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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: B 12 P 2/06 R
Rechtsgebiete: SGB IV, SGB V, SGB XI, GG


Vorschriften:

SGB IV § 8 Abs 1 Nr 1
SGB V § 240 Abs 1
SGB V § 249b
SGB XI § 57 Abs 1 S 1
SGB XI § 57 Abs 4 S 1
GG Art 3 Abs 1

Entscheidung wurde am 27.03.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung eines in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten ist als beitragspflichtige Einnahme zur Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung auch dann heranzuziehen, wenn der Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung hieraus keine Beiträge zu zahlen hat.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 29. November 2006

Az: B 12 P 2/06 R

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Balzer, den Richter Dr. Bernsdorff und die Richterin Hüttmann-Stoll sowie die ehrenamtlichen Richter Schneidinger und Stein

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2006 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob Einnahmen aus einer wegen der Höhe des Arbeitsentgelts geringfügigen Beschäftigung des in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versicherten Klägers für die Bemessung seiner Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zu berücksichtigen sind.

Der 1937 geborene Kläger bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Zahlbetrag ab Januar 2004 925,31 Euro betrug. Seit dem 1. Januar 2004 übte er eine geringfügige Beschäftigung iS des § 8 Abs 1 Nr 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) aus, für die er nach seinen Angaben 380 Euro monatlich erhielt. In der gesetzlichen Krankenversicherung ist er freiwillig und in der sozialen Pflegeversicherung bei der beklagten Pflegekasse pflichtversichert.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2004 stellte die Beklagte den ab Januar 2004 zu zahlenden Beitrag zur Pflegeversicherung unter Zugrundelegung von monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.305,31 Euro mit monatlich 22,20 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er sich unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gegen die Berücksichtigung seines Arbeitsentgelts aus der geringfügigen Beschäftigung wandte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2004 zurück.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 25. Juli 2005 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 21. Februar 2006 das erstinstanzliche Urteil geändert und den Bescheid vom 13. Januar 2004 insoweit aufgehoben, als für die Beitragseinstufung in der Pflegeversicherung Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung berücksichtigt worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 57 Abs 4 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) iVm § 240 Abs 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) seien verfassungskonform dahin auszulegen, dass Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung iS von § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen rechne. Seine Berücksichtigung verstoße andernfalls gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG), weil der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Rentner gegenüber dem pflichtversicherten Rentner, dessen Beiträge zur Pflegeversicherung nicht nach diesem Entgelt bemessen würden, benachteiligt werde. Weder die Schutzbedürftigkeit noch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig krankenversicherten Rentners oder die Beitragssystematik der Pflegeversicherung könnten die Ungleichbehandlung rechtfertigen.

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt sinngemäß die Verletzung von § 57 Abs 4 Satz 1 SGB XI und von § 240 SGB V. Der Beitragspflicht in der sozialen Pflegeversicherung unterlägen alle Einnahmen der in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten, die zum Lebensunterhalt zur Verfügung stünden, und damit auch das Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung. Gegen die Berücksichtigung dieser Einnahmen spreche nicht die Beitragszahlung durch den Arbeitgeber nach § 249b SGB V, weil Pauschalbeiträge nach dieser Vorschrift nur zur Kranken-, nicht jedoch zur Pflegeversicherung entrichtet würden. Die unterschiedliche Behandlung der in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversicherten Rentner, je nach dem, ob sie in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig und pflichtversichert sind, sei verfassungsgemäß. Dies gelte auch, soweit bei der Beitragserhebung der freiwillig Versicherten Einnahmen berücksichtigt würden, die bei Pflichtversicherten nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen zählten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2006 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25. Juli 2005 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 13. Januar 2004 insoweit aufgehoben, als darin ein höherer Beitrag zur Pflegeversicherung als 22,19 Euro festgesetzt worden war, und außerdem einen Bescheid vom 7. April 2004 vollständig aufgehoben, mit dem sie die Verfügung im Bescheid vom 13. Januar 2004 unverändert wiederholt hatte.

II

Die Revision der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das LSG unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2004 insoweit aufgehoben, als die Pflegeversicherungsbeiträge auch unter Berücksichtigung des Arbeitsentgeltes des Klägers festgesetzt worden sind. Das SG hat die Klage gegen diesen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 zu Recht abgewiesen, und die Beklagte hat den ab Januar 2004 vom Kläger zu zahlenden Pflegeversicherungsbeitrag mit monatlich 22,19 Euro zutreffend festgesetzt.

1. Im Revisionsverfahren war nur noch über die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2004 zu entscheiden, soweit mit ihm Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 22,19 Euro statt lediglich 15,73 Euro festgesetzt worden sind. Die Beklagte hat den Bescheid vom 13. Januar 2004 dahin geändert, dass monatliche Beiträge lediglich noch in Höhe von 22,19 Euro zu zahlen sind. Der Kläger hat sich gegen die Beitragsfestsetzung nur insoweit gewandt, als ein durch die Berücksichtigung des Arbeitsentgelts höherer monatlicher Pflegeversicherungsbeitrag als 15,73 Euro gefordert wird.

2. Für die Beitragsbemessung sind ab Januar 2004 neben dem Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung die Einnahmen aus der geringfügigen Beschäftigung, damit Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.305,31 Euro, zu Grunde zu legen. Unter Berücksichtigung des Beitragssatzes nach § 55 Abs 1 Satz 1 SGB XI in Höhe von 1,7 vH ergibt sich daraus ein gemäß § 59 Abs 4 Satz 1 SGB XI vom Kläger zu tragender Pflegeversicherungsbeitrag von monatlich 22,19 Euro.

a) Gemäß § 57 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XI gelten für die in der gesetzlichen Krankenversicherung als freiwillige Mitglieder versicherten Rentner, die in der Pflegeversicherung pflichtversichert sind, für die Beitragsbemessung die Vorschriften der §§ 240, 238a, 239 SGB V entsprechend. Das Gesetz überlässt damit die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen der in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versicherten Mitglieder auch in der Pflegeversicherung in entsprechender Anwendung des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich der Regelung durch die Satzung der Pflegekassen. Nach der ebenfalls entsprechend anwendbaren Regelung des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V ist dabei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt. § 13 Abs 1 der Satzung der Beklagten vom 1. Januar 1995 regelt übereinstimmend hiermit in der hier anzuwendenden Fassung, dass für die beitragspflichtigen Einnahmen der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Mitglieder § 15 Abs 3 und Abs 6 Buchst d der Satzung der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) gilt. Nach § 15 Satz 3 der Satzung der DAK vom 1. Januar 1989 in der ab 1. Januar 2004 geltenden, hier anzuwendenden Fassung sind als beitragspflichtige Einnahmen für freiwillige Mitglieder die monatlichen Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit maßgebend. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören danach alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Diese generalklauselartige Bestimmung reicht aus, Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 SGB IV, auch wenn es aus einer geringfügigen Beschäftigung iS von § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV erzielt wird, als beitragspflichtige Einnahme zu behandeln (vgl Urteil des Senats vom 16. Dezember 2003, B 12 KR 20/01 R, BSGE 92, 68, RdNr 7= SozR 4-2500 § 240 Nr 2 RdNr 6).

b) Dem steht nicht entgegen, dass Arbeitsentgelt aus einer wegen der Höhe des Entgelts geringfügigen Beschäftigung iS von § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV bei freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht für die Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags zu berücksichtigen ist. Dies beruht auf dem nur für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden § 249b SGB V und schließt die Beitragserhebung zur sozialen Pflegeversicherung aus diesen Einnahmen nicht aus.

Gemäß § 249b SGB V (eingefügt durch Art 3 Nr 4 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999, BGBl I 388, geändert durch Art 3 Nr 4 und Nr 8 Buchstabe b des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I 4621, und durch Art 10 Nr 4 des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 vom 29. Juni 2006, BGBl I 1402) hat der Arbeitgeber einer Beschäftigung nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV für den Versicherten, der in dieser Beschäftigung versicherungsfrei oder nicht versicherungspflichtig ist, zur gesetzlichen Krankenversicherung seit 1. April 1999 einen Beitrag in Höhe von 10 vH, seit 1. April 2003 von 11 vH, nunmehr seit 1. Juli 2006 von 13 vH bzw seit 1. April 2003 bei einer Beschäftigung im Privathaushalt von 5 vH des Arbeitsentgelts aus dieser Beschäftigung zu tragen und zu zahlen. Damit werden vom Arbeitgeber Beiträge zur Krankenversicherung nach einem eigenen, bundeseinheitlichen und pauschalen Beitragssatz erhoben. Als vorrangige, weil spätere und speziellere Regelung für die Beitragserhebung aus Arbeitsentgelt aus einer solchen geringfügigen Beschäftigung und als höherrangiges Recht gegenüber dem Satzungsrecht der Krankenkassen schließt diese Vorschrift seit April 1999 eine Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen aus diesen Einnahmen bei dem freiwilligen Mitglied aus (vgl Urteile des Senats vom 16. Dezember 2003, B 12 KR 20/01 R, BSGE 92, 68, RdNr 8 ff = SozR 4-2500 § 240 Nr 2 RdNr 7 ff, und B 12 KR 25/03 R, G+G 2004, Nr 3/4, 42). Diese Beschränkung der Beitragserhebung ist nicht auf die Pflegeversicherung zu übertragen.

Für die Einbeziehung des Arbeitsentgelts aus einer geringfügigen Beschäftigung in die Beitragsbemessung bei der Pflegeversicherung kann allerdings nicht geltend gemacht werden, dass § 57 Abs 4 Satz 1 SGB XI seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 unverändert gilt und damals für § 240 SGB V die durch § 249b SGB V herbeigeführte Einschränkung für die Erhebung von Beiträgen aus dem Entgelt einer geringfügigen Beschäftigung noch nicht gegolten hat. Der Senat sieht die Verweisung auf § 240 SGB V in § 57 Abs 4 Satz 1 SGB XI nicht als statische, sondern als dynamische Verweisung an mit der Folge, dass § 240 SGB V so anzuwenden ist, wie er jeweils in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt. Indessen ist zu berücksichtigen, dass § 57 Abs 4 Satz 1 SGB XI für die Beitragsbemessung nur die entsprechende Anwendung des § 240 SGB V anordnet. Wird damit einerseits der Inhalt des § 240 SGB V in § 57 Abs 4 SGB XI übernommen und § 240 SGB V ein weiterer Wirkungsbereich erschlossen (vgl hierzu Brugger, VerwA Band 78, 1987, S 1, 4), so bestimmt die Verweisungsnorm über diese Einschränkung andererseits eine lediglich abgeänderte und an ihre Zwecke angepasste Übernahme des § 240 SGB V. Eine Übernahme dieser Vorschrift ohne inhaltliche Änderungen kommt nur dann in Betracht, wenn sich auch der Regelungszusammenhang deckt, in dem die Bestimmungen jeweils anzuwenden sind, insoweit also eine "Gleichbehandlung" in beiden Gesetzesmaterien gerechtfertigt ist (vgl hierzu Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, Berlin 1970, S 78).

Dies zu Grunde gelegt, rechtfertigt die Verweisung auf die Regelungen über die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen in § 240 SGB V nicht den Ausschluss des geringfügigen Arbeitsentgelts von der Beitragserhebung. Der Ausschluss dieser Einnahmen von der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung bei dem Versicherten selbst beruht allein darauf, dass auf diese Einnahmen bereits nach § 249b SGB V Beiträge beim Arbeitgeber erhoben werden. Die Übernahme dieser Ausnahme in die Beitragsbemessung zur Pflegeversicherung wäre deshalb nur gerechtfertigt, wenn vom Arbeitgeber auch Pauschalbeiträge zur sozialen Pflegeversicherung zu erheben wären. § 249b SGB V gilt indessen nur für die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung. Es fehlt eine Regelung, die dem Arbeitgeber Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung auferlegt, mithin eine Rechtfertigung, Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung von der Beitragserhebung in diesem Versicherungszweig auszunehmen (vgl dagegen § 172 Abs 3 und 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung <SGB VI> für den pauschalen Beitrag zur Rentenversicherung).

Eine andere Beurteilung legt auch nicht die Entstehungsgeschichte der Verweisungsvorschrift nahe. Zunächst waren im Gesetzentwurf die zur sozialen Pflegeversicherung beitragspflichtigen Einnahmen im Einzelnen aufgeführt (vgl §§ 55 ff des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zum Pflege-Versicherungsgesetz, BT-Drucks 12/5262, S 25 ff, S 122 ff). Durch die im Gesetzgebungsverfahren eingeführte Verweisung auf Vorschriften des SGB V entsprechend den Wünschen der Kassen sollte eine weitgehende Deckungsgleichheit des Beitragseinzugs der in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig und deshalb in der Pflegeversicherung Pflichtversicherten gewährleistet werden (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung <11. Ausschuss>, BT-Drucks 12/5920 S 52 f, BT-Drucks 12/5952 S 19, 43). Anhaltspunkte dafür, dass darüber hinaus in jedem Fall in beiden Versicherungszweigen identische beitragspflichtige Einnahmen berücksichtigt werden sollten, fehlen dagegen.

3. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Berücksichtigung des Arbeitsentgelts aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung gegen Verfassungsrecht, insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, verstößt. Es kann deshalb offen bleiben, ob andernfalls die Regelungen des § 57 Abs 4 SGB XI iVm § 240 SGB V verfassungskonform einschränkend auszulegen wären oder das Verfahren auszusetzen und diese zur Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu stellen wären .

a) Die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten werden gegenüber Pflichtversicherten bei der Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung insoweit benachteiligt, als nur bei ersteren auch Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung berücksichtigt wird. Dies beruht auf den unterschiedlichen, nach dem Versichertenstatus in der gesetzlichen Krankenversicherung differenzierenden Regelungen der Beitragsbemessung zur sozialen Pflegeversicherung in § 57 Abs 1 SGB XI und § 57 Abs 4 SGB XI. Die soziale Pflegeversicherung verweist für die beitragspflichtigen Einnahmen ihrer Mitglieder, soweit die Mitgliedschaft aus der Pflicht- oder freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung abgeleitet ist, auf das Krankenversicherungsrecht. Dort sind die beitragspflichtigen Einnahmen für die Versicherungspflichtigen anders und enger bestimmt als für die freiwilligen Mitglieder. Damit sind freiwillig in der Krankenversicherung versicherte Rentner in der Pflegeversicherung dann mit höheren Beiträgen belastet als die in der Krankenversicherung pflichtversicherten Rentner, wenn ihre Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze auch aus anderen Einkünften als Renten, Versorgungsbezügen und Einkommen bestehen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. November 1997 (12 RP 3/96, SozR 3-3300 § 57 Nr 1 S 3 f) ausgeführt hat, ist die Differenzierung nach dem in der Krankenversicherung bestehenden Versicherungsverhältnis mit der daraus folgenden Ungleichbehandlung sachlich hinreichend gerechtfertigt. Für die grundsätzliche Übernahme des Beitragsrechts der Krankenversicherung in die soziale Pflegeversicherung spricht die Vergleichbarkeit von Leistungsrecht und Finanzierung in beiden Versicherungszweigen. Das Solidaritätsprinzip schließt es nicht aus, die beitragspflichtigen Einnahmen der verschiedenen Mitgliedergruppen, nämlich der Pflichtversicherten und der freiwillig Versicherten, in verfassungsrechtlich zulässiger Weise unterschiedlich zu regeln (vgl Urteil des Senats vom 6. November 1997, 12 RP 3/96, SozR 3-3300 § 57 Nr 1 S 4 f).

Auch das BVerfG hat es im Rahmen seiner Entscheidung zur Versicherungspflicht der Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15. März 2000 (1 BvL 16/96 ua, BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42) grundsätzlich für verfassungsrechtlich zulässig gehalten, dass der Gesetzgeber an die Unterscheidung zwischen freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten für den Status des Versicherten im Rentenalter anknüpft, und ihm einen Gestaltungsspielraum dahingehend eingeräumt, den Zugang zur Krankenversicherung der Rentner für Versicherte zu öffnen oder aber auch die beitragsrechtlichen Folgen dieser Differenzierung abzuschwächen. Der Gesetzgeber hat in der Folgezeit zum einen den Zugang zur Pflichtversicherung erleichtert und zum anderen Beitragsregelungen angeglichen. Soweit jedoch Versicherte wie der Kläger weiterhin die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllen, ist eine von der Beitragsbemessung bei Pflichtversicherten abweichende Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen nach § 240 SGB V weiterhin verfassungsrechtlich unbedenklich. Dies gilt auch für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (vgl Urteil des Senats vom 25. August 2004, B 12 P 1/04 R, SozR 4-3300 § 25 Nr 1 RdNr 9).

b) Verfassungsrechtliche Bedenken hat der Senat auch insoweit nicht, als freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte wie der Kläger Pflegeversicherungsbeiträge auch aus dem aus einer geringfügigen Beschäftigung bezogenen Arbeitsentgelt entrichten müssen, während dieses Arbeitsentgelt zur Beitragsbemessung in der Krankenversicherung wegen des pauschalen Beitrags des Arbeitgebers nicht herangezogen wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet wäre, zur Entlastung des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber eine entsprechende Beitragspflicht aufzuerlegen oder allein wegen der Freistellung von Einnahmen von der Beitragsbemessung in anderen Versicherungszweigen eine solche auch in der Pflegeversicherung zu gewähren (vgl auch Urteil des Senats vom 25. Januar 2006, B 12 KR 27/04 R, SozR 4-2500 § 249b Nr 2).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Ende der Entscheidung

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