klägers - der satzungsmäßige Erstattungssatz von 65 % (Regelsatz) und der Umlagesatz von 1,6 %. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, für seine auf die Satzung der Beklagten gestützte Teilnahme am Umlageverfahren für Krankheitsaufwendungen fehle die gesetzliche Grundlage, weil das AAG erst am 22.12.2005 verabschiedet, die Satzung der Beklagten aber schon vor dem 9.12.2005 beschlossen worden sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Obwohl das AAG erst nach Beschlussfassung über die Satzungsänderung in Kraft getreten sei, beruhe sie auf einer gesetzlichen Ermächtigung. Maßgebend dafür sei nicht das Datum des Beschlusses des Verwaltungsrats, sondern ihre nach aufsichtsbehördlicher Genehmigung erfolgte Bekanntmachung im Bundesanzeiger; zu dieser Zeit sei das Gesetz bereits wirksam gewesen. Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe angenommen, dass ein Satzungsbeschluss bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes gefasst werden könne (Urteil vom 18.7.2006 - B 1 A 1/06 R, BSGE 97, 16 = SozR 4-7862 § 9 Nr 1). Die Ansicht des BSG, dass Krankenkassen neben oder anstelle des nach dem AAG vorgesehenen gesetzlichen Erstattungssatzes von 80 % durch ihre Satzung nicht mehrere verschiedene Erstattungssätze unterhalb dieses Satzes festsetzen dürften, wirke sich nicht zu Gunsten des Klägers aus; denn die Umlagepflicht entstehe kraft Gesetzes und entfalle selbst durch eine unwirksame Satzungsbestimmung nicht (Widerspruchsbescheid vom 30.11.2006).

Die dagegen erhobene Anfechtungsklage ist beim Sozialgericht (SG) ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 17.2.2009): Die maßgebenden Vorschriften des AAG seien vor der streitigen Satzungsänderung in Kraft getreten. Selbst ein zeitgleich mit einer Änderung des AAG vorgenommener Satzungsnachtrag wäre rechtmäßig. Verfassungsrecht werde dadurch nicht verletzt. - Die Kostenentscheidung folge aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Mit seiner vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger die Verletzung von Art 20 Abs 3 GG: Da das AAG erst am 22.12.2005 ausgefertigt und am 30.12.2005 verkündet worden sei, habe die Beklagte zuvor noch keine neuen Satzungsvorschriften beschließen dürfen. Die Beschlussfassung darüber verlange eine bereits rechtsgültige Ermächtigung; mindestens bis zur letzten Parlamentssitzung müsse mit der Änderung von Gesetzesvorlagen gerechnet werden. Auch eine aufsichtsbehördliche Genehmigung bewirke nicht das rückwirkende Wirksamwerden einer ohne Ermächtigung zustande gekommenen Satzung; Gleiches gelte für das im Laufe des Jahres 2006 hergestellte Einvernehmen der Beklagten mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Das Inkrafttreten einzelner gesetzlicher Regelungen bereits zum 1.10.2005 habe der Beklagten keine rückwirkende Satzungskompetenz verliehen, weil eine bloß zufällige Übereinstimmung von Satzungsinhalt und Gesetzesbefehl nicht ausreiche. Ein noch gar nicht existierendes Gesetz könne wirksam weder durch Verwaltungsakt noch durch Satzung umgesetzt werden. Auch wenn untergesetzlichen Normgebern eine Vorlaufzeit eingeräumt werden dürfe, um deren Regelungswerk an künftig eintretende Gesetzesänderungen anzupassen, sei die Verkündung des Gesetzes der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Satzungsbeschluss. Erst seit 1.4.2007 sei es den Krankenkassen im Übrigen erlaubt, in ihrer Satzung unterschiedliche Umlage- und Erstattungssätze vorzusehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das SG-Urteil für zutreffend.

II

Die zulässige Sprungrevision (§ 161 SGG) des Klägers ist in der Hauptsache unbegründet. Das Urteil des SG ist rechtmäßig, soweit es die vom Kläger beanstandete Heranziehung zum Umlageverfahren nach dem AAG betrifft. Es ist lediglich in Bezug auf die Kostenentscheidung zu ändern (dazu 3.).

Die angefochtenen Bescheide der beklagten Ersatzkasse, mit denen sie rechtsförmig festgestellt hat, dass der Kläger vom 1.1. bis 31.12.2006 am Ausgleichsverfahren für Krankheitsaufwendungen (U 1) nach dem AAG teilnimmt, sind rechtmäßig (dazu 1.). Zu Unrecht beanstandet der Kläger, dass es für seine Heranziehung zur Umlagepflicht nach dem AAG an einer die Satzung der Beklagten abdeckenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gefehlt habe (dazu 2.).

1. Nach § 3 Abs 1 Satz 1 AAG (idF vom 22.12.2005, BGBl I 3686), der am 1.1.2006 - und damit zu Beginn des hier betroffenen Zeitraums des Jahres 2006 - in Kraft getreten ist (Art 4 Satz 2 AAG), hat die zuständige Krankenkasse jeweils zum Beginn eines Kalenderjahrs festzustellen, welche Arbeitgeber für die Dauer dieses Kalenderjahrs an dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach § 1 Abs 1 AAG teilnehmen. Gemäß § 1 Abs 1 AAG erstatten die Krankenkassen - wie hier die Beklagte - den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 % des für den in § 3 Abs 1 und 2 und den in § 9 Abs 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts (Nr 1) sowie - in näher beschriebenem Umfang - der auf die Arbeitsentgelte entfallenden Arbeitgeberanteile der Sozialversicherungsbeiträge (Nr 2). Diese Erstattungssätze können satzungsmäßig beschränkt bzw pauschaliert werden (vgl § 9 Abs 2 Nr 1 und 2 AAG), die Höhe der Umlagesätze wird in der Satzung festgelegt (§ 9 Abs 1 Nr 1 AAG). Die zu gewährenden Beträge werden dem Arbeitgeber von der Krankenkasse ausgezahlt (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 AAG). Die Mittel zur Durchführung des U 1-Verfahrens werden von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern jeweils durch gesonderte Umlagen aufgebracht, die jeweils in einem bestimmten Prozentsatz des Entgelts festzusetzen sind (vgl § 7 Abs 1 und 2 AAG).

Die vom Kläger angefochtenen, auf § 3 Abs 1 Satz 1 AAG beruhenden Bescheide haben den vorgenannten Regelungen entsprochen. Ausweislich der Feststellungen des SG beschäftigte der Kläger im Jahr 2006 (nur) eine Angestellte und war daher umlagepflichtiger Arbeitgeber. Da die Beschäftigte bei der Beklagten versichert war, hat die Beklagte als zuständige Krankenkasse gehandelt. Sie hat zu Recht die Umlagepflicht des Klägers bejaht.

Die Einbeziehung von Arbeitgebern mit Kleinbetrieben in das Umlage- und Ausgleichsverfahren der Entgeltfortzahlungsversicherung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat das BSG wiederholt für das bereits 1970 mit dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) eingeführte Verfahren in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entschieden (vgl zuletzt BSGE 95, 119 = SozR 4-7860 § 10 Nr 2, jeweils RdNr 21 ff mit umfangreichen Nachweisen). Nichts anderes kann für das seit 2006 eingeführte AAG gelten, welches - trotz einzelner Änderungen im sachlichen Recht - die Regelungen der §§ 10 bis 19 im Zweiten Abschnitt des LFZG in ihrer generellen Ausrichtung aufgegriffen und ersetzt hat (vgl näher zB Schmitt, EntgFG - AAG, 6. Aufl 2007, S 325 f; Treber, EntgFG, 2. Aufl 2007, S 249 RdNr 1 ff; Müller/Berenz, EntgFG und AAG, 2006, § 1 AAG RdNr 1 ff; Wagner in: Reinhard, ua, EntgFG, 2006, § 1 AAG RdNr 1 ff; Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld, 7. Aufl, Stand August 2009, Vorbemerkungen zum AAG, L 001 f). Gegen diese verfassungsrechtliche Würdigung wendet sich auch der Kläger nicht.

2. Der Kläger kann keinen Erfolg mit seinem Revisionsvorbringen haben, es habe für seine Heranziehung zur AAG-Umlage U 1 an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage dafür gefehlt, dass die Beklagte schon vor Inkrafttreten des AAG Satzungsänderungen vornahm, auf deren Grundlage sie ihn zur Umlage heranzog. Denn Rechtsgrundlage der angefochtenen Feststellung der Umlagepflicht war unmittelbar der am 1.1.2006 in Kraft getretene § 3 Abs 1 Satz 1 AAG.

a) Wie dargestellt, bietet nicht erst die Satzung einer Krankenkasse, sondern bereits das AAG selbst in § 3 Abs 1 Satz 1 eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage dafür, dass die Krankenkasse im Bescheidwege Teilnahme an der Umlage zeitbezogen feststellt. Das AAG wurde als Art 1 "Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze" vom 22.12.2005 vom Deutschen Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen und ist am 1.1.2006 in Kraft getreten (Art 4 Satz 2 des Gesetzes), soweit nicht § 2 Abs 2 Satz 3, § 3 Abs 3, § 7, § 8 Abs 2 und § 9 AAG bereits zum 1.10.2005 in Kraft getreten sind (Art 4 Satz 1 aaO), welche sämtlich Ermächtigungen für die Krankenkassen enthalten, obligatorisch oder fakultativ bestimmte Einzelheiten zum Umlage- und Ausgleichsverfahren zu regeln. Durch das teilweise frühere Inkrafttreten sollte für das Verwaltungshandeln der betroffenen Krankenkassen eine "sichere Rechtsgrundlage" geschaffen werden (so Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines AAG, BT-Drucks 16/39 S 15 zu Art 3 des Entwurfs). Das vor Inkrafttreten des AAG einschlägige LFZG ist am 1.1.2006 außer Kraft getreten.

Die Umlagepflicht hängt dem Grunde nach nicht davon ab, ob die Satzung dazu noch gesonderte Regelungen enthält oder nicht. Entsprechend sind auch Rechtsprechung und Literatur zur Vorgängerregelung des § 10 Abs 2 LFZG davon ausgegangen, dass die vom Gesetz geforderte bescheidmäßige Feststellung mit Blick auf das der gesamten Sozialversicherung zugrunde liegende Prinzip der Zwangsmitgliedschaft lediglich deklaratorischen Charakter hat (vgl BSG SozR 7860 § 10 Nr 4; BSG, Urteil vom 16.12.1980 - 3 RK 16/80, USK 80266; BSG SozR 3-7860 § 14 Nr 3 S 12 mwN; Schmitt, aaO, § 3 AAG RdNr 7 mwN; Wagner, aaO, § 3 AAG RdNr 4 mwN; Knorr/Krasney, aaO, § 3 AAG RdNr 4 mwN). Davon geht auch die Gesetzesbegründung zu § 3 AAG aus (aaO, BT-Drucks 16/39 S 13).

b) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst wenn man - abweichend von Vorstehendem - annähme, dass den Satzungsregelungen der Beklagten in Bezug auf die Frage der Umlagepflicht des Klägers nach dem AAG dem Grunde nach eine eigenständige Bedeutung zugekommen wäre, die Revision keinen Erfolg haben könnte. Denn die insoweit vom Kläger unter dem Blickwinkel des Art 20 Abs 3 GG (Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes) vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch. Zwar wurde der 71. Nachtrag der Satzung der Beklagten mit einer Änderung des § 35 der Satzung bereits am 9.12.2005 verabschiedet, wirksam wurde er aber erst mit der satzungsmäßig vorgesehenen Verkündung im Bundesanzeiger vom 10.1.2006 (S 84), also zu einer Zeit als das AAG bereits vollständig in Kraft getreten war. Der erkennende 1. Senat des BSG ist bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung zum AAG davon ausgegangen, dass es für die Wirksamkeit einer Satzungsregelung ausreicht, dass eine wirksame gesetzliche Ermächtigung dafür zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung existiert und dass es nicht erforderlich ist, dass die Ermächtigung schon im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses durch den (hier nur aus Arbeitgebervertretern bestehenden, § 9 Abs 4 AAG) Verwaltungsrat vorhanden ist (vgl BSGE 97, 16 = SozR 4-7862 § 9 Nr 1, jeweils RdNr 3).

Dieses deckt sich mit der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG zu den zum 1.7.1997 durch den Bewertungsausschuss eingeführten Praxisbudgets im Vertragsarztbereich (BSGE 86, 16, 20 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 23), auf die die Beklagte zu Recht hinweist. Danach kommt es - weil ein Normsetzungsbereich außerhalb des Art 80 GG betroffen ist - nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt Satzungsbeschlüsse gefasst worden sind, sondern auf den Zeitpunkt, in dem die dabei getroffenen untergesetzlichen Regelungen Wirksamkeit erlangen; zudem würde die gegenteilige Ansicht dazu führen, dass eine im schnelllebigen Bereich des Sozialversicherungsrechts eine aus Sachgründen erforderliche Koordinierung des Normsetzungsprozesses von gesetzlichem und untergesetzlichem Recht oft faktisch nicht möglich wäre und der untergesetzliche Normgeber erst zu einem späteren Zeitpunkt auf gesetzliche Ermächtigungen und Vorgaben reagieren könnte. Ausreichend ist in derartigen Fällen, dass dem untergesetzlichen Normgeber die Absichten des Gesetzgebers ausdrücklich bekannt waren (so BSG, ebenda).

Diese Erwägungen gelten auch im hier betroffenen Bereich des AAG. Zum einen waren dem Satzungsgeber seit Veröffentlichung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf des AAG (in BT-Drucks 16/39 vom 3.11.2005) die wesentlichen Absichten des Bundesgesetzgebers bekannt. Zum anderen hat - wie schon dargelegt - der Bundesgesetzgeber selbst durch das rückwirkende Inkrafttreten bestimmter gesetzlicher Regelungen bereits zum 1.10.2005 die Situation erkannt und bewusst für das Verwaltungshandeln der betroffenen Krankenkassen eine sichere Rechtsgrundlage schaffen wollen. Die Situation unterscheidet sich insoweit wesentlich von Konstellationen, in denen ein Verwaltungshandeln ohne gesetzliche Grundlage bereits das Stadium verwaltungsinternen Handelns überschritten hat und vorzeitig Außenwirkungen beansprucht.

c) Soweit sich der Kläger im Revisionsverfahren - obwohl er nur die Verletzung des Art 20 Abs 3 GG rügt - ergänzend darauf stützen will, dass das BSG die wahlweise Inanspruchnahme unterschiedlicher Umlage- und Erstattungssätze (unterhalb von 80 %) durch eine Satzung für unzulässig erachtet habe (BSGE 97, 16 = SozR 4-7862 § 9 Nr 1), verhilft dies der Revision nicht zum Erfolg. Denn auch soweit die entsprechenden Satzungsregelungen mit dem ihm zugeordneten Erstattungssatz von 65 % und einem Umlagesatz von 1,6 % zunächst unwirksam waren, verbleibt es nach der Regelung des § 1 Abs 1 AAG bei dem gesetzlich vorgesehenen Erstattungssatz von 80 % mit der Folge, dass auch ein entsprechend höherer Umlagesatz einschlägig wäre; ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für das Eingreifen eines solchen höheren Satzes wird nicht geltend gemacht und wäre auch sonst nicht erkennbar.

3. Das SG hat indessen den Kläger zu Unrecht zur Tragung der Kosten der Beklagten nach § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO verurteilt. Die Kostenentscheidung folgt vielmehr für das Klage- und Revisionsverfahren aus § 193 SGG mit der Folge, dass außergerichtliche Kosten nach billigem Ermessen nicht zu erstatten sind.

Wie der Senat bereits entschieden hat, sind Arbeitgeber in Streitigkeiten über die Erstattung von Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung als "Leistungsempfänger" iS von § 183 SGG anzusehen (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 3, insbesondere RdNr 9). Für entsprechende Rechtsstreitigkeiten ist mithin auch keine Kostenentscheidung unter Heranziehung des § 197a Abs 1 Satz 1 SGG zu treffen. In Fortführung dieser Rechtsprechung sieht der Senat betroffene Arbeitgeber in Bezug auf Streitigkeiten über die Umlagepflicht nach dem AAG auch als "Versicherte" iS von § 183 SGG an, weil in Bezug auf die Struktur und Zielrichtung des AAG als einer "Entgeltfortzahlungsversicherung" und die vom Gesetzgeber angenommene besondere Schutzbedürftigkeit von Kleinbetrieben insoweit vergleichbare Erwägungen für das Eingreifen des Kostenprivilegs gelten wie bei abhängig beschäftigten Versicherten (vgl BSG, aaO). Arbeitgeberumlagen in der Entgeltfortzahlungsversicherung sind seit jeher in der Rechtsprechung des BSG materiell als Beitragszahlungen angesehen worden (vgl schon BSG SozR 3-7860 § 14 Nr 3 S 12), sodass die betroffenen Zahlungspflichtigen und von den Zahlungen unmittelbar Begünstigten auch im prozessrechtlichen Sinne insoweit als Versicherte angesehen werden können. Die kostenmäßige Privilegierung als "Versicherter" ist - gleichermaßen für Arbeitgeber - auch dann einschlägig, wenn ein Rechtsstreit über den Versichertenstatus als solchen geführt wird (so Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 183 RdNr 5 iVm RdNr 5a, jeweils mwN). Dies gilt unabhängig davon, ob der Status als Versicherter angestrebt wird oder - wie hier - im Prozess vom Betroffenen selbst verneint wird (BSGE 97, 153 = SozR 4-1500 § 183 Nr 4, jeweils Leitsatz 1; Groß in: Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 183 RdNr 3).

Eine Entscheidung über den Streitwert ist - anders als vom SG vorgenommen - wegen des Eingreifens von § 183 SGG nicht zu treffen.

Ende der Entscheidung

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