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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 24.04.2003
Aktenzeichen: B 10 EG 2/02 R
Rechtsgebiete: BErzGG
Vorschriften:
BErzGG § 6 Abs 1 | |
BErzGG § 6 Abs 1 Nr 2 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Az: B 10 EG 2/02 R
in dem Rechtsstreit
Der 10. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 24. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Loytved, den Richter Masuch und die Richterin Knickrehm sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Wirsam und Senske
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahrens keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft die Höhe des der Klägerin bewilligten Bundeserziehungsgeldes (BErzg).
Die mit ihrem Ehemann L S (S) und dem am 29. September 1997 geborenen Sohn N im gemeinsamen Haushalt lebende Klägerin bezog im ersten Lebensjahr des Kindes BErzg unter Anrechnung des Mutterschaftsgeldes (Bescheid vom 4. November 1997). Gleichzeitig erhielt sie Kindergeld für ihren am 4. Oktober 1990 geborenen Sohn T R . S hat aus einer früheren Ehe die 1984 und 1987 geborenen Töchter I und S , für die seiner geschiedenen Ehefrau Kindergeld gezahlt wurde. Durch Bescheid vom 28. August 1998 bewilligte der Beklagte der Klägerin BErzg für den 13. bis 24. Lebensmonat des Kindes N in Höhe von monatlich DM 246,00; den Kürzungsbetrag von monatlich DM 354,00 errechnete der Beklagte aus dem 12. Teil von 40 vH des die Einkommensgrenze (DM 29.400,00 zuzüglich DM 4.200,00) übersteigenden Betrages von DM 10.607,64. Dabei ging er von einem voraussichtlichen Bruttoeinkommen des S im Jahre 1998 von DM 70.666,00 aus. Als Abzüge berücksichtigte er die Werbungskosten (DM 3.128,00), die Pauschale in Höhe von 22 vH (DM 14.858,36) sowie den von S für die Kinder aus erster Ehe gezahlten Unterhalt (DM 8.472,00 = 12 x DM 706,00), wonach sich ein anrechenbares Einkommen von DM 44.207,64 ergab. Den Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, der von S geleistete Unterhalt erhöhe sich um den Halbanteil des der Mutter der Töchter gewährten Kindergeldes (also um monatlich DM 220,00), wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 1998 zurück. Auch die Klage vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) blieb erfolglos (Urteil vom 26. April 1999). Die Berufung der Klägerin hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 16. Mai 2002 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Im Rahmen der Einkommensermittlung nach § 6 Abs 1 Nr 2 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) könnten nur die tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen abgesetzt werden. Die Regelung lehne sich an § 11 Bundeskindergeldgesetz (BKGG aF) an. Der Gesetzgeber habe nach seinem erklärten Willen Unterhaltsleistungen nur bis zum durch Unterhaltstitel oder Vereinbarung festgelegten Betrag zugelassen (BT-Drucks 10/3792 S 17). Der Kindergeldanteil mindere nicht das tatsächliche Einkommen. Daran hätten auch die Regelungen in §§ 1612b und 1612c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichts geändert. Das Kindergeld wirke auf Seiten des unterhaltsberechtigten Kindes wegen der Auszahlung an die Unterhaltsverpflichteten zwar nicht unmittelbar bedarfsverringernd, das Kind müsse es sich aber auf seinen Unterhaltsanspruch anrechnen lassen. Dem unterhaltsverpflichteten Elternteil komme sein Anteil am Kindergeld dadurch zugute, dass sich seine Verpflichtungen dem Kind gegenüber entsprechend verringerten. § 1612b BGB sehe den Halbteilungsgrundsatz vor, welcher eine entsprechende Anrechnung auf den Unterhaltsanspruch des Kindes bedinge. Da das Kindergeld unterhaltsrechtlich kein Einkommen darstelle, könne seine Auszahlung an S' frühere Ehefrau das Bruttoeinkommen auch nicht verringern. Es mindere hingegen S' Unterhaltslast und sei deshalb nicht als seine Eigenleistung zu bewerten. Der Familienleistungsausgleich auf der Grundlage von § 31 Einkommensteuergesetz (EStG) und § 1612b BGB entlaste beide Elternteile in angemessener Weise bei der Erfüllung ihrer jeweiligen Unterhaltspflicht.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin eine Verletzung von § 6 Abs 1 BErzGG, insbesondere von dessen Nr 2 geltend: Bei zutreffender Gesetzesanwendung sei die volle Unterhaltslast ihres Ehemannes in Höhe von monatlich DM 926,00 zu berücksichtigen, denn in Höhe von DM 220,00 monatlich verfüge er über eine Steuervergütung gemäß § 31 Satz 3 EStG, bei der es sich nicht um eine Leistung des Staates an die Eltern, sondern um eine Leistung der Eltern selbst handele. Vom Bestehen des Gesamtbetrages seiner Unterhaltsverpflichtung sei zu trennen, dass deren Erlöschen auch durch die Leistung von Kindergeld von dritter Seite aus bewirkt werde. Nur bei individueller Ermittlung des Nettoeinkommens werde auch die verfassungsrechtlich gebotene Entlastung des Familiennettoeinkommens berücksichtigt. Für eine Kürzung der Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes um den Kindergeldanteil fehle es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 16. Mai 2002 und das Urteil des SG Nürnberg vom 26. April 1999 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 28. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 zu verurteilen, ihr als BErzg für das zweite Lebensjahr des Kindes N weitere DM 1056 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, unter näherer Darlegung,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf ein höheres als das ihr zuerkannte BErzg.
Anspruch auf BErzg hat, wer - wie hier die Klägerin - einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des BErzGG hat, mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs 1 BErzGG idF des Arbeitsförderungsreformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl I 594, <aF>). Mit der Antragstellung bestimmten die Ehegatten die Klägerin als Erziehungsgeldberechtigte (§ 3 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1 BErzGG aF). Dementsprechend hat sie Anspruch auf BErzg bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats ihres Kindes (§ 4 Abs 1 Satz 2 BErzGG aF).
Hinsichtlich der Höhe des BErzg ist hier von einem Betrag von monatlich DM 600,00 auszugehen (§ 5 Abs 1 BErzGG aF). Dieser wird vom Beginn des 7. Lebensmonats an gemindert, wenn das Einkommen nach § 6 BErzGG aF bei Verheirateten, die von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, DM 29.400,00 übersteigt. Der Einkommensgrenzbetrag erhöht sich um DM 4.200,00 für jedes weitere Kind des Berechtigten oder seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten, für das ihm oder seinem Ehegatten Kindergeld gewährt wird oder ohne die Anwendung des § 65 Abs 1 EStG oder des § 4 Abs 1 BKGG gewährt würde (§ 5 Abs 2 Satz 2 und 3 BErzGG aF). Übersteigt das Einkommen diese Grenze, mindert sich das BErzg um den 12. Teil von 40 vH des die Grenze übersteigenden Einkommens iS von § 6 BErzGG (vgl § 5 Abs 3 BErzGG aF).
§ 6 BErzGG aF bestimmt hinsichtlich der Feststellung des Einkommens für den vorliegenden Fall im Wesentlichen Folgendes:
- Maßgeblich ist das voraussichtliche Einkommen im Jahr nach dem Kalenderjahr der Geburt des Kindes (§ 6 Abs 2 Satz 1 BErzGG aF).
- Zu berücksichtigen ist das Einkommen des Berechtigten und seines - nicht getrennt lebenden - Ehepartners (§ 6 Abs 3 BErzGG aF).
- Von der Summe der positiven Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2 EStG sind ua Unterhaltsleistungen an Kinder abzuziehen, für die die Einkommensgrenze nicht nach § 5 Abs 2 Satz 3 BErzGG erhöht worden ist, bis zu dem durch Unterhaltstitel oder durch Vereinbarung festgelegten Betrag (§ 6 Abs 1 Nr 2 BErzGG aF).
Wie Beklagter und Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, ist hier das in 1998 als dem maßgeblichen Jahr nach der Geburt des Kindes N von S bezogene Einkommen zu berücksichtigen, gemindert um die Abzüge für Werbungskosten (§ 6 Abs 1 BErzGG aF iVm § 2 Abs 2 EStG), die Pauschale von 22 % (§ 6 Abs 1 Nr 1 BErzGG aF) und den an die bei seiner geschiedenen Ehefrau lebenden Töchter aus erster Ehe gezahlten monatlichen Unterhalt von DM 706,00. Abzugsfähig ist allein der tatsächlich geleistete Unterhalt, nicht aber auch der auf den Ehemann entfallende hälftige Anteil des Kindergeldes, der an dessen vorrangig berechtigte geschiedene Ehefrau ausgezahlt wird. Mithin sind nicht weitere DM 220,00/Monat abzusetzen.
Der Begriff der Unterhaltsleistung an Kinder wird im BErzGG nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Mit der Wendung "bis zu dem durch Unterhaltstitel oder durch Vereinbarung festgelegten Betrag" weist das Gesetz indessen auf das bürgerlich-rechtliche Unterhaltsrecht hin (vgl so bereits zu § 11 Abs 2 Nr 3 BKGG aF: BSG SozR 5870 § 3 Nr 3, 6; an jene Bestimmung ist § 6 Abs 1 Nr 2 BErzGG wiederum angelehnt, vgl BT-Drucks 10/3792 S 17; zur Beschränkung auf den nach der Lebensstellung des Bedürftigen beschränkten angemessenen Unterhalt: BSG SozR 5870 § 11 Nr 2). Der in § 1612b Abs 1 BGB geregelte Anrechnungsvorgang für das Kindergeld ist entgegen dem Begehren der Klägerin nicht einer Unterhaltsleistung iS von § 6 Abs 1 Nr 2 BErzGG aF gleichzustellen.
Nach § 1612b Abs 1 BGB ist das auf das Kind entfallende Kindergeld - auf den durch Entrichtung einer Geldrente gemäß § 1612 Abs 1 BGB geschuldeten Kindesunterhalt - zur Hälfte anzurechnen, wenn - wie hier - an den barunterhaltspflichtigen Elternteil Kindergeld nicht ausgezahlt wird, weil ein anderer vorrangig berechtigt ist. Dieser bei Trennung der Eltern eingreifenden Anrechungsregelung liegt kindergeldrechtlich die Situation zu Grunde, dass die (beiden Elternteilen zustehende) Kindergeldberechtigung (§ 62 Abs 1, § 63 Abs 1 EStG) und die Auszahlungsberechtigung auseinander fallen. Nach dem Grundsatz des § 64 EStG wird für jedes Kind immer nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt; bei mehreren Berechtigten erfolgt die Zahlung an denjenigen, der das Kind in seinem Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs 2 Satz 1 EStG, "Obhutsprinzip"). Da das Kindergeld entsprechend seinem gesetzlichen Ziel teilweise den Unterhaltsaufwand - gleichermaßen in bar und in Naturalien - für die Kinder substituiert (vgl zur Entlastungsfunktion statt vieler: BGH FamRZ 1997, 806, 809 mwN), sind nur die Erziehungspersonen kindergeldberechtigt. Die Kinder selbst - von den Fällen der Verletzung der Unterhaltspflicht iS des § 74 EStG abgesehen - haben keinen Anspruch auf Kindergeld und sind damit auf ihre bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsansprüche verwiesen; es mag dann von den Erziehungspersonen erwartet werden können, diese Leistung den Kindern zugute kommen zu lassen (vgl BSGE 29, 1 = SozR Nr 3 zu § 12 BKGG vom 14. April 1964; dazu auch § 16 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz). Dies gilt in Fällen wie hier für das Verhältnis zwischen der geschiedenen Ehefrau des S und deren Töchtern; nach der Anrechung des Halbanteils haben die Töchter gegen S insoweit aber keinen Unterhaltsanspruch.
Schon der Wortlaut des § 1612b Abs 1 BGB lässt es fraglich erscheinen, ob er eine Unterhaltsleistung in Höhe des hälftigen Kindergeldes betrifft. An dem Vorliegen einer "Leistung" im Sinne einer bewussten und zweckgerichteten, auf Vermögensmehrung gerichteten Zuwendung (vgl BGHZ 40, 272, 277; Palandt/Sprau, BGB § 812 RdNr 3 mwN) ergeben sich insofern Zweifel, als es sich dabei um einen gesetzlich angeordneten Vorgang handelt, der nicht auf einer willentlichen Disposition der Beteiligen beruht. Zudem ist nicht klar, ob die in § 1612b Abs 1 BGB vorgesehene Anrechnung eher einer (teilweisen) Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung des S (vgl dazu Benkelberg, FuR 1999, 457, 458) oder einer Kürzung der Barunterhaltsansprüche der Töchter entspricht (Argument aus § 1612b Abs 2 BGB, der <spiegelbildlich> eine "Erhöhung" des Unterhaltsanspruchs gegen den Kindergeldempfänger vorsieht). Letztlich handelt es sich um eine eigenständige gesetzliche Regelung, die im Ergebnis sowohl zum Erlöschen eines die hälftige Kindergeldberechtigung betreffenden Ausgleichsanspruchs des S gegen seine frühere Ehefrau als auch zu einem entsprechenden Wegfall der Unterhaltsansprüche der Töchter gegen ihn führt (vgl dazu Scheiwe, ZfJ 1999, 423 f; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 5. Aufl 2000, RdNr 501, 539): Da S nur eine hälftige Anspruchsberechtigung auf Kindergeld für die Töchter aus erster Ehe, aber keinen Auszahlungsanspruch hat, entsteht ihm ein Anspruch auf Unterhaltsausgleich gegen die geschiedene Ehefrau, die das gesamte Kindergeld, also neben ihrem eigenen hälftigen Kindergeldanspruch auch den hälftigen Anteil ihres geschiedenen Ehegatten ausgezahlt erhält (vgl zum Ausgleichsanspruch BGHZ 70, 151, 154; BGH FamRZ 1988, 607, 609; "Unterfall des sog familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs": BGH FamRZ 1988, 834 mwN; BGHZ 150, 12). Dieser mit der Auszahlung des Kindergeldes an die geschiedene Ehefrau entstehende Ausgleichsanspruch wird nun kraft Gesetzes durch die Anrechnungsregelung des § 1612b Abs 1 BGB abgegolten und damit zum Erlöschen gebracht. Gleichzeitig wird dadurch auch das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen S und den unterhaltsberechtigten Töchtern gesetzlich in einer Weise überlagert und geprägt, dass S über seine hälftige Kindergeldberechtigung praktisch nicht frei zu Gunsten seiner Tochter verfügen kann.
Entscheidend spricht der systematische Zusammenhang zwischen dem hier einschlägigen § 6 Abs 1 Nr 2 BErzGG aF und § 5 Abs 2 Satz 3 BErzGG aF gegen die Berücksichtigung des hälftigen Kindergeldanspruchs als abzugsfähige Unterhaltsleistung. Beide Vorschriften betreffen den Unterhaltsaufwand für Kinder. Während § 5 Abs 2 Satz 3 BErzGG aF voraussetzt, dass der Berechtigte für das Kind selbst Kindergeld bezieht, knüpft § 6 Abs 1 Nr 2 BErzGG aF gerade an ein Fehlen solcher Zahlungen an. Da diese Regelungen bei vergleichbar hohen Einkommen in gleicher Weise eine Verringerung des anrechenbaren Betrages bewirken, erscheint insoweit auch eine gleichsinnige Behandlung des Kindergeldes geboten.
§ 5 Abs 2 Satz 3 BErzGG aF erhöht die allgemeine Einkommensgrenze für ein (kindergeldrelevantes) Kind im gemeinsamen Haushalt um einen Betrag von DM 4.200,00. Dieser ist als pauschale Abgeltung der Mehrbelastung des Familienetats durch ein Kind vergleichbar mit dem monatlichen Kindesunterhalt in der untersten Gruppe 1 von DM 349,00 für ein Kind bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres bei einem Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten bis DM 2.400,00/Monat, wie er sich nach den einschlägigen Unterhaltstabellen ergibt (vgl Düsseldorfer Tabelle Stand 1. Januar 1996, FamRZ 1995, 1323). Die relativ geringe, nicht am tatsächlich notwendigen Unterhaltsaufwand orientierte Höhe des Kinderfreibetrages ist nur verständlich vor dem Hintergrund, dass erst die Hinzurechnung der individuellen Kindergeldzahlung zu einer angemessenen - mit den Absetzungen für Werbungskosten und Rentenversicherungsbeiträge vergleichbaren - Berücksichtigung der Unterhaltslast für das Kind führt. Hieran zeigt sich, dass das gezahlte Kindergeld im Rahmen des § 5 Abs 2 Satz 3 BErzGG aF zwar konzeptionell berücksichtigt ist, jedoch nicht durch entsprechende Erhöhung des Kinderfreibetrages zu einer zusätzlichen Verringerung des anrechenbaren Einkommens führt.
Wenn demnach das dem Berechtigten (oder seinem Ehegatten) tatsächlich gezahlte Kindergeld bei der Einkommensanrechnung (gemäß § 5 Abs 2 Satz 3 BErzGG aF) außer Betracht bleibt, muss dies ebenso im Falle der Barunterhaltsleistung an ein Kind gelten, für das eine andere Person Kindergeld bezieht. Daraus folgt, dass der in § 1612b Abs 1 BGB geregelte Anrechnungsvorgang es nicht rechtfertigt, die nach § 6 Abs 1 Nr 2 BErzGG aF berücksichtigungsfähige Unterhaltsleistung des S um die ihm für die Töchter zustehenden hälftigen Kindergeldanteile zu erhöhen. In Bezug auf das BErzg zeigt sich damit, dass die mit dem Kindergeld bezweckte Entlastung grundsätzlich sachgerecht und gleichwertig gegenüber den zu erhöhtem Einkommensgrenzbetrag und Unterhaltsabzug berechtigten Personengruppen ausgestaltet ist.
Letztlich begehrt die Klägerin eine Übertragung des im Kindergeldrecht verwirklichten Gedankens der Freistellung des Existenzminimums von der Einkommensteuer auf das BErzGG in der Weise, dass hier ein entsprechender Betrag vom anrechenbaren Einkommen freizustellen sei. Diesem Begehren ist entgegenzuhalten, dass es eine solche Verpflichtung des Gesetzgebers nicht gibt, dieser vielmehr in Ausübung seines Gestaltungsermessens grundsätzlich frei darin ist, welches Einkommen er bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Berechtigten berücksichtigen will (zum Ausschluss einer Kumulation von Begünstigungen vgl bereits die Senatsurteile SozR 3-5868 § 32 Nr 1 S 1, 8, und Nr 10 S 58, 65). Die verfassungsrechtlich gebotene steuerrechtliche Freistellung des Existenzminimums der Kinder wird bereits durch die entsprechenden Bestimmungen des Steuerrechts bewirkt; diese Entlastung wird auch nicht durch die hier in Rede stehende Einkommensanrechnung beim BErzg in Frage gestellt. Das BErzg fließt nicht in die Existenzsicherung des Kindes ein, sondern dient der Anerkennung der Erziehungsleistung und fördert die Erziehung von Kindern, insbesondere indem es die vorübergehende Aufgabe einer Erwerbstätigkeit unterstützt; es ist indessen bereits geklärt, dass hierbei die Leistungsfähigkeit der Familie in Rechnung gestellt werden darf (vgl BSG SozR 3-7833 § 6 Nr 16).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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