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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 03.05.2001
Aktenzeichen: B 11 AL 47/00 R
Rechtsgebiete: AFG, SGG, GG


Vorschriften:

AFG § 128 Abs 1 Satz 2
AFG § 128 Abs 2 Nr 2
SGG § 62
SGG § 128 Abs 2
SGG § 103
SGG § 106
GG Art 103
GG Art 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 11 AL 47/00 R

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 3. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Sattler, die Richter Lüdtke und Voelzke, die ehrenamtlichen Richter Zähringer und Günther

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 2. März 2000 - L 10 AL 194/97 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) nebst Beiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Der Klägerin obliegt als einer vom Land Berlin am 1. Januar 1994 errichteten rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts die Durchführung von öffentlichem Personennahverkehr unter Berücksichtigung sozialer, umwelt- und strukturpolitischer Grundsätze. Sie baut seit 1994 umfangreich Personal ab.

Die Klägerin bzw ihre Rechtsvorgängerin beschäftigte seit 1971 die am 16. September 1937 geborene A S (S) zuletzt als Betriebshofleiter-Vertreterin. Die zu diesem Zeitpunkt seitens des Arbeitgebers nicht ordentlich kündbare S schied aufgrund eines Auflösungsvertrages vom 27. Juni 1995 zum 30. September 1995 aus dem Arbeitsverhältnis aus. S erhielt eine einmalige Abfindung in Höhe von 10.000 DM. Außerdem erhielt sie vom Arbeitgeber für die Zeit vom 1. Oktober 1995 bis zum 31. Januar 1996 ein tarifliches Übergangsgeld in Höhe von insgesamt 18.136,80 DM brutto sowie für die Zeit vom 1. Februar 1996 bis zum 30. September 1997 monatlich 1.195,38 DM. Auf ihren Antrag bewilligte die Beklagte S unter Berücksichtigung einer Sperrzeit Alg ab 24. Dezember 1995 in Höhe von 404,20 DM wöchentlich (ab 1. Januar 1996: 402 DM; ab 1. Oktober 1996: 412,20 DM; ab 1. Januar 1997: 403,80 DM). Seit dem 1. Oktober 1997 bezieht S eine Altersrente für Frauen.

Im Rahmen einer Anhörung zur Erstattungspflicht teilte die Klägerin mit, aus gegenwärtiger Sicht seien Befreiungstatbestände "nach § 118 Abs 1 Satz 1 Nr 2 bis 4 AFG sowie nach § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 1 bis 7 AFG" nicht gegeben; wegen ihrer wirtschaftlichen Situation sei beabsichtigt, "den Wegfall der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG zu beantragen". Die Beklagte stellte zunächst mit "Grundlagenbescheid" vom 17. Mai 1996 die Verpflichtung der Klägerin fest, das S gezahlte Alg vom 24. Dezember 1995 an zu erstatten und errechnete mit Bescheid vom gleichen Tag einen Erstattungsbetrag für die Zeit vom 24. Dezember 1995 bis zum 30. April 1996 in Höhe von 13.253,04 DM. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 1996 zurück. Während des Klagverfahrens ergingen weitere Abrechnungsbescheide.

Während des Berufungsverfahrens fragte die Beklagte bei S an, ob sie dem Grunde nach Anspruch auf eine andere Sozialleistung gehabt habe. S antwortete auf dieses Schreiben nicht. Die Beklagte hörte die Klägerin zu der beabsichtigten Erstattungsforderung an und verpflichtete die Klägerin mit einem neuen Erstattungsbescheid vom 20. Juli 1998 zur Erstattung von insgesamt 68.774,92 DM. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte im Hinblick auf die gezahlte Abfindung mit Bescheid vom 4. Januar 2000 den Erstattungsbescheid in der Weise geändert, daß die Klägerin für die Zeit vom 3. Januar 1996 bis zum 30. September 1997 nur noch einen Betrag in Höhe von 67.823,08 DM zu erstatten habe.

Die Klägerin hat im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens zur Darlegung der Unzumutbarkeit der Erstattung Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (WIBERA) Wirtschaftsberatung AG über die wirtschaftliche Lage der Klägerin in den Geschäftsjahren ab 1994 vorgelegt. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19. August 1997 die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zur Frage der Höhe der Gesamterstattungsforderung, der Gefährdung weiterer Arbeitsplätze sowie zum Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Land Berlin Beweisanträge gestellt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 2. März 2000). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Der Hinweis der Klägerin auf erhebliche Krankheitszeiten der S in den letzten Jahren vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sowie auf gesundheitliche Einschränkungen reiche weder aus, einen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu begründen, noch gebe er Veranlassung zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Denn der Auflösungsvertrag sei nicht aus in der Person der S liegenden gesundheitlichen Gründen, sondern im Hinblick auf dringende betriebliche Erfordernisse geschlossen worden. Ferner habe S im Alg-Antrag eine krankheits- oder gesundheitsbedingte Einschränkung ihrer Verfügbarkeit verneint und sei auch später - auf ausdrückliches nochmaliges Befragen der Beklagten - von diesen Angaben nicht abgerückt. Schließlich habe die letzte Krankmeldung am 10. August 1995 geendet und damit in den letzten Wochen des Arbeitsverhältnisses Arbeitsfähigkeit bestanden. Die Erstattungspflicht entfalle auch nicht nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG. Die Klägerin habe zwar eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorgelegt, jedoch folge daraus weder die Gefährdung ihres Fortbestandes noch verbleibender Arbeitsplätze nach Durchführung des Personalabbaus. Die Existenzfrage der Klägerin bzw ihres Personals sei sowohl betriebsgeschichtlich als auch von der Verantwortung des Landes her ein Politikum hohen Ranges. Von daher sei es denkbar unwahrscheinlich, daß das Land Berlin wegen auf etwaige Erstattungsforderungen zurückzuführender Wettbewerbsnachteile auf eine Stillegung der Klägerin hinwirken und das Landesparlament letztlich eine entsprechende Änderung des Berliner Betriebegesetzes (BerlBG) beschließen könnte. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt und nachgewiesen, daß durch die Erstattung die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären. Gefährdung der verbleibenden Arbeitsplätze bedeute entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, daß alle verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet sein müßten. Es genüge vielmehr die Gefährdung weiterer Arbeitsplätze in einem die Stabilität des Unternehmens gefährdenden Umfang. Selbst wenn die Klägerin insoweit Hinreichendes vorgetragen und unter Beweis gestellt hätte, so fehle es doch an der Ursächlichkeit der Erstattungspflicht für die Gefährdung. Die Regelungen des BerlBG machten deutlich, daß "das letzte Wort" in allen für die Klägerin wichtigen Fragen das Land Berlin habe. Dies folge aus der starken Präsenz von Mitgliedern des Berliner Senats in den Gremien der Klägerin. Von daher erscheine es schon zweifelhaft, inwieweit das Land Berlin einem beschleunigten Personalabbau zugestimmt hätte. Doch selbst wenn von der Durchsetzbarkeit des weiteren Personalabbaus ausgegangen werden könnte, so dürfte sich dieser nicht wesentlich als Folge der Erstattungspflicht der Klägerin, sondern als Folge einer politischen Entscheidung des Landes Berlin darstellen. An einer ursächlich durch die Erstattung herbeigeführten Gefährdung weiterer Arbeitsplätze fehle es jedenfalls deshalb, weil das Land für die Kosten der Erstattung einzustehen habe. Insbesondere gewähre es Ausgleich, soweit die Klägerin zur Erfüllung ihrer Aufgaben aus eigener Kraft nicht in der Lage sei (§ 4 Abs 2 BerlBG). Der Personalüberhang stamme noch aus der Zeit, als die Klägerin Eigenbetrieb des Landes Berlin gewesen sei. Die "Ausgliederung" der Klägerin ohne gleichzeitige Verpflichtung des Landes Berlin, Mindestvoraussetzungen für deren Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen, sei ein Widerspruch in sich und könne deshalb nicht gewollt sein. Durch den Unternehmensvertrag zwischen dem Land Berlin und der Klägerin vom 30. August 1995 werde die Übernahme der Kosten des Personalabbaus nicht ausgeschlossen. Ein Verbot der Übernahme der streitigen Erstattungskosten ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Es gehe nicht um die Gewährung von Beihilfen aus staatlichen Mitteln, die zur Wettbewerbsverfälschung führten. Darüber hinaus lasse sich sagen, daß das Europäische Gemeinschaftsrecht die finanzielle Verantwortung nicht nur nicht verbiete, sondern seinem Geist nach - wenn schon nicht fordere, so doch - erlaube. Die Erstattungspflicht entfalle auch nicht deshalb, weil die Klägerin ein subventioniertes Unternehmen sei. Die Entstehungsgeschichte der Jetztfassung biete keinen Anhalt für die Annahme, die Eigenschaft als subventioniertes Unternehmen begründe den Tatbestand der unzumutbaren Belastung. Die Erstattungspflicht erscheine letztlich sogar als verfassungsrechtlich geboten. Werde die Klägerin von der nach Bundesrecht bestehenden Erstattungspflicht befreit, obwohl das Land Berlin seiner Aufgabe, den öffentlichen Personennahverkehr durchzuführen, mangels Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität seiner "Erfüllungsgehilfin" nicht gerecht werde, so führe dies insoweit zu einer Finanzierung von Landesaufgaben durch den Bund. Der Bescheid sei auch hinsichtlich der Höhe der Erstattungsforderung rechtmäßig. Das S für die Zeit vom 1. Oktober 1995 bis zum 31. Januar 1996 nach § 62 Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) gewährte tarifliche Übergangsgeld unterliege im Rahmen der §§ 117, 117a AFG nicht der Anrechnung, weil es sich um einen mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits erdienten Anspruch gehandelt habe.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Nr 2 AFG, der §§ 62, 128 Abs 2, 103, 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie der Art 103 und 12 Grundgesetz (GG):

Das LSG habe die Bedeutung und die Reichweite des § 128 Abs 2 Nr 2 (1. Fall) AFG verkannt, weil es das Tatbestandsmerkmal der "unzumutbaren Belastung, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens gefährdet werde", zu eng ausgelegt habe. Die Existenzgefährdung trete nicht erst durch eine Stillegung des Unternehmens ein, sondern bereits durch den Entzug von Linienkonzessionen durch die Genehmigungsbehörde. Diese drohe, weil aufgrund der Erstattungsforderung die Gefahr bestehe, daß die bisherige Eigenwirtschaftlichkeit der Klägerin in Frage gestellt wäre und die Verkehre als gemeinwirtschaftlich eingestuft werden müßten. Aufgrund der Gesamterstattungsforderung in dreistelliger Millionenhöhe bestehe die Gefahr, daß die Klägerin im Vergabeverfahren für gemeinwirtschaftliche Betriebe nicht mehr erfolgreich teilnehmen könne. Das vorliegende Sanierungskonzept stehe nicht entgegen, denn gerade die Tatsache, daß ein Unternehmen in der Sanierungsphase sei, erlaube nur den Schluß auf die Existenzgefährdung.

Da das LSG im Ergebnis wegen der öffentlich-rechtlichen Rechtspersönlichkeit der Klägerin eine Arbeitsplatzgefährdung ablehne, benachteilige es im Ergebnis öffentlich-rechtliche Arbeitgeber gegenüber privaten Arbeitgebern, ohne daß dafür ein sachlicher Grund bestehe. Die vorgelegten Gutachten der WIBERA kämen zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß die Klägerin die Erstattung nicht aus dem Wertzuwachs des Unternehmens aufbringen könne, sondern daß die Erstattung zu Lasten ihrer Unternehmenssubstanz gehe und die finanzielle Leistungsfähigkeit bei Zahlung der Erstattungsforderung weit überschritten werde. Schon nach den Grundsätzen des § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) scheide eine Anpassung aus, wenn das Unternehmen keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erziele. Die Klägerin habe im Erstattungszeitraum sowie in den Folgejahren keine Gewinne erwirtschaftet, sondern Verluste erlitten, so daß die Erstattung zu Lasten ihrer Substanz gehe. Auf etwaige Erstattungspflichten des Landes Berlin gegenüber der Klägerin komme es nicht an. Die Klägerin sei als eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts selbst Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten. Ferner scheide im Umkehrschluß aus der zu Konzernunternehmen in § 128 Abs 5 AFG getroffenen Regelung eine Berücksichtigung etwaiger Erstattungspflichten des Landes Berlin aus, da diese Regelung aufgrund einer bewußten Einschränkung des Gesetzgebers nur für die Ermittlung der Beschäftigungszeiten gelte. Auch bei der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG komme es nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur darauf an, ob das beherrschte Unternehmen selbst eine erhöhte Belastung tragen könne. Im übrigen sei weder ein Berechnungsdurchgriff nach den Grundsätzen des § 16 BetrAVG möglich, noch bestünden die vom LSG angenommenen Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen das Land Berlin. Soweit das LSG ausführe, das Land Berlin habe Mindestvoraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Klägerin schaffen müssen, habe es nicht festgestellt, daß das Land Berlin dem nicht nachgekommen sei. Die Klägerin sei bei ihrer Gründung nicht unterkapitalisiert gewesen. Das LSG habe seine diesbezüglichen Feststellungen verfahrensfehlerhaft getroffen. Auf die Umstände bei der Gründung der Klägerin komme es aber letztlich nicht an, denn sie hätte sich auch als Eigenbetrieb auf die Unzumutbarkeit der Erstattung wegen Gefährdung verbleibender Arbeitsplätze berufen können. Angesichts seiner Auffassung habe das LSG auch die Leistungsfähigkeit des Landes Berlin ermitteln und bejahen müssen. Die vom LSG angenommene Ausgleichspflicht für die Kosten der Erstattung bestehe nicht. Das LSG habe verkannt, daß die Anstaltslast iS des § 4 Abs 2 BerlBG erst eingreife, wenn die Schulden das Vermögen der Anstalt überstiegen. Unrentabilität und fehlende Wettbewerbsfähigkeit begründeten keine Ausgleichspflicht nach dieser Vorschrift. § 4 Abs 2 BerlBG sei revisibel, denn die Vorschrift stelle eine ausdrückliche gesetzliche Normierung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes der Anstaltslast dar, der auch gewohnheitsrechtlich anerkannt sei. In anderen Bundesländern existierten inhaltlich übereinstimmende Normen; die Übereinstimmung sei bewußt und gewollt. Auch die in § 4 Abs 1 BerlBG normierte Gewährträgerhaftung des Landes Berlin für seine Anstalten stehe der Unzumutbarkeit der Erstattungspflicht nicht entgegen. Die Ausfallgarantie sichere nur das Befriedigungsinteresse der Gläubiger, nicht aber den Bestand einer konkreten Zahl von Arbeitsplätzen oder die Existenz der Anstalt selbst. Auch § 4 Abs 1 BerlBG sei jedenfalls deshalb revisibel, weil es in zahlreichen anderen Ländern inhaltsgleiche Vorschriften gebe. Schließlich würde eine Ausgleichsleistung des Landes Berlin in dem vom LSG angenommenen Umfang auch gegen das Verbot staatlicher Beihilfen in Art 87 Abs 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGVtr) verstoßen. Art 73 EGVtr lasse als Bereichsausnahme nur solche Beihilfen zu, die der Sache nach präzise errechnete Ausgleichsleistungen für den Mehraufwand bzw die Mindereinnahmen aufgrund bestimmter Verpflichtungen darstellten. Ein Ausgleich der Erstattungsforderung durch das Land Berlin wäre eine Beihilfe, für die das Durchführungsverbot gemäß Art 88 Abs 3 Satz 3 EGVtr gelte.

Entgegen der Auffassung des LSG sei eine Erstattungspflicht auch nicht wegen des grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Verbotes der Finanzierung von Landesaufgaben durch den Bund geboten. Das Verbot der Finanzierung von Aufgaben der Länder durch den Bund sei durch § 128 Abs 2 Nr 2 AFG nicht betroffen, denn die Erstattung falle nicht unter den sachlichen Anwendungsbereich des Art 104a Abs 1 GG. Gleichviel, ob die Zahlung von Alg, dessen Erstattung und damit auch die Unzumutbarkeit der Erstattung ein Privatunternehmen oder ein öffentliches Unternehmen betreffe, gehe es immer um die Aufgabenzuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und damit des Bundes. Dieses Ergebnis bestätige auch die Überlegung, daß im Falle der Anwendbarkeit des Art 104a GG auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten umgekehrt die Klägerin als Landesanstalt auch keine Beiträge an die Beklagte zahlen, zumindest aber keine Erstattungen leisten dürfe.

Die vom LSG vertretene Auffassung, die Unzumutbarkeit der Erstattung setzte einen die Stabilität des Unternehmens berührenden - nennenswerten - Umfang an gefährdeten Arbeitsplätzen voraus, treffe nicht zu. Wie dargelegt, seien infolge der Erstattungspflicht für 1662 Vorruheständler 406 Arbeitsplätze gefährdet. Das Verhältnis betrage auch über die Jahre des Erstattungszeitraums konstant rund 4:1, wie aus den Gutachten hervorgehe. Die Auslegung des LSG zwinge den Arbeitgeber dazu, eine möglichst große Anzahl von Arbeitnehmer über 56 Jahre zu entlassen, um dadurch eine erhebliche Anzahl an gefährdeten Arbeitsplätzen dartun zu können. Soweit das LSG ausführe, es erscheine zweifelhaft, inwieweit das Land Berlin einem zusätzlichen Personalabbau zugestimmt hätte bzw zustimmen würde, mache es damit unrichtigerweise zur zusätzlichen Voraussetzung, daß der Personalabbau politisch gegenüber dem Gewährträger auch durchsetzbar sei. Das Gericht habe zu dieser Frage kein rechtliches Gehör gewährt. Wäre rechtliches Gehör gewährt worden, so hätte die Klägerin vorgetragen, daß § 128 Abs 2 Nr 2 (2. Fall) AFG nicht die konkrete Darlegung verlange, welche Arbeitsplätze im einzelnen abgebaut werden sollten. Dann könne erst recht die (politische) Durchsetzbarkeit nicht Voraussetzung für die Unzumutbarkeit der Erstattung sein. Auf die starke Präsenz des Landes Berlin im Aufsichtsrat der Klägerin komme es aber auch deshalb nicht an, weil dem Land Berlin kein Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführungsorganen der Klägerin zustehe. Das LSG habe zur Durchsetzbarkeit auch keinerlei Feststellungen getroffen. Die Zweifel des LSG verstießen auch gegen Denkgesetze, denn die Klägerin habe seit dem Jahre 1994 im großem Umfang Arbeitsplätze abgebaut. Es spreche nichts für die Annahme, daß entgegen allen bisherigen Maßnahmen ausgerechnet der Abbau der genannten 705 Arbeitsplätze nicht durchsetzbar sei, zumal es sich um nicht verkehrsnotwendige Arbeitsplätze handele. Soweit das LSG schließlich der Auffassung sei, der Personalabbau sei jedenfalls die Folge einer politischen Entscheidung und nicht eine Folge der Erstattungsforderung, verstoße es gegen Denkgesetze. Es verkenne, daß durch eine Erstattungsforderung nicht automatisch Personal abgebaut werde, sondern es immer einer dazu führenden Entscheidung des Unternehmens bedürfe. Die Kausalität werde auch nicht unterbrochen, wenn es der Entscheidung Dritter - zB des Aufsichtsrats - bedürfe.

Das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit sei vom LSG auch insoweit falsch ausgelegt worden, als es angenommen habe, die Erstattungspflicht entfalle nicht schon deshalb, weil die Klägerin ein subventioniertes Unternehmen sei. Für die erste Fassung des § 128 AFG habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, daß eine in Staatseigentum befindliche Aktiengesellschaft von der Erstattungspflicht ausgenommen gewesen sei, da sie eine öffentliche Bürgschaft zur Fortführung des Betriebes erhalten habe (SozR 4100 § 128 Nr 2). Zwar sei die früher geregelte Ausnahme nicht ausdrücklich in § 128 Abs 2 Nr 2 AFG übernommen worden, jedoch sei der Ausschlußgrund in der Generalklausel enthalten. Schon aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben habe der Gesetzgeber die Härteklausel nicht enger bestimmen können als die Vorgängerregelung.

Das LSG habe unter Verletzung von Verfahrensvorschriften festgestellt, daß der Arbeitslose nicht die Voraussetzungen für eine der in § 118 Abs 1 Satz 1 Nr 2 bis 4 AFG genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfülle. Das LSG habe keinerlei Anlaß für weitere Ermittlungen gesehen, obwohl S nach dem vorliegenden Krankenblatt im Jahr 1993 108 Tage, 1994 76 Tage und im Jahr 1995 103 Tage arbeitsunfähig krank gewesen sei. Auch die Beklagte habe vor Erlaß der ursprünglichen Bescheide keine ausreichenden Ermittlungen getätigt. Aus der Natur der Ansprüche auf alternative Sozialleistungen folge, daß Änderungen nur durch zeitnahe Ermittlungen erfaßt werden könnten. Im vorliegenden Fall habe zwischen Arbeitslosmeldung und schriftlicher Befragung der Arbeitslosen ein Zeitraum von fast drei Jahren gelegen. Die hieraus erlangten Erkenntnisse hätten - wenn überhaupt - nur noch verschwindenden Aussagewert. Die Beklagte habe gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör sowie die Amtsermittlungspflicht verstoßen, da die Klägerin vor Erlaß des Ersetzungsbescheides nur ein Standardblatt zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 128 AFG erhalten habe. Die Vorgehensweise der Beklagten bei der Ermittlung anderweitiger Sozialleistungen, insbesondere die nicht zeitnahe Ermittlung, führe zu einer Beweislastumkehr zu Lasten der Klägerin und sei daher verfassungswidrig.

§ 128 AFG sei verfassungswidrig. Zwar habe der erkennende Senat die Verfassungsmäßigkeit des § 128 AFG bejaht, jedoch habe dabei weder der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. November 1998 (SozR 3-4100 § 128a Nr 9) noch die veränderte Funktion der Erstattungsregelung berücksichtigt werden können, wie sie sich aus der Gesetzesbegründung zu § 147a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ergebe. Das BVerfG habe in der Entscheidung vom 23. Januar 1990 die Erstattungspflicht nur deshalb als verfassungsgemäß angesehen, weil die Lenkungsfunktion als Allgemeinwohlinteresse den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit trage. Demgegenüber trete der Finanzierungseffekt nur als Folge einer Verfehlung des eigentlichen Lenkungszwecks in Erscheinung. Die Wiedereinführung der Erstattungsregelung im Jahre 1999 sei nur damit begründet worden, daß eine Mehrbelastung der BA vermieden werden solle (BT-Drucks 14/394 S 7). Der Gesetzgeber habe damit selbst dokumentiert, daß er der Erstattungsregelung keine Lenkungsfunktion mehr zumesse. Die Finanzierungsfunktion vermöge den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nicht zu tragen. Sie begründe im übrigen einen Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG und Art 3 GG, weil § 128 AFG mit dieser Funktion eine verfassungswidrige Sonderabgabe darstelle. Weiterhin sei § 128 AFG auch unverhältnismäßig. Die Aussage des BVerfG in dem Beschluß vom 10. November 1998, daß andere Vermittlungshindernisse, die sich aus der Lage des Arbeitsmarktes und der Person des Arbeitnehmers ergeben könnten, nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers lägen, finde sich in der Entscheidung vom 23. Januar 1990 noch nicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 2. März 2000 - L 10 AL 194/97 - und den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 1998 in der Fassung des Bescheides vom 4. Januar 2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das LSG sei zu Recht davon ausgegangen, daß die ausgeschiedene Arbeitnehmerin S die Voraussetzungen für eine der in § 118 Abs 1 Satz 2 Nrn 2 bis 4 AFG genannten Sozialleistungen oder Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht erfüllt habe. Die Befreiung von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG scheide grundsätzlich aus, weil diese Vorschrift auf eine Anstalt des öffentlichen Rechts nicht anwendbar sei. Die Klägerin sei nicht konkursfähig. Beide Alternativen des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG setzten eine Gefahr für den Bestand des Unternehmens voraus, der bei fehlender Konkursfähigkeit nicht eintreten könne. Jedoch auch dann, wenn § 128 Abs 2 Nr 2 (2. Fall) AFG isoliert auf nicht insolvenzfähige öffentlich-rechtliche Arbeitgeber zu prüfen wäre, habe die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht dargelegt, daß die Erstattung für sie eine unzumutbare Belastung bedeute. Auch im Rahmen dieses Befreiungstatbestandes liege die Würdigung der Darlegungen und Nachweise der Klägerin zu den Voraussetzungen dieser Norm im tatsächlichen Bereich, die den Tatsachengerichten vorbehalten sei. Der rechtliche Ausgangspunkt des LSG bedürfe jedoch in zweifacher Hinsicht einer Ergänzung. Es sei zu verlangen, daß der Arbeitgeber substantiiert vortrage und nachweise, welche Arbeitsplätze durch die auferlegte Erstattungspflicht konkret gefährdet seien. Nicht ausreichend sei es, wenn hierfür lediglich rechnerisch eine Zahl von Arbeitnehmern anhand des Gesamterstattungsbetrages und des jährlichen Personalaufwandes je Mitarbeiter errechnet werde. Eine unzumutbare Belastung könne im übrigen nur angenommen werden, wenn durch die Erstattungspflicht ein Personalabbau drohe, der im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten und im Hinblick auf die bisher erledigten Aufgaben ins Gewicht falle.

Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Für eine abschließende Entscheidung reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 1998 idF des Änderungsbescheides vom 4. Januar 2000. Mit diesen Bescheiden macht die Beklagte noch eine Erstattungsforderung von 67.823,08 DM geltend, die sie auf § 128 AFG (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen und anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992, BGBl I 2044, hier anwendbar in der durch das Beschäftigungsförderungsgesetz 1994 vom 26. Juli 1994, BGBl I 1786, geänderten Fassung) stützt. Diese Vorschrift ist zwar durch Art 11 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594) aufgehoben worden. Auf Erstattungszeiten bis zum 31. März 1997, um die es hier ausschließlich geht, wirken sich die Aufhebung der Vorschrift und die mit der Aufhebung verbundenen Übergangsvorschriften (§ 242x Abs 6 AFG, § 431 SGB III) aber nicht aus; denn die Aufhebungsvorschrift ist erst am 1. April 1997 in Kraft getreten (Art 83 Abs 3 AFRG).

1. Es kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden, ob § 128 AFG nach der gleichzeitig eingefügten Übergangsregelung des § 249d Nr 10a AFG im Falle der S überhaupt anzuwenden ist. Die Übergangsregelung gehört nicht zu den Ausnahmen von der Erstattungspflicht, deren Voraussetzungen der Arbeitgeber darlegen und nachweisen muß, sondern die Frage der Anwendbarkeit der Erstattungsregelung ist von Amts wegen zu prüfen (Gagel, AFG, § 128 Rz 92). Nach § 249d Nr 10a AFG findet § 128 AFG keine Anwendung, wenn Arbeitnehmer nach einer mindestens zweijährigen Beschäftigung in einem Betrieb, der in einem in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet gelegen ist, bis zum 31. Dezember 1995 aus dieser Beschäftigung ausgeschieden sind.

Die Regelung sollte nach der Gesetzesbegründung im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation in den neuen Bundesländern, die weiterhin im Verhältnis zur Schaffung neuer Arbeitsplätze einen stärkeren Personalabbau bedinge, während einer dreijährigen Übergangszeit in den neuen Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) Arbeitgeber von der Erstattungspflicht freistellen (vgl für Freisetzungen nach dem 31. Dezember 1995 § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 1 idF des Gesetzes vom 15. Dezember 1995, BGBl I 1824, und BT-Drucks 13/2590 S 34). Dies sollte einerseits der Entlastung der Arbeitgeber von den sozialen Folgekosten der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit einem älteren, länger beschäftigten Arbeitnehmer mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage vieler Arbeitgeber im Beitrittsgebiet dienen und andererseits im Hinblick darauf, daß vielfach Ausnahmen von der Erstattungspflicht anzuerkennen seien, der Verwaltungsvereinfachung (BT-Drucks 12/3211 S 31). Dieser Zweck der Regelung legt es nahe, bei der Auslegung des § 249d Nr 10a AFG auf den Betriebsbegriff des AFG im tatsächlichen Sinne zurückzugreifen, wie er auch in anderen Vorschriften (zB §§ 63 Abs 1, 72 Abs 1, 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 6 und 7 AFG) und im Arbeitsrecht (vgl Küttner/Kreitner, Personalbuch 2001, Stichwort "Betrieb") herangezogen wird. Danach ist unter einem Betrieb eine organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb der ein Unternehmer mit Hilfe sächlicher Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 - B 11 AL 19/00 R - mwN). Der auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellende Betriebsbegriff gewährleistet, daß auch Arbeitgeber, die Betriebe in den neuen Bundesländern übernommen hatten und als organisatorisch selbständige Betriebe weiterführten, unter die Übergangsregelung fallen.

An welchem Ort ein "Betrieb gelegen" ist, kann nur unter Berücksichtigung der Eigenart des Betriebszwecks beantwortet werden. Bei einem Verkehrsunternehmen, wie der Klägerin, kann - was keiner näheren Erörterung bedarf - jedenfalls nicht darauf abgestellt werden, in welchen Gebieten die Verkehrsmittel eingesetzt werden. Vielmehr dürfte entscheidend sein, wo Betriebsverwaltung und Betriebsstätten (zB der Betriebsbahnhof) angesiedelt sind. Ob S aus einem im Beitrittsgebiet gelegenen Betrieb ausgeschieden ist und deshalb § 128 AFG nicht anzuwenden ist, kann ohne entsprechende Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Aufgrund des betriebsgeschichtlichen Werdegangs der Klägerin kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, daß diese im Jahre 1995 Betriebe im früheren Ostsektor Berlins unterhielt.

2. Es kann aufgrund fehlender Feststellungen des LSG ebenfalls nicht entschieden werden, ob die Klägerin sich auf eine Ausnahme von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG berufen kann. Nach dieser Vorschrift entfällt die Erstattungspflicht, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, daß die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären, wobei zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich ist.

2.1 Zuzustimmen ist dem LSG, soweit es angenommen hat, die Klägerin sei nicht allein im Hinblick darauf, daß sie zu den subventionierten Unternehmen gehört, von der Erstattungspflicht zu befreien.

Allerdings weist die Revision zutreffend darauf hin, daß bereits die erste Fassung des § 128 AFG durch das Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) in Abs 4 Satz 1 AFG eine Regelung enthalten hatte, die ein Entfallen der Erstattungspflicht vorsah, wenn der Arbeitgeber nachwies, daß die Erstattung für ihn eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung bedeuten würde. Eine solche Belastung lag nach Satz 2 der Vorschrift ua vor, wenn die Erstattung die Existenz des Betriebs hätte gefährden können oder wenn zur Fortführung des Betriebs öffentliche Kredite oder Bürgschaften geleistet oder wegen grundlegender Betriebsänderungen öffentliche Anpassungshilfen gewährt wurden. Die Gleichstellung von Existenzgefährdung und der Inanspruchnahme von öffentlichen Krediten, Bürgschaften und Anpassungshilfen im Rahmen der Härteklausel wurde durch § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 5 und 6 AFG idF des Gesetzes zur Anpassung des Rechts der Arbeitsförderung und der gesetzlichen Rentenversicherung an die Einführung von Vorruhestandsleistungen vom 13. April 1984 (BGBl I 610) sinngemäß fortgeführt, denn nach dieser Vorschrift trat die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber nachwies, daß er zur Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit des Betriebes, in dem der Arbeitslose zuletzt beschäftigt war, öffentliche Zuschüsse, Kredite oder Bürgschaften (Nr 5) oder wegen grundlegender Betriebsänderungen öffentliche Anpassungshilfen (Nr 6) erhielt.

Eine sinngemäße Fortgeltung dieser Ausnahmen von der Erstattungspflicht für subventionierte Unternehmen ist unter der Geltung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG idF des Gesetzes vom 18. Dezember 1992 (BGBl I 2044) gleichwohl zu verneinen. Obwohl das BVerfG in seinem Urteil vom 23. Januar 1990 (BVerfGE 81, 156, 203 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 1) unter dem Aspekt des Übermaßverbotes eine weite Auslegung der in § 128 AFG aF enthaltenen Ausnahmeregelungen für Härtefälle gefordert und zudem ausdrücklich die Rechtsprechung des BSG (SozR 4100 § 128 Nr 3) hervorgehoben hatte, wonach die Härteregelung grundsätzlich auch die Berücksichtigung anderer Umstände als solcher finanzieller Art (zB Besonderheiten des Gewerbezweiges oder des einzelnen Unternehmens, Wiedereinstellungszusage) zuließ, hat der Gesetzgeber die früheren Ausnahmeregelungen nur teilweise fortgeführt. Bereits der Wortlaut der beiden in § 128 Abs 2 Nr 2 AFG geregelten Fälle einer unzumutbaren Belastung enthält keine Hinweise darauf, daß eine Erstattung allein wegen der Inanspruchnahme von öffentlichen Zuschüssen, Krediten oder Bürgschaften entfallen soll.

Gegen eine sinngemäße Fortgeltung der früheren Ausnahmeregelung spricht auch die Entstehungsgeschichte der jetzigen Härteklausel. Der Bundesrat hatte im Verlaufe des zur Wiedereinführung des § 128 AFG führenden Gesetzgebungsvorhabens vorgeschlagen, daß zusätzliche Befreiungstatbestände auch für den Fall der Gewährung von öffentlichen Anpassungshilfen sowie von strukturellem Kurzarbeitergeld vorzusehen seien. Diese Ergänzung des § 128 AFG hatte der Bundesrat ausdrücklich damit begründet (vgl BT-Drucks 12/3327 S 11), daß bereits im alten § 128 AFG ein Befreiungstatbestand "Gewährung öffentlicher Anpassungshilfen" enthalten und diese Regelung von der weiterhin zutreffenden Überlegung getragen gewesen sei, daß es widersprüchlich wäre, einem Unternehmen einerseits öffentliche Beihilfe zu gewähren und es andererseits mit einer Erstattungspflicht zu belasten. In ihrer Gegenäußerung lehnte die Bundesregierung den Vorschlag gleichwohl ua mit der Begründung ab, eine Befreiung von der Erstattung solle nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber im Rahmen eines unvermeidlichen Personalabbaus die arbeitsrechtlichen Kriterien der sozialen Auswahl beachte. Damit werde einer einzelfallorientierten Betrachtungsweise - wie sie vom BVerfG gefordert werde - Rechnung getragen. Der Entwurf verhindere im übrigen nicht einen notwendigen Personalabbau in Unternehmen, denen öffentliche Anpassungshilfen gewährt würden, soweit sie die Kriterien der sozialen Auswahl berücksichtigten (BT-Drucks 12/3363 S 4 f). Eine zeitlich begrenzte Ausnahme von der Erstattungspflicht wurde lediglich für Betriebe geschaffen, denen öffentliche Anpassungshilfen auf der Grundlage des Art 56 § 2 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gewährt wurden (§ 242m Abs 10 Nr 2 AFG).

Die Vorstellung des Gesetzgebers, die Ausnahmen von der Erstattungspflicht unter der Geltung des § 128 AFG nF in stärkerem Maße einzelfallorientiert unter dem Blickwinkel einer Gefährdung weiterer Arbeitsplätze zu beantworten, findet in Inhalt und der neuen Systematik der Befreiungstatbestände seine Bestätigung. Bereits im Regierungsentwurf (BT-Drucks 12/3211 S 26) wurde insoweit darauf hingewiesen, daß nach der neuen Fassung des § 128 AFG erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten über die ursprünglichen Fassungen des § 128 AFG hinaus zur Geltung gebracht werden könnten, wenn der Arbeitgeber darlege und nachweise, er habe das Arbeitsverhältnis durch eine sozial gerechtfertigte (betriebsbedingte) Kündigung beendet (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG) oder es werde ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung begründet (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG). Für die verbleibenden Fälle wurde die Härteklausel derart gefaßt, daß sie in Abs 2 Nr 2 (2. Fall) ohne das Erfordernis einer Existenzgefährdung auf konkrete arbeitsförderungsrechtliche Belange (Gefährdung verbleibender Arbeitsplätze) Rücksicht nimmt (BT-Drucks 12/3211 S 26). Angesichts dieser neuen Konzeption der Befreiungstatbestände ist ein zwingendes Erfordernis einer sinngemäßen Fortgeltung der bisherigen Ausnahmen - auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten - nicht gegeben (Gagel, AFG, § 128 Rz 268; Wissing NZA 1993, 396).

2.2 Ohne Rechtsfehler ist das LSG ferner davon ausgegangen, die Klägerin habe nicht dargelegt und nachgewiesen, daß die Erstattung für sie eine unzumutbare Härte bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens gefährdet wäre (§ 128 Abs 2 Nr 2 (1. Fall) AFG). Für die nicht näher begründete Auffassung der Revision, bereits der mögliche Entzug von einzelnen "Linienkonzessionen" bei Verlust der Eigenwirtschaftlichkeit müsse als Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens angesehen werden, bietet schon der Wortlaut des Gesetzes keine Anhaltspunkte. Vielmehr wird dieser Tatbestand auch in der Literatur so verstanden, daß die Gefahr des "Untergangs" (Gagel, AFG, § 128 Rz 259) bzw des Fortbestandes des Unternehmens "insgesamt" (Wissing in: Knigge/Ketelsen, AFG, § 128 Rz 60) bestehen müsse. Daß die Erstattungsforderung den weiteren Bestand der Klägerin insgesamt gefährden könnte, wird auch von der Revision nicht behauptet, so daß es auf die von ihr in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge nicht ankommt.

2.3 Es kann jedoch aufgrund fehlender Feststellungen des LSG nicht entschieden werden, ob die Erstattungspflicht der Klägerin nach § 128 Abs 2 Nr 2 (2. Fall) AFG entfällt.

2.3.1 Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, daß die Klägerin nach § 1 Abs 1 Nr 3 BerlBG vom Land Berlin zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben als eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet worden ist, über deren Vermögen ein Konkursverfahren nicht stattfinden kann (Berliner Gesetz über die Konkursunfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts vom 27. März 1990, GVBl 682). Die Auffassung der Beklagten, die Klägerin erfülle zwar einerseits als Arbeitgeberin iS des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG die Voraussetzungen für das Entstehen der Erstattungspflicht, könne sich jedoch andererseits von vornherein nicht als Arbeitgeberin iS des § 128 Abs 2 Nr 2 (2. Fall) AFG auf das Entfallen der Erstattungspflicht berufen, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die hierfür von der Beklagten abgegebene Begründung, die Ausführungen in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 12/3211 S 26) setzten die Vorstellung des Gesetzgebers voraus, daß die Befreiung von der Erstattungspflicht nur bei Arbeitgebern eingreife, die von beiden Alternativen der Härteregelung betroffen sein könnten, läßt sich nicht nachvollziehen. Zudem hat die (angebliche) Vorstellung des Gesetzgebers weder einen Niederschlag im Wortlaut des Befreiungstatbestandes gefunden, noch wird eine einschränkende Auslegung vom Zweck der Norm, den Abbau weiterer Arbeitsplätze zu verhindern, gefordert. Denn es wird bereits durch den von der Klägerin in der Vergangenheit durchgeführten Personalabbau belegt, daß eine Gefährdung von (weiteren) Arbeitsplätzen nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß es sich bei der Klägerin um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt bzw ein Konkursverfahren ausgeschlossen ist. Die Konkursunfähigkeit steht deshalb einer Anwendung der Härteklausel des § 128 Abs 2 Nr 2 (2. Fall) AFG nicht entgegen (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 12. November 1998 - L 9 AL 3/97 - und vom 16. Dezember 1998 - L 12 AL 4/97 -). Da der Befreiungstatbestand - wie noch näher ausgeführt wird - keine Existenzgefährdung voraussetzt, bedarf auch keiner Erörterung, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang das Land Berlin nach § 4 BerlBG als Gewährträger (subsidiär) für Verbindlichkeiten der Klägerin einzustehen hat.

2.3.2 Der Senat folgt dem LSG hingegen nicht, soweit es seine ablehnende Entscheidung im Ergebnis darauf gestützt hat, daß es an der Darlegung und dem Nachweis der Ursächlichkeit der Erstattungspflicht für die Gefährdung von Arbeitsplätzen durch die Klägerin fehle. Das LSG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, es sei schon zweifelhaft, ob das Land Berlin, das in allen für die Klägerin wichtigen Fragen das "letzte Wort" habe, einem beschleunigten Personalabbau zugestimmt hätte. Jedenfalls würde sich ein solcher Personalabbau nicht wesentlich als Folge der Erstattungspflicht der Klägerin, sondern als Folge einer politischen Entscheidung des Landes Berlin darstellen.

Hierbei braucht der Senat nicht dazu Stellung beziehen, ob die dem Urteil des LSG offenbar zugrundeliegende Vorstellung, "politische Entscheidungen" würden grundsätzlich losgelöst von wirtschaftlichen Zwängen getroffen, zutrifft. Denn mit seinen Erwägungen hat das LSG jedenfalls die Maßstäbe verkannt, die an die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Belastung des Unternehmens durch die Erstattungsforderung und der Gefährdung der nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze anzulegen sind. Ausreichend für die Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs ist nämlich, daß die durch die Erstattungsforderung herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation des Unternehmens generell geeignet ist, auch den verbliebenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden. Hingegen ergibt die im Rahmen der Härteregelung erforderliche Bewertung des ursächlichen Zusammenhangs, daß sonstige Gründe, die außerhalb der wirtschaftlichen Situation des von der Erstattungsforderung betroffenen Unternehmens liegen, bei der Beurteilung außer Betracht zu bleiben haben.

Für die im Wortlaut der Vorschrift angelegte Beschränkung der Beurteilung auf die durch die Erstattungsforderung herbeigeführte wirtschaftliche Situation und ihre Auswirkungen spricht zunächst das von der Rechtsprechung des BSG bereits in anderem Zusammenhang betonte Erfordernis der Praktikabilität der Erstattungsregelung. So ist zur Auslegung der Befreiungsregelung der Eigenkündigung (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AFG) und der sozial gerechtfertigten Arbeitgeberkündigung (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG) entschieden worden, daß an die leicht feststellbare äußere Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch deshalb anzuknüpfen ist, damit die Erstattungsregelung nicht praktisch entwertet wird (BSGE 84, 35, 78 f = SozR 3-4100 § 128 Nr 6). Bei der Auslegung der Härteregelung des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG ist insoweit zu berücksichtigen, daß bereits die Ermittlung und Bewertung der wirtschaftlichen Situation im Rahmen der von den Arbeitsämtern anzustellenden Prognose ganz erhebliche tatsächliche Schwierigkeiten aufwirft. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, daß der Arbeitgeber nach Satz 2 der Vorschrift eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen und den Härtefall nachzuweisen hat. Würde in die vom Arbeitsamt anzustellenden Überlegungen zusätzlich einzustellen sein, ob noch andere Ursachen (zB politische Willensbildung, strategische Unternehmensentscheidungen im Konzern) Einfluß auf die Entscheidung über die Weiterbeschäftigung nehmen würden, wäre die praktische Anwendbarkeit der Erstattungsregelung unangemessen erschwert. Denn es müßte ggfs auch zu diesen hypothetischen Ursachen Beweise vorgelegt werden, um zu klären, ob die erwarteten Entscheidungen über den weiteren Personalabbau von den in § 128 Abs 2 Nr 2 AFG genannten wirtschaftlichen Gründen getragen werden oder ob andere Überlegungen im Vordergrund stehen.

Die Begrenzung der im Rahmen der Prognoseentscheidung zu bewertenden Ursachen auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens wird durch die in § 128 Abs 2 Nr 2 Satz 2 AFG getroffene Regelung über den Nachweis der unzumutbaren Belastung bestätigt. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber zur Darlegung und Nachweis der Voraussetzungen der Härteregelungen ("insoweit") die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen. Die Stellungnahme soll die dem Arbeitgeber obliegende prozessuale Last zur "Darlegung und Nachweis" der gesetzlichen Befreiungsgründe stützen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs hat sich die Stellungnahme zu der "schwierigen wirtschaftlichen Lage" zu äußern und muß durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, zB einen Wirtschaftsprüfer oder die Industrie- und Handelskammer, abgegeben werden (BT-Drucks 12/3211 S 26). Da die Stellungnahme nur schwerlich Umstände einbeziehen kann, die außerhalb der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens angesiedelt sind, bestätigt dies, daß allein darauf abzustellen ist, ob die wirtschaftliche Gesamtsituation des Unternehmens unter Einbeziehung von Erstattungszahlungen geeignet ist, den verbliebenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden.

Gründe, die außerhalb der wirtschaftlichen Situation des von der Erstattungsforderung betroffenen Arbeitgebers liegen, bleiben danach bei der dem Arbeitsamt obliegenden Prüfung, ob die Erstattung für den Arbeitgeber eine unzumutbare Härte bedeuten würde, außer Betracht. Es kommt deshalb entgegen der Auffassung des LSG auch nicht darauf an, ob das Land Berlin die Klägerin aufgrund der landesrechtlichen Regelung über die Gewährträgerschaft (§ 4 BerlBG) oder aufgrund politischer Erwägungen "letztlich mit der Erstattungsforderung allein gelassen hätte". Denn es liegt auf der Hand, daß die Frage, ob eine Erstattungsforderung zu Recht besteht, nicht davon abhängen kann, ob das Land sie ausgleichen oder für sie haften würde, wenn sie besteht.

Dies schließt es im übrigen nicht aus, den Ursachenzusammenhang zwischen Erstattungsforderung und der Gefährdung der verbleibenden Arbeitsplätze zu verneinen, wenn nicht die Erstattungsforderung, sondern andere Ursachen wirtschaftlicher Art hierfür als wesentlich angesehen werden müssen. Solche Tatsachen hat das LSG aber nicht festgestellt.

2.3.3 Der Senat folgt dem LSG auch insoweit nicht, als es sein Ergebnis zu § 128 Abs 2 AFG zusätzlich damit gerechtfertigt hat, daß die Erstattungspflicht der Klägerin verfassungsrechtlich geboten sei, weil dies ansonsten zur Finanzierung von dem Land übertragenen Aufgaben der Daseinsvorsorge durch den Bund führen würde. Entscheidungen der Arbeitsämter, die eine Erstattungspflicht bei Entlassung bejahen oder verneinen, werfen nach der Rechtsprechung des BVerfG ebenso wie die gesetzliche Regelung des Erstattungsanspruchs nach § 128 AFG selbst kompetenzrechtliche Probleme der Finanzverfassung nicht auf, weil sich der Bund auf seine Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG, die auch die Finanzierung der Sozialversicherung umfaßt, stützen konnte (BVerfGE 81, 156, 186 f = SozR 3-4100 § 128 Nr 1; vgl auch BVerfGE 99, 202, 212 = SozR 3-4100 § 128a Nr 9). Da die Höhe des Erstattungsanspruchs mit der Höhe der dem Arbeitslosen zustehenden Leistungen zuzüglich der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge korrespondiert, geht es lediglich um die Frage, ob und in welchem Umfang das Risiko der Arbeitslosigkeit dem Arbeitgeber überantwortet werden soll. Eine derartige Fragestellung ist allein unter Berücksichtigung der in § 128 AFG geregelten (arbeitsförderungsrechtlichen) Maßstäbe zu beantworten.

2.3.4 Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - ausdrücklich offengelassen, ob die Klägerin durch die Vorlage der WIBERA-Gutachten und ihren weiteren Vortrag die erforderlichen Darlegungen und Nachweise für eine Gefährdung von nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze erbracht hat. Der erforderliche Nachweis wird, worauf der Senat in seinem Urteil vom 21. September 2000 - B 11 AL 7/00 R - bereits hingewiesen hat, häufig erbracht sein, wenn ein negatives Betriebsergebnis vorliegt und die Notwendigkeit besteht, Erstattungsforderungen aus der Substanz des Unternehmens zu begleichen. Die Würdigung der vorliegenden Darlegungen und Nachweise liegt jedoch im tatsächlichen Bereich und ist den Tatsachengerichten vorbehalten (BSG, Urteil vom 21. September 2000 - B 11 AL 7/00 R -). Sie kann vom Revisionsgericht nicht nachgeholt werden.

3. Die Revision muß hiernach zur Zurückverweisung der Sache an das LSG führen; eine abschließende Entscheidung aus anderen Gründen war dem Senat nicht möglich.

3.1 Die Regelung des § 128 AFG ist nicht als solche verfassungswidrig. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu dieser Frage vorliegende Rechtsprechung Bezug genommen (vgl eingehend BSGE 81, 259, 266 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 5; Urteile vom 19. März 1998 - B 7 AL 20/97 R - und vom 7. Mai 1998 - B 11 AL 81/97 -).

Das Vorbringen der Revision gibt zu keiner anderen Beurteilung Veranlassung. Soweit sie sich auf die Begründung des Gesetzentwurfes eines Gesetzes zur Änderung der Berücksichtigung von Entlassungsentschädigungen im Arbeitsförderungsrecht - EEÄndG - (BT-Drucks 14/394 S 6 f) bezieht und dem Satz, es solle durch die Wiedereinführung der Erstattungsregelung eine Mehrbelastung der BA vermieden werden, entnimmt, der Gesetzgeber habe erkannt, daß die Lenkungsfunktion des § 128 AFG verfehlt werde und die Norm nunmehr ausschließlich Finanzierungsfunktion habe, kann dem nicht gefolgt werden. Denn bei einer derartigen Argumentation wird schon übersehen, daß das BVerfG die Wirkungsweise der "Lenkungsfunktion" (verhaltenssteuernde Funktion) der Erstattungsregelung in der Weise umschrieben hat, die Arbeitgeber möglichst zu veranlassen, ihre älteren Arbeitnehmer grundsätzlich bis zur maßgebenden Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung zu beschäftigen und sie nicht in die Arbeitslosigkeit mit anschließender Frühverrentung zu entlassen (BVerfGE 81, 156, 189 f = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Da eine Entlastung des Haushalts der BA auch eintritt, wenn die verhaltenssteuernde Funktion greift und ältere Arbeitnehmer keine Leistungen in Anspruch nehmen, überzeugt schon deshalb die Folgerung, der Gesetzgeber messe der Vorschrift praktisch keine Lenkungsfunktion mehr zu, nicht. Zudem wird nicht beachtet, daß das BVerfG ausdrücklich betont hatte, eine verfassungsrechtliche Beanstandung sei nur möglich, wenn das eingesetzte Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks "objektiv ungeeignet" oder "schlechthin ungeeignet" sei. Schon die abstrakte Möglichkeit der Zweckerreichung begründe die Geeignetheit des gesetzgeberischen Mittels (BVerfGE 81, 156, 192 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 mwN). Es ist nicht ersichtlich, daß die objektive Eignung der Erstattungsregelung zur Erreichung des angestrebten Zwecks der Weiterbeschäftigung älterer Arbeitnehmer aufgrund Zeitablaufs entfallen wäre. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die von der Revision angeführte Begründung des Gesetzentwurfs eines EEÄndG aus dem Jahre 1999 stammt und deshalb nicht einmal in einen zeitlichen Zusammenhang zum hier streitigen Erstattungszeitraum gebracht werden kann.

Ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegen die Vereinbarkeit des § 128 AFG mit dem GG erwachsen aus dem Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 10. November 1998 zu § 128a AFG (BVerfGE 99, 202 = SozR 3-4100 § 128a Nr 9). Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung ua daraus, daß andere Vermittlungshindernisse, die sich aus der Lage des Arbeitsmarktes und der Person des Arbeitnehmers ergeben könnten, nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers lägen, obwohl er auch in solchen Fällen zur vollen Erstattung herangezogen werde, gefolgert, die in § 128a AFG getroffene Regelung sei nicht verhältnismäßig im engeren Sinne (BVerfGE 99, 202, 214 = SozR 3-4100 § 128a Nr 9). Diese Ausführungen sind aber in ihren Zusammenhang zu stellen, wonach die Regelung des § 128a AFG nicht im erforderlichen Maße an eine besondere Verantwortung des Arbeitgebers für das Fortbestehen der Arbeitslosigkeit geknüpft sei, weil die Verantwortung des Arbeitgebers für die Aufwendungen der Arbeitslosenversicherung nach der Konzeption des § 128a AFG allein im Abschluß der Wettbewerbsvereinbarung gesehen werde. Hierin liegt das wesentliche Unterscheidungsmerkmal der zur hier zu beurteilenden Erstattungspflicht nach § 128 AFG. Denn nach dem Grundgedanken dieser Vorschrift trägt der Arbeitgeber eine besondere Verantwortung auch für den Fortbestand der Arbeitslosigkeit, weil an die Entlassung älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer angeknüpft wird, die auf dem Arbeitsmarkt eine besondere Problemgruppe darstellen und deren Arbeitslosigkeit meist die Vorstufe zum endgültigen Ausscheiden aus dem Arbeitsleben bildet (BVerfGE 81, 156 196 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Für ihre Behauptung, denjenigen Arbeitgeber, der ältere Arbeitnehmer entlasse, treffe keine höhere Verantwortung an der möglicherweise fortbestehenden Arbeitslosigkeit als Arbeitgeber, die jüngere Arbeitnehmer entließen, liefert die Klägerin keinen Beleg.

3.2 Findet § 128 AFG Anwendung, sind die Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt, erfüllt. Denn die am 16. September 1937 geborene S stand innerhalb der vierjährigen Rahmenfrist durchgehend in einem Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin bzw zu deren Rechtsvorgängerin. Die Erstattungsforderung bezieht sich noch auf das ab 3. Januar 1996 gewährte Alg und damit ausschließlich auf Zeiten nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen. Auch die Höchstdauer von 624 Tagen, für die eine Erstattung längstens in Betracht kommt, ist nicht überschritten.

Nach den Feststellungen des LSG erfüllte S nicht die Voraussetzungen für eine der in § 118 Abs 1 Satz 1 Nr 2 bis 4 AFG genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, wie dies von § 128 Abs 1 Satz 2 AFG vorausgesetzt wird. Ob die Klägerin die diesbezüglichen Feststellungen mit Erfolg beanstandet hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Da die Sache ohnehin an das LSG zurückzuverweisen ist, hat die Klägerin, der die Verhältnisse der S nicht unbekannt sein dürften (vgl § 62 Abs 2 Buchstabe i BAT) Gelegenheit, genaue Angaben über ihren Gesundheitszustand zu machen, und das LSG, seine bisherige Überzeugung zu überprüfen.

Die Sache ist somit an das LSG, auch zur Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens, zurückzuverweisen.

4. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung besteht Veranlassung zu folgenden Hinweisen:

4.1 Entgegen der Auffassung der Beklagten (unter Berufung auf Gagel, AFG, § 128 Rz 250) setzt § 128 Abs 2 Nr 2 (2. Fall) AFG nicht voraus, daß die Gefahr des Verlustes nach Zahl und Art Arbeitsplätze betreffen müsse, deren Abbau die durch den vorangegangenen Personalabbau gerade erreichte Stabilität des Unternehmens wieder in Frage stellen würde, so daß also immer auch eine Gefährdung des Unternehmens im Spiel sein müsse. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, weil bereits die Entstehungsgeschichte der Härtefallregelung wegen Arbeitsplatzgefährdung belegt, daß ein Entfallen der Erstattungspflicht bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht erst dann eintreten sollte, wenn sie den Grad der Existenzgefährdung erreichen (BT-Drucks 12/3211 S 26). Im übrigen spricht gegen die Forderung der Beklagten, der drohende Personalabbau müsse "im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten und im Hinblick auf die bisher erledigten Aufgaben ins Gewicht fallen", daß die Fälle der erheblichen Personalverminderung bereits in § 128 Abs 1 Nrn 5 und 6 AFG ausdrücklich geregelt sind. Es erscheint auch aus diesem Grunde wenig einsichtig, warum ohne ausdrückliche Bestimmung eine entsprechende Anforderung an den Umfang der Personalreduzierung im Rahmen der Härtefallregelung zu stellen sein sollte. Eine "Bagatellgrenze" wird sich zwar bei der praktischen Umsetzung der Regelung daraus ergeben, daß sich bei einer entsprechend geringen Belastung durch die von der Beklagten geforderten Erstattungsbeträge der Nachweis der Gefährdung weiterer Arbeitsplätze nur schwer führen lassen wird, weil das Unternehmen der Kostenbelastung auf andere Weise ausweichen kann. Hiervon kann allerdings angesichts der von der Klägerin angegebenen Größenordnungen von gefährdeten Arbeitsplätzen keine Rede sein.

Schließlich gehört es auch nicht zu den Voraussetzungen der Härteregelung, daß der Arbeitgeber vorträgt und nachweist, welche Arbeitsplätze durch die auferlegte Erstattungspflicht konkret gefährdet werden. Die von der Beklagten insoweit geforderten Darlegungen und Nachweise gehen über die gesetzlichen Anforderungen der Härteregelung hinaus. Denn mit den von der Beklagten geforderten Angaben würden dem Arbeitgeber Darlegungen und Nachweise zu hypothetischen Entscheidungen abverlangt, die durch die Anwendung der Härteregelung gerade vermieden werden sollen. Zwar wird der Arbeitgeber nicht gehindert - wie die Klägerin dies getan hat - anzugeben, in welchen Unternehmensbereichen eine Personalreduzierung voraussichtlich vorgenommen werden würde, um der Beklagten damit weitere Anhaltspunkte für die ihr obliegende Würdigung der vorgelegten Nachweise zu liefern. Ein zwingendes Erfordernis, die voraussichtlich bedrohten Arbeitsplätze konkret zu bezeichnen, ist der Härteregelung hingegen nicht zu entnehmen.

4.2 Falls die Klägerin erstattungspflichtig ist, sollte das LSG auch die Höhe der Erstattungsforderung einer erneuten Prüfung unterziehen. Dies gilt insbesondere für die Anwendung der §§ 117, 117a AFG auf das von der Klägerin an S aufgrund der §§ 62 ff BAT gezahlte Übergangsgeld. Der Senat vermag den Ausführungen des LSG keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß es sich dabei nicht um Leistungen des Arbeitgebers gehandelt haben könnte, die S wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses iS des § 117 Abs 2 Satz 1 AFG erhalten hat (vgl BSG SozR 4100 § 118 Nr 13).

Ende der Entscheidung

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