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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Beschluss verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: B 11a AL 171/06 B
Rechtsgebiete: SGB III


Vorschriften:

SGB III § 26 Abs 2 Nr 1
SGB III F: 23.12.2003 § 124 Abs 3
SGB III F: 10.12.2001 § 124 Abs 3 S 1 Nr 5

Entscheidung wurde am 09.05.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Durch den Bezug von Übergangsgeld wegen Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme der Rehabilitation wird Versicherungspflicht gemäß § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III nicht begründet.
BUNDESSOZIALGERICHT Beschluss

in dem Rechtsstreit

Az: B 11a AL 171/06 B

Der 11a. Senat des Bundessozialgerichts hat am 21. März 2007 durch den Richter Dr. Voelzke als Vorsitzenden, den Richter Dr. Leitherer und die Richterin Dr. Roos sowie den ehrenamtlichen Richter Winnefeld und die ehrenamtliche Richterin Ende

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 14. September 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 9. August 2004.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab 16. November 1999 Alg, das diese auch mit Unterbrechungen bezog. In der Zeit von Juni bis November 2001 war die Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 8. April 2002 bis 14. Mai 2003 nahm sie an einer vom Rentenversicherungsträger finanzierten berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme mit Bezug von Übergangsgeld teil. Ab 15. Mai 2003 bezog die Klägerin wiederum Alg bis 16. Mai 2004, danach Krankengeld (Krg) bis 8. August 2004. Für die Zeit danach lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Weitergewährung von Alg mit der Begründung ab, der im November 1999 entstandene Anspruch sei erloschen und die Klägerin habe keine neue Anwartschaft erworben. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg, ebenso die Klage und die Berufung der Klägerin.

Das Landessozialgericht (LSG) hat im Wesentlichen ausgeführt: Der aus dem Anspruchserwerb vom 16. November 1999 herrührende Restanspruch von 68 Tagen könne für die Zeit ab 9. August 2004 nicht mehr geltend gemacht werden, da nach seiner Entstehung mehr als vier Jahre verstrichen seien. Einen neuen Anspruch auf Alg habe die Klägerin nicht erworben. Sie habe innerhalb der durch die Teilnahme an der berufsfördernden Maßnahme verlängerten Rahmenfrist lediglich in der Zeit von Juni bis November 2001 in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden sowie von Mai bis August 2004 Krg bezogen; damit habe sie die Anwartschaftszeit im Sinne von § 123 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) nicht erfüllt. Der Bezug von Übergangsgeld und die Teilnahme an der berufsfördernden Maßnahme von April 2002 bis Mai 2003 könne nicht als Versicherungspflichtverhältnis berücksichtigt werden. Zwar sei die Regelung in § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III nicht eindeutig; sie sei aber unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte und bei systematischer Auslegung dahingehend zu verstehen, dass Versicherungspflicht bei Bezug von Übergangsgeld nur bestehe, wenn der Betroffene die Leistung während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme erhalte.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die Rechtsfrage, ob § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III allein Zeiten des Bezugs von Übergangsgeld während einer Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme meine oder auch Zeiten während einer berufsfördernden Maßnahme umfasse, sei klärungsbedürftig und klärungsfähig. Die Ansichten in der Literatur seien nicht einheitlich; eine höchstrichterliche Klärung sei bislang nicht erfolgt.

II

Die Beschwerde ist unbegründet. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht zu. Die Beantwortung der von der Klägerin als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage, ob § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III nicht nur Zeiten des Bezugs von Übergangsgeld während der Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, sondern auch Zeiten der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme umfasse, steht praktisch außer Zweifel. Sie ist damit in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig (vgl BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4).

Zwar ist der Wortlaut der Regelung in § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III nicht ganz eindeutig. Er könnte vordergründig auch dahin verstanden werden, dass der Betroffene während des Bezuges von Übergangsgeld unabhängig von der Zielrichtung der Maßnahme immer dann versicherungspflichtig ist, wenn er die Leistung von einem Träger der medizinischen Rehabilitation - zB einem Rentenversicherungsträger nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - erhält. Das mit der Regelung beabsichtigte Ergebnis erschließt sich jedoch eindeutig aus der Systematik der Gesetzes und der Entstehungsgeschichte. Denn nach § 124 Abs 3 Nr 5 SGB III in der ursprünglichen Fassung (bzw ab 2004 § 124 Abs 3 Satz 1 SGB III) werden in die Rahmenfrist Zeiten, in denen der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme erhält, nicht einbezogen. Diese Privilegierung wäre nicht erforderlich, wenn es sich bereits um eine Zeit der Versicherungspflicht handeln würde (vgl § 123 Abs 1 SGB III). Auch enthalten die Gesetzesmaterialien zu § 26 Abs 2 SGB III die eindeutige Aussage, Zeiten des Bezuges von Übergangsgeld während der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme der Rehabilitation seien weder als Zeiten einer Beschäftigung zu behandeln, noch sonst als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses zu berücksichtigen (vgl BT-Drucks 13/4941 S 158). Die vom LSG vertretene Auffassung, dass unter § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III lediglich Zeiten des Bezuges von Übergangsgeld während einer medizinischen Rehabilitation fallen, kann also nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden.

Soweit sich die Beschwerdeführerin demgegenüber auf den angeblich nicht einheitlichen Meinungsstand in der Literatur beruft, kann sie für ihre Auffassung nur Stimmen anführen, die sich nicht näher mit der Frage befassen. Die zutreffende Auslegung des § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III ist dem Schrifttum aber durchaus zu entnehmen (vgl etwa Timme in Hauck/Noftz, SGB III, § 26 RdNr 39; Wagner in GK-SGB III § 26 RdNr 27). Sie liegt im Übrigen auch der Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte zu Grunde (vgl Sächsisches LSG, Urteil vom 17. Juli 2001, L 3 AL 157/00; Bayerisches LSG, Urteil vom 24. Januar 2002, L 9 AL 55/01).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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