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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 24.06.1999
Aktenzeichen: B 11 AL 1/99 R
Rechtsgebiete: AFG, BGB


Vorschriften:

AFG §§ 74 ff
AFG §§ 87 ff
BGB § 323
BGB § 615
BGB § 616
Die Gewährung von Schlechtwettergeld für witterungsbedingten Arbeitsausfall setzt voraus, daß bereits mit den Bau auf einer Baustelle begonnen wurde. Daran fehlt es, wenn geprüft wird, ob mit dem Bauen begonnen werden kann.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 24. Juni 1999

in dem Rechtsstreit

Az: B 11 AL 1/99 R

Klägerin und Revisionsklägerin,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsbeklagte,

beigeladen:

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 1999 durch den Vorsitzenden Richter Sattler, die Richter Lüdtke und Voelzke, den ehrenamtlichen Richter Günther und die ehrenamtliche Richterin Haase

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft Ansprüche auf Schlechtwettergeld (SWG) für die Zeit vom 9. Januar bis 10. März 1995.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das Spezialbauarbeiten wie Straßen- und Flughafenoberflächenbehandlungen und -markierungen sowie ua Fugenarbeiten ausführt. Sie erhielt im Dezember 1994 von der Firma H. S. den Auftrag, im Tanklager A. Fugenabdichtungen zwischen neu verlegten Bordsteinen mit einer öl- und treibstoffresistenten Fugenvergußmasse vorzunehmen. Die Arbeiten sollten - abhängig von der Witterung - in der zweiten Kalenderwoche 1995 beginnen. Die von der Klägerin hierfür vorgesehene Mitarbeiterkolonne hatte ihre Tätigkeit auf der vorhergehenden Baustelle in der Woche vor Weihnachten 1994 beendet.

Bis zum 22. Dezember 1994 waren etwa 400 Meter von insgesamt 1000 Metern neue Bordsteine gesetzt, danach wurden im streitbefangenen Zeitraum nur noch Rohrverlegearbeiten ausgeführt. Am 9. Januar 1995 fuhren drei Mitarbeiter der Klägerin zum Bauvorhaben und legten in einem Teilbereich durch Entfernung der Styropor-Einlagen die Fugen zwischen den Bordsteinen frei. Die Prüfung ergab, daß die Fugen naß waren und ein Beginn der Vergußarbeiten nicht möglich war.

Die Klägerin zeigte dem Arbeitsamt (ArbA) Bonn beginnend ab 2. Januar 1995 bis einschließlich 13. März 1995 fortlaufend witterungsbedingten Arbeitsausfall hinsichtlich der Baustelle T. -A. Tanklager an. Das ArbA entschied mit Bescheid vom 4. April 1995 (Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 1995), daß den Anzeigen über witterungsbedingte Arbeitsausfälle im Bereich des Tanklagers Altenrath nicht entsprochen werden könne: Der Begriff "Fortführung der Bauarbeiten" setze voraus, daß der witterungsbedingten Arbeitsausfall anzeigende Betrieb bereits mit der Arbeit auf der konkreten Baustelle begonnen haben müsse. Die Klägerin habe bis zur 16. Kalenderwoche im Bereich des Tanklagers Altenrath keine eigene Baustelle eingerichtet, auf der sie ihre Arbeit hätte fortführen können. Allein durch das Vorhandensein einer festen Betriebsstätte in P. könne ein Beginn der Arbeiten auf einer konkreten Baustelle nicht nachgewiesen werden.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteile vom 13. Februar 1997 und 30. Oktober 1998). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, eine Fortführung der Bauarbeiten iS des § 84 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) setze voraus, daß die Bauarbeiten zumindest in den ersten Schritten auf einer konkreten Baustelle begonnen und nicht im Planungsstadium steckengeblieben seien. Dies setze weiterhin voraus, daß die Baustelle schon weitgehend eingerichtet und alle sonstigen technischen und organisatorischen Vorkehrungen für die Aufnahme der Arbeit abgeschlossen worden seien. Zwar könne bei der Eigenart des klägerischen Unternehmens grundsätzlich eine "Einrichtung" einer Baustelle nicht verlangt werden, denn sämtliche für die von ihr durchzuführenden Arbeiten erforderlichen Betriebsmittel seien Bestandteil eines Lastkraftwagens, der lediglich zur Baustelle gefahren werden müsse. Jedoch sei für ein derartiges Unternehmen zu fordern, daß bereits mit Arbeiten begonnen worden sei, die in ihrem Gewicht der Einrichtung einer Baustelle im herkömmlichen Verständnis in etwa gleichkomme. Eine in diesem Sinne erhebliche Arbeit könne - wie die Beweisaufnahme ergeben habe - nicht festgestellt werden. Da die Berufung bereits mangels Arbeitsbeginns keinen Erfolg habe, bedürfe es keiner Entscheidung, ob der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht worden sei.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 74 ff AFG im Zusammenhang mit den §§ 323, 615, 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und § 4 Nr 1 Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe. Das Berufungsgericht habe ein neues, im Gesetz nicht enthaltenes Tatbestandsmerkmal erfunden, nämlich den des Beginns der Bauarbeiten. Das angefochtene Urteil habe das Ausfallprinzip verkannt. Die Arbeiter hätten die konkrete Arbeit des Fugenvergießens allein deshalb nicht ausführen können, weil die Fuge zu naß gewesen sei. Die Schlußfolgerung aus dem Wort "Fortführung" zur Voraussetzung eines "Beginns" der Bauarbeiten müsse im Zusammenhang des Gesetzes gesehen, gewertet und angewendet werden. § 84 AFG habe die Gesetzesüberschrift "Betriebliche Voraussetzungen". Die Fortführung der Bauarbeiten in diesem Zusammenhang bedeute danach die ständige Fortsetzung der betriebsindividuellen Arbeiten. Soweit in Rechtsprechung und Literatur aus dem erstmals in den §§ 87 ff AFG vorkommenden Begriff der Baustelle im Wege des Rückbezugs gefolgert werde, die Fortführung der Bauarbeiten habe sich auf die Baustelle zu beziehen, sei dieser Bezug unzulässig. Hierbei handele es sich um rein verwaltungstechnische Vorschriften zur Festlegung des örtlichen ArbA. Auch aus dem Wortlaut des § 88 Abs 3 AFG, wonach während der Schlechtwetterzeit für jeden Arbeitstag Aufzeichnungen über die auf der Baustelle geleisteten Arbeitsstunden zu führen seien, folge nicht das Tatbestandsmerkmal des Beginns von Bauarbeiten. Die SWG-Regelung diene dem Schutz der Arbeitnehmer, dem Erhalt und der Verbesserung des Beschäftigungsstandes und müsse dem Normzweck entsprechend angewendet und nötigenfalls ausgelegt werden.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. Oktober 1998 und des Sozialgerichts Wiesbaden vom 17. Februar 1997 und den Bescheid vom 4. April 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 9. Januar 1995 bis zum 30. März 1995 Schlechtwettergeld in Höhe von DM 7.515,41 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, allein aus der gesetzlichen Konkretisierung des Begriffs der zwingenden Witterungsgründe gehe schon hervor, daß nur Arbeitsausfälle aus zwingenden Witterungsgründen nach Beginn der Bauarbeiten rechtserheblich sein könnten, bzw die Beurteilung der technischen Möglichkeiten und der Zumutbarkeit der Fortsetzung der Arbeiten für die Arbeitnehmer auf die Verhältnisse auf der konkreten Baustelle bezogen sein müßten.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

Die Klage ist zulässig, was auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist. Die Unzulässigkeit der Klage ist ein Mangel im Verfahren, der in die Revisionsinstanz fortwirkt. Die verfahrensrechtliche Grundlage für eine Entscheidung in der Sache und damit eine unverzichtbare Prozeßvoraussetzung wäre nicht vorhanden (BSG SozR 1500 § 87 Nr 6).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 4. April 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 1995. Der Verfügungssatz dieses Bescheides ging dahin, daß den "Anzeigen über witterungsbedingte Arbeitsausfälle im Bereich des Tanklagers A. " nicht entsprochen werden könne. Die Befugnis des ArbA, in dessen Bezirk die Baustelle liegt, zum Erlaß einer Entscheidung über eine Voraussetzung des Anspruchs auf SWG erklärt sich aus dem für die Gewährung von SWG vorgesehenen zweistufigen Verwaltungsverfahren. Als Reaktion auf die nach § 88 Abs 1 AFG (in der bis zum Zweiten Gesetz zur Änderung des AFG im Bereich des Baugewerbes vom 15. Dezember 1995, BGBl I 1809, geltenden Fassung) bei dem ArbA, in dessen Bezirk die Baustelle liegt, zu erstattende schriftliche Anzeige der Arbeitsausfälle iS des § 84 Abs 1 AFG sieht § 16 der Anordnung über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft (vom 4. Juli 1972, ANBA 1972, 511, zuletzt geändert durch die 4. Änderungs-Anordnung vom 6. Juli 1988, ANBA 1988, 1367) unter der Überschrift "Bekanntgabe der Entscheidung" vor, daß dem Anzeigenden auf Verlangen mitzuteilen ist, ob und für welche Arbeiten das Vorliegen der Voraussetzungen des § 84 Abs 1 Nr 1 AFG anerkannt wird. Hiermit wird praktischen Bedürfnissen folgend dem für die Entgegennahme der Anzeige zuständigen ArbA ersichtlich die Befugnis eingeräumt, zeitnah eine verbindliche Entscheidung über die Frage zu treffen, ob der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht ist. Liegen die Voraussetzungen des § 84 Abs 1 Nr 1 AFG vor, ist diese Entscheidung eine Teilentscheidung über die Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer auf SWG. Werden wie hier die Voraussetzungen dagegen verneint, liegt eine Endentscheidung über das SWG vor.

Obwohl grundsätzlich die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die richtige Klageart ist, wenn lediglich die Anerkennung der Voraussetzungen eines Anspruchs erstrebt wird, war hier gleichwohl die verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) von Anfang an die allein zulässige Klageart, so daß die Klägerin ihren Antrag in der Revisionsinstanz zu Recht beschränkt hat. Dies folgt, wenn nicht schon mit Rücksicht auf die das SWG ablehnende Endentscheidung, jedenfalls daraus, daß die Klägerin schon mit dem Widerspruch einen wirksamen Leistungsantrag nach § 88 Abs 2 AFG gestellt hat, so daß sie Rechtsansprüche auf SWG ihrer Arbeitnehmer erheben konnte, sofern die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorlagen. Denn die erforderliche Antragstellung auf SWG ist jedenfalls in dem Widerspruch gegen den "negativen Anerkennungsbescheid" zu erblicken. Der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat bereits für das ebenfalls zweigestufte Verfahren beim Kurzarbeitergeld (Urteil vom 17. Mai 1983 - 7 RAr 13/82 - insoweit in SozR 4100 § 63 Nr 2 nicht abgedruckt; BSGE 65, 238, 240 = SozR 4100 § 72 Nr 11) und beim Mehrkostenzuschuß (BSGE 65, 272, 274 = SozR 4100 § 78 Nr 8) entschieden, daß dem vom Arbeitgeber eingelegten Rechtsbehelf gleichzeitig die konkrete Erklärung zu entnehmen sei, daß er die von der Entscheidung über den Verwaltungsakt abhängige Leistung begehrt. Etwas anderes kann - wofür hier keine Anhaltspunkte vorliegen - nur dann gelten, wenn der Erklärung und dem Verhalten des Arbeitgebers eindeutig zu entnehmen ist, er wolle allein den negativen Anerkennungsbescheid anfechten.

In der Sache hat das LSG zu Recht angenommen, daß die Voraussetzungen für einen Anspruch auf SWG nicht vorliegen. SWG wird - unter weiteren hier nicht zu erörternden Voraussetzungen - gewährt, wenn der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht ist (§ 84 Abs 1 Nr 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 14. Dezember 1987, BGBl I 2602). Nach § 84 Abs 2 Satz 1 AFG liegen zwingende Witterungsgründe iS des Abs 1 Nr 1 nur vor, wenn atmosphärische Einwirkungen (insbesondere Regen, Schnee, Frost) oder deren Folgewirkungen so stark oder so nachhaltig sind, daß trotz der in der Vorschrift aufgeführten Schutzvorkehrungen die Fortführung der Bauarbeiten technisch unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar ist oder den Arbeitnehmern nicht zugemutet werden kann.

Das BSG hat bereits zur Vorläuferregelung in § 143e des Gesetzes über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) entschieden, daß daraus, daß nicht etwa nur von der "Durch- oder Ausführung", sondern speziell von der Fortführung der Arbeit gesprochen werde, was denknotwendig deren Beginn voraussetze, sich ergebe, daß ein Arbeitsausfall nur vorliege, wenn bereits begonnene Arbeiten unmöglich würden. Habe ein Betrieb noch nicht einmal mit der Durchführung seiner Arbeit begonnen, könne er demnach nicht an ihrer Fortführung gehindert werden, so liege kein Arbeitsausfall iS der Vorschrift vor (BSGE 24, 58, 59; vgl auch BSGE 28, 153, 154). Die in § 143e AVAVG getroffene Regelung wurde zunächst in § 75 AFG, seit dem Zweiten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des AFG vom 19. Mai 1972 (BGBl I 791) in § 84 AFG ohne inhaltliche Änderungen fortgeführt (seit 1. Januar 1996: § 82 AFG; seit 1. Januar 1998: § 211 Abs 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch <SGB III>). Die Rechtsprechung des BSG zum Erfordernis des Beginns der Bauarbeiten auf einer konkreten Baustelle hat auch im Schrifttum ungeteilte Zustimmung gefunden (Gagel/Bieback, AFG, § 84 RdNr 5; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, AFG, § 82 RdNr 6; Niesel/Röder, SGB III, § 211 RdNr 19; Mutschler in: Wissing/Pitschas/Eicher, SGB III, § 211 RdNr 55).

Es ist daran festzuhalten, daß witterungsbedingter Arbeitsausfall nur vorliegt, wenn die jeweiligen Bauarbeiten auf einer bestimmten Baustelle bereits begonnen wurden und nicht in der Planungsphase steckengeblieben sind. Dies setzt bereits die Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen für das SWG ersichtlich voraus; denn ob der Arbeitsausfall (zB anhand erforderlicher Schutzvorkehrungen) vermeidbar ist, läßt sich nur prüfen, wenn auf Arbeiten an einer konkreten Baustelle abgestellt werden kann. Es muß daher eine Baustelle eingerichtet worden sein oder zumindest erste Arbeiten dort begonnen haben.

Auf dem Erfordernis eines Beginns von Bauarbeiten beruht im übrigen auch die weitergehende Rechtsprechung des BSG, die für den Anspruch auf SWG verlangt, daß die Tätigkeit auf der Baustelle und dem jeweiligen Arbeitsplatz direkt und unmittelbar betroffen ist (BSG SozR 4670 § 2 Nr 2; SozR 4100 § 84 Nr 10; zustimmend zB Gagel/Bieback, AFG, § 84 RdNr 9). Diese Rechtsprechung wird wiederum durch die verfahrensmäßige Ausgestaltung der SWG-Regelungen gestützt, die hinsichtlich der Anzeige des Arbeitsausfalls auf die Bezeichnung einer konkreten Baustelle abstellen (vgl BSG SozR 4100 § 84 Nr 8). Schließlich läßt sich der Umfang des durch die zwingenden Witterungsgründe verursachten Arbeitsausfalls nur feststellen (zu dieser Kausalitätsbeurteilung vgl BSG SozR 3-4100 § 84 Nr 1), wenn entsprechende Arbeitsplätze bei einem bestimmten Bauvorhaben eingerichtet worden sind. Die gesamte Ausgestaltung der SWG-Regelungen belegt mithin, daß entgegen der Auffassung der Klägerin die Aufnahme und Fortführung von Bauarbeiten in einem Gesamtbetrieb nicht ausreicht, sondern der Beginn einer bestimmten Baumaßnahme zu fordern ist.

Dem LSG ist auch darin zuzustimmen, daß die vor Ort vorgenommene Prüfung, ob witterungsbedingte Umstände einer Aufnahme bestimmter Bauarbeiten entgegenstehen, noch nicht als Aufnahme der Bautätigkeit selbst angesehen werden kann. Allerdings hat das BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung zu erkennen gegeben, daß an den erforderlichen Beginn der Arbeiten nicht zu hohe Anforderungen zu stellen sind, und ausgeführt, daß "es bei einer lebensnahen, funktionsgerechten Betrachtungsweise nicht ausgeschlossen" erscheine, den Beginn der Arbeiten schon dann anzunehmen, "wenn der Betrieb alle technischen und organisatorischen Vorbereitungen - zB Lagern des Materials und der Maschinen, Aufstellen des Baustellenwagens, Einteilung der Arbeitnehmer auf feste Arbeitsplätze an der Baustelle - zu einer unmittelbar anschließenden Ausführung seiner Arbeiten auf der Baustelle getroffen" habe (BSGE 24, 58, 60 f). Diesem weiten Verständnis des "Beginns der Bauarbeiten" dürfte zuzustimmen sein, denn auch die geschilderten Vorbereitungshandlungen dienen bereits dem Ziel einer Verwirklichung des konkreten Bauvorhabens. Sie erlauben es zudem, den Umfang des witterungsbedingten Arbeitsausfalls festzustellen.

Demgegenüber kann die hier ausgeübte Prüftätigkeit noch nicht als Beginn der Arbeiten auf der Baustelle gewertet werden. Denn allein durch die Prüfung, ob in Zukunft mit dem Bauen (hier: Verfugen) begonnen werden kann, werden noch keine Arbeitsplätze eingerichtet, so daß auf einer derartigen Grundlage ein witterungsbedingter Arbeitsausfall weder dem Grunde noch seinem Umfang nach festgestellt werden kann. Erst die von einem Arbeitnehmer auf einer Baustelle begonnenen Arbeiten, deren Fortführung ausschließlich aus zwingenden Witterungsgründen unmöglich oder unzumutbar wird, erlauben eine Beurteilung der von den SWG-Regelungen vorausgesetzten unmittelbaren Ursächlichkeit zwischen Witterungsgründen und Arbeitsausfall. Hingegen ist die Prüftätigkeit mit dem Ergebnis, das Bauen sei unmöglich, damit bereits abgeschlossen. Keiner Vertiefung bedarf unter diesen Umständen die Frage, ob der "Beginn eines Bauvorhabens" in jedem Fall bereits die "Einrichtung einer Baustelle" durch Vorhaltung von Werkzeugen und Baustoffen voraussetzt (vgl zur Lagerung von Schutzvorkehrungen auf einem entfernten Bauhof BSG SozR 4100 § 78 Nr 7). Die bloße Absicht, erst bei Entfallen der Witterungsgründe mit konkreten und zielgerichteten Arbeiten am eigentlichen Bauvorhaben zu beginnen, genügt jedenfalls nicht.

Da die Entscheidung des LSG nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht, ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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