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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 17.10.2007
Aktenzeichen: B 11a/7a AL 72/06 R
Rechtsgebiete: SGB III


Vorschriften:

SGB III F: 23.12.2003 § 37b S 1
SGB III F: 23.12.2003 § 37b S 2
SGB III F: 23.12.2003 § 140 S 1

Entscheidung wurde am 23.10.2008 korrigiert: die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
1. § 37b SGB III sieht keine Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit zur individuellen Belehrung über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Arbeitsuche vor (Bestätigung von BSG vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1).

2. Zur Frage, ob die in Aufhebungsbescheiden der Bundesagentur für Arbeit enthaltenen Hinweise auf eine mögliche Verringerung der Höhe des zukünftigen Leistungsanspruchs bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung inhaltlich richtig sind (Anschluss an BSG vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 56/06 R = SozR 4-4300 § 37b Nr 5).


BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 17. Oktober 2007

in dem Rechtsstreit Az: B 11a/7a AL 72/06 R

Der 11a. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Wetzel-Steinwedel, den Richter Dr. Voelzke und die Richterin Dr. Roos sowie die ehrenamtlichen Richter Kleemann und Bareither für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. März 2006 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Der Kläger wendet sich gegen die Minderung des Arbeitslosengeldes (Alg) wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung in der Zeit vom 6. April bis zum 23. Mai 2004.

Der 1974 geborene Kläger stand seit dem 1. November 2002 mit Unterbrechungen im Alg-Bezug, in deren Zusammenhang er jedenfalls nach dem 1. Juli 2003 einen Aufhebungsbescheid erhielt mit dem Hinweis, dass er sich drei Monate vor Ende eines Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend melden müsse und eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe des zukünftigen Leistungsanspruchs führen könne. Vom 6. Oktober 2003 bis zum 5. April 2004 war der Kläger von vornherein befristet als Maurer bei der G+H beschäftigt. Seit dem 24. Mai 2004 war er erneut als Maurer tätig.

Am 25. März 2004 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte Alg ab dem 6. April 2004 und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 1. April 2004 ergänzend zur gesonderten Bewilligung mit, er sei seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung nicht nachgekommen. Er habe sich spätestens am 7. Januar 2004 arbeitsuchend melden müssen. Die Meldung sei damit insgesamt 79 Tage verspätet. Der Leistungsanspruch mindere sich - ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 483,67 € - um 35,- € für jeden Tag der Verspätung, längstens jedoch für 30 Tage. Daraus errechne sich ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.050,- €, der auf die halbe Leistung angerechnet werde.

Den Widerspruch des Klägers unter Hinweis darauf, dass er sich frühestens drei Monate vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses habe melden müssen, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 11. August 2004 zurück.

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide aufgehoben, da den Kläger subjektiv kein Verschulden treffe (Gerichtsbescheid vom 11. Januar 2005). Die Berufung der Beklagten war erfolglos (Urteil des Landessozialgerichts <LSG> vom 29. März 2006).

Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide unter Einschluss des Bewilligungsbescheides aus April 2004 hinsichtlich der Verfügung über den Minderungsbetrag seien rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Minderung des Alg nicht vorgelegen hätten. Es könne dahin gestellt bleiben, ob der Kläger - wie von ihm bestritten - einen im Juli 2003 versandten Aufhebungsbescheid erhalten habe. Jedenfalls habe er aus Anlass einer Beschäftigung in der Schweiz vom 12. August bis zum 30. September 2003 einen mit einem entsprechenden Hinweis versehenen Aufhebungsbescheid bekommen. Die damit verbundene Rechtsfolgenbelehrung sei nicht wirksam, da sie sich auf die bloß formelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes beschränke und überdies unrichtig sei. Denn nach dem Gesetzestext des § 140 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) trete die Minderung zwingend und nicht nur möglicherweise ein. Eine Obliegenheitsverletzung sei dem Kläger schon deshalb subjektiv nicht vorwerfbar.

Mit der vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das LSG habe sich ausgehend von dem durch die Rechtsprechung des BSG vorgegebenen subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab und angesichts der an sich korrekten und ausreichenden Belehrung über die Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung gedrängt sehen müssen zu ermitteln, ob andere Umstände vorhanden gewesen seien, die zum Verschulden des Klägers hätten führen können. Hierbei sei im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung insbesondere von Bedeutung, dass der Kläger die Aufnahme seiner Beschäftigung bei der G+H überhaupt nicht angezeigt habe, weshalb die Beklagte zwangsläufig keine anderweitige Kenntnis von der Befristung hätte haben können. Selbst für den Fall einer solchen Anzeige sei es nach der Rechtsprechung des BSG aber noch beachtlich, wenn der zugegangene Aufhebungsbescheid bereits zu diesem Zeitpunkt einen Hinweis auf die Obliegenheit des § 37b SGB III enthalten habe. Hieraus ergebe sich, dass ein Arbeitsuchender trotz Anzeige der Beschäftigung und ihrer Befristung schuldhaft gehandelt haben könne, wenn er sich entgegen den Hinweisen der Beklagten verspätet arbeitsuchend melde. Damit lasse sich die vom LSG angenommene Rechtserheblichkeit allein des Wortlauts der dem Hinweis beigefügten Rechtsfolgenbelehrung nicht vereinbaren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. März 2006 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 11. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

Der Kläger hält das Urteil der Vorinstanz für zutreffend.

II

Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) begründet.

Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob die angefochtenen Bescheide zu Recht ergangen sind und in welcher Höhe der Kläger für die Zeit vom 6. April bis zum 23. Mai 2004 Anspruch auf Alg hat.

Gegenstand des Rechtsstreits sind das Schreiben vom 1. April 2004 und der Bewilligungsbescheid vom April 2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2004), die zusammen eine rechtliche Einheit bilden (hierzu BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1 RdNr 6). Eine Beschränkung auf die Anfechtung der Minderung (hierzu BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a AL 4/05 R = BSG SozR 4-1500 § 95 Nr 1) ist nicht ersichtlich erfolgt, sodass der streitige Anspruch auf ungeminderte Leistung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen ist.

Hiernach lässt sich schon nicht feststellen, ob die Voraussetzungen für eine Minderung des Alg wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung nach Maßgabe der mit Wirkung ab 1. Juli 2003 in Kraft getretenen §§ 37b, 140 SGB III idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4607) gegeben sind. Nach § 37b Satz 1 SGB III sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit (früher Arbeitsamt, insoweit geändert durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl I 2848, mit Wirkung vom 1. Januar 2004) arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen (§ 37b Satz 2 SGB III).

In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass die als versicherungsrechtliche Obliegenheit ausgestaltete Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung (hierzu BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1 RdNr 9) auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen durch die Norm des § 37b SGB III ausreichend in dem Sinne bestimmt wird, dass sich der Arbeitnehmer grundsätzlich unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern (vgl § 121 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch), nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich arbeitsuchend zu melden hat, spätestens jedoch drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2). Die objektiven Voraussetzungen für eine verspätete Meldung haben nach den vom LSG festgestellten Tatsachen vorgelegen. Der Kläger hat sich trotz seiner vom 6. Oktober 2003 bis zum 5. April 2004 befristeten Beschäftigung erst am 25. März 2004 und damit außerhalb der Drei-Monats-Frist bei der Beklagten arbeitslos gemeldet. Eine Pflicht zur individuellen Belehrung über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Arbeitsuche, welche im Falle ihrer Nicht- oder Schlechterfüllung den Vorwurf einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung ohne weiteres entkräftet, ist den Agenturen für Arbeit nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht auferlegt. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang oder der Funktion derartiger Belehrungs- bzw Hinweispflichten.

Besondere Belehrungs- bzw Hinweispflichten hat der Gesetzgeber den Agenturen für Arbeit etwa auferlegt vor Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung (jetzt § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB III), vor Eintritt einer Sperrzeit wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme (jetzt § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB III), vor einer Verneinung von Arbeitslosigkeit wegen fehlender Eigenbemühungen (§ 119 Abs 5 SGB III idF bis zum Inkrafttreten des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, aaO, am 1. Januar 2005, hierzu BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 18/05 R = BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3 RdNr 25; ab 1. Januar 2005 vor Eintritt einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen, § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB III) und vor Eintritt einer Säumniszeit (§ 145 SGB III, aufgehoben durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, aaO; ab 1. Januar 2005 vor Eintritt einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis, § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB III). Über die ausdrücklich geregelten Fälle hinaus hat die Rechtsprechung eine Belehrungspflicht zudem angenommen vor Eintritt einer Sperrzeit wegen Abbruchs einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme (jetzt § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB III) und ihre Notwendigkeit vor allem aus der Funktion der Rechtsfolgenbelehrung hergeleitet, den Maßnahmeteilnehmer hinreichend über die gravierenden Folgen einer Sperrzeit zu informieren und ihn in allgemeiner Form vorzuwarnen (BSG, Urteil vom 16. September 1999 - B 7 AL 32/98 R = BSGE 84, 270 = SozR 3-4100 § 119 Nr 19 S 99). Eine funktionsgerechte Wahrnehmung der genannten Belehrungspflichten setzt der Natur der Sache nach voraus, dass der Arbeitslose und die Agentur für Arbeit - wie in den vorbezeichneten Fällen - bereits miteinander in Kontakt stehen. Besteht ein solcher Kontakt nicht, sondern soll er - wie im Falle einer frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung bei noch bestehendem Arbeitsverhältnis - erst hergestellt werden, kann eine Belehrungspflicht nicht auferlegt werden. Hierauf hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R (BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1 RdNr 19) hingewiesen. Er hat dabei verdeutlicht, dass selbst die - faktisch - an die Stelle der Belehrung durch die Agentur für Arbeit tretende Information durch den Arbeitgeber (§ 2 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III) keine objektive Voraussetzung für eine Minderung des Alg ist, sondern lediglich bei der Frage Berücksichtigung findet, ob der Arbeitslose subjektiv vorwerfbar seiner Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nicht nachgekommen ist (BSG, aaO, RdNr 14, 15, 24). Ein fehlender Hinweis der Beklagten kann deshalb ebenfalls nur bei der Beurteilung, ob der Arbeitslose seine Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung schuldhaft verletzt hat oder nicht, von Bedeutung sein (BSG, aaO, RdNr 23; zum vorliegend nicht relevanten Sonderfall bei Abmeldung aus dem Leistungsbezug unter Hinweis auf die befristete Beschäftigung BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 56/06 R).

Ohnedies war der Hinweis der Beklagten in dem Aufhebungsbescheid, dessen - wahlweisen - Erhalt im Juli oder August 2003 der Kläger nicht bestreitet, inhaltlich nicht zu beanstanden. An den Inhalt der von der Agentur für Arbeit zu erteilenden Rechtsfolgenbelehrung hat die Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt. Insbesondere darf sie sich nicht - wie das LSG zu Recht hervorgehoben hat - auf eine bloß formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes beschränken. Vielmehr muss sie konkret, richtig sowie vollständig sein und dem Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus dem versicherungswidrigen Verhalten resultieren (vgl schon BSGE 53, 13 = SozR 4100 § 119 Nr 18). Hieran anknüpfend hat der 7. Senat mit Urteil vom 28. August 2007 (B 7/7a AL 56/06 R) zwischenzeitlich entschieden, dass der Hinweis der Beklagten auf eine mögliche ("kann") Verringerung der Höhe des zukünftigen Leistungsanspruchs bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung nicht falsch ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat ausdrücklich an. Gerade der nach den Feststellungen des LSG im jeweiligen Aufhebungsbescheid enthaltene Hinweis auf die bloße Möglichkeit einer Minderung des Alg bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung trägt trotz der damit verbundenen Abweichung vom zwingenden Wortlaut des § 140 Satz 1 SGB III ("mindert sich") dem Umstand Rechnung, dass diese nicht nur von objektiven, sondern auch subjektiven Gegebenheiten und damit von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist.

Ist von der inhaltlichen Richtigkeit der den Aufhebungsbescheiden der Beklagten beigefügten Hinweise auszugehen, kommt eine verspätete Arbeitsuchendmeldung mit der Konsequenz der Minderung des Alg nur in Betracht, wenn dem Kläger die Verspätung gleichwohl vorgeworfen werden kann, er sich also nicht ohne schuldhaftes Zögern arbeitsuchend gemeldet hat. Nach der Rechtsprechung beider in Angelegenheiten der Arbeitsförderung zuständigen Senate des BSG (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1; BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a AL 4/05 R = SozR 4-1500 § 95 Nr 1; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2) setzt dies wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts auf Seiten des Versicherten mindestens fahrlässige Unkenntnis nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus sowie die doppelte Prüfung, ob der Arbeitsuchende nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat.

Feststellungen hierzu hat das LSG - von seinem Standpunkt zu Recht - nicht getroffen. Weder ist erkennbar, ob der Kläger sich - was die Beklagte bestreitet - zum 6. Oktober 2003 persönlich unter Hinweis auf die befristete Beschäftigung aus dem Leistungsbezug der Beklagten abgemeldet hat und damit den Anforderungen des § 37b SGB III gegebenenfalls bereits genügt hat (hierzu BSG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2 und vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 56/06 R) noch sind sonst Umstände festgestellt, die als Tatsachengrundlage für eine Verschuldensprüfung in Betracht kommen. Hierbei wird das LSG allerdings zugunsten des Klägers zu beachten haben, dass im Hinblick auf die relative Neuartigkeit der Obliegenheit zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht allein aus deren allgemeiner Bekanntheit ein Verstoß gegen Sorgfaltspflichten hergeleitet werden kann (vgl BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1 RdNr 23) und zudem in der Anfangszeit auch Auslegungsunsicherheiten im Geltungsbereich des § 37b SGB III bestanden (vgl BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2 RdNr 18). Von Bedeutung kann demgegenüber sein, ob der Kläger außer durch einen Aufhebungsbescheid (bzw bei persönlichen Vorsprachen gegebenenfalls durch ein mit Hinweisen auf die Rechtslage ab dem 1. Juli 2003 versehenes Merkblatt für Arbeitslose) auch durch seinen Arbeitgeber rechtzeitig vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über die Verpflichtung unverzüglicher Arbeitsuchendmeldung informiert worden ist und diese Information nicht nur erhalten hat, sondern im Rahmen seiner Gesamtpersönlichkeit auch verstehen konnte. Schließlich wird festzustellen sein, wann der Kläger sicher davon ausgehen konnte, dass sein Beschäftigungsverhältnis zu einem konkreten Zeitpunkt enden konnte (BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a/7 AL 80/04 R). Soweit in der Arbeitsbescheinigung zunächst angegeben ist, das Arbeitsverhältnis sei am 24. März 2004 zum 5. April 2004 gekündigt worden, und erst später klargestellt wurde, dem Kläger sei nur irgendwann mitgeteilt worden, dass eine Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht erfolge, könnte dies auch ein Indiz dafür sein, dass die Arbeitsvertragsparteien zunächst übereinstimmend (hierzu auch BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2 RdNr 19) von einer Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind. In diesem Sinne hat sich der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG geäußert.

Die entscheidungserhebliche Frage, ob dem Kläger bezüglich der Nichterfüllung der Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung subjektiv Verschulden vorgeworfen werden kann, lässt sich somit nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beantworten. Hiervon ausgehend wird das LSG erneut in eine Verschuldensprüfung einzutreten und ggf den geltend gemachten Anspruch nach Grund und Höhe im Übrigen zu überprüfen haben.

Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

Ende der Entscheidung

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