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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 06.05.2009
Aktenzeichen: B 11 AL 7/08 R
Rechtsgebiete: SGB III, GG


Vorschriften:

SGB III F: 23.12.2003 § 130 Abs 1 S 1
SGB III F: 23.12.2003 § 130 Abs 1 S 2
SGB III F: 23.12.2003 § 130 Abs 2 S 1 Nr 4
SGB III F: 23.12.2003 § 130 Abs 3 S 1 Nr 1
SGB III F: 23.12.2003 § 131 Abs 1 S 1
SGB III F: 23.12.2003 § 132 Abs 1
GG Art 3 Abs 1
GG Art 14 Abs 1

Entscheidung wurde am 11.11.2009 korrigiert: die Rechtsgebiete und die Vorschriften wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt.
1. Das Arbeitslosengeld kann im Anschluss an eine zweijährige Teilzeitarbeit nicht mehr nach einem davor erzielten höheren Arbeitsentgelt aus einer Vollzeitbeschäftigung bemessen werden (§ 130 SGB III idF ab 1.1.2005).

2. Dies verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.


BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 6. Mai 2009

in dem Rechtsstreit

Az: B 11 AL 7/08 R

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Wetzel-Steinwedel, den Richter Dr. Leitherer und die Richterin Dr. Roos sowie den ehrenamtlichen Richter Rademacher und die ehrenamtliche Richterin Dr. Picker

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger verlangt höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 1. April 2006.

Der 1951 geborene Kläger war vom 1. September 1966 bis 31. März 2006 bei der V. AG als Vorarbeiter/Gerätefahrer an der Förderbrücke tätig. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug bis zum 31. März 2004 40 Stunden. In der Zeit vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 erzielte er ein Bruttoarbeitsentgelt (einschließlich Einmal- und Sonderzahlungen) in Höhe von 37.016,32 Euro. Mit Änderungsvertrag vom 3. Mai 2004, der auf einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung betrieblicher Kurzarbeit vom 21. November 2003 basierte, vereinbarte der Kläger mit seinem Arbeitgeber die Reduzierung der Arbeitszeit auf 79 vH der tariflichen Arbeitszeit (31,6 Wochenstunden). Der Kläger wurde zwar von der Arbeit freigestellt, musste sich jedoch zum jederzeitigen Einsatz durch den Arbeitgeber zur Verfügung halten. Im Zeitraum vom 1. April 2004 bis 31. März 2005 erzielte der Kläger ein entsprechend niedrigeres Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 28.001,85 Euro und in der Zeit vom 1. April 2005 bis 31. März 2006 29.963,88 Euro (einschließlich Einmal- und Sonderzahlungen).

Nach betriebsbedingter Kündigung durch den Arbeitgeber zum 31. März 2006 meldete sich der Kläger am 6. März 2006 mit Wirkung zum 1. April 2006 arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 3. April 2006 bewilligte die Beklagte ab 1. April 2006 für 540 Tage Alg in Höhe von 22,56 Euro täglich. Sie legte der Berechnung ein fiktives Bemessungsentgelt von 55,07 Euro täglich zu Grunde, weil in dem auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 1. April 2004 bis 31. März 2006 nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellbar seien. Denn die in dieser Zeit ausgeübte Teilzeitbeschäftigung bleibe außer Betracht. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. April 2006).

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheids verurteilt, dem Kläger Alg in gesetzlicher Höhe für die gesetzliche Dauer auf Grund eines Bemessungsentgelts von täglich 82,09 Euro, das sich aus den im Zeitraum vom 1. April 2005 bis 31. März 2006 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten ergibt, zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Oktober 2007). In den Entscheidungsgründen hat das SG im Wesentlichen ausgeführt: Grundsätzlich seien die Voraussetzungen für eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zwar erfüllt. In dem längstens zwei Jahre umfassenden Bemessungsrahmen, der mit dem 31. März 2006 als dem letzten Tag der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers begonnen habe, seien keine berücksichtigungsfähigen Entgeltabrechnungszeiträume enthalten. Denn die Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von nur noch 79 vH der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit in der Zeit ab 1. April 2004 habe gemäß § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht zu bleiben. Im Wege einer teleologischen Reduktion sei diese Norm hier jedoch nicht anzuwenden, weil sonst ihr Zweck, ungünstige Bemessungsergebnisse als Folge atypischer Beschäftigungen zu vermeiden, in sein Gegenteil verkehrt werde. Denn nach den Umständen des Falles führe eine Regelbemessung unter Berücksichtigung der in der Zeit vom 1. April 2005 bis 31. März 2006 erzielten Teilzeitentgelte von insgesamt 29.963,88 Euro mit einem Bemessungsentgelt von 82,09 Euro täglich zu einem höheren Alg als die fiktive Bemessung mit einem Bemessungsentgelt von 55,07 Euro täglich. Nicht verlangen könne der Kläger dagegen die Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts auf der Grundlage des vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 erzielten Bruttoarbeitsentgelts, weil dieser Zeitraum nicht im Bemessungsrahmen liege; dieser könne nicht über zwei Jahre hinaus erweitert werden. Gegenteiliges könne auch nicht aus den Ausnahmetatbeständen des § 130 Abs 2 SGB III gefolgert werden.

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision (Beschluss vom 17. Januar 2007, berichtigt durch Beschluss vom 3. März 2008) verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, höheres Alg unter Berücksichtigung seines zuletzt vor der Teilzeitbeschäftigung erzielten Arbeitsentgelts zu erhalten. Er rügt, das SG habe in Folge einer unzutreffenden Auslegung des § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III verkannt, dass Beschäftigungszeiten im Sinne der Vorschrift nach dem Zweck der Regelung Aufschubtatbestände seien, die weder bei der Bestimmung des Bemessungsrahmens noch beim Bemessungszeitraum zu berücksichtigen seien. Der Bemessungsrahmen sei auf den Zeitraum vor der Teilzeitbeschäftigung zu erweitern, weil allein die Bemessung auf der Grundlage des letzten Vollzeitentgelts dem Ziel des Gesetzes gerecht werde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des SG vom 18. Oktober 2007 und des Bescheids der Beklagten vom 3. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2006 zu verurteilen, ihm ab 1. April 2006 im gesetzlichen Umfang Alg unter Zugrundelegung des vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 erzielten Arbeitsentgelts als Bemessungsentgelt zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

II

Die zulässige Sprungrevision des Klägers (vgl § 161 Abs 1 Satz 1 Alternative 2, Satz 2 und Satz 3 Alternative 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

Dem Kläger steht ab 1. April 2006 kein höheres Alg zu als ihm bereits durch das Urteil des SG zuerkannt worden ist (dazu im Folgenden unter 1). Insbesondere kann das vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 erzielte Arbeitsentgelt nicht als Bemessungsentgelt herangezogen werden (dazu 2). Dies begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu 3).

1. Da nur der Kläger Revision eingelegt hat, ist das angefochtene Urteil gemäß § 202 SGG iVm § 557 Abs 1 Zivilprozessordnung lediglich zu überprüfen, soweit der Kläger Alg nach einem höheren Bemessungsentgelt als dem vom SG zu Grunde gelegten Bemessungsentgelt von 82,09 Euro täglich verlangt. Die Beklagte hat die Entscheidung des SG nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen, sodass diese Entscheidung insoweit rechtskräftig ist.

2. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höheres Alg unter Zugrundelegung des in den letzten zwölf Monaten vor der Reduzierung der Arbeitszeit erzielten Arbeitsentgelts gibt es keine Rechtsgrundlage.

a) Sein Anspruch auf höhere Leistungen scheitert allerdings nicht bereits am Fehlen eines Leistungsanspruchs dem Grunde nach. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung der für den Bereich der Arbeitsförderung zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) bei einem Höhenstreit im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) Grund und Höhe des Leistungsanspruchs grundsätzlich in vollem Umfang zu überprüfen sind (vgl BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 - B 7 AL 24/04 R - BSGE 94, 109 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1 und zuletzt Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 23/07 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 1, jeweils mwN). Demgemäß hat das SG bei seiner Entscheidung zutreffend zunächst die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg dem Grunde nach (§ 117 Abs 1 Nr 1, § 118 SGB III) geprüft, ohne deren Vorliegen auch eine Klage auf höhere Leistung keinen Erfolg haben kann. Es hat bindend festgestellt (§ 163 SGG, § 161 Abs 4 SGG), dass der Kläger sich am 6. März 2006 mit Wirkung zum 1. April 2006 arbeitslos gemeldet hat, sodass diese Anspruchsvoraussetzung erfüllt ist (§ 118 Abs 1 Nr 2 und Abs 2, § 122 Abs 1 SGB III). Ferner ergibt sich aus den Feststellungen, dass er ab 1. April 2006 auch arbeitslos iS der §§ 118 Abs 1 Nr 1, 119 bis 121 SGB III war. Schließlich bestehen auch keine Zweifel, dass der Kläger die Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 118 Abs 1 Nr 3 SGB III).

b) Besteht danach ein Anspruch auf Alg dem Grunde nach für die Zeit ab 1. April 2006, so gilt für die Höhe der Leistung Folgendes:

aa) Nach § 129 Nr 1 SGB III in der seit 1. August 2001 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl I 266) beträgt das Alg, falls - wie hier - kein Kind iS des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist, 60 vH (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (§ 131 Abs 1 Satz 1 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl I 2848 [im Folgenden: Gesetz vom 23. Dezember 2003]).

Nach § 130 SGB III in der hier anzuwendenden, vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (aaO) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (Abs 1 Satz 1). Nach näherer Maßgabe von § 130 Abs 2 SGB III bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bestimmte Zeiten außer Betracht. Dazu gehören ua (Satz 1 Nr 4) Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 vH der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.

Der Bemessungsrahmen umfasst gemäß § 130 Abs 1 Satz 2 SGB III ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen wird gemäß § 130 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, das nach vier näher geregelten Qualifikationsgruppen bestimmt wird (§ 132 SGB III in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003, aaO).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage - die Übergangsregelungen in § 434j SGB III sind nicht einschlägig - ist das SG zu dem Ergebnis gekommen, dass im Fall des Klägers der Regelbemessungsrahmen den Zeitraum vom 1. April 2005 bis 31. März 2006 umfasst. Denn am 31. März 2006 endete das letzte Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs. Nach den bindenden Feststellungen (§ 163, § 161 Abs 4 SGG) des SG war die auf Grund des Änderungsvertrags vom 3. Mai 2004 iVm der Betriebsvereinbarung zur Durchführung betrieblicher Kurzarbeit vom 21. November 2003 erfolgte Freistellung des Klägers von der Arbeit noch nicht mit einem Verzicht des Arbeitgebers auf sein Direktionsrecht verbunden (vgl allgemein zum Problem der Freistellung zuletzt BSG, Urteil vom 24. September 2008 - B 12 KR 22/07 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Das SG ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, dass das Beschäftigungsverhältnis (gleichzeitig mit dem Arbeitsverhältnis) erst durch die zum 31. März 2006 erfolgte Kündigung des Arbeitgebers geendet hat und bis zu diesem Tag das Versicherungspflichtverhältnis des Klägers als Beschäftigter fortbestanden hat (§ 24 Abs 4 SGB III).

Ob das SG zu Recht von einem maßgeblichen Bemessungsrahmen von einem Jahr gemäß § 130 Abs 1 Satz 2 SGB III ausgegangen ist oder ob entsprechend dem Bescheid der Beklagten wegen der Ausklammerung der Teilzeitarbeit nach § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III der Bemessungsrahmen gemäß § 130 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III auf zwei Jahre erweitert werden und eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs 1 SGB III vorgenommen werden muss, kann hier offen bleiben. Denn die Auffassung des SG führt jedenfalls zu keiner Benachteiligung des Klägers.

Das SG hat - von seiner Rechsauffassung her konsequent - ausgeführt, dass eine Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, weil schon der einjährige Regelbemessungsrahmen einen Bemessungszeitraum von mehr als 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Es hat deshalb nur das aus der Teilzeittätigkeit im Zeitraum von April 2005 bis März 2006 erzielte, höhere Arbeitsentgelt (29.963,88 Euro) berücksichtigt. Da die Zeit von April 2005 bis März 2006 nach den Feststellungen des SG lückenlos mit abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen belegt war und 365 Kalendertage umfasste, leitet sich aus dem in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelt gemäß § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein durchschnittliches tägliches Arbeitsentgelt von 82,09 Euro ab (= 29.963,88 Euro ./. 365 Tage). Dass das SG bei seiner Berechnung das Jahreseinkommen durch 365 Tage geteilt hat, steht nicht im Widerspruch zu der Regelung des § 134 Satz 2 SGB III und § 339 Satz 1 SGB III (vgl dazu Winkler, info also 2006, 147, 149). Dies bestätigt § 131 Abs 1 Satz 1 SGB III, wonach das Alg "für Kalendertage berechnet" wird (vgl BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 38/06 R = SozR 4-4300 § 434j Nr 2 RdNr 10 und 12; ebenso die überwiegende Literaturmeinung, zB Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 131 RdNr 65 f, Stand Mai 2008, und § 134 RdNr 26, Stand Februar 2006; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 131 RdNr 23, Stand Januar 2007, und § 134 RdNr 7, Stand Dezember 2006). Unter Beachtung der allgemeinen Berechnungsgrundsätze in § 338 Abs 1 und Abs 2 SGB III hat das SG somit das nach seinem Standpunkt zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt der Höhe nach richtig mit 82,09 Euro täglich berechnet.

cc) Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner weiteren Vertiefung und wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen, dass dieses - abweichend vom Gesetzeswortlaut des § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III - auf der Grundlage des tatsächlich erzielten Teilzeitarbeitsentgelts berechnete Bemessungsentgelt für den Kläger günstiger ist als eine fiktive Bemessung nach § 132 SGB III. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte den Kläger zu Recht der Qualifikationsgruppe 3 (§ 132 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III) zugeordnet hatte, oder ob angesichts der Feststellungen des SG, der Kläger habe über den Erwerb der Facharbeiterqualifikation als Gerätefahrer hinaus "in diesem Bereich noch seinen Meister" gemacht, auch eine Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 (§ 132 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III) in Betracht gekommen wäre. Denn auch dann wäre das vom SG entschiedene und insoweit in Rechtskraft erwachsene Ergebnis für den Kläger jedenfalls günstiger als eine fiktive Bemessung. Nach § 2 Abs 2 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2006 vom 21. Dezember 2005 (BGBl I 3627) betrug die Bezugsgröße (Ost) im Jahr 2006 24.780 Euro jährlich. Auch die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 hätte somit zu einem Bemessungsentgelt geführt, das deutlich hinter dem vom SG zu Grunde gelegten Bemessungsentgelt von 82,09 Euro zurückgeblieben wäre. Daran würde sich im Ergebnis selbst dann nichts ändern, wenn man auf Grund der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG abgegebenen Erklärung, er habe sich bei der Arbeitslosmeldung für Gesamtdeutschland zur Verfügung gestellt, die Bezugsgröße für die alten Bundesländer (nach § 2 Abs 1 der genannten Verordnung im Jahre 2006 29.400 Euro) als maßgeblich anzusehen hätte (vgl Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 132 RdNr 12, Stand August 2006).

c) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers können bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts nicht die für ihn (noch) günstigeren Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate vor der Reduzierung der Arbeitszeit (April 2003 bis März 2004) zu Grunde gelegt werden. Wie sich aus den - unter 2b, aa bereits dargestellten - §§ 130 Abs 3, 132 Abs 1 SGB III ergibt, sieht das Gesetz eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus nicht vor. Daran ändert nichts, dass nach § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III bei der Ermittlung "des Bemessungszeitraums" Teilzeittätigkeiten im dort genannten Umfang außer Betracht bleiben, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat. Denn der Kläger erfüllt zwar die Voraussetzungen dieser Vorschrift. Doch § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III stellt ebenso wie die dort in der Nr 1 bis 3 SGB III genannten Zeiten keinen Aufschubtatbestand dar, der zu einer Erweiterung des Bemessungsrahmens auf mehr als zwei Jahre führen könnte. Vielmehr soll durch diese Regelungen, wie der erkennende Senat bereits zu § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 3 (Zeiten des Erziehungsgeldbezugs) entschieden hat (Urteile vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 23/07 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 1 und - B 11a/7a AL 64/06 R - im Anschluss an SozR 4-4300 § 416a Nr 1), der Arbeitslose davor geschützt werden, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einfließen, die nach § 131 Abs 1 iVm § 130 Abs 1 SGB III eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war. Für die hier einschlägige Regelung in § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III gilt - auch unter Berücksichtigung der Zwecksetzung und der Entstehungsgeschichte dieser Regelung - nichts anderes.

Es trifft zwar zu, dass diese Regelung, die im Wesentlichen schon in dem bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Recht enthalten war (§ 112 Abs 4 Nr 3 iVm Abs 4a Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz [AFG]) und ab 1. Januar 1998 in § 131 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (aF) übernommen wurde, die Bereitschaft von Arbeitnehmern zur Verkürzung der Arbeitszeit (ua) zur Sicherung des Arbeitsplatzes erhöhen sollte (vgl BT-Drucks 12/6719 S 16 [zu Nr 20, Buchst b]). Dabei hat der Gesetzgeber aber von Anfang an keinen beliebigen Rückgriff auf frühere Beschäftigungszeiten mit längeren regelmäßigen Arbeitszeiten zugelassen. Vielmehr konnte schon nach § 112 Abs 4a Satz 1 AFG die Reduzierung der Arbeitszeit nur dann bei der Bemessung außer Betracht bleiben, wenn der letzte Tag eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums mit einer längeren regelmäßigen Arbeitszeit am Tag der Entstehung des Anspruchs noch nicht länger als drei Jahre zurücklag. Diese Einschränkung wurde auch in § 131 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III aF ohne wesentliche inhaltliche Änderung übernommen. Diese Beschränkung des Rückgriffs auf früher zurückgelegte Beschäftigungszeiten entsprach auch dem Rechtsgedanken des § 112 Abs 7 Alternative 2 AFG bzw ab 1. Januar 1998 des § 133 Abs 4 SGB III aF, wonach bei einem zur Zeit der Entstehung des Anspruchs länger als drei Jahre zurückliegenden Bemessungszeitraum das in der Vergangenheit erzielte Arbeitsentgelt nicht mehr als Bemessungsentgelt heranzuziehen, sondern nur noch das aktuell erzielbare fiktive Arbeitsentgelt maßgebend war. Schon § 131 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III aF erlaubte also nur eine begrenzte Verlängerung des Bemessungszeitraums in die Vergangenheit (vgl BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R - SozR 4-4300 § 416a Nr 1).

Bei der Einführung eines längstens zwei Jahre umfassenden Bemessungsrahmens (§ 130 Abs 3 SGB III) zum 1. Januar 2005 hat es der Gesetzgeber dabei belassen, in § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III auf einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren vor der Entstehung des Anspruchs abzustellen. Dies mag, wie das SG ausgeführt hat, vordergründig sinnwidrig erscheinen, doch erklärt sich der unterschiedliche zeitliche Rahmen dadurch, dass sich die Rechtsfolge des Außerbetrachtbleibens nach § 131 Abs 2 SGB III in den dort genannten Sonderfällen ausdrücklich nur auf die "Ermittlung des Bemessungszeitraumes" bezieht. Er betrifft also gerade nicht den davon strikt zu unterscheidenden "Bemessungsrahmen", der nicht auf mehr als zwei Jahre erweiterbar ist, wie der Senat schon entschieden hat (Senatsurteile vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 23/07 R und B 11a/7a AL 64/06 R; vgl auch Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 RdNr 60 f und 79 ff, Stand Juli 2005; aA Rolfs in Gagel, SGB III, § 130 RdNr 36 ff, Stand Oktober 2008).

3. Wie das SG mit im Wesentlichen zutreffenden und von der Revision nicht beanstandeten Erwägungen ausgeführt hat, lässt sich ein Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung des bis zum 31. März 2004 erzielten Arbeitsentgelts als Bemessungsentgelt auch nicht aus der Verfassung herleiten. Dass vor dem Beginn des längstens zwei Jahre umfassenden Bemessungsrahmens liegendes Arbeitsentgelt nicht mehr als Bemessungsentgelt heranzuziehen ist, verstößt nach den Entscheidungen des Senats vom 29. Mai 2008 (aaO) selbst dann nicht gegen höherrangiges Recht, wenn es eine vergleichsweise ungünstige fiktive Bemessung (§ 132 SGB III) zur Folge hat. Im vorliegenden Fall, der aus den eingangs genannten Gründen nur noch darauf zu überprüfen ist, ob es den Kläger in seinen Rechten verletzt, dass nach dem Urteil des SG statt eines fiktiven Arbeitsentgelts das im Bemessungsrahmen erzielte (höhere) Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zu Grunde zu legen ist, ergeben sich erst recht keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass es die in Art 14 Abs 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) geschützte Eigentumsgarantie gebietet, den vom Kläger bis zur Reduzierung der Arbeitszeit erzielten Lohn zur Bemessungsgrundlage zu machen. Auch wenn der auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhende Anspruch auf Alg in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fällt (vgl BVerfGE 90, 226 = SozR 3-4100 § 111 Nr 6 mwN), ergibt sich doch die konkrete Reichweite des Schutzes erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber (Art 14 Abs 1 Satz 2 GG). Dieser hat bei der Regelung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung einen weiten Gestaltungsspielraum, sofern er die rechtsstaatlichen Grundsätze beachtet und sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lässt, und er darf sich bei der Bemessung des Alg grundsätzlich auch für Pauschalierungen und Typisierungen entscheiden (BVerfGE 90, 226 = SozR 3-4100 § 111 Nr 6; BSGE 79, 14 = BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 14).

Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, das Arbeitsentgelt aus weit zurückliegenden Beschäftigungszeiten als Bemessungsgrundlage auszuschließen. Denn die gesetzgeberische Überlegung, dass den länger zurückliegenden Einkommensverhältnissen keine ausreichende Indizwirkung für den aktuellen Lohnausfall mehr zukommt, ist sachgerecht. Die Funktion des Alg ist es, dem Arbeitslosen angemessenen Ersatz für den Ausfall zu leisten, den er dadurch erleidet, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz findet. Daraus folgt, dass die Bemessung des Alg an das Arbeitsentgelt anknüpft, das der Arbeitslose zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bezogen hat (BVerfGE 63, 255 = SozR 4100 § 111 Nr 6). Denn das entspricht in der Regel der Konzeption, die Lohnersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Lohnniveau auszurichten, das den auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard des Arbeitslosen repräsentiert (vgl ua BSGE 74, 96, 100 = SozR 3-4100 § 112 Nr 17; BSGE 77, 244, 250 = SozR 3-4100 § 112 Nr 24; BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 26). Die Überlegung des Gesetzgebers, dass dem in länger zurückliegenden Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelt keine ausreichende Indizwirkung für den auszugleichenden Lohnausfall mehr zukommt (vgl BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 7), sodass es nicht die Vermutung rechtfertigt, dass der Arbeitslose dasselbe Arbeitsentgelt (ohne die gegenwärtige Arbeitslosigkeit) auch durch Erwerbstätigkeit im Leistungszeitraum erzielen könnte, hält sich im Rahmen dieser Konzeption und ist deshalb ebenfalls sachgerecht (Senatsurteile vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 23/07 R, RdNr 35 ff und B 11a/7a AL 64/06 R, RdNr 35 ff). Insbesondere kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, er habe bis zum Beginn seiner Teilzeitbeschäftigung höhere Beiträge bezahlt. Denn die Leistungen der Arbeitslosenversicherung stehen in aller Regel in ihrer Höhe nicht in Äquivalenz zum individuell geleisteten Beitrag (vgl BVerfGE 72, 9, 19 f = SozR 4100 § 104 Nr 13, S 13; BVerfGE 76, 220, 236 = SozR 4100 § 242b Nr 3, S 11).

Eine andere Beurteilung ist hier schließlich nicht deshalb geboten, weil die Regelung in § 130 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB III - wie bereits erwähnt - gerade die Bereitschaft von Arbeitnehmern zur Verkürzung der Arbeitszeit erhöhen und vor der Zugrundelegung eines atypisch niedrigen Bemessungsentgelts schützen soll. Denn weil das Alg als Lohnersatzleistung grundsätzlich am aktuellen Verdienstausfall auszurichten ist, war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, diesen Schutz ohne zeitliche Grenze zu gewähren und den Rückgriff auf früher einmal erzieltes Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf die Frage der ihm noch zukommenden Indizwirkung für den gegenwärtigen Lohnausfall unbeschränkt zuzulassen. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn im Zeitpunkt des Änderungsvertrages vom 3. Mai 2004, mit dem die Reduzierung der Arbeitszeit vereinbart worden war, galt zwar noch die alte Rechtslage, dh § 133 Abs 4 SGB III aF, wonach bei einem zur Zeit der Entstehung des Anspruchs länger als drei Jahre zurückliegenden Bemessungszeitraum das in der Vergangenheit erzielte Arbeitsentgelt nicht mehr als Bemessungsentgelt heranzuziehen war. Doch abgesehen davon, dass diese Vorschrift zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung des Alg-Anspruchs ab 1. April 2006 nicht mehr galt, ist zu berücksichtigen, dass die hier anzuwendenden Regelungen der §§ 130 ff SGB III zwar erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten (Art 124 Abs 3 iVm Art 1 Nr 71 ff des Gesetzes vom 23. Dezember 2003), die Vorschriften jedoch bereits im Bundesgesetzblatt vom 27. Dezember 2003 veröffentlicht worden sind. Im Hinblick auf diese zeitliche Abfolge war somit die Änderung der Rechtslage absehbar und hatten die Betroffenen ausreichend Gelegenheit, sich auf die zukünftige Rechtslage einzustellen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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