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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: B 13 RJ 16/03 R
Rechtsgebiete: SGB VI aF


Vorschriften:

SGB VI aF § 38
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 11. März 2004

Az: B 13 RJ 16/03 R

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Henke, die Richter Dr. Terdenge und Dr. Neuhaus sowie die ehrenamtlichen Richter Schmidt und Kröber

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. November 2002 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20. Februar 2001 zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Altersrente (AlR) wegen Arbeitslosigkeit (Januar 1999 bis Dezember 2001).

Die am 31. Dezember 1938 geborene Klägerin bezog Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) auf Zeit vom 16. Februar 1984 bis 31. Dezember 1989. Die Weitergewährung der Rente wurde von der Beklagten abgelehnt. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg (SG), durch das die Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin auch von Januar 1990 bis Dezember 1993 weiterhin Rente wegen EU zu gewähren (Urteil vom 19. Februar 1991 - S 8 Ar 295/90), wurde vom Bayerischen Landessozialgericht (LSG) aufgehoben (Urteil vom 24. März 1994 - L 14 Ar 262/91). Im Rahmen eines sich anschließenden Vormerkungsverfahrens lehnte die Beklagte die Anerkennung der sich an die Rentengewährung anschließenden Zeit der Arbeitslosigkeit (8. Februar 1990 bis 31. Dezember 1992) als Anrechnungszeit ab (Bescheid vom 3. Juni 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1996). Das daraufhin angerufene SG verurteilte die Beklagte, die Zeit vom 8. Februar 1990 bis 8. März 1995 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit anzuerkennen, weil die Klägerin in dieser Zeit beim Arbeitsamt (ArbA) als arbeitsuchend gemeldet gewesen sei. Ihre Arbeitslosmeldung erst am 8. Februar 1990 habe zu keiner maßgeblichen Unterbrechung im Anschluss an die vorherige versicherte Beschäftigung bzw den sich anschließenden Überbrückungstatbestand des Rentenbezugs geführt (Urteil vom 23. September 1998 - S 8 RJ 148/97).

In der Folgezeit entrichtete die Klägerin für die in ihrem Versicherungsverlauf für Januar 1990 bestehende Lücke einen freiwilligen Beitrag. Ab 29. März 1996 war sie wieder beim ArbA als arbeitsuchend (ohne Leistungsbezug) gemeldet. Seit Januar 2002 bezieht sie AlR für langjährig Versicherte.

Am 5. Oktober 1998 beantragte die Klägerin AlR wegen Arbeitslosigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab, weil im maßgeblichen vorhergehenden - verlängerten - Rahmenzeitraum vom 1. Mai 1978 bis 31. Dezember 1998 nur 74 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien; erforderlich seien jedoch acht Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten zehn Jahren bzw dem entsprechend verlängerten Zeitraum vor Rentenbeginn (Bescheid vom 23. November 1998). Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen, weil sie vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 nicht beim ArbA als arbeitsuchend gemeldet gewesen sei und in der Folgezeit vom 29. März 1996 bis 30. November 1998 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) bzw Arbeitslosenhilfe (Alhi) gehabt habe (Widerspruchsbescheid vom 23. April 1999).

Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 20. Februar 2001). Das LSG hat die Beklagte auf die Berufung der Klägerin verurteilt, ihr für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2001 AlR (wegen Arbeitslosigkeit) zu gewähren (Urteil vom 13. November 2002). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von AlR wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 38 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der maßgeblichen Fassung vom 1. August 1996 bis zum 31. Dezember 1999 (aF) seien erfüllt. Die Klägerin habe im Dezember 1998 das 60. Lebensjahr vollendet. Die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit und der Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren lägen vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten weise die Klägerin die erforderliche Anzahl von Pflichtbeiträgen (acht Jahre) innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist auf. Die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 sei als Anrechnungszeit zu berücksichtigen, die die Rahmenfrist verlängere. Insoweit stehe der Klägerin ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu.

Der Klägerin habe nach Einstellung der Rente wegen EU gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Beratung zugestanden. Dem sei die Beklagte bei ihrer Auskunft im Oktober 1994 nicht in der gebotenen Weise nachgekommen. Sie hätte die Klägerin - wie sie es später bei der Vorsprache im Februar 1996 getan habe - darauf hinweisen müssen, sich vorsorglich weiterhin als arbeitsuchend zu melden. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, wegen der im Versicherungsverlauf bestehenden Lücke (Januar 1990) sei damals eine weitere Meldung beim ArbA zwecklos gewesen. Denn diese Auffassung sei - wie durch das Urteil des SG vom 23. September 1998 (S 8 RJ 148/97) festgestellt - unrichtig gewesen. Diese unvollständige bzw unrichtige Auskunft der Beklagten sei auch ursächlich dafür, dass sich die Klägerin in der Folgezeit nicht als arbeitsuchend gemeldet habe, sondern erst wieder im März 1996, nachdem sie ihren Bruder mit ihrer Rentenangelegenheit beauftragt habe. Damit sei die Klägerin so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn sie sich im Anschluss an die Auskunft der Beklagten von Oktober 1994 als arbeitsuchend gemeldet hätte.

Zwar lasse sich nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch das Fehlen einer tatsächlichen Begebenheit in der Regel nicht ersetzen, insbesondere nicht die mangelnde Verfügbarkeit eines Arbeitslosen. Der vorliegende Sachverhalt sei jedoch insoweit besonders gelagert, als die Klägerin sich um die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für ihre AlR stets bemüht und dem Arbeitsmarkt vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 in gleicher Weise zur Verfügung gestanden habe, wie es ab dem 29. März 1996 der Fall gewesen sei. Soweit für die Klägerin keine Zeiten der Arbeitslosigkeit gemeldet worden seien, habe dies nicht an der fehlenden Arbeitslosigkeit gelegen, sondern allein an der mangelnden Meldung als arbeitsuchend, die im Hinblick auf die falsche Auskunft der Beklagten unterblieben sei. Wegen des fortgeschrittenen Alters und des fehlenden Anspruchs auf Alg bzw Alhi sei es nachvollziehbar, dass die Klägerin eine Meldung beim ArbA trotz objektiv und subjektiv vorliegender Verfügbarkeit unterlassen habe.

Da die Zeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als Anrechnungszeit zu berücksichtigen sei, sei der gesamte Zeitraum der Arbeitslosigkeit vom 8. Februar 1990 bis 30. November 1998 durchgehend als Anrechnungszeit anzusehen. Dadurch verlängere sich das Ende des Zehn-Jahres-Zeitraums iS des § 38 Satz 1 Nr 3 SGB VI aF entsprechend über den von der Beklagten angenommenen Zeitpunkt (1. Mai 1978) hinaus. Vor diesem Zeitpunkt seien ab 6. November 1972 durchgehend Pflichtbeiträge vorhanden. Dies habe zur Folge, dass die hier streitige Voraussetzung des § 38 Satz 1 Nr 3 SGB VI aF, dh das Erfordernis von insgesamt acht Jahren Pflichtbeitragszeiten innerhalb von zehn Jahren bzw in dem verlängerten maßgeblichen Rahmenzeitraum vor Beginn der AlR, ohne Weiteres erfüllt sei.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Rechtsinstituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Nicht alle fehlenden Begebenheiten tatsächlicher Art könnten durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzt werden. Die Meldung als arbeitsuchend sei ein rechtserheblicher Tatbestand, den herzustellen nicht in die Verfügungsmacht der Beklagten falle, sondern der allein von der tatsächlichen Verhaltensweise des Arbeitslosen abhänge, und zwar während des gesamten Zeitraums, für den er die Berücksichtigung als Anrechnungszeit begehre. Insoweit seien die Erwägungen des LSG, dass die Klägerin stets um Aufrechterhaltung ihres Versicherungsschutzes bemüht gewesen sei und sich bei zutreffender Auskunft sofort gemeldet hätte, unzutreffend. Eine Pflicht der Beklagten zur Anerkennung einer Anrechnungszeit trotz Fehlens der Meldung als arbeitsuchend bestehe nicht; ihre Erfüllung wäre gesetzeswidrig. Das LSG verwechsele den aus dem Folgenbeseitigungsanspruch abgeleiteten Herstellungsanspruch mit dem Anspruch auf Schadensersatz.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. November 2002 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20. Februar 2001 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Nachdem die Klägerin seit dem 1. Januar 2002 eine AlR für langjährig Versicherte bezieht, ist Gegenstand des Verfahrens nur noch die ihr für die Zeit von Januar 1999 bis Dezember 2001 versagte AlR wegen Arbeitslosigkeit.

Das Urteil des LSG vom 13. November 2002 war aufzuheben und das Urteil des SG vom 20. Februar 2001 wiederherzustellen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 23. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1999 entspricht der Rechtslage. Der Klägerin steht für die Zeit von Januar 1999 bis Dezember 2001 kein Anspruch auf AlR wegen Arbeitslosigkeit zu.

Nach § 38 SGB VI in der hier maßgebenden Fassung vom 1. August 1996 bis 31. Dezember 1999 (aF) haben Versicherte Anspruch auf AlR, wenn sie

1. das 60. Lebensjahr vollendet haben,

2. entweder

a) bei Beginn der Rente arbeitslos sind und innerhalb der letzten eineinhalb Jahre vor Beginn der Rente insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder ...

b) ...

3. in den letzen zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten auf Grund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind, verlängert, und

4. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

Zwar hat die Klägerin im Dezember 1998 das 60. Lebensjahr vollendet (Nr 1) und die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit (Nr 2) erfüllt; außerdem hat sie - was auch unter den Beteiligten nicht umstritten ist - die erforderliche Wartezeit von 15 Jahren (Nr 4) zurückgelegt. Doch mangelt es vorliegend an der og dritten Voraussetzung des § 38 SGB VI aF. Die hier maßgebliche Rahmenfrist, in der die erforderlichen Pflichtbeiträge vorliegen müssen, begann am 31. Dezember 1998 und verlängerte sich nach Aktenlage nur bis Mai 1978. Innerhalb dieses Zeitraums hat die Klägerin nicht - wie erforderlich - acht Jahre bzw 96 Monate, sondern lediglich 74 Monate mit Pflichtbeiträgen aufzuweisen. Die (fehlenden) 22 Monate Pflichtbeitragszeiten aus der Zeit vor Mai 1978 könnten nur berücksichtigt werden, wenn entweder sowohl die Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Meldung als arbeitsuchend vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 als auch die Zeit der Arbeitslosigkeit mit Meldung als arbeitsuchend vom 29. März 1996 bis 30. November 1998 als Anrechnungszeit anzuerkennen oder wenn zumindest die Zeit vom 29. März 1996 bis 30. November 1998 als Anrechnungszeit anzuerkennen wäre und die Zeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 als Überbrückungszeit angesehen werden könnte. Keine dieser Voraussetzungen ist jedoch vorliegend erfüllt.

Gemäß § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Abs 2 Satz 1 SGB VI liegt eine Anrechnungszeit vor, wenn ein Versicherter wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen ArbA als arbeitsuchend gemeldet war und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen hat und wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst unterbrochen ist. Mit dieser Bestimmung hat das SGB VI die bis zum 31. Dezember 1991 maßgebliche Regelung der Anrechnungszeiten (Ausfallzeiten) wegen Arbeitslosigkeit (§ 36 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und 3a des Angestelltenversicherungsgesetzes bzw § 1259 Abs 1 Nr 3 und 3a der Reichsversicherungsordnung) mit kleineren Änderungen im Wesentlichen übernommen (vgl dazu im Einzelnen BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 6), sodass auch grundsätzlich die Rechtsprechung des BSG zur Vorgängervorschrift für die Gesetzesauslegung herangezogen werden kann. Zwingende Voraussetzung schon nach dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI ist nicht nur das Vorliegen von Arbeitslosigkeit, sondern auch die Meldung als arbeitsuchend.

Offen bleiben kann, ob nicht bereits auf Grund des Urteils des SG vom 23. September 1998 (S 8 RJ 148/97) eine Anerkennung der Zeit der Arbeitslosigkeit (ohne Meldung als arbeitsuchend) vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 als Anrechnungszeit rechtskräftig abgelehnt worden ist. Dafür könnte sprechen, dass die Beklagte durch Bescheid vom 17. Februar 1998, der Gegenstand des Verfahrens vor dem SG (S 8 RJ 148/97) geworden war, eine Anerkennung dieser Zeit als Anrechnungszeit abgelehnt und das SG die Beklagte unter Zugrundelegung auch dieses Bescheides verurteilt hatte, lediglich die Zeit vom 8. Februar 1990 bis 8. März 1995 als Anrechnungszeit (wegen Arbeitslosigkeit) anzuerkennen. Dies könnte so zu verstehen sein, dass die Klage im Übrigen abgewiesen wurde mit der Folge, dass die Zeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 nicht mehr als Anrechnungszeit Berücksichtigung finden könnte. Doch ist die Beklagte mit ihrem streitgegenständlichen Bescheid vom 23. November 1998 erneut in die Prüfung der Frage eingetreten, ob die Zeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 als Anrechnungszeit anzuerkennen ist oder nicht. Hierzu war sie nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) berechtigt (vgl Steinwedel in Kasseler Komm, § 44 SGB X, RdNr 20 ff). Das Ergebnis ihrer Prüfung ist entgegen der Ansicht des LSG nicht zu beanstanden. Eine Anerkennung der Zeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 als Anrechnungszeit scheitert daran, dass sich die Klägerin während des genannten Zeitraums nicht wegen Arbeitslosigkeit beim ArbA als arbeitsuchend gemeldet hatte.

Das Erfordernis der Meldung bei einem deutschen ArbA in § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI trägt dem Umstand Rechnung, dass die Anrechnungszeit nur tatsächlich arbeitsuchenden Versicherten zugute kommen soll und deshalb von diesen ein regelmäßiges Bemühen um Erlangung eines Arbeitsplatzes gefordert wird. Dem entsprechend ist ein bloß passives Abwarten nicht ausreichend, sodass auch Arbeitslose, die keine Leistungen des ArbA beziehen, sich regelmäßig als arbeitsuchend zu melden haben (BSGE 68, 163 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 4; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2; BSGE 80, 124 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 18; Verbandskomm, § 58 SGB VI Anm 5.6), was nicht verfassungswidrig ist (vgl BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 11). Die Klägerin erfüllt die vorerwähnte Voraussetzung hinsichtlich der Zeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 nicht, weil sie sich nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) während dieses Zeitraums nicht beim ArbA arbeitsuchend gemeldet hat.

Im Gegensatz zur Auffassung des LSG lässt sich die fehlende Meldung der Klägerin beim ArbA nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzen (vgl hierzu etwa Försterling in GK-SGB VI, § 58 RdNr 224). Tatbestandlich setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch), verletzt und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt (vgl BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2). Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte (vgl BSGE 55, 40, 43 = SozR 2100 § 27 Nr 2 S 4; BSGE 71, 17, 22 = SozR 3-4100 § 103 Nr 8 S 42). Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist (BSGE 49, 76, 80 = SozR 2200 § 1418 Nr 6 S 12; BSGE 50, 25 = SozR 2200 § 172 Nr 14; BSGE 58, 104 = SozR 4100 § 103 Nr 36; BSG Urteil vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 38/91 -, veröffentlicht in Juris). Voraussetzung ist also - abgesehen vom Erfordernis der Pflichtverletzung iS einer fehlenden oder unvollständigen bzw unrichtigen Beratung -, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden kann (BSGE 51, 89, 92 = SozR 2200 § 381 Nr 44 S 119; BSGE 52, 145, 148 = SozR 1200 § 14 Nr 12 S 17 f; BSGE 58, 104 = SozR 1500 § 162 Nr 22; BSGE 58, 104 = SozR 4100 § 103 Nr 36; BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 1). Umgekehrt bedeutet dies: In Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, bleibt für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum.

Hintergrund dieser von der Rechtsprechung angenommenen Differenzierung zwischen "ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen (vgl BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4) ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 des Grundgesetzes <GG>). Dieses lässt es nicht zu, dass die Verwaltung gesetzeswidrig handelt, selbst wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung erteilt hat. Demgemäß lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht (BSGE 76, 84 = SozR 3-8825 § 2 Nr 3; BSG Urteil vom 17. Juli 1997 - 7 RAr 106/96 -, veröffentlicht in Juris). Das kann ua bei verspäteter Antragstellung, verspäteter Beitragsentrichtung oder verspäteter Vorlage von Unterlagen der Fall sein, falls die Verspätung auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Leistungsträgers beruht (vgl zB BSGE 59, 60, 64 = SozR 5070 § 10 Nr 31 S 71; BSGE 60, 43 = SozR 4100 § 105 Nr 2; BSG SozR 1200 § 14 Nr 25; BSGE 62, 179, 182 = SozR 4100 § 125 Nr 3 S 12; BSGE 63, 112 = SozR 1200 § 14 Nr 28).

Anders verhält es sich ua bei fehlender Arbeitslosmeldung (BSGE 60, 43, 48 = SozR 4100 § 105 Nr 2 S 6 f; BSG Urteile vom 11. Januar 1989 - 7/11b RAr 16/87 - und 8. Juli 1993 - 7 RAr 80/92 = SozR 3-4100 § 134 Nr 14), fehlender Anwartschaftszeit (BSG SozR 4100 § 102 Nr 6; BSG Urteile vom 12. Juli 1989 - 7 RAr 62/88 - und 5. Dezember 1989 - 11 RAr 61/88; BSGE 66, 11, 13 = SozR 4100 § 112 Nr 52 S 251), fehlender Verfügbarkeit (BSGE 58, 104, 109 = SozR 4100 § 103 Nr 36 S 85; BSG Urteil vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 38/91), fehlender rechtzeitiger Anzeige des Arbeitsausfalls (BSG SozR 4100 § 66 Nr 2), fehlenden Eingliederungschancen (BSG SozR 4100 § 56 Nr 18) sowie beim Ausscheiden aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor Vollendung des 55. Lebensjahres (BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4).

Auch die Meldung wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen ArbA als Arbeitsuchender iS des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI hat - ähnlich wie die Arbeitslosmeldung nach § 117 Abs 1 Nr 2, § 122 Abs 1 Satz 7 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - durch den Arbeitslosen selbst zu erfolgen. Sie ist nicht der Gestaltung durch Verwaltungshandeln zugänglich (so schon BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 2; vgl aber auch BSG Urteil vom 6. August 1992 - 8 RKn 9/91; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2). Dies folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI, die einem Rentenversicherten Versicherungsschutz auch für die Zeit erhalten will, in der er aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen - trotz Erwerbsfähigkeit und aktiver Arbeitsplatzsuche - keine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausüben kann. Im Wege des sozialen Ausgleichs, dh des solidarischen Einstehens der Rentenversicherten untereinander, soll ihm zur Abmilderung rentenversicherungsrechtlicher Nachteile eine Anrechnungszeit gewährt werden, welche nicht nur für die Höhe einer späteren Rente, sondern auch für die Erfüllung versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Bedeutung erlangen kann (BSGE 68, 163 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 4; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2; BSGE 80, 124 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 18). Diese Vergünstigung soll indes nur solchen Versicherten zukommen, die sich selbst solidarisch verhalten, also vorbehaltlos nach Arbeit suchen, die mithin nicht nur arbeitslos und erwerbsfähig, sondern auch bemüht sind, unter Nutzung der Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit wieder zu erlangen (vgl Niesel in Kasseler Komm, SGB VI, § 58 RdNr 29; Löns in Kreikebohm, SGB VI, § 58 RdNr 13; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB VI, § 58 RdNr 52 ff). Anders gewendet: Der Versicherte muss sich aktiv um eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit bemühen und sich deshalb regelmäßig beim ArbA melden. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er - auch und gerade im Fall seiner Meldung - nicht auf Dauer arbeitslos bleibt und ggf Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet (vgl auch BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 1).

Die Meldung beim ArbA als arbeitsuchend iS des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI ist im Übrigen auch deshalb unverzichtbar, weil Zeiten der Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt der Rentenberechnung nicht selten weit zurückliegen und eine solche Regelung bei der Vielzahl der zu bearbeitenden Rentenanträge der Verwaltungsökonomie, dh der leichten Handhabung, dient (BVerfG SozR 2200 § 1259 Nr 11).

Ob hier für die (anschließende) Zeit vom 29. März 1996 bis 30. November 1998 die Voraussetzungen einer Anrechnungszeit erfüllt sind, lässt sich anhand der Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen. Zwar hat sich die Klägerin am 29. März 1996 iS des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI wegen Arbeitslosigkeit beim ArbA als arbeitsuchend gemeldet. Doch hat sie keine Leistungen vom ArbA bezogen. Insoweit ist vom LSG nicht festgestellt worden, ob der fehlende Leistungsbezug allein auf zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen beruht. Trotz dieser Unklarheit ist der Rechtsstreit nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Denn die Zeit vom 29. März 1996 bis 30. November 1998 ist bereits deshalb keine Anrechnungszeit, weil sie sich nicht, wie § 58 Abs 2 SGB VI verlangt, nahtlos an die Zeit vom 8. Februar 1990 bis 8. März 1995 anschließt. Es besteht vielmehr eine Unterbrechung vom 9. März 1995 bis 28. März 1996.

Dieser Lückenzeitraum kann nicht als so genannte Überbrückungszeit qualifiziert werden. Bei dieser von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur (vgl BSG SozR 2200 § 1259 Nr 94 mwN; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 7, 18, 20; vgl auch Niesel in Kasseler Komm, SGB VI, § 58 RdNr 29, 93, 103 ff; Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB VI, § 58 RdNr 156; Zweng/Scherer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 58 RdNr 158 ff; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, § 58 Anm 12b; Löns in Kreikebohm, SGB VI, § 58 RdNr 31) handelt es sich um eine Zeit, die den Anschluss gewährleistet, dh vorhandene Lücken zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit (bzw einer Anrechnungszeit) und dem Beginn einer (weiteren) Anrechnungszeit ausfüllt. Eine solche Zeit ist selbst keine Anrechnungszeit. Sie "füllt" lediglich eine Lücke innerhalb einer Kette von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten mit der Folge, dass der Zurechnungszusammenhang mit nachfolgenden Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten bestehen bleibt (BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 20). Rechtfertigender Grund für die Anerkennung einer Überbrückungszeit ist im Wesentlichen, dass der Versicherte im jeweiligen Zeitraum noch dem Kreis der Arbeitsuchenden iS des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI zuzuordnen ist. In die entsprechende Wertung haben Gesichtspunkte einzufließen, die den Schutzzweck der Norm berücksichtigen. Vor allem kommt es darauf an, ob der Versicherte nach den Gesamtumständen noch dem aktiven Erwerbsleben zuzurechnen ist, ob also während des Lückenzeitraums ein hinreichender Zusammenhang dazu besteht. Eine entsprechende Annahme liegt nahe, wenn die Lücke unverschuldet, also durch vom Versicherten nicht zu vertretende Umstände, oder durch ein sozialadäquates, insbesondere durch ein von Verfassungs wegen schützenswertes Verhalten entstanden ist (BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 16).

Von einem sozialadäquaten Verhalten im vorerwähnten Sinne kann nicht gesprochen werden, wenn sich ein Versicherter, obwohl objektiv arbeitslos, deshalb nicht beim ArbA als arbeitsuchend meldet und der Vermittlung zur Verfügung steht, weil er auf Grund einer Falschberatung die Ansicht vertritt, die Zeiten der Arbeitslosigkeit könnten trotz Meldung beim ArbA nicht als rentenrechtliche Versicherungszeit Berücksichtigung finden. Eine solche Haltung lässt erkennen, dass ihm an einer weiteren Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit im Grunde nicht gelegen ist und eine Meldung als arbeitsuchend durch ihn allenfalls erfolgt, um sich rentenrechtliche Vorteile zu sichern. Dass ein Versicherter im vorgerückten Alter bei realistischer Betrachtung derzeit nur im Ausnahmefall vom ArbA in eine neue Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit vermittelt werden kann, ändert nichts daran, dass er sich im Fall der Nichtmeldung so behandeln lassen muss, als wäre er aus dem Erwerbsleben endgültig ausgeschieden. Dies hat jedenfalls dann zu gelten, wenn es um einen nicht ganz kurzen Zeitraum geht und der Versicherte auch keine eigenständigen Versuche unternimmt, eine neue Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit zu erlangen.

Vorliegend hat sich die Klägerin auf Grund der falschen Auskunft der Beklagten mehr als ein Jahr lang nicht wegen Arbeitslosigkeit beim ArbA als Arbeitsuchende gemeldet. Dieser Zeitraum ist nicht so kurz, dass er noch als unerhebliche Unterbrechung der Arbeitnehmereigenschaft bezeichnet werden könnte. Auch liegen nach den Gesamtumständen des Falles keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin in der Zeit vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 eigenständige Bemühungen unternommen hätte, um eine neue Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit zu finden. Vielmehr hat sie sich während des gesamten Zeitraums so verhalten, als wäre sie bereits auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden.

Der Lückenzeitraum vom 9. März 1995 bis 28. März 1996 ist auch nicht ohne Verschulden der Klägerin entstanden. Zwar ist der Klägerin nach den Feststellungen des LSG in Bezug auf die rentenrechtlichen Auswirkungen einer Meldung beim ArbA im Oktober 1994 von der Beklagten eine falsche Auskunft erteilt worden. Doch war es ihr, wenn ihr wirklich an einer Vermittlung in eine neue Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit gelegen war, dadurch in keiner Weise verwehrt, sich beim ArbA als arbeitsuchend zu melden. Ebenso wenig war sie gehindert, eigene Anstrengungen zu unternehmen, um in das Erwerbsleben zurückzukehren. Die falsche Auskunft der Beklagten mag für die Klägerin Motiv gewesen sein, sich mit ihrem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben abzufinden. Dass sie sich zum damaligen Zeitpunkt nicht um eine Rückkehr in das Erwerbsleben bemüht, sondern erst wieder im März 1996 beim ArbA gemeldet hat, hat sie jedoch selbst zu vertreten.

Damit hat es dabei zu bleiben, dass auch die Zeit vom 29. März 1996 bis 30. November 1998 mangels Vorliegens eines Überbrückungstatbestandes nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden kann mit der weiteren Folge, dass der Klägerin für die Zeit von Januar 1999 bis Dezember 2001 kein Anspruch auf AlR wegen Arbeitslosigkeit zusteht.

Soweit ein Bediensteter der Beklagten die Klägerin tatsächlich falsch beraten hat und die Pflichtverletzung dafür ursächlich wäre, dass die Klägerin sich ab 9. März 1995 nicht als arbeitsuchend gemeldet hat, könnte ggf ein Amtshaftungsanspruch in Betracht kommen (Art 34 Satz 1 GG iVm § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches), über den jedoch nicht die Sozialgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (Art 34 Satz 3 GG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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