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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 05.02.1998
Aktenzeichen: B 11 AL 55/97 R
Rechtsgebiete: AFG


Vorschriften:

AFG § 101 Abs 1
AFG § 103 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az: B 11 AL 55/97 R

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 5. Februar 1998

Klägerin und Revisionsbeklagte,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsklägerin.

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Sattler, die Richterin Dr. Wetzel-Steinwedel, den Richter Voelzke sowie den ehrenamtlichen Richter Gumprich und die ehrenamtliche Richterin Farlock für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 1997 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klägerin Arbeitslosengeld bis einschließlich 28. April 1994 zu zahlen ist.

Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

Der Rechtsstreit betrifft einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit von 1. März bis zum 28. April 1994.

Die 1952 geborene Klägerin stand seit dem 1. November 1985 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bei der Gewerkschaft.

Sie wurde von der Arbeitgeberin für die Zeit vom 1. Mai 1992 bis zum 30. April 1994 für ein Forschungsprojekt bei einem Landesinstitut unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung von Arbeitsentgelt beurlaubt. Entgegen der ursprünglichen Planung kam das Forschungsprojekt nicht zustande und die Klägerin war beim Landesinstitut aufgrund zweier befristeter Arbeitsverträge nur für den Zeitraum 1. Mai 1992 bis 28. Februar 1994 beschäftigt. Die teilte der Klägerin mit Schreiben vom 17. Februar 1994 mit, daß sie sich nicht in der Lage sehe, sie im März und April 1994 zu beschäftigen. Am 29. April 1994 nahm die Klägerin eine Tätigkeit bei der Gewerkschaft mit einer herabgesetzten wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden auf. Seit dem 1. Juni 1996 ist sie bei der V -AG Dortmund beschäftigt.

Den Antrag auf Bewilligung von Alg ab 1. März 1994 lehnte die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) ab, weil die Klägerin nicht arbeitslos gewesen sei. Das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit der Gewerkschaft sei durch die Unterbrechung der tatsächlichen Dienstleistung nicht berührt worden, weil von einem durchgehenden Arbeits- und Fortsetzungswillen auszugehen sei (Bescheid vom 13. April 1994; Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 1995).

Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin für März und April 1994 Alg zu zahlen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und ausgeführt, die Klägerin sei arbeitslos gewesen, da das Beschäftigungsverhältnis im streitigen Zeitraum beendet gewesen sei. Auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses komme es nicht an. Ein Verzicht auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers folge daraus, daß die Arbeitgeberin die Klägerin im streitigen Zeitraum überhaupt nicht habe beschäftigen können und wollen. Auch die Klägerin habe sich zumindest für die Zeit nach der Absage der Arbeitgeberin der Verfügungsmöglichkeit eines Arbeitgebers nicht mehr uneingeschränkt unterwerfen wollen. Die Klägerin sei auch verfügbar gewesen, Sie sei insbesondere bereit gewesen, im streitigen Zeitraum jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die sie habe ausüben können und dürfen, habe das Arbeitsamt täglich aufsuchen können und sei für das Arbeitsamt erreichbar gewesen. In bezug auf ihre Arbeitsbereitschaft habe sie glaubhaft angegeben, daß sie ihre Arbeit bei der nicht angetreten hätte, wenn ihr vom Arbeitsamt ein ihrem Leistungsvermögen entsprechender Dauerarbeitsplatz angeboten worden wäre. Die Klägerin sei praktisch frei gewesen.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 101 Abs 1 und 103 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Neben den typischerweise unter den Anwendungsbereich der sog Gleichwohlgewährung nach § 117 Abs 4 AFG fallenden Sachverhalten könne Arbeitslosigkeit trotz eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nur noch in Fällen anerkannt werden, in denen das Arbeitsverhältnis auf Dauer lediglich als "leere Hülse" anzusehen sei. Im übrigen sei eine fehlerhafte Beweiswürdigung des LSG zu rügen, weil das Gericht gegen Denkgesetze verstoßen habe, da es trotz der ursprünglichen Erklärung über die Dienstbereitschaft gegenüber der Arbeitgeberin vor dem 17. Februar 1994 geschlossen habe, die Klägerin habe erst zum 1. Mai 1994 beschäftigt werden wollen. Gleichfalls nicht logisch nachvollziehbar sei, daß die Arbeitgeberin nach der Annahme des LSG nicht vor dem 1. Mai 1994 an einer Beschäftigung der Klägerin interessiert gewesen sei, sie gleichwohl aber bereits ab 29. April 1994 wieder beschäftigt habe. Ließe man es - bei einem ansonsten bestehenden Arbeitsverhältnis mit Wiedereinstellungszusage- ausreichen, daß letztlich nicht überprüfbare bzw nicht widerlegbare betriebsinterne Angaben über mangelnde Einsatzmöglichkeiten auf seiten des Arbeitgebers einerseits und die Arbeitslosmeldung des Arbeitnehmers verbunden mit der Erklärung, das Beschäftigungsverhältnis zeitlich begrenzt fortsetzen zu wollen, andererseits, genügen, um Beschäftigungslosigkeit iS des § 101 Abs 1 AFG anzuerkennen, seien mißbräuchlichen Gestaltungsmöglichkeiten zur Abwälzung von Arbeitskosten auf die Solidargemeinschaft der Beitragszahler Tür und Tor geöffnet. Die Klägerin sei ferner weder objektiv noch subjektiv verfügbar gewesen. Eine Arbeitsaufnahme bei einem anderen Arbeitgeber setze ua die Bereitschaft des bisherigen Arbeitgebers voraus, die Arbeitsaufnahme durch Lösung des Arbeitsrechtsverhältnisses zu ermöglichen. Wegen der objektiv bestehenden Bindungen stehe die Erklärung des Arbeitnehmers, er sei trotz eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses bereit, jede zumutbare Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber anzunehmen, nicht im Einklang mit den tatsächlichen Verhältnissen.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 1997 und des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Mai 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß ihr Arbeitslosengeld bis einschließlich 28. April 1994 zu zahlen ist.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist unter Berücksichtigung der sich aus dem Revisionsantrag der Klägerin ergebenden Einschränkung nicht begründet, denn die Entscheidung des LSG beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung (§ 170 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Der Klägerin steht Alg in der Zeit vom 1. März bis 28. April 1994 zu.

Anspruch auf Alg hat nach § 100 AFG, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, daß die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt hat, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Klägerin auch arbeitslos (1.) und stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung (2.).

1. Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß die Klägerin im streitigen Zeitraum arbeitslos war: Arbeitslos iS des Gesetzes ist ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt (§ 101 Abs 1 Satz 1 AFG). Die Klägerin war Arbeitnehmerin, denn sie strebte eine Beschäftigung von mehr als kurzzeitigem Umfang an. Hierbei steht es der Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen, daß die Klägerin vorrangig nur vorübergehende Arbeitsverhältnisse bis zur beabsichtigten Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit bei der Arbeitgeberin eingehen wollte, weil insoweit nicht vorausgesetzt wird, daß eine zeitlich unbegrenzte Beschäftigung oder auch nur eine solche von einer bestimmten Mindestdauer angestrebt wird (BSGE 42, 76, 84 = SozR 4100 § 101 Nr 2; BSGE 73, 90, 97 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4). Sie stand in der Zeit vom 1. März 1994 bis zum 28. April 1994 auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis.

Das LSG hat bei der Beurteilung der Frage, ob das Beschäftigungsverhältnis unterbrochen war, auf die maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse abgestellt und hierbei bei der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse zutreffend den "leistungsrechtlichen Begriff des Beschäftigungsverhältnisses in der Arbeitslosenversicherung" zugrunde gelegt (vgl hierzu BSGE 59, 183, 185 ff = SozR 4100 § 168 Nr 19; BSGE 73, 126, 129 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5), dessen Inhalt sich aus seiner Funktion als Anspruchsvoraussetzung für Leistungen bei Arbeitslosigkeit zur Abgrenzung des von der Arbeitslosenversicherung gedeckten Risikos ergibt. Hiernach ist es grundsätzlich geboten, eine Beendigung oder Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen, wenn trotz bestehenden Arbeitsverhältnisses Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden. Auf dieser Grundlage ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das LSG eine persönliche Abhängigkeit, die durch die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers gekennzeichnet ist, als prägendes Merkmal des Begriffs "Beschäftigung" im streitigen Zeitraum verneint hat.

Das LSG hat aus den Gesamtumständen auf einen Verzicht der Arbeitgeberin auf ihre Verfügungsbefugnis geschlossen. Es hat als Anzeichen hierfür ua herangezogen, daß die Arbeitgeberin aufgrund der ursprünglich getroffenen Vereinbarung und der darauf beruhenden Besetzung des früheren Arbeitsplatzes der Klägerin mit einem anderen Arbeitnehmer diese im streitigen Zeitraum nicht beschäftigen konnte und wollte. Bereits der Verzicht des Arbeitgebers auf seine Verfügungsbefugnis beendet das Beschäftigungsverhältnis (BSGE 73, 126, 129 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5). Im übrigen dürfte das Beschäftigungsverhältnis mit der Arbeitgeberin schon 1992 mit der Beurlaubung beendet worden sein. Soweit das LSG zusätzlich Feststellungen zum Fehlen der Dienstbereitschaft der Klägerin getroffen hat und sich hierbei auf die Arbeitslosmeldung sowie auf den Umstand gestützt hat, daß für die Klägerin mit einem Festhalten am Beschäftigungsverhältnis keinerlei finanzielle Vorteile verknüpft waren, waren diese für die Bejahung der Beschäftigungslosigkeit entbehrlich.

Die gegen die Annahme von Arbeitslosigkeit von der Revision erhobenen Einwände führen zu keiner anderen Beurteilung. Der gerügte Verfahrensmangel einer fehlerhaften Beweiswürdigung (§ 128 SGG) greift nicht durch. Denn - unabhängig von der Frage, ob der Verfahrensmangel hinreichend substantiiert ist (vgl BSG SozR Nr 47 zu § 164 SGG) sowie unabhängig von der Entscheidungserheblichkeit der angegriffenen Feststellungen liegt eine fehlerhafte Beweiswürdigung wegen eines Verstoßes gegen Denkgesetze nicht vor. Ein Verstoß gegen Denkgesetze ist nur gegeben, wenn das Gericht einen Schluß gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann (vgl BVerwG NJW 1997, 3328) bzw wenn aus den Gegebenheiten nur eine Folgerung gezogen werden kann, jede andere nicht "denkbar" ist und das Gericht die allein denkbare nicht gezogen hat (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31). Ein derartiger Widerspruch zu Denkgesetzen kann nicht damit begründet werden, daß die Klägerin ihre Arbeitsleistung vor der Arbeitslosmeldung zunächst der Arbeitgeberin angeboten hatte. Nach deren Absage mußte für die Klägerin keine Veranlassung bestehen, ihre Dienstbereitschaft gegenüber der Arbeitgeberin aufrechtzuerhalten. Ferner ist nicht ersichtlich, warum aus dem Umstand, daß die Klägerin eine Tätigkeit bei der Gewerkschaft entgegen der ursprünglichen Planung statt am 1. Mai 1994 bereits am 29. April 1994 wiederaufnahm, auf einen Widerspruch zu allgemeinen Denkgesetzen in der Gedankenführung des LSG geschlossen werden müßte. Die Klägerin hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, daß nicht einmal ein Wertungswiderspruch darin zu sehen ist, daß die Arbeitgeberin trotz des grundsätzlichen Festhaltens an der ursprünglichen Vereinbarung in der Lage war, die Klägerin zu einem geringfügig früheren Zeitpunkt als vorgesehen zu beschäftigen.

Zu Unrecht entnimmt die Revision der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, es komme bei der Beurteilung der Frage, ob während faktischer Beschäftigungslosigkeit bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis Arbeitslosigkeit vorliegt, entscheidend auf bestimmte Ursachen für die Nichterbringung der Arbeitsleistung an. Vielmehr hat das BSG zur Frage der Arbeitslosigkeit langfristig Arbeitsunfähiger dargelegt, daß die Beurteilung nach einer Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls zu erfolgen hat (BSGE 73, 90, 95 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4; BSGE 73, 126, 130 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5). In eine derartige Gesamtbetrachtung kann einfließen, daß der Arbeitnehmer infolge einer langfristigen Erkrankung die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann; zu einer notwendigen Bedingung für das Vorliegen von Arbeitslosigkeit wird die Arbeitsunfähigkeit dadurch jedoch nicht.

Auch soweit die Revision bei Anerkennung von zwischenzeitlicher Beschäftigungslosigkeit und einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis Mißbrauchsmöglichkeiten befürchtet, die die Funktionsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung im Falle einer breiten Anwendung insgesamt in Frage stellen würden, kann dies nicht nachvollzogen werden. Die hierfür angeführte Gestaltung, nämlich ein Arbeitszeitmodell mit einem vorübergehenden Aussetzen des betroffenen Arbeitnehmers ohne finanzielle Belastung des Arbeitgebers bei gleichzeitiger "Zugriffsmöglichkeit" des Arbeitgebers auf den Arbeitnehmer, unterscheidet sich nämlich vom vorliegenden Fall dadurch, daß die Bindungen der Arbeitsvertragsparteien während der Zeit der Nichtbeschäftigung fortbestehen, was durch die Möglichkeit eines Zugriffs verdeutlicht wird. Demgegenüber ist die Situation der Klägerin im streitigen Zeitraum mit derjenigen eines Arbeitslosen vergleichbar, der wieder Arbeit gesunden hat, aber nicht für sofort, sondern erst ab einem in naher Zukunft liegenden Tag.

2. Schließlich können aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen auch die Voraussetzungen der objektiven Verfügbarkeit einschließlich der Erreichbarkeit und der Bereitschaft der Klägerin, jede zumutbare Arbeit anzunehmen (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 bis 3 AFG), bejaht werden.

Während der Zeit der Beschäftigungslosigkeit vom 1. März 1994 bis 28. April 1994 war die Klägerin nicht rechtlich an die Arbeitgeberin gebunden, denn die diesbezügliche Vereinbarung sah eine Freistellung der Klägerin gerade deshalb vor, um ihr eine Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber zu ermöglichen. Darüber hinausgehende tatsächliche Bindungen an die Arbeitgeberin, wie sie der Senat bei einer wiederkehrenden Beschäftigung in einem Saisonbetrieb des Ehegatten für möglich gehalten hat (vgl BSGE 73, 263, 269 = SozR 3-4100 § 112 Nr 16), bestanden für den fraglichen Zeitraum nicht. Die Klägerin stand der Arbeitsvermittlung nach den mit der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG, die damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), auch über den 28. April 1994 für einen Dauerarbeitsplatz zur Verfügung, so daß nicht zu entscheiden ist, welche Anforderungen an die Verfügbarkeit des Arbeitslosen bei befristeter Arbeitslosigkeit zu stellen sind (vgl hierzu BSGE 44, 71, 78 = SozR 4100 § 119 Nr 3; BSGE 73, 263, 269 = SozR 3-4100 § 112 Nr 6; Gagel/Steinmeyer, AFG, § 103 RdNr 96 ff). Einer Arbeitsaufnahme konnte insoweit zwar der Umstand entgegenstehen, daß die Klägerin ab dem 1. Mai 1994 eine Tätigkeit bei der Arbeitgeberin wiederaufnehmen sollte, jedoch handelt es sich hierbei um eine in der Zukunft liegende vertragliche Bindung, die dem "Dürfen" iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG im Hinblick auf die Relativität schuldrechtlicher Verpflichtungen nicht entgegensteht, wenn der Arbeitslose bereit ist, sich unter Inkaufnahme der voraussichtlichen Folgen einer Vertragsverletzung über diese Bindungen hinwegzusetzen (Gagel/Steinmeyer, AFG, § 103 RdNr 150; Niesel/Brand, AFG, 2. Aufl 1997, § 103 RdNr 26). Nicht erforderlich ist, daß der Arbeitslose die in der Zukunft liegende vertragliche Bindung bereits tatsächlich gelöst hat, um seine Verfügbarkeit herzustellen. Dies steht auch der Rechtsprechung des BSG, wonach sich der Arbeitslose der Vermittlungstätigkeit der BA aktuell zur Verfügung halten muß und diesem Erfordernis nicht genügt wird, wenn es gestaltender Entscheidungen bedarf, um einem Arbeitsangebot Folge zu leisten (vgl nur BSG SozR 4100 § 103 Nr 46 mwN), schon deshalb nicht entgegen, weil eine entsprechende Bindung im geltend gemachten Leistungszeitraum nicht bestand. Ausreichend ist dann, wie das BSG in anderem Zusammenhang bei Bestehen von vertraglichen oder tatsächlichen Bindungen bereits entschieden hat (BSGE 73, 126, 130 f = SozR 3-4100 § 101 Nr 5; BSGE 73, 263, 270 = SozR 3-4100 § 112 Nr 16), die vom LSG festgestellte Bereitschaft des Arbeitslosen, sich vom bisherigen Betrieb zu lösen.

Auch gegen das Vorliegen von subjektiver Verfügbarkeit iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision keine durchgreifenden Bedenken. Die Arbeitsbereitschaft des Arbeitslosen muß sich auf alle von § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG erfaßten Beschäftigungen und auf die zusätzlich aufgeführten Maßnahmen der beruflichen Bildung beziehen. Relevante Einschränkungen der Arbeitsbereitschaft der Klägerin, die sich aus der beabsichtigten Wiederaufnahme der Tätigkeit ergeben könnten, lagen nach den Feststellungen des LSG nicht vor. Der vorrangige Wunsch der Klägerin, in ein befristetes Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden, beseitigt ihre Verfügbarkeit angesichts der vom LSG festgestellten Bereitschaft, ein anderes Dauerarbeitsverhältnis einzugehen, nicht (vgl BSGE 47, 40, 43 = SozR 4100 § 103 Nr 18 mwN).

Die Revision der Beklagten erweist sich damit als unbegründet; sie ist zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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