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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 27.08.2008
Aktenzeichen: B 11 AL 9/07 R
Rechtsgebiete: SGB X, SGB III


Vorschriften:

SGB X § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2
SGB III § 330 Abs 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. August 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Wetzel-Steinwedel, den Richter Dr. Leitherer und die Richterin Dr. Roos sowie den ehrenamtlichen Richter Zähringer und die ehrenamtliche Richterin Setz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 27. März bis 23. Juli 2001 sowie gegen seine Pflicht zur Erstattung der Alhi einschließlich Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 7.393,51 DM (= 3.780,24 Euro).

Der 1971 geborene (ledige) Kläger bezog vom 1. April 2000 bis zum 26. März 2001 Arbeitslosengeld (Alg). Im Zeitraum von März bis Oktober 2000 erwarb er Aktien verschiedener börsennotierter Unternehmen, die nach den Kurswerten am jeweiligen Kauftag insgesamt (umgerechnet) 53.056,81 Euro kosteten.

Am 1. März 2001 beantragte der Kläger Anschluss-Alhi. Auf dem Antragsvordruck beantwortete er die Fragen nach Freistellungsaufträgen und nach Vermögen jeweils mit "nein" und ließ die weiteren Fragen, insbesondere nach Wertpapieren "(z.B. Aktien, Fondsanteile usw.)" offen, bestätigte aber durch Unterschrift die Richtigkeit seiner Angaben. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin Alhi ab 27. März 2001 nach einem Bemessungsentgelt von gerundet 1.110,00 DM wöchentlich; der Leistungsbezug endete am 3. Februar 2003.

Nachdem durch einen Datenabgleich ein Freistellungsauftrag bekannt geworden war, stellte sich durch Rückfrage der Beklagten beim Kläger im März 2002 heraus, dass dieser über ein Depot mit den erwähnten Aktien verfügte; nach einem nunmehr vorgelegten Kontoauszug hatte es am 27. März 2001 einen Wert von 14.072,00 Euro (= 27.522,44 DM). Mit Bescheid vom 17. Dezember 2002 hob die Beklagte nach Anhörung des Klägers die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 27. März bis zum 31. Dezember 2001 auf Grund verwertbaren Vermögens von 19.522,44 DM (= 27.522,44 DM - 8.000,00 DM Freibetrag) auf und forderte Alhi in Höhe von 14.042,00 DM sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 3.354,58 DM zurück.

Der Widerspruch des Klägers, der sich auf einen zwischen Kauf und Alhi-Antragstellung eingetretenen Wertverlust des Depots von mehr als 70 vH berief, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. September 2003).

Im Laufe des Klageverfahrens änderte die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2004 den Bescheid vom 17. Dezember 2002 dahingehend, dass sie die Aufhebung der Leistungsbewilligung auf die Zeit vom 27. März bis zum 23. Juli 2001 beschränkte und nur noch Alhi in Höhe von 5.967,85 DM nebst Kranken- bzw Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 1.324,22 DM bzw 101,45 DM zurückforderte, insgesamt 7.393,51 DM (= 3.780,24 Euro); auf Grund des verwertbaren Vermögens von 19.522,44 DM (= 9.981,67 Euro) habe der Kläger für einen Zeitraum von 17 Wochen keinen Anspruch auf Alhi gehabt.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 17. März 2005 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 25. Januar 2007 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Entscheidung der Beklagten in Gestalt des Änderungsbescheids vom 19. März 2004 sei rechtmäßig. Der Kläger könne sich auf Vertrauensschutz nicht berufen, da die rechtswidrige Leistungsbewilligung auf Angaben beruhe, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Zum Zeitpunkt der Alhi-Bewilligung habe für einen Zeitraum von 17 Wochen keine Bedürftigkeit bestanden. Die Verwertung der Aktien sei trotz der erheblichen Kursverluste seit dem Kauf auch nicht wegen offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit unzumutbar gewesen. Der zu erzielende Gegenwert habe in keinem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes gestanden. Der am 27. März 2001 realisierbare Wert der Aktien sei nicht hinter ihrem wirklichen Wert zurückgeblieben, sondern ein Verkauf am 27. März 2001 hätte nur die schon vorher durch Kursverluste eingetretene Vermögensminderung offenbar werden lassen. Darin liege ein wesentlicher Unterschied zu anderen Vermögensgegenständen, beispielsweise einer Kapitallebensversicherung. Bei Letzterer trete oftmals ein wirtschaftlicher Verlust erst dadurch ein, dass der Vertrag vorfristig beendet werde und sich aus diesem Grund ein reduzierter Rückkaufswert ergebe. Der Handel mit Aktien sei dagegen von vornherein spekulativ, und ein normal und ökonomisch Handelnder entscheide über Kauf und Verkauf regelmäßig auf Grund eigener Zukunftsprognose. Daher könne nicht unterstellt werden, dass ein wirtschaftlich handelnder Aktionär die Aktien des Klägers am Bewertungsstichtag offensichtlich nicht verwertet hätte. Vielmehr legten die damaligen Entwicklungen am Aktienmarkt den gegenteiligen Schluss nahe. Nicht zu folgen sei schließlich dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. Mai 2005 (B 7a/7 AL 84/04 R = SozR 4-4220 § 1 Nr 4). Denn soweit dort auf einen Vergleich zwischen den Kosten der Anschaffung mit dem Erlös bei einem Verkauf abgestellt worden sei, widerspreche dies der sonstigen Rechtsprechung des BSG, nach der ein bereits vor dem Antrag auf Alhi unabhängig von der Notwendigkeit eines Verkaufs eingetretener Wertverlust als unerheblich anzusehen sei. Dies folge auch aus dem Sinn und Zweck der Alhi, die eine fehlende Eigenleistungsfähigkeit voraussetze. Deshalb sei allein maßgeblich, ob die, wenn auch durch Verluste verringerte, Eigenleistungsfähigkeit aktuell (noch) ausreichend iS der Alhi-Vorschriften sei. Eine Berücksichtigung von Vermögenseinbußen vor der Antragstellung sei nicht vorgesehen. Bei einer anderen Betrachtungsweise bestehe die Gefahr einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Im Übrigen werde der Wertverlust der Aktien des Klägers zumindest teilweise leistungsrechtlich ausgeglichen, weil das geringer gewordene Vermögen nur noch für 17 Wochen die Bedürftigkeit ausschließe und zu einem früheren Anspruchsbeginn führe.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht im Wesentlichen geltend, ein Verkauf seiner Aktien am 27. März 2001 wäre offensichtlich unwirtschaftlich gewesen, weil er dann von den Erwerbskosten, auf die nach dem Urteil des BSG vom 3. Mai 2005 (aaO) abzustellen sei, nur noch 26,52 vH hätte realisieren können. Der bereits eingetretene Verlust sei so erheblich gewesen, dass eine Veräußerung aus Sicht eines normal und ökonomisch Handelnden nicht mehr sinnvoll erschienen sei. Vielmehr habe er durch das Behalten der Wertpapiere am späteren Wiederaufschwung der Kurse teilhaben können. Es bestehe auch kein wesentlicher Unterschied zwischen Aktienvermögen und einer Kapitallebensversicherung, weil Letztere immer nur nach ihrem Rückkaufswert zu bewerten sei, sodass auch in diesem Fall die Verwertung nur einen eingetretenen Verlust offenbare. Die Verwertung von Aktien sei zumindest dann als offensichtlich unwirtschaftlich anzusehen, wenn der aktuelle Kurswert in einem krassen Missverhältnis zum Anschaffungswert stehe und mit einem derartigen Kursverfall nur in äußert seltenen Fällen zu rechnen sei, was hier wegen eines Kursverlusts von 73,48 vH in einem Jahr zutreffe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Januar 2007 und das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. März 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2003 und des Änderungsbescheides vom 19. März 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

II. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

1. Nachdem die Beklagte ihre Ausgangsentscheidung (Bescheid vom 17. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2003) durch den Änderungsbescheid vom 19. März 2004 zum Teil zu Gunsten des Klägers revidiert hat, ist im Rahmen der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) nur noch über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 27. März bis 23. Juli 2001 sowie der entsprechenden Erstattungsforderung von insgesamt 3.780,24 Euro zu entscheiden.

Die Beklagte hat zu Recht gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die Leistungsbewilligung für den noch streitbefangenen Zeitraum zurückgenommen und gemäß § 50 Abs 1 SGB X bzw § 335 SGB III die Erstattung der überzahlten Leistungen sowie Beiträge verlangt.

Ob der angefochtene Bescheid zu Recht ergangen ist, hängt zunächst davon ab, ob der Alhi-Bewilligungsbescheid bezogen auf den Zeitraum 27. März bis 23. Juli 2001 rechtswidrig war (§ 45 Abs 1 SGB X). Maßgebend für die Beurteilung ist weiter, dass nach § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, und dass sich der Begünstigte nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X auf Vertrauen nicht berufen kann, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Die Frage der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides sowie daran anschließend der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung gemäß § 45 SGB X ist auch vorgreiflich für die Beantwortung der Fragen nach der Berechtigung der Beklagten zur Rückforderung der erbrachten Leistungen (§ 50 Abs 1 Satz 1 SGB X) und Beiträge (vgl § 335 Abs 1 Satz 1, Abs 5 SGB III).

2. Die ursprüngliche Alhi-Bewilligung war (teilweise) rechtswidrig. Denn der Kläger war in der streitigen Zeit vom 27. März bis 23. Juli 2001 nicht bedürftig. Insoweit war die Bewilligung der Alhi von Anfang an rechtswidrig. Das LSG hat bei der Prüfung des Anspruchs auf Alhi zu Recht auf die im Zeitpunkt der Bewilligung (März 2001) geltende Rechtslage abgestellt.

Die Bedürftigkeit ist danach Voraussetzung eines Anspruchs auf Alhi (§ 190 Abs 1 Nr 5 iVm § 193 Abs 1 SGB III). Nach § 193 Abs 2 SGB III (idF des 1. SGB III-ÄndG vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970) ist ein Arbeitsloser nicht bedürftig, solange mit Rücksicht (ua) auf sein eigenes Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Hierzu enthält die auf der Grundlage des § 206 Nr 1 SGB III ergangene, bis zum 31. Dezember 2001 geltende Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) vom 7. August 1974 (BGBl I 1929 idF durch das Gesetz vom 16. Februar 2001, BGBl I 266, Art 3 § 42) nähere Regelungen. Vermögen ist danach zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,00 DM übersteigt (vgl § 6 Abs 1 AlhiV). Bei der Berücksichtigung des Vermögens ist nach § 8 AlhiV der Verkehrswert ohne Rücksicht auf steuerliche Vorschriften zu berücksichtigen.

Bei dem Aktiendepot des Klägers handelt es sich um Vermögen im Wert von mehr als 8.000,00 DM, da sich der Verkehrswert zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Leistungsbeginns am 27. März 2001 nach den unangegriffenen und damit nach § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 8 Satz 2 AlhiV) auf 27.522,44 DM belief. Das Vermögen war auch verwertbar, weil der Kläger über den oberhalb des Freibetrags liegenden Teil der Aktien mit einem Wert von 19.522,44 DM durch Veräußerung oder sonstige Verwertung hätte frei verfügen können (§ 6 Abs 1 iVm Abs 2 AlhiV). Dem LSG ist ferner darin zuzustimmen, dass die Verwertung auch zumutbar war (§ 6 Abs 1 iVm Abs 3 AlhiV). Da keines der Regelbeispiele des § 6 Abs 3 Satz 2 AlhiV für die Unzumutbarkeit einer Verwertung ersichtlich ist, kommt es auf die generelle Regelung in § 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV an. Danach ist die Verwertung zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann.

3. In Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des LSG war bezogen auf den Zeitpunkt 27. März 2001 eine Verwertung der Aktien nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Verwertung eines Vermögensgegenstandes nur dann "offensichtlich unwirtschaftlich", wenn der (aktuelle) zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert (Substanzwert) des zu verwertenden Vermögensgegenstandes stehen würde (zB BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990, 11 RAr 133/88 = DBlR 3785a, AFG/§ 137; BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7; BSG, Urteil vom 25. April 2002, B 11 AL 69/01 R = DBlR 4750a, AFG/§ 137). Daran hat der Senat auch in Entscheidungen zur Frage einer "offensichtlich unwirtschaftlichen" Verwertung im Sinne der - im vorliegenden Fall noch nicht maßgeblichen - am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl I 3734) festgehalten (BSG, Urteile vom 25. Mai 2005, B 11a/11 AL 51/04 R = SozR 4-4220 § 6 Nr 2 und B 11a/11 AL 73/04 R = SozR 4-4220 § 6 Nr 3; Urteil vom 14. September 2005 - B 11a/11 AL 71/04 R - SozR 4-4300 § 193 Nr 9 - jeweils zu § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002).

Der Senat hat klargestellt, dass für dieses nach objektiven Kriterien zu ermittelnde Tatbestandsmerkmal weiterhin dieselbe wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich ist, wie schon unter der Geltung der AlhiV 1974 (BSG, Urteile vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 51/04 R und B 11a/11 AL 73/04 R = SozR 4-4220 § 6 Nr 2 und Nr 3).

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG. Dieser hat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R = SozR 4-4300 § 193 Nr 2 und B 7 AL 44/04 R = BSGE 94, 121 = SozR 4-4300 § 193 Nr 3), die sich mit zu verwertendem Vermögen iS der AlhiV 2002 befassten, wegen der Frage der Unwirtschaftlichkeit der Verwertung auf die frühere Rechtsprechung (BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7; BSG, Urteil vom 25. April 2002, B 11 AL 69/01 R) verwiesen. In seiner wiederum zur AlhiV 2002 ergangenen Entscheidung vom 3. Mai 2005 (B 7a/7 AL 34/04 R = SozR 4-4220 § 1 Nr 4) hat sich der 7. bzw 7a. Senat des BSG ausdrücklich auf die genannten Urteile vom 9. Dezember 2004 bezogen. Soweit er zu dem Begriff der Unwirtschaftlichkeit iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 weiter ausführt, die Norm enthalte einen rein ökonomischen Begriff der Verwertbarkeit, "der einzig und allein auf den Vergleich der Kosten der Anschaffung eines Vermögenswerts mit dem Erlös bei einem Verkauf abstellt", bezieht sich diese Aussage auf die Verwertbarkeit einer Eigentumswohnung und von Lebensversicherungen. Denn nur über diese Vermögensgegenstände war im dortigen Fall zu entscheiden. Was Aktien betrifft gehört daher seine weitergehende Erläuterung, "dass ein Alhi-Antragsteller möglicherweise zu einem ungünstigen Zeitpunkt Aktien oder eine Immobilie gekauft hat, ändert nichts daran, dass ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust zum Zeitpunkt der Veräußerung iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 nicht hingenommen werden muss", nicht zu den die Entscheidung tragenden Gründen, sondern ist ein bloßes "obiter dictum." Der erkennende Senat hat sich deshalb nicht veranlasst gesehen, vor seiner Entscheidung gemäß § 41 Abs 3 Satz 1 SGG beim 7. Senat anzufragen, ob dieser als Nachfolgesenat des 7a. Senats an dessen Rechtsauffassung festhalte. Er lässt ausdrücklich offen, ob er sich für die Verwertbarkeit von Eigentumswohnungen (zu Kapitallebensversicherungen siehe unten) der Sichtweise des 7a. Senats anschließt (vgl zum SGB II Senatsurteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 37).

Im vorliegenden Fall jedenfalls setzt der Senat die ständige Rechtsprechung des BSG fort.

Hiernach ist für das Merkmal der "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit" der Verwertung eines Vermögensgegenstandes entscheidend, ob (gerade oder erst) ein "Zwang zum Verkauf" die Investitionen für den Erwerb eines Vermögensgegenstandes in einem nennenswerten Umfang entwerten würde und daher ein normal und ökonomisch Handelnder die Verwertung unterlassen würde (vgl BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 - B 7 AL 30/04 R - SozR 4-4300 § 193 Nr 2). Auch wenn es in besonders gelagerten Fällen angemessen sein mag, den Anschaffungswert zur Bestimmung des "wirklichen Werts" als Indiz mit heranzuziehen (vgl BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 69/01 R; BSGE 94, 121 RdNr 9 = SozR 4-4300 § 193 Nr 3; BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 9 RdNr 9; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 193 RdNr 268), kann jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art das Tatbestandsmerkmal der Unwirtschaftlichkeit iS des § 6 Abs 3 Satz 1 AlhiV nicht durch einen strikt monetären Vergleich des aktuell erzielbaren Verkaufserlöses mit den Erwerbskosten ermittelt werden. Insoweit ist je nach Vermögensgegenstand zu differenzieren.

Nichts anderes lässt sich auch der vom Kläger in seiner Revisionsbegründung angeführten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 73/04 R = SozR 4-4220 § 6 Nr 3 mwN) zur Verwertung von Kapitallebensversicherungen entnehmen. Denn die Ausführungen zur Entwertung von Lebensversicherungsbeiträgen lassen sich nicht auf die Verhältnisse bei einem Aktiendepot übertragen. Bei der Verwertbarkeit von Kapitallebensversicherungen ist nach den bisherigen Entscheidungen des BSG kennzeichnend, dass ein wirtschaftlicher Verlust erst dadurch eintritt, dass der Vertrag vorfristig beendet wird und sich aus diesem Grund im Vergleich zum Substanzwert (= Summe der eingezahlten Beiträge und Gewinnerwartung bzw -chance) ein reduzierter Rückkaufswert ergibt. Anders als bei einer Lebensversicherung tritt bei Aktien ein wirtschaftlicher Verlust nicht durch eine vorzeitige Beendigung des Vertrages und des aus diesem Grunde reduzierten Rückkaufswertes ein, sondern durch den im Vergleich zum Erwerbszeitpunkt eingetretenen Kursverlust. Denn die Entwicklung des Börsenwerts von Aktien vollzieht sich in keinem kalkulierbaren und bei ungestörtem Verlauf gesicherten vertraglichen Rahmen. Der Kurswert entspricht dem tatsächlichen Verkehrswert (vgl § 8 Satz 1 AlhiV 1974) zu dem genannten Stichtag, hier per 27. März 2001. Der von seiner Anlage her hochspekulative Handel mit Aktien bringt immer die Gefahr eines erheblichen Kursverfalls bis zum Totalverlust. Daher kann auch nicht unterstellt werden, dass ein normal und ökonomisch Handelnder die Verwertung der Aktien im Regelfall unterlassen hätte, da diese zur Schadensminimierung regelmäßig auch dann veräußert werden, wenn sich bereits erhebliche Verluste realisiert haben. Insofern stellt sich auch - anders als bei einem Verkauf von Lebensversicherungsverträgen (vgl BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 66/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 5 RdNr 23) - nicht die Frage, ab welchem Grenzwert bei Aktien generell von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ausgegangen werden kann. Dass der Erwerb bzw das Halten von Aktien - wie andere Anlageformen - mit Renditeerwartungen verbunden ist, wird damit nicht in Abrede gestellt. Diese Gewinnerwartung rechtfertigt es indes nicht, die Frage der Wirtschaftlichkeit der Verwertung davon abhängig zu machen, ob sie sich verwirklicht hat oder nicht bzw - im letzteren Fall - ob damit ein geringer oder nachhaltiger Wertverlust verbunden ist.

Dabei lässt der Senat offen, ob bei der Verwertung von Aktien nach Kursverlusten der von der Rechtsprechung entwickelte Maßstab, ob ein "normal und ökonomisch" Handelnder die Verwertung unterlassen würde (vgl ua BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 2 und BSGE 94, 121 = BSG SozR 4-4300 § 193 Nr 3, jeweils mwN), überhaupt tragfähig ist. Ebenso kann unentschieden bleiben, ob für den Fall, dass aus besonderen Gründen (beispielsweise kurz nach dem 11. September 2001) ein situationsbedingter Preisverfall abseits der allgemeinen Börsenrisiken eingetreten ist, von einer "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit" eines Verkaufs ausgegangen werden kann (so wohl Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 13 RdNr 208; allgemein zu einem vorübergehenden Preisverfall: Ebsen in Gagel, SGB III, § 193 RdNr 195 und Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 193 RdNr 268; zum SGB II vgl Hänlein in Gagel, SGB III mit SGB II, § 12 RdNr 65 und Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 RdNr 84; zum abweichenden Maßstab der Angemessenheit in § 12 Abs 3 Satz 2 SGB II vgl BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 66/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 23). Denn eine solche Situation liegt im Fall des Klägers - schon im Hinblick auf den Zeitpunkt des Leistungsbeginns 27. März 2001 - nicht vor.

Die dargestellte Auslegung des Begriffs der "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit" der Vermögensverwertung im Recht der Alhi begegnet schließlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insofern kann der Kläger auch nicht mit dem Argument überzeugen, Anlagen in Wertpapieren würden im Vergleich zu anderen Anlageformen ungerechtfertigt benachteiligt.

Denn dem Wertverlust der Aktien wird leistungsrechtlich Rechnung getragen. Anders ausgedrückt:

Das nunmehr geringere Vermögen führt - wie bereits das LSG ausgeführt hat - zu einem früheren Anspruch auf Alhi.

4. Bezogen auf das Depotvermögen ist auch kein Anhaltspunkt für die nach § 6 Abs 1 iVm Abs 3 Satz 1 AlhiV 1974 zusätzlich zu prüfende Unbilligkeit einer Verwertung gegeben. Dies lässt sich bereits dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG entnehmen.

Abgesehen davon, dass - über den reinen Wertverlust hinaus - Härtegesichtspunkte auch vom Kläger selbst in seinem Revisionsvorbringen nicht geltend gemacht werden, bestehen im Hinblick auf das Alter, die sonstigen Lebensumstände des Klägers und die Dauer des Alhi-Bezugs keine Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der Verwertung (vgl BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7).

5. Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das LSG die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X bejaht hat. Das LSG hat dabei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (vgl BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 45; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 mwN). Das BSG hat bereits mehrfach klargestellt, dass die Entscheidung über das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nur in engen Grenzen revisionsrechtlich nachprüfbar ist (BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14). Die Entscheidung des LSG hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt; sie ist auch ansonsten nicht zu beanstanden. Die diesbezüglichen Feststellungen des LSG sind vom Kläger in seinem Revisionsvorbringen nicht angegriffen worden. Dies gilt insbesondere auch für die Feststellung des LSG, dass die Leistungsbewilligung auf Angaben beruhte, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X). In diesem Zusammenhang teilt der Senat die Rechtsansicht des LSG, dass der Kläger - unabhängig von seiner eigenen Einschätzung der Rechtslage - schon bei den Angaben im Antragsformular auf das Vorhandensein von Vermögen in Form der Aktien hinweisen bzw ggf bei der Beklagten nachfragen musste (vgl Senatsurteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - SozR 4-4220 § 6 Nr 4 RdNr 34).

Die Beklagte hat die Jahresfrist nach § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X gewahrt, wonach die Behörde bei einer Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Vergangenheit dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun muss, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG hat die Beklagte erst im März 2002 von einem Freistellungsauftrag und dessen Aktiendepot erfahren, sodass die Leistungsaufhebung mit Bescheid vom 17. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2003 und des Änderungsbescheids vom 19. März 2004 rechtzeitig erfolgte.

Auch rechnerisch hat die Beklagte die Länge der aufzuhebenden Leistungsbewilligung, nämlich 17 Wochen, zutreffend ermittelt, denn nach § 9 AlhiV 1974 besteht Bedürftigkeit nicht für die Zeit voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet. Ausgehend von dem zu berücksichtigenden Vermögen in Höhe von 19.072,00 Euro (= 27.522,44 DM - Freibetrag in Höhe von 8.000,00 DM) ergibt sich aus dem nach den Feststellungen des LSG zutreffend ermittelten Bemessungsentgelt in Höhe von gerundet 1.110,00 DM ein Zeitraum von 17 Wochen, in denen keine Bedürftigkeit bestand. Dieses Ergebnis ist im Übrigen auch von dem Kläger in seiner Revisionsbegründung nicht in Frage gestellt worden. Auch die Höhe des Erstattungsbetrags von 5.967,85 DM (= 3.051,31 Euro) an Alhi und zu erstattenden Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung von 1.324,22 DM (= 677,06 Euro) bzw 101,45 DM (= 51,87 Euro) sind - wie die Berechnungen des LSG im Einzelnen ausweisen - zutreffend ermittelt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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