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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: B 12 KR 1/05 R
Rechtsgebiete: SGB V
Vorschriften:
SGB V § 5 Abs 1 Nr 11 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
in dem Rechtsstreit
Verkündet am 21. September 2005
Az: B 12 KR 1/05 R
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2005 durch den Richter Dr. Berchtold als Vorsitzenden, den Richter Dr. Bernsdorff und die Richterin Hüttmann-Stoll sowie die ehrenamtlichen Richter Johannsen und Stahl
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Oktober 2004 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Die Klägerin, die am 1. April 1956 erstmals eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte, war Stationshilfe in einem Krankenhaus und überwiegend bei der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse gesetzlich krankenversichert. Zwischenzeitlich erzog sie Kinder und war über ihren Ehemann privat krankenversichert. Auf ihren am 6. Oktober 2000 gestellten Rentenantrag gewährt ihr die beigeladene Landesversicherungsanstalt seit dem 1. Februar 2001 Altersrente für Frauen. Außerdem erhält die Klägerin Versorgungsbezüge einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2000 stellte die Beklagte fest, dass die Voraussetzungen einer Mitgliedschaft der Klägerin in der KVdR nicht vorlägen, weil die mindestens erforderliche Vorversicherungszeit nicht erreicht werde. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2001 zurück. Mit Urteil vom 24. Juli 2003 hat das Sozialgericht (SG) die hiergegen erhobene Klage abgewiesen, weil die Klägerin die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 11 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) hinsichtlich der Vorversicherungszeit nicht erfülle. Mit Urteil vom 21. Oktober 2004, das der Klägerin am 17. Dezember 2004 zugestellt wurde, hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Entscheidung erster Instanz verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass der Ausschluss der Klägerin von der KVdR weder gegen Verfassungs- noch gegen Europarecht verstoße. Die Klägerin hat am 10. Januar 2005 die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V. Sie hat ihre Revision mit Schriftsätzen vom 19. Januar und 1. Februar 2005, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 21. Januar bzw 2. Februar 2005, begründet.
Der Senat hat die Klägerin unter dem 19. August 2005 darauf hingewiesen, dass die Revisionsbegründung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen und die Revision daher unzulässig sein könnte. Mit Schriftsatz vom 14. September 2005, beim BSG eingegangen am 16. September 2005, hat die Klägerin einen weiteren Begründungsschriftsatz nachgereicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Oktober 2004, das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Juli 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2001 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin ab 6. Oktober 2000 Pflichtmitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht geäußert.
II
Die Revision der Klägerin ist unzulässig. Sie hat ihr Rechtsmittel nicht ausreichend begründet.
Gemäß § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Revision fristgerecht und unter Einhaltung bestimmter Mindesterfordernisse zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. In der Revisionsbegründung muss nach ständiger Rechtsprechung (vgl stellv BSG, Urteil vom 26. Mai 1987 - 4a RJ 61/86 -, NZA 1987, 716; Urteil vom 4. Oktober 1988 - 4/11a RA 56/87 -, SozSich 1989, 190; Urteil vom 5. August 1992 - 14a/6 RKa 17/90 -, SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 65; Urteil vom 21. April 1993 - 14a RKa 6/92 -, SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2; Beschluss vom 18. Juni 2002 - B 2 U 34/01 R -, SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22; jeweils mwN) sorgfältig sowie nach Umfang und Zweck zweifelsfrei dargelegt werden, weshalb eine Vorschrift des materiellen Rechts vom LSG nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (vgl auch schon BSG, Beschluss vom 2. Januar 1979 - 11 RA 54/78 -, SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17). Die Angabe der verletzten Norm ist insoweit notwendig, aber nicht hinreichend. Es ist darzulegen, dass und weshalb die Rechtsansicht des LSG nicht geteilt wird. Dabei darf die Revisionsbegründung nicht nur die eigene Meinung wiedergeben, sondern muss sich - zumindest kurz - mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinander setzen sowie erkennen lassen, dass sich der Revisionsführer mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der vom LSG angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist. Die Revisionsbegründung soll im Interesse der Entlastung des Revisionsgerichts sicherstellen, dass der Revisionsführer das angefochtene Urteil im Hinblick auf einen Erfolg des Rechtsmittels überprüft und hierzu die Rechtslage genau durchdacht hat.
Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung in den bis zum Ablauf der Begründungsfrist am 17. Februar 2005 eingegangenen Schriftsätzen der Klägerin vom 19. Januar und 1. Februar 2005 nicht. Das LSG hat in seinem Urteil eingehend dargelegt, aus welchen Erwägungen es zu den von der Klägerin für unrichtig gehaltenen Rechtsansichten gelangt ist. Diesen Begründungszusammenhang in dem angefochtenen Urteil hat die Klägerin weder dargestellt noch hat sie sich mit ihm auseinander gesetzt: Das Berufungsgericht hat es nicht als Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz angesehen, dass der Gesetzgeber bei der Verschärfung des Zugangs zur KVdR den begünstigten Personenkreis nicht über die absolute Anzahl der Beiträge bestimmt hat, sondern über dessen individuelle Erwerbsbiografie und dabei den Schwerpunkt auf die zweite Hälfte des Erwerbslebens gelegt hat. Es hat seine Auffassung vor allem mit dem Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit begründet. Hiermit hat sich die Klägerin nicht auseinander gesetzt. Statt aufzuzeigen, worin sie eine Fehlerhaftigkeit der zu diesem Ergebnis hinführenden Gedankengänge des LSG erblickt, hat sie auf ihre schon bisher vertretene Auffassung hingewiesen, dass dem Grundsatz der Solidarität nur eine Orientierung an der (tatsächlichen) Dauer der Versicherungszeit entspreche, und der Rechtsansicht des Berufungsgerichts damit lediglich eine eigene Rechtsansicht gegenübergestellt. Die Revisionsbegründung lässt auch eine ausreichende Befassung mit den Erwägungen des LSG zu Art 3 Abs 2 Grundgesetz vermissen. Das LSG hat eine geschlechtsspezifische Benachteiligung iS dieser Vorschrift verneint. Es hat hierfür zum einen darauf verwiesen, dass dem Schutzbedürfnis erziehender Versicherter dadurch Rechnung getragen werde, dass die erforderliche Vorversicherungszeit auch mit Zeiten einer Familienversicherung erfüllt werden könne, und zum anderen hervorgehoben, dass Erziehende, wenn sie privaten Krankenversicherungsschutz in Anspruch nehmen, typischerweise nicht schutzbedürftig seien. Die Klägerin hat in ihrer Begründung nicht mitgeteilt, warum sie diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht teilt, sondern sich auf den Einwand beschränkt, dass die Beklagte während der Dauer ihrer privaten Krankenversicherung auch keine Leistungen zu erbringen gehabt habe. Schließlich wird aus der Revisionsbegründung nicht deutlich, dass die Klägerin die im Zusammenhang mit der Richtlinie 79/7/EWG angestellten Überlegungen des LSG sorgfältig überprüft und durchdacht hat. Weder ist sie auf die Erwägung des Berufungsgerichts eingegangen, aus der Ableistung von Erziehungsarbeit erwüchsen im Sozialversicherungsrecht auch Privilegien, noch hat sie sich mit dem Argument des LSG auseinander gesetzt, die Verschaffung des Zugangs zur KVdR diene allein dem sozialpolitischen Ziel der Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft. Stattdessen hat die Klägerin schlicht in Abrede gestellt, dass die Verschärfung des Zugangs zur KVdR die Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft befördere, und ohne weitere Begründung eine mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts angenommen.
Die nach dem Hinweis des Senats am 16. September 2005 eingegangene Begründung in dem Schriftsatz vom 14. September 2005 ist unbeachtlich. Auch wenn hiermit erstmals eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Begründung vorgelegt oder Revisionsgründe erstmals geltend gemacht worden wären, wäre ein solcher Vortrag nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Der Schriftsatz vom 14. September 2005 ergänzt auch nicht lediglich eine schon ausreichende fristgerechte Begründung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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