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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: B 13/4 R 49/06 R
Rechtsgebiete: SGB VI


Vorschriften:

SGB VI § 48 Abs 1
SGB VI § 48 Abs 4 Nr 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Az: B 13/4 R 49/06 R

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 17. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Steinwedel, die Richter Dr. Terdenge und Kaltenstein sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Andresen und die ehrenamtliche Richterin Roth-Bleckwehl für Recht erkannt:

Tenor:

Die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. März 2005 und des Sozialgerichts Köln vom 15. Juni 2004 sowie der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. August 2003 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. Juli 2003 Halbwaisenrente zu gewähren.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten aller drei Instanzen zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist, ob der Anspruch der Klägerin auf Halbwaisenrente für die Zeit der Erziehung ihrer am 7.8.2002 geborenen Tochter bis zum 31.7.2003 fortbestand.

Die im Jahre 1981 geborene Klägerin bezog seit 1991 Halbwaisenrente, die die Beklagte zuletzt durch Bescheid vom 22.11.2001 bis zum 31.7.2002 befristet hatte; danach zahlte sie die Rente ohne bescheidmäßige Bewilligung zunächst weiter. Im Mai 2002 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ihre Schulausbildung im Juli 2002 mit dem Abitur beenden und sich um einen Studienplatz für Medizin bewerben werde; die Beklagte bat daraufhin bis zum 31.10.2002 um Vorlage einer Bescheinigung über die weitere Ausbildung ab 1.10.2002, ggf um umgehende Einreichung des Bescheides über die Nichtzulassung zum Hochschulstudium. Am 7.8.2002 wurde die Tochter der Klägerin geboren. Am 10.11.2002 übersandte die Klägerin ihr Abiturzeugnis vom 23.6.2002 und den Ablehnungsbescheid der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) vom 6.9.2002. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 26.11.2002 die Bewilligung der Waisenrente mit Wirkung ab 1.10.2002 nach § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und forderte die Überzahlung für die Monate Oktober bis Dezember 2002 iHv (3 x € 222,72 =) € 668,16 nach § 50 SGB X zurück. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 5.8.2003 führte die Beklagte aus, dass sich die Klägerin seit dem 1.10.2002 nicht in Schul- oder Berufsausbildung befinde. Die Wartezeit auf die Zulassung zum Studium sei keine Ausbildung iS des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI). Am 1.8.2003 begann die Klägerin mit einer Ausbildung zur Steuerfachangestellten und bezog seitdem erneut Halbwaisenrente.

Im Klageverfahren machte die Klägerin ua geltend, der streitige Zeitraum sei bei der Gewährung der Waisenrente zu berücksichtigen, weil ihre Schul- bzw Berufsausbildung insoweit wegen Erziehungsurlaubs unterbrochen worden sei. Mit Urteil vom 15.6.2004 hat das Sozialgericht Köln (SG) die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keine unvermeidbare Zwangspause hinnehmen müssen, die als rentenunschädliche Übergangszeit gelten könne. Vielmehr seien die Gründe für den Zeitabstand zwischen Abitur und Ausbildungsbeginn ausschließlich individuell und personenbezogen. Im streitigen Zeitraum habe kein Schul- bzw Ausbildungsverhältnis bestanden, das auf Grund von Schwangerschaft oder Erziehungsurlaub unterbrochen worden sei, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts <BSG> (Hinweis auf BSG vom 26.1.2000, SozR 3-2600 § 48 Nr 3) zu einer rentenunschädlichen Unterbrechungszeit führen könne. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat mit Urteil vom 18.3.2005 die Berufung der Klägerin im Wesentlichen aus den Gründen des SG-Urteils zurückgewiesen.

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 48 Abs 1 sowie Abs 4 Nr 2a SGB VI. Ihr habe im streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Halbwaisenrente zugestanden. Die Geburt ihrer Tochter am 7.8.2002 sei in den Zeitraum einer von der Rechtsprechung anerkannten rentenunschädlichen Übergangszeit gefallen; danach habe sie sich in einer vom Gesetzgeber als sozialpolitisch wünschenswert erachteten Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) befunden. Damit habe sich die zwischen Schul-und Berufsausbildungsabschnitt liegende rentenunschädliche Übergangszeit unter Anwendung der vom BSG entwickelten Grundsätze zur Unschädlichkeit elternzeitbedingter Unterbrechung einer Berufsausbildung bis zum Ende des hier betroffenen Zeitraums verlängert. Folge man dem LSG, entstehe ein Wertungswiderspruch, wenn einerseits mit dem gesetzlich eingeräumten Recht auf Elternzeit die Kleinkindbetreuung mit Nachdruck gefördert werde, andererseits aber der Anspruch auf Zahlung der Waisenrente entfallen solle, wenn der waisenrentenberechtigte Elternteil nicht innerhalb einer kurzen Übergangsfrist seine weitere Berufsausbildung aufnehme. Dann könne sich der Bezieher einer Waisenrente gezwungen sehen, schon allein aus dem Grund der Weiterzahlung sofort nach der Schulausbildung einen Berufsausbildungsabschnitt zu beginnen, um diesen unmittelbar nach Antritt wieder durch die Elternzeit zu unterbrechen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18.3.2005 und des Sozialgerichts Köln vom 15.6.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.8.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, auch für die Zeit vom 1.10.2002 bis zum 31.7.2003 Halbwaisenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die vorinstanzlichen Urteile für zutreffend und trägt darüber hinaus vor, dass sich die Klägerin nicht auf die Urteile des BSG vom 29.4.1997 (5 RJ 84/95 - BSGE 80, 205 = SozR 3-2200 § 1267 Nr 5) und vom 26.1.2000 (B 13 RJ 53/99 R - SozR 3-2600 § 48 Nr 3) stützen könne, in denen jeweils eine bereits laufende Berufs- bzw Schulausbildung der Waise unterbrochen worden sei, das jeweilige Ausbildungsverhältnis jedoch fortbestanden habe. Die Klägerin habe sich im streitigen Zeitraum auch nicht mehr in einer unvermeidlichen Zwangspause von höchstens vier Monaten befunden, die als rentenunschädliche Übergangszeit anzusehen sei. In einem Fall wie dem vorliegenden eine unschädliche Unterbrechung der Übergangszeit anzuerkennen, hieße, den von der Rechtsprechung entwickelten Tatbestand der Übergangszeit ohne Berücksichtigung seines ursprünglichen Zwecks nochmals und ggf weit über die angedachten kurzen Zeiträume hinaus auszudehnen. Schon gegen die ausdehnende Auslegung des BSG in den Urteilen vom 29.4.1997 und 26.1.2000 beständen erhebliche Bedenken seitens der Rentenversicherungsträger.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) einverstanden erklärt.

II

Die zulässige Revision ist auch begründet. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Halbwaisenrente nach § 48 Abs 1 iVm Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB VI. Sie hat sich in dieser Zeit iS des § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst a SGB VI (in der hier noch anzuwendenden Fassung vor Neufassung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.7.2004, BGBl I 1791) in Schul- oder Berufsausbildung befunden; die übrigen Anspruchsvoraussetzungen sind zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG zählen zur Schul- oder Berufsausbildung im Sinne der og Vorschrift auch unvermeidbare Übergangszeiten von bis zu vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. In einer solchen Übergangszeit befand sich die Klägerin im Zeitpunkt der Geburt ihrer Tochter am 7.8.2002.

Ebenfalls ist in der Rechtsprechung des BSG geklärt, dass bei Unterbrechung der Schul- bzw der Berufsausbildung während der ersten drei Lebensjahre eines Kindes (entsprechend der Dauer des Erziehungsurlaubs bzw der Elternzeit nach dem BErzGG) der entsprechende Zeitraum ebenfalls noch zur Schul- bzw Berufsausbildung zählt, die Unterbrechung also rentenunschädlich ist (zur Schulausbildung: Senatsurteil vom 26.1.2000, SozR 3-2600 § 48 Nr 3, in Fortführung des zur Berufsausbildung ergangenen Urteils des 5. Senats vom 29.4.1997, BSGE 80, 205 = SozR 3-2200 § 1267 Nr 5).

Der Senat führt diese Rechtsprechung dahingehend fort, dass auch die Unterbrechung einer Übergangszeit durch die Zeit der Erziehung eines Kindes in dessen drei ersten Lebensjahren der Weitergewährung von Waisenrente nicht entgegensteht. Hiervon ist die streitige Zeit (7.8.2002 bis 31.7.2003) umfasst, die noch während des ersten Lebensjahres der Tochter liegt.

1. a) Die Rechtsprechung des BSG zur waisenrentenunschädlichen Übergangszeit geht davon aus, dass Ausbildungspausen, insbesondere Zeiträume zwischen Schulende und Beginn der Berufs- oder Hochschulausbildung, der Ausbildung gleichzustellen sind, wenn es sich um generell unvermeidbare Zwischenzeiten handelt. Denn mithilfe der Rente soll der Unterhalt der Waise für die Dauer der Ausbildung sichergestellt werden, um ihr einen möglichst qualifizierten Berufsabschluss zu ermöglichen. Zur Ausbildung zählen deshalb nicht nur die - unvermeidlichen - Ausbildungsunterbrechungen (zB Schul- oder Semesterferien), sondern auch die Zwangspausen beim Übergang zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder Ausbildungsgängen. Der Versichertengemeinschaft ist jedoch nur zumutbar, für unvermeidbare Zwangspausen einzustehen, die der Ausbildungsorganisation eigentümlich und für sie typisch sind und im Wesentlichen auf (abstrakten) organisatorischen Maßnahmen der Ausbildungsträger beruhen; insoweit gilt zudem eine Zeitgrenze von vier Monaten (vgl BSG vom 27.2.1997, SozR 3-2600 § 48 Nr 1 S 2 ff). Mit Wirkung ab 1.8.2004 hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BSG zu den Übergangszeiten in das Gesetz übernommen; nach § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst b SGB VI in der Neufassung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz besteht der Anspruch auf Waisenrente bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch dann, wenn die Waise "sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes ... liegt."

b) Im vorliegenden Fall befand sich die Klägerin bei Geburt ihrer Tochter innerhalb einer derartigen Übergangszeit. Denn sie hatte sich im Anschluss an ihr Abitur (Datum des Zeugnisses: 23.6.2002) um einen Studienplatz für Medizin beworben und erst im September 2002 den entsprechenden Ablehnungsbescheid der ZVS (vom 6.9.2002) erhalten. Der Senat schließt sich insoweit der auch im Fall der Klägerin deutlich werdenden Praxis der Beklagten an, die mit der Kommentarliteratur (zB VerbandsKomm, § 48 SGB VI, Anm 13, Stand 2004; Kamprad in Hauck/Noftz, SGB VI, § 48 RdNr 48, Stand 2005) übereinstimmt: Als Ausbildungs-(bzw Übergangs-)zeit zählt auch die Zeit der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz; bleibt die Bewerbung erfolglos, endet diese Zeit mit der Bekanntgabe der Ablehnung. Dies entspricht auch der Regelung in § 2 Abs 2 Satz 5 Halbsatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) idF der Bekanntmachung vom 31.1.1994, BGBl I 168, der letzten Fassung vor der Kindergeldreform zum 1.1.1996 (zur Bedeutung der Neuregelung des Kindergeldrechts für die Auslegung des § 48 SGB VI s Senatsurteil vom 26.1.2000, SozR 3-2600 § 48 Nr 3 S 14 f).

Auch die Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ändern nichts daran, dass der Geburtstermin ihrer Tochter während einer derartigen Übergangszeit lag. Die Klägerin hat damals ua erklärt, sie könne nicht definitiv beantworten, ob sie einen eventuellen Studienplatz für Medizin für das Wintersemester 2002/2003 zurückgegeben hätte. Auch auf dieser Grundlage aber gehörte jedenfalls der Zeitraum bis zum negativen Bescheid der ZVS zu einer typischen, unvermeidbaren Zwangspause - nicht anders, als wenn die Klägerin im unmittelbaren Anschluss daran eine andere Hochschulausbildung als das Medizinstudium oder aber eine sonstige Ausbildung begonnen hätte.

2. Ist jedoch auch eine derartige Übergangszeit als Schul- oder Berufsausbildung anzusehen, muss sie ebenso wie diese (s hierzu die Urteile vom 29.4.1997 und vom 26.1.2000) durch eine Zeit der Kindererziehung im zeitlichen Rahmen des § 15 BErzGG (bis 1.1.2001: Erziehungsurlaub; danach: Elternzeit), also bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, unterbrochen werden können, ohne dass dies Auswirkungen auf die Rentenberechtigung hat.

Für diese Lösung spricht bereits der rein pragmatische Gesichtspunkt, dass ansonsten die Rentenberechtigung von - sogar unter Umständen steuerbaren - Zufälligkeiten abhängig wäre wie dem Geburtstermin vor oder nach der Immatrikulation für ein Hochschulstudium bzw vor oder nach Beginn eines privatrechtlichen Ausbildungsverhältnisses.

Ebenso stimmt das Auslegungsergebnis des Senats mit Sinn und Zweck der Waisenrente überein. Die Waisenrente hat - wie die anderen Hinterbliebenenrenten auch - Unterhaltsersatzfunktion, wenn auch in stark pauschalierender Weise (Köbl in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3, Rentenversicherungsrecht, 1999, § 28 RdNr 109; s insbesondere auch BVerfG vom 18.6.1975, BVerfGE 40, 121, 134 f); der Anspruch auf Waisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres (außer in den Fällen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung) ersetzt nach § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst b SGB VI (in der hier noch anzuwendenden Fassung) typisierend nur ausgefallenen Ausbildungsunterhalt. Dennoch ist auch für die hier vorliegende Fallgestaltung der Kindererziehung darauf abzustellen, ob vom waisenberechtigten Kind erwartet werden kann, dass es sich selbst unterhalten kann.

Da jedoch der Zeitraum, während dessen nach dem BErzGG Erziehungsgeld bezogen werden kann, dazu dient, sich der Betreuung des Kindes zuzuwenden, besteht in dieser Zeit gerade nicht die typische Situation, in der den Betroffenen eine Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann (so auch U. Becker, SGb 1998, 35, 36 f). Zwar ist die Inanspruchnahme einer entsprechenden Erziehungszeit nicht unvermeidbar; sie stellt vielmehr eine bewusste und frei gewählte (vgl das Antragserfordernis nach § 16 BErzGG) Konzentration auf die Kindererziehung dar. Aber auch dies ist ohne Belang, wenn man berücksichtigt, dass die Unvermeidlichkeit der Zwangspause (zB für eine Übergangszeit) ebenfalls nur Indiz für die während der Unterbrechung typischerweise fehlende Möglichkeit der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist. Genau an dieser Möglichkeit fehlt es aber in der Zeit des Erziehungsurlaubs, weiterer Anhaltspunkte bedarf es nicht (U. Becker aaO 37; s ferner die eingehende Argumentation des Senats im Urteil vom 26.1.2000, SozR 3-2600 § 48 Nr 3 S 11 ff).

Auch bürgerlich-rechtlich (§ 1601 iVm § 1602 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches) haben volljährige Kinder jedenfalls in den ersten 18 Monaten nach der Unterbrechung einer Ausbildung wegen der Geburt ihres eigenen Kindes gegen ihre Eltern einen Unterhaltsanspruch, weil ihnen eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann (s OLG Hamm vom 5.3.1996, FamRZ 1996, 1493, 1494 mwN; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl 2008, RdNr 190, Fn 187 schlagen insoweit einen Zeitraum von drei Jahren vor). Auch das Kindergeldrecht hat (bis zur Reform zum 1.1.1996; s auch oben zu 1b) zur Schul- oder Berufsausbildung nicht nur die Zeit gezählt, in der im zeitlichen Rahmen des § 15 BErzGG ein Kind betreut und erzogen wird, solange mit Rücksicht hierauf die Ausbildung unterbrochen wird (§ 2 Abs 2 Satz 6 Nr 1 BKGG idF der Bekanntmachung vom 31.1.1994), sondern auch "die Zeit, in der mit Rücksicht auf eine solche Betreuung und Erziehung eine Ausbildung, die spätestens im vierten auf die Beendung des vorherigen Ausbildungsabschnitts folgenden Monat aufgenommen werden könnte, vorläufig nicht angestrebt oder aufgenommen wird" (Nr 2 aaO).

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, das BSG habe in seinen Urteilen vom 29.4.1997 sowie vom 26.1.2000 jeweils mit darauf abgestellt, dass das Ausbildungsverhältnis in den jeweils streitigen Zeiträumen weiter bestand, auch wenn es faktisch unterbrochen war (BSGE 80, 205, 206 f = SozR 3-2200 § 1267 Nr 5; BSG SozR 3-2600 § 48 Nr 3 S 10 f, 17 ff). Denn es liegt schon in der Natur der Sache, dass bei einer Übergangszeit der hier vorliegenden Art deren Fortdauer trotz faktischer Unterbrechung nicht - in welcher Weise auch immer - vereinbart werden kann. Dann aber ist hieraus - entgegen der Meinung der Revision - ebenso wenig der entscheidende Einwand gegen die Gleichbehandlung einer Übergangszeit mit einer Schul- oder Berufsausbildung auch in dieser Hinsicht abzuleiten.

Zwar wird, folgt man der Auffassung des Senats, der Kreis der Anspruchsberechtigten (nochmals) erweitert. Dies führt jedoch schon deshalb zu keiner unzumutbaren Belastung der Solidargemeinschaft, weil nach wie vor das Höchstalter von 27 Jahren (§ 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB VI) maßgebend ist und durch eine Unterbrechungszeit der Kindererziehung nicht verlängert wird (s Senatsurteil vom 26.1.2000, SozR 3-2600 § 48 Nr 3 S 17).

Obwohl die vorliegende Entscheidung einen Zeitraum vor dem 1.8.2004 betrifft, sei darauf hingewiesen, dass der Senat die Meinung (VerbandsKomm, § 48 SGB VI, Anm 13, Stand 2004; Kamprad in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 48 RdNr 46, Stand 2005; Zweng/Scheerer/Buschmann/ Dörr, Handbuch der RV, § 48 SGB VI, RdNr 68, Stand 2005) nicht nachvollziehen kann, mit der Neuregelung des § 48 Abs 4 Satz 1 Nr 2 Buchst b SGB VI zum genannten Zeitpunkt durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz (s oben bei 1a aE) sei der Gesetzgeber der Rechtsprechung des BSG "zur Elternzeit" (gemeint die Urteile vom 29.4.1997 und vom 26.1.2000) nicht gefolgt. Denn wenn er mit der oben zitierten Vorschrift die Grundregel zur Übergangszeit (s oben zu 1 a) in das Gesetz übernommen hat, folgt hieraus nicht, dass damit eine Unterbrechungszeit durch Kindererziehung ausgeschlossen werden sollte; hierzu geben auch die Materialien (s BT-Drucks 15/2149, S 21) nichts her (insoweit zutreffend Pohl in Wannagat, SGB, § 48 SGB VI, RdNr 26, Stand 2007; s insgesamt Gürtner in Kasseler Komm, § 48 SGB VI, RdNr 44, Stand 2005).

3. Die Fassung des Entscheidungssatzes im vorliegenden Urteil erklärt sich daraus, dass die reine Aufhebung der angefochtenen Bescheide noch nicht bedeutet hätte, dass die Bewilligung der Waisenrente der Klägerin wieder aufgelebt wäre. Denn diese war (durch den Bescheid vom 22.11.2001) wirksam bis zum 31.7.2002 befristet worden; für die Monate August bis Dezember 2002 hatte die Beklagte die Leistung ohne bescheidmäßige Bewilligung weiter gewährt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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