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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: B 1 KR 4/02 R
Rechtsgebiete: SGB I, SGB X


Vorschriften:

SGB I § 60 Abs. 1 Nr. 1
SGB I § 65
SGB I § 66 Abs. 1
SGB X § 20 Abs. 1
SGB X § 76
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 1 KR 4/02 R

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 17. Februar 2004 durch den Präsidenten von Wulffen, die Richter Dr. Dreher und Dr. Kretschmer sowie die ehrenamtlichen Richter Kröber und Leite

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. November 2001 wird zurückgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Klägerin ist bei der beklagten Ersatzkasse krankenversichert und bei dem Arzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Neurologie Dr. C. in Behandlung. Nachdem die Beklagte eine Kurzzeittherapie als Sofortmaßnahme zur Krisenintervention genehmigt hatte, beantragte die Klägerin im Dezember 1999 die Fortführung der Behandlung in Form einer Langzeittherapie mit voraussichtlich insgesamt 80 Stunden einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. Im Begleitschreiben zu den Antragsformularen erlaubte die Klägerin die Weitergabe lediglich der zur Prüfung unbedingt notwendigen Angaben über sie und ihre bisherige Behandlung an den Gutachter und untersagte die direkte Übermittlung an die Beklagte; zum Gutachter bestimme sie entsprechend ihrem Wahlrecht aus § 76 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Dr. J. aus H. . Darin sah die Beklagte eine Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und lehnte nach vorheriger Belehrung über die Folgen der unterbleibenden Mitwirkung und Fristsetzung sowie einer Stellungnahme von Dr. C. den Antrag ab (Bescheid vom 27. Januar 2000; Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2000).

Mit Urteil vom 14. Februar 2001 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Aufhebung der genannten Bescheide verurteilt, über den Umwandlungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe den Wunsch der Klägerin nach Begutachtung durch den von ihr benannten Gutachter nicht als Verweigerung der Mitwirkungspflicht ansehen dürfen. Vielmehr sei sie verpflichtet gewesen, diesen Wunsch in ihre Überlegungen einzubeziehen und hierüber nach Ermessen zu entscheiden. Den Grundsätzen der objektiven Beurteilung und der gleichmäßigen Auslastung der Gutachter könne dennoch Rechnung getragen werden.

Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil hatte Erfolg. Im Urteil vom 30. November 2001 stützt das Landessozialgericht (LSG) die Klageabweisung auf die Erwägung, die Klägerin sei ihrer Mitwirkungspflicht aus § 60 Abs 1 Nr 1 SGB I nicht nachgekommen, sodass die Leistung nach § 66 SGB I zu Recht versagt worden sei. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, der Beklagten bzw. einem von ihr hinzuzuziehenden Gutachter die Angaben zugänglich zu machen, die zur Prüfung des geltend gemachten Anspruchs erforderlich seien, somit auch der Erteilung von Auskünften durch ihren behandelnden Arzt zuzustimmen und diesen entsprechend von der Schweigepflicht zu entbinden. Dadurch, dass die Klägerin erklärt habe, die Auswahl des Gutachters selbst vornehmen zu wollen, habe sie zum Ausdruck gebracht, die zur Prüfung ihres Antrags erforderlichen Tatsachen allein diesem Arzt offenbaren zu wollen. Da die zur Prüfung des Antrags erforderlichen Tatsachen damit nur einer einzigen Person, nämlich dem Gutachter Dr. J. , zugänglich gemacht werden sollten, habe die Klägerin ihre Pflicht zur Mitwirkung nur begrenzt erfüllt. Deshalb habe ihr Verhalten den Anforderungen des § 60 Abs 1 Nr 1 SGB I nicht genügt und die Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, ihrer Amtsermittlungspflicht nachzukommen. Die nach § 20 Abs 1 Satz 2 SGB X im Ermessen der Behörde stehende Art der Ermittlung umfasse insbesondere auch die Frage, welcher Gutachter für die Beurteilung medizinischer Fragestellungen herangezogen werde. Das hierbei von der Beklagten eingehaltene Verfahren begegne keinen Bedenken. Die Zuteilung der Gutachtensaufträge nach dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens des Versicherten und die Durchbrechung der Reihenfolge, wenn sich der Gutachter am selben Ort wie der behandelnde Therapeut befinde, sei sachgerecht. Von dieser Praxis abzuweichen, habe im Falle der Klägerin kein Anlass bestanden. Ein Wahlrecht dahingehend, dass Dr. J. mit der Begutachtung beauftragt werde, stehe der Klägerin nicht zu, da sie sich insbesondere nicht auf § 76 Abs 2 SGB X berufen könne. Diese Vorschrift schränke die in Abs 1 angeordnete "verlängerte Schweigepflicht" ua bei Begutachtungen wegen der Erbringung von Sozialleistungen ein, soweit der Versicherte dem nicht widerspreche, und begründe daher kein Wahlrecht. Der Regelungsgehalt der Vorschrift reiche über den Sozialdatenschutz nicht hinaus, sodass die Mitwirkungspflicht des Versicherten davon nicht berührt werde. Die erstmals im Berufungsverfahren vorgebrachten Bedenken gegen alle anderen Gutachter als Dr. J. seien als pauschale Vorwürfe insbesondere gegen die Praxis der Krankenkassen einer Schlüssigkeitsprüfung nicht zugänglich und ließen die Begutachtung durch einen anderen Gutachter für die Klägerin nicht als unzumutbar erscheinen.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzungen von § 60 Abs 1 Nr 1, § 65, § 66 Abs 1 SGB I sowie § 20 Abs 1 und § 76 SGB X. Das Widerspruchsrecht gemäß § 76 Abs 2 Nr 1 SGB X, auf das sie von der Beklagten nicht ordnungsgemäß hingewiesen worden sei, berechtige sie, die Weiterleitung ihrer Antragsunterlagen ausschließlich an Dr. J. zu erlauben. Nach Sinn und Zweck entspreche das Widerspruchsrecht dem in § 200 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelten Recht, einen Sachverständigen auszuwählen. Demzufolge habe sie weder ihre Mitwirkungspflicht verletzt noch die Aufklärung des Sachverhalts erschwert, zumal die Beklagte in keiner Weise gehindert gewesen sei, den benannten Gutachter zu beauftragen. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-RL) ließen der Krankenkasse allenfalls einen äußerst eingeschränkten Ermessensspielraum für die Gestaltung des Antrags- und Gutachterverfahrens, da außer der Gutachterauswahl dort praktisch alles geregelt sei. Da Personenkreis und Qualifikation der möglichen Gutachter von vornherein feststünden, könnten sich aus der Person des Gutachters keine für die Ermessensausübung relevanten Kriterien ergeben. Es sei auch nicht erkennbar, inwiefern die Gutachterauswahl seitens des Versicherten die ordnungsgemäße Durchführung des Verwaltungsverfahrens ernstlich gefährden könne; die von der Beklagten eingewandte gleichmäßige Auslastung der Gutachter sei im Berufungsurteil nicht festgestellt worden. Mit Rücksicht auf die uneingeschränkte Garantie des Widerspruchsrechts aus § 76 Abs 2 Nr 1 SGB X komme es auch nicht darauf an, ob der Versicherte besondere Gründe gegen die Weiterleitung seiner Unterlagen anführen könne.

Die Klägerin begehrt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auf § 200 SGB VII könne als Ausnahmevorschrift für die Unfallversicherung in der Krankenversicherung nicht zurückgegriffen werden. Der Behörde stehe zwar kein schrankenloses Ermessen bei der Durchführung der Ermittlungen zu; sie sei aber lediglich verpflichtet, auf begründete Ablehnungen eines Gutachters einzugehen. Bei den vorgebrachten pauschalen Vorwürfen gegen alle anderen als den ausgewählten Gutachter gebe es hierzu keinen Anlass. Aus demselben Grund könne sich die Klägerin nicht auf die Unzumutbarkeit der ihr angesonnenen Mitwirkung berufen.

II

Die Revision ist unbegründet.

Die Klage ist nur teilweise zulässig. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung schon deshalb zu Recht aufgehoben, weil der Klage insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Der angefochtene Verwaltungsakt ist als (vorläufige) Versagung der psychotherapeutischen Behandlung und nicht als endgültige ablehnende Sachentscheidung über den Leistungsantrag zu verstehen. Das ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem vom LSG unter Bezugnahme auf den Akteninhalt zusammengefassten Gesamtergebnis des Verfahrens. Die Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil greift die Revision nicht an, sodass der Senat nach § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) an sie gebunden ist. Auch gegen die rechtliche Einordnung des angefochtenen Bescheids als Versagensbescheid iS des § 66 Abs 1 SGB I erhebt die Revision keine Einwände, sodass zu einer näheren Überprüfung der Rechtsnatur des angefochtenen Bescheids kein Anlass besteht.

Die Einordnung als Versagensbescheid wird durch den bisherigen Gang des Verfahrens nicht in Frage gestellt. Soweit sich das Revisionsbegehren der Klägerin auf die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Bescheidungsurteils bezieht, kann es ihr nur darum gehen, dass das Verwaltungsverfahren nach Aufhebung des Versagensbescheides fortgesetzt und die Art und Weise der dabei von der Beklagten durchzuführenden Sachverhaltsaufklärung festgelegt wird. Da die Klägerin im Klageverfahren gerügt hat, dass im Widerspruchsbescheid nicht über ihren Leistungsantrag entschieden worden sei, wäre zwar denkbar, dass sie die (materielle) Leistungspflicht der Beklagten - zulässiger- oder unzulässigerweise - zum Streitgegenstand machen wollte. Darauf kann das vom SG erlassene Bescheidungsurteil jedoch nicht bezogen werden. Zum einen stellt die begehrte psychotherapeutische Behandlung keine Ermessensleistung dar, sodass ein Leistungs- und kein Bescheidungsurteil zu erwarten gewesen wäre. Zum andern ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, dass das SG nicht über den materiellen Leistungsanspruch der Klägerin, sondern über die Fortführung des Verwaltungsverfahrens nach Aufhebung des Versagensbescheids entscheiden wollte. Infolgedessen ist die im erstinstanzlichen Verfahren allenfalls sinngemäß erhobene Leistungsklage jedenfalls dadurch erledigt, dass das SG die Klage "im Übrigen" abgewiesen und die Klägerin dagegen keine Berufung eingelegt hat.

Gegen einen Versagensbescheid ist grundsätzlich nur die Anfechtungsklage gegeben. Das LSG hat das erstinstanzliche Bescheidungsurteil im Ergebnis zu Recht aufgehoben, weil die Klage insoweit unzulässig ist, sodass die Revision in diesem Punkt schon deshalb keinen Erfolg haben kann. Wendet sich der Bürger gegen die Versagung einer Sozialleistung mangels Mitwirkung, so hat er über die Aufhebung des Versagensbescheids hinaus regelmäßig kein schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung (vgl BVerwGE 71, 8, 11 = Buchholz 435.11 § 66 Nr 1 S 4; BSG SozR 1200 § 66 Nr 13 S 12 f). Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag ergibt sich bei der Aufhebung des Versagensbescheides von selbst; gegen eine eventuelle Untätigkeit der Behörde ist der Betroffene durch die Möglichkeit der Untätigkeitsklage geschützt. Er braucht auch nicht den Erlass eines zweiten Versagensbescheids mit derselben Begründung zu befürchten, denn dies würde der Rechtskraft eines eventuell erstrittenen Aufhebungsurteils widersprechen (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 141 RdNr 6a mwN). Zusätzlich zu einer Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist nur eine unmittelbare Klage auf die Leistungsgewährung, nicht aber auf bloße "sachliche Bescheidung" des Leistungsantrags zulässig. Das setzt allerdings voraus, dass die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen behauptet wird oder zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG USK 87161; BSG SozR 1200 § 66 Nr 13 S 12 f mwN). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier nicht vor.

Die zulässige Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid ist unbegründet.

Ermächtigungsgrundlage ist § 66 Abs 1 SGB I. Danach kann der Leistungsträger eine beantragte Sozialleistung ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise bis zur Nachholung von Mitwirkungshandlungen versagen, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und er hierdurch oder absichtlich in anderer Weise die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Versagung ist ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen unabhängig von der fehlenden Mitwirkung nachgewiesen sind. Die Voraussetzungen für eine Versagung sind im Falle der Klägerin erfüllt.

Die Klägerin hat entgegen § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB I der Auskunftserteilung durch Dritte nicht zugestimmt, indem sie die Weitergabe von Auskünften über die sie betreffende bisherige psychotherapeutische Behandlung seitens des behandelnden Arztes an alle von der Beklagten in Betracht zu ziehenden Gutachter außer Dr. J. untersagt hat. Die Zustimmung zur Weitergabe an Dr. J. ändert nichts daran, dass das Verhalten der Klägerin den Tatbestand des § 60 SGB I erfüllt; ob die begrenzt erteilte Zustimmung der Versagung nach § 66 Abs 1 SGB I entgegensteht, ist eine Frage der Grenzen der Mitwirkungspflicht nach § 65 SGB I bzw der Erheblichkeit der vorenthaltenen Auskünfte für den geltend gemachten Leistungsanspruch.

Die von der Klägerin erwartete Zustimmung zur Weitergabe an einen von der Beklagten zu benennenden Gutachter ist ihr nicht unzumutbar iS von § 65 SGB I; insoweit hat sich die Klägerin sinngemäß nur auf § 65 Abs 1 Nr 2 SGB I berufen, weil von allen anderen Gutachtern als von Dr. J. zweifelhafte Praktiken bekannt geworden seien. Das LSG hat die von der Klägerin im Einzelnen vorgebrachten Bedenken gegen die übrigen Gutachter nicht für genügend substanziiert gehalten. Die diesbezüglichen Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen und werden mit der Revision nicht angegriffen. Gleiches gilt für die Bejahung der Voraussetzungen des § 66 Abs 3 SGB I, zu denen das LSG im Einzelnen ausgeführt hat, die Beklagte habe die Klägerin auf die Folgen der Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht hingewiesen und eine angemessene Frist zur Nachholung der Mitwirkung gesetzt.

Ohne die Begutachtung ist die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, wie es § 66 Abs 1 SGB I voraussetzt. Dieses Tatbestandsmerkmal belegt, dass die Mitwirkungspflichten der §§ 60 bis 62, 65 SGB I ausschließlich dazu dienen, die Sachaufklärung durch die Behörde zu ermöglichen; sie finden in der behördlichen Aufklärungspflicht ihre materielle Grundlage und können infolgedessen nur in deren Rahmen bestehen. Indem die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht bestreitet, ohne sich auf die in den speziellen Mitwirkungsvorschriften festgelegten Grenzen der Mitwirkung zu berufen, stellt sie gleichzeitig - wie bereits das LSG zutreffend erkannt hat - die Reichweite der Prüfungsbefugnis der Krankenkasse nach § 20 SGB X in Frage. In dem Ausmaß, wie ihre Einwände gegen die Aufklärungspflicht durchgreifen würden, hätte sie das Recht, ihre Mitwirkung zu verweigern. Die Beklagte hat ihre Ermittlungsbefugnisse hier jedoch nicht überschritten. § 20 Abs 1 Satz 2 SGB X gibt der Behörde das Recht, Art und Umfang der Ermittlungen im Verwaltungsverfahren zu bestimmen, ohne an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein; § 21 Abs 1 SGB X gestattet diejenigen Beweismittel, welche die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Damit hat der Gesetzgeber hinreichend deutlich gemacht, dass er den Betroffenen einerseits von jeglicher Beibringungs- oder Darlegungslast befreien will (vgl etwa BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 291 f), dass aber andererseits jegliche Festlegung der Art und Weise der Sachaufklärung durch den Betroffenen ausgeschlossen sein soll (in diesem Sinne auch Hauck in Hauck/ Noftz, SGB X, Stand August 2002, § 20 RdNr 8); deshalb greift auch § 33 Satz 2 SGB I insoweit grundsätzlich nicht ein. Auf den Betroffenen zurückgehende Einschränkungen des Entscheidungsspielraums der Behörde stellen sich daher als Verletzungen der Mitwirkungspflicht dar, die der Rechtfertigung bedürfen, während die Behörde regelmäßig nicht gehalten ist, die Gründe für ihr Vorgehen - wie hier für das von der Beklagten bei der Gutachterauswahl eingeschlagene Verfahren - näher darzulegen.

Die Ermittlungspflichten und -befugnisse der Beklagten werden im Falle der beantragten Überführung einer psychotherapeutischen Kurzzeittherapie in eine Langzeittherapie durch weitere Vorschriften rechtswirksam konkretisiert. Die Verpflichtung zur Prüfung durch einen psychotherapeutisch erfahrenen Arzt ergibt sich aus Abschnitt E 1.1.5 der Psychotherapie-RL in der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Fassung vom 11. Dezember 1998 (BAnz 1999 Nr 6 S 249), wonach vor der Entscheidung über einen derartigen Antrag ein Gutachter einzuschalten ist. § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 1, Abs 6a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Fassung ermächtigt den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ausdrücklich, das Antrags- und Gutachterverfahren zu regeln. Damit bestätigt das Gesetz für psychotherapeutische Behandlungen die Erforderlichkeit eines Bewilligungsverfahrens durch die Krankenkasse, in dessen Rahmen der Behandlungsbedarf von einem unbeteiligten Psychotherapeuten zu prüfen sein kann. Für länger dauernde und infolgedessen kostenintensivere Maßnahmen schreiben die Psychotherapie-RL regelmäßig das Gutachterverfahren vor (vgl etwa Abschnitt E 1.1.2 bis 1.1.6 sowie Ausnahmen in Abschnitt F III 2). Es bedarf keiner näheren Begründung, dass dem Gutachter dazu Informationen über den bisherigen Krankheitsverlauf und die bisherige Behandlung zur Verfügung gestellt werden müssen, um ihn in die Lage zu versetzen, zum Antrag Stellung zu nehmen.

Die im Laufe des Verfahrens geäußerten Bedenken der Klägerin gegen die Ausgestaltung des Gutachterverfahrens vermögen die Sachaufklärungspflicht der Krankenkasse nicht in Frage zu stellen. Sie zielen darauf, dass es wesentlich von den Darlegungen des behandelnden Therapeuten abhänge, ob die Leistung vom Gutachter befürwortet wird. Abgesehen davon, dass die Erwägungen des Therapeuten auch daraufhin überprüft werden können, ob sie durch entsprechende Fakten untermauert sind, trifft dieser Einwand nicht eine denkbare Schwäche des Gutachterverfahrens, sondern ein möglicherweise zu beanstandendes Handeln einzelner Therapeuten und ist schon deshalb nicht geeignet, die Überprüfungsbefugnis der Krankenkasse generell in Zweifel zu ziehen. Vielmehr gäbe das angebliche Problem allenfalls Anlass zu einer weitergehenden Kontrolle - etwa im Sinne einer persönlichen Vorstellung des Versicherten beim Gutachter.

Die Pflicht der Krankenkasse zur vorherigen Überprüfung von umfangreicheren psychotherapeutischen Leistungen würde im Übrigen selbst dann bestehen, wenn das Gesetz in § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 1, Abs 6a SGB V kein besonderes Antrags- und Gutachterverfahren und keine diesbezüglichen Richtlinien vorsähe. Den Krankenkassen ist es nach § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V untersagt, Leistungen zu bewilligen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind; zuvor verlangt § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V die Feststellung einer behandlungsbedürftigen Krankheit. Bei der ärztlichen Behandlung findet diese Prüfung typischerweise nachträglich statt (vgl § 106 SGB V), weil die Vertragsärzte im Interesse der Versicherten ermächtigt sind, diese (Vor-) Entscheidung mit Wirkung für und gegen die Krankenkasse zu treffen, soweit eine vorherige Prüfung nicht schon aus Sachgründen - etwa bei akuten Krankheitszuständen - von vornherein ausscheidet. Das ändert jedoch nichts an dem in § 12 SGB V festgelegten Grundsatz, dass die Leistungsgewährung einer vorherigen Bewilligung durch die Krankenkasse bedarf - und zwar auch bei psychotherapeutischen Langzeitbehandlungen (vgl auch § 19 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch). Das schließt ähnlich wie in anderen Leistungsbereichen, in denen keine oder nur ausnahmsweise Sofortentscheidungen zu treffen sind, die Verpflichtung zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens mit ein - etwa bei kieferorthopädischen oder zahnprothetischen Maßnahmen (vgl Anhang 6 und 12 zum Bundesmantelvertrag Zahnärzte = Vereinbarungen über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen bzw bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen); denn das Ergebnis einer vorherigen Prüfung der Behandlungsnotwendigkeit muss dem Versicherten in der Form des Verwaltungsakts mitgeteilt werden. Eine vorherige Kontrolle der krankenversicherungsrechtlichen Notwendigkeit der hier in Rede stehenden Maßnahmen ist dabei von besonderer Bedeutung, weil eine nachträgliche Überprüfung wegen der Art der Leistung auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten stoßen kann. Ob ein Versicherter psychotherapeutischer Langzeitbehandlung bedarf, setzt eine stark situationsbezogene, individuelle Beurteilung mit einer Abschätzung der möglichen Folgen voraus; die Aufnahme der Behandlung hat langfristige Bedeutung für den Versicherten, weil ein Abbruch oder ein Wechsel des Therapeuten die bis dahin unternommenen Bemühungen zunichte machen und eine erhebliche finanzielle Belastung für die Krankenkasse nach sich ziehen kann. Deshalb ist eine nachträgliche Kontrolle der Behandlungsbedürftigkeit in diesen Fällen zu vermeiden. Folgerichtig bestimmt § 13 Abs 5 der Psychotherapie-Vereinbarung, dass eine nach dem Gutachterverfahren bewilligte Psychotherapie keiner zusätzlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegt. Mit ähnlichen Erwägungen ist das SG Freiburg in einem anderen Rechtsstreit um eine Langzeittherapie bei Dr. C. zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass es nicht des Rückgriffs auf die Psychotherapie-RL bedarf, um die Prüfungsbefugnis der Krankenkasse und die Erforderlichkeit der Mitteilung von Befundunterlagen zu begründen (Urteil vom 10. Oktober 2000 - S 5 KR 3018/98 - bestätigt durch LSG Baden-Württemberg vom 31. Januar 2003 - L 4 KR 100/01).

Das Einverständnis der Klägerin mit einer Begutachtung durch Dr. J. ändert nichts daran, dass sie die Beklagte in der Art und Weise der ihr nach § 20 SGB X obliegenden Amtsermittlung behindert hat und die Aufklärung infolgedessen "erschwert" ist, wie es § 66 Abs 1 SGB I verlangt. Das ergibt sich ohne weiteres aus der aufgezeigten freien Wahl der Erkenntnismittel nach § 20 Abs 1 Satz 2 SGB X. Im Übrigen ist das Gutachterverfahren offensichtlich leichter durchzuführen, wenn die Beklagte einen Gutachter aus der Liste wählen kann, die ihr nach § 10 Abs 3 der Anlage 1 zum Arzt-/Ersatzkassenvertrag, der sog Psychotherapie-Vereinbarung, von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Verfügung zu stellen ist. Dabei braucht an urlaubs- oder krankheitsbedingte Ausfälle gar nicht gedacht zu werden. Auch eine gleichmäßige Auslastung der Gutachter ist eher sicherzustellen, wenn für einen bestimmten Antrag nicht nur ein einziger Gutachter in Frage kommt.

Zusätzliche Gründe für die Einschränkung der Ermittlungsbefugnisse der Beklagten und der damit korrespondierenden Mitwirkungspflichten der Klägerin sind weder § 76 Abs 2 SGB X noch § 200 Abs 2 SGB VII zu entnehmen. Die letztgenannte Vorschrift, wonach der Unfallversicherungsträger vor einem Gutachtensauftrag dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen soll, ist für die gesetzliche Krankenversicherung nicht einschlägig, denn sie befindet sich im SGB VII, das die Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung enthält. Da sie in ihrem Absatz 1 auf die für alle Sozialleistungsbereiche geltende Bestimmung des § 76 Abs 2 Nr 1 SGB X Bezug nimmt und diese modifiziert, kann dem Gesetzgeber der Unterschied zwischen der speziellen Regelung für das Unfallversicherungsrecht und der generellen für alle Sozialleistungen nicht entgangen sein. Wenn er Anlass gesehen hätte, einen entsprechenden Grundsatz für das gesamte Sozialverwaltungsrecht aufzustellen, wäre infolgedessen eine Regelung im SGB X oder SGB I zu erwarten gewesen. Da dies nicht zutrifft, ist das Fehlen einer diesbezüglichen Regelung im SGB V eher im Sinne des beredten Schweigens zu interpretieren (so im Ergebnis auch Scholz in Kasseler Komm, Stand September 2003, § 76 SGB X RdNr 27; Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand August 2002, § 76 RdNr 75).

Die Mitwirkungspflicht der Klägerin wird durch die Vorschriften über den Sozialdatenschutz nicht in Frage gestellt. Die dazu getroffenen Regelungen rechtfertigen keine Einschränkung der Sachaufklärungspflicht der Beklagten in dem Sinne, dass sie befugt oder gar verpflichtet wäre, einem Leistungsantrag stattzugeben, ohne dass die Anspruchsvoraussetzungen mit der notwendigen Gewissheit festgestellt sind. Vielmehr bestätigen die einschlägigen Vorschriften die trotz des Sozialdatenschutzes bestehende Sachaufklärungspflicht. Die Krankenkassen sind nach § 284 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB V zur Erhebung, Speicherung und Verarbeitung von Sozialdaten berechtigt, soweit diese zur Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte erforderlich sind. Eine derartige Vorschrift genügt nach § 35 Abs 2 SGB I, § 67a Abs 1, Abs 2 Nr 2 Buchst b, § 67b Abs 1, § 67c Abs 1 Satz 1 SGB X, um vom Datenschutz unabhängige Ermittlungsbefugnisse der Krankenkasse zu ermöglichen, ohne dass dafür jeweils das Einverständnis des Betroffenen erforderlich wäre. In diesem Sinne ist schon die frühere Rechtsprechung zum Ergebnis gelangt, dass der Vertragsarzt trotz der sich aus § 203 Strafgesetzbuch (StGB) ergebenden Schweigepflicht auch ohne Einwilligung des Versicherten verpflichtet ist, der Krankenkasse die von ihm erhobenen Befunde und die Informationen über die bisherige Behandlung zur Verfügung zu stellen, um eine Begutachtung einer geplanten Behandlung durch einen von der Krankenkasse beauftragten Gutachter zu ermöglichen; betroffen waren kieferorthopädische Leistungen, die Behandlung von Parodontopathien und die Versorgung mit Zahnersatz, für die schon damals ein Gutachterverfahren vorgeschrieben war (BSGE 55, 150 = SozR 2200 § 368 Nr 8; ebenso für die Vorlage von Röntgenaufnahmen zur Qualitätsprüfung: BSGE 59, 172 = SozR 2200 § 368 Nr 9 mit Bestätigung durch BVerfG SozR 2200 § 368 Nr 10).

Diese Rechtsprechung belegt, dass die Sachaufklärungspflicht der Krankenkasse und die darauf beruhenden Mitwirkungspflichten des Versicherten durch den Sozialdatenschutz nicht beschränkt werden. Sie geht als selbstverständlich davon aus, dass der Versicherte den Leistungsanspruch verliert bzw seine Mitwirkungspflichten verletzt, wenn er eine erforderliche Zustimmung nach § 203 StGB verweigert (BSGE 55, 150, 153 f = SozR 2200 § 368 Nr 8 S 22; BSGE 59, 172, 180 f = SozR 2200 § 368 Nr 9 S 37 f). Dass sich das Bundessozialgericht (BSG) in der zuletzt genannten Entscheidung dagegen gewandt hat, aus den Vorschriften über die Mitwirkung auf die Erforderlichkeit der Zustimmung zu schließen, und dabei darauf hingewiesen hat, dass bei der normalen ärztlichen Behandlung regelmäßig keine Überprüfung des Behandlungsbedarfs durch die Krankenkasse stattfindet und infolgedessen auch keine Mitwirkung in Betracht kommt (BSG aaO), steht mit der Annahme von Mitwirkungspflichten im Falle der Vorprüfung eines Leistungsantrags nicht im Widerspruch. Dementsprechend kommt auch das Schrifttum zum Ergebnis, dass die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I durch die Zustimmungserfordernisse und Widerspruchsrechte im Rahmen des Sozialdatenschutzes nicht berührt werden (Scholz in Kasseler Komm, Stand September 2003, § 76 SGB X RdNr 30; Wannagat/Steinmeyer SGB, Stand Juli 2000, § 76 SGB X RdNr 38; Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, § 76 RdNr 61; Wimmer, MedSach 2001, 36, 38 f). Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat sogar entschieden, dass sich ein zu berücksichtigender Widerspruch nach § 76 Abs 2 SGB X im Gerichtsverfahren als Beweisvereitelung zu Lasten des Klägers auswirkt (Justiz 1984, 371). Dazu braucht hier nicht Stellung genommen zu werden, weil der Leistungsanspruch der Klägerin, wie bereits ausgeführt, nicht Streitgegenstand ist.

Der Senat muss auch nicht abschließend klären, ob sich die Beklagte in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung durch das fehlende Einverständnis der Klägerin möglicherweise zu Unrecht gehindert gesehen hat, das Gutachterverfahren entsprechend den vom LSG beschriebenen und in § 11 Abs 5, § 15 Abs 3 und 4 der Psychotherapie-Vereinbarung festgelegten Vorgaben einzuleiten. Der in § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I geforderte Kausalzusammenhang zwischen mangelnder Mitwirkung und erschwerter Sachaufklärung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich der Betroffene auf ein nur vermeintliches Widerspruchsrecht nach § 76 Abs 2 Nr 1 SGB X beruft, das bei genauerer Betrachtung nicht besteht und infolgedessen die Behörde an der Fortführung des Verwaltungsverfahrens rechtlich nicht hindert. Denn das eventuelle Fehlen des Sozialdatenschutzes begründet noch keine Befugnis oder gar Pflicht der Behörde, sich über einen ausdrücklich erklärten Widerspruch wie denjenigen der Klägerin gegen die Einholung und Weiterleitung von medizinischen Auskünften hinwegzusetzen. Deshalb erschwert ein derartiger Widerspruch die Sachaufklärung selbst dann, wenn er sich rechtlich als haltlos herausstellt. Abgesehen davon wäre es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar, wenn der Versicherte, der seiner Krankenkasse das Recht bestreitet, medizinische Daten zu verwenden oder weiterzuleiten, den daraufhin erlassenen Versagensbescheid mit der Erwägung angreifen könnte, die Kasse habe sich nicht seiner Forderung entsprechend verhalten. Vielmehr ist die Versagung mangels Mitwirkung gerade in derartigen Fällen das geeignete Mittel, die gegenseitigen Rechte und Pflichten zu klären, ohne dass die Behörde Gefahr läuft, die ihr zustehenden Befugnisse zu überschreiten.

Insgesamt widerlegt die dargestellte Rechtslage das dem klägerischen Vorbringen letztlich zu Grunde liegende Verständnis, dass der Sozialdatenschutz und das behauptete Widerspruchsrecht die Beklagte von der Verpflichtung zur Sachaufklärung entbinden und sie möglicherweise sogar dazu zwingen, einem Leistungsantrag auf unzureichender Tatsachengrundlage stattgeben zu müssen. Im Ergebnis lassen die Vorschriften über den Sozialdatenschutz die Pflicht der Klägerin unberührt, bei der Sachaufklärung mitzuwirken und die von der Beklagten gewählte Art der Durchführung des Gutachterverfahrens nicht zu behindern. Daraus folgt umgekehrt das Recht der Beklagten, die Leistung zu versagen.

Ermessensfehler liegen nicht vor. Solche sind weder von der Revision gerügt, noch äußert sich das angefochtene Urteil zu dieser Frage. § 66 Abs 1 SGB X räumt nach seinem Wortlaut der Behörde einen Entscheidungsspielraum ein. Dabei kann offen bleiben, ob der Gesetzgeber in § 66 Abs 1 SGB I ausschließlich an die Entziehung einer bereits bewilligten Leistung gedacht hat oder ob sich das Ermessen ausschließlich auf die Alternative "ganz oder teilweise" beziehen soll. Das ist weder dem Gesetzestext noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen, die lediglich darauf hinweist, dass der Behörde ermöglicht werden soll, "besonderen und nicht voraussehbaren Umständen des Einzelfalls" gerecht zu werden (BT-Drucks 7/868 S 34). Denn unabhängig davon ist der angefochtene Bescheid nicht wegen Ermessensnichtgebrauchs oder Fehlens der in § 35 Abs 1 Satz 3 SGB X vorgeschriebenen Ermessensbegründung aufzuheben.

Der Gesichtspunkt einer nur teilweisen Versagung kommt im Falle der Klägerin schon deshalb nicht in Betracht, weil die Leistung nicht teilbar ist. Dies bedurfte keiner Ermessensausübung und -begründung. Über die Gutachterauswahl hat die Beklagte die Klägerin ausreichend aufgeklärt und damit in einer dem § 35 Abs 1 Satz 3 SGB X entsprechenden Weise erkennen lassen, warum sie daran gehindert war, den von der Klägerin gewählten Gutachter zu beauftragen. Die Einwände der Revision gegen das von der Beklagten mit dem Bemühen um eine gleichmäßige Auslastung der Gutachter und eine objektive Beurteilung gerechtfertigte Verfahren gehen fehl. Denn eine dem Einfluss der Beteiligten entzogene Auswahl des Gutachters in feststehender Reihenfolge vermeidet jedenfalls die Gefahr einer Häufung von Aufträgen an bestimmte, von der einen oder anderen Seite bevorzugte Gutachter. Außerdem erschwert sie die Kontaktaufnahme des Versicherten oder Therapeuten mit dem Gutachter und trägt auch dadurch zu einer unvoreingenommenen Prüfung bei.

In anderer Richtung waren Ermessenserwägungen schon deshalb nicht veranlasst, weil die in Betracht zu ziehenden Handlungsalternativen die Klägerin schlechter gestellt hätten als der erlassene Versagensbescheid; unabhängig davon, ob die Beklagte aus Rechtsgründen nicht anders hätte reagieren dürfen als mit einer Versagung der Leistung, steht der Klägerin kein Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung zu, wenn sich diese dann ohnehin nur zu ihren Lasten auswirken könnte. Das ist hier der Fall. Denn weder mit einem "Liegenlassen" des Verwaltungsverfahrens (zur Erfolgsaussicht einer Untätigkeitsklage in solchen Fällen: BSGE 75, 56, 59 f = SozR 3-1500 § 88 Nr 2 S 14 f) noch mit einer ablehnenden Entscheidung in der Sache - etwa unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung (vgl nochmals VGH Baden-Württemberg Justiz 1984, 371) - wäre dem rechtlichen Interesse der Klägerin eher gedient als mit der ausgesprochenen Versagung mangels Mitwirkung. Mit Erlass eines Versagensbescheids wurde ihr einerseits die Möglichkeit gegeben, sich gegen die Rechtsauffassung der Beklagten zur Wehr zu setzen. Andererseits ist das Verwaltungsverfahren - anders als bei einer Leistungsablehnung aus sachlichen Gründen - nicht endgültig beendet, sondern wird mit der Möglichkeit der nachträglichen Bewilligung (vgl § 67 SGB I) wieder in Gang gesetzt, wenn die unterlassene Mitwirkung nachgeholt oder der Bescheid aufgehoben wird. Ob daraus zu schließen ist, dass ein Versagensbescheid generell keine Ermessensausübung erfordert, wenn der Versicherte die Behörde an einer für die Leistungsbewilligung notwendigen Begutachtung hindert (so für das Rentenverfahren LSG Baden-Württemberg vom 16. Mai 1990 - L 1 J 1789/89 - Justiz 1991, 102), braucht nicht entschieden zu werden. Jedenfalls bedurfte es im Falle der Klägerin - wie dargestellt - keiner weitergehenden Ermessensausübung der Beklagten.

Da das LSG den Versagensbescheid zu Recht bestätigt hat, war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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