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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: B 13 RJ 23/00 R
Rechtsgebiete: SGB VI, SGG
Vorschriften:
SGB VI § 43 | |
SGG § 103 | |
SGG § 128 Abs 1 | |
SGG § 128 Abs 2 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 5. April 2001
in dem Rechtsstreit
Az: B 13 RJ 23/00 R
Kläger und Revisionsbeklagter,
gegen
Beklagte und Revisionsklägerin.
Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Henke, die Richter Dr. Loytved und Dr. Neuhaus sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Schmid und Meid
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 9. September 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten nur noch über die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der am 5. März 1942 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Kessel- und Behälterbauers. Nach Abschluß seiner Ausbildung im Jahre 1959 arbeitete er bis März 1962 als Formenträger und anschließend bis September 1976 als Kraftfahrer und Meßgehilfe. Von September 1976 bis November 1978 war er als Aufkäufer von Wertstoffen tätig, ohne für diese Zeit Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Danach war er bis Oktober 1994 als Schulhausmeister und (zeitweise) Heizer beschäftigt.
Den am 19. Januar 1994 gestellten Antrag auf Zahlung von Rente wegen BU bzw Erwerbsunfähigkeit (EU) nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bzw Invalidenrente nach Art 2 § 7 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. September 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 1995 ab, weil der Kläger mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig Arbeiten verrichten könne. Aufgrund seines beruflichen Werdegangs sei er als angelernter Arbeiter zu beurteilen und somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 24. März 1994 Rente wegen BU zu bewilligen, und im übrigen die Berufung zurückgewiesen. Das LSG hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Nach den medizinischen Ermittlungen könne der Kläger den Beruf des Schulhausmeisters nicht mehr ausüben. Dieser von 1978 bis zum 1. März 1993 vom Kläger tatsächlich ausgeübte Beruf sei als bisheriger Beruf iS von § 43 Abs 2 SGB VI heranzuziehen. Auf die zuvor verrichtete Tätigkeit als Kraftfahrer und Meßgehilfe sei nicht abzustellen, weil der Kläger diesen Beruf ohne erkennbaren Rückkehrwillen aufgegeben und sich endgültig der Tätigkeit als Schulhausmeister zugewandt habe. Den erlernten Beruf des Kessel- und Behälterbauers habe er nach der Ausbildung nicht ausgeübt. Aufgrund der bestehenden Gesundheitsstörungen sei der Kläger nur noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten ohne dauerndes Sitzen oder Stehen vollschichtig zu verrichten. Es könne offenbleiben, ob dem Kläger wegen der Tätigkeit als Hausmeister, die nach Lohngruppe 4 des Tarifvertrages zu § 20 Abs 1 des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) vom 14. Mai 1991 in der Fassung des Änderungstarifvertrages zu Nr 3 vom 4. November 1992 entlohnt worden sei, Berufsschutz als Facharbeiter oder als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs zuzubilligen sei. Nach beiden Varianten sei es ausgeschlossen, ihn auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, und damit die konkrete Benennung einer zumutbaren Verweisungstätigkeit erforderlich.
Weder die Beklagte noch das SG hätten eine in diesem Sinne zumutbare Tätigkeit aufgezeigt. Der Hinweis auf die Tätigkeit eines Pförtners entspreche nicht diesen Anforderungen. Dieser Berufsbezeichnung könne aufgrund der Vielfalt dieses Berufsbildes nur die Bedeutung eines Sammelbegriffs beigemessen werden. Diesen Begriff habe die Beklagte nicht präzisiert oder unter Angabe von Anforderungsprofil und Tätigkeitsbeschreibung verdeutlicht, sondern einen Beweisantrag gestellt, der sich wiederum nur auf die allgemeine Tätigkeit eines Pförtners bezogen habe. Diesem Beweisantrag habe nicht gefolgt werden müssen, weil der pauschale Hinweis auf den Sammelbegriff des Pförtners keine aufklärungsbedürftige Tatsache benenne. Die von der Beklagten vorgeschlagene Verweisung des Klägers auf die Tätigkeit eines Löters scheide aufgrund der gesundheitsbedingten Einschränkungen aus. Nachdem die Beklagte ihrer Benennungspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei, sei es weder das Recht noch die Pflicht der zur Neutralität verpflichteten Tatsacheninstanzen, von Amts wegen Beweise zu erheben, wenn sich weder aus dem Beteiligtenvorbringen noch aus der Aktenlage oder aus der Gerichts- oder Allgemeinkunde konkrete Anhaltspunkte für einen bestimmten zumutbaren Vergleichsberuf aufdrängten. Derartige Anhaltspunkte seien nicht erkennbar. Unklar sei außerdem, ob der Kläger den fachlichen Anforderungen genüge, wie sie zB an Bahn- und Weichenwärter, Waschanlagenführer oder Maschinenwärter gestellt würden.
Soweit der Kläger Rente wegen EU oder Invalidenrente begehre, sei die Berufung im Hinblick auf das bestehende Restleistungsvermögen unbegründet.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 43 SGB VI iVm Verfahrensfehlern (§§ 103, 128 Abs 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>). Hierzu trägt sie im wesentlichen folgendes vor: Es stehe nicht fest, daß es keine Tätigkeiten mehr gebe, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden könne. Das LSG habe der Tätigkeit des Klägers als Schulhausmeister zu Unrecht die Wertigkeit eines Facharbeiters oder eines angelernten Arbeiters des oberen Bereichs beigemessen. Hierbei habe es in der Gesamtbetrachtung den beruflichen Werdegang des Klägers außer Betracht gelassen und allein auf die letzte tarifvertragliche Einstufung abgestellt.
Selbst wenn der Kläger als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs einzustufen sei, sei das Fehlen einer zumutbaren Verweisungstätigkeit nicht, wie erforderlich, festgestellt worden. Soweit das LSG Zweifel gehabt habe, ob die benannte Tätigkeit als Pförtner dem Kläger zumutbar sei, hätte es dem nachgehen müssen, da es mit der Bezeichnung des Pförtnerberufs als Sammelbegriff selbst von einer Vielfalt dieses Berufsbildes ausgegangen sei. Eine weitere Aufklärung hätte zum Ergebnis gehabt, daß es sich bei dem benannten Verweisungsberuf des Pförtners auch dann um eine dem Kläger zumutbare Verweisungstätigkeit handele, wenn dieser als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs einzustufen sei. Die Entlohnung eines einfachen Pförtners erfolge aufgrund der Bedeutsamkeit der Position für den Betrieb in einer aus dem Bereich der ungelernten Arbeiten herausgehobenen Weise. Des weiteren habe das LSG den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) verletzt, indem es eine Verweisung auf Tätigkeiten als Bahn- oder Weichenwärter, Waschanlagenführer oder Maschinenwärter dem Grunde nach für möglich gehalten; jedoch gleichwohl ausgeschlossen habe, ohne die Anforderungsprofile dieser Berufe zu ermitteln.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 9. September 1999 aufzuheben, soweit es die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente betrifft, und auch insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Halle vom 28. November 1996 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig und iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Streitig ist im Revisionsverfahren allein noch die Gewährung von Rente wegen BU, weil nur die Beklagte gegen die im Berufungsurteil ausgesprochene Verurteilung zur Zahlung von Rente wegen BU Rechtsmittel eingelegt hat. Hinsichtlich der Ablehnung der Ansprüche des Klägers auf Gewährung von Rente wegen EU und - hilfsweise - von Invalidenrente ist das Urteil des LSG rechtskräftig. Streitig ist auch nur noch die Zahlung von Rente wegen BU ab dem 24. März 1994, nachdem der Kläger insoweit seinen Antrag im Berufungsverfahren eingeschränkt hat.
Der Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach § 43 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung. Die zum 1. Januar 2001 durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbsG) vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) in Kraft getretene Neuregelung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Art 24 RRErwerbsG) berührt den Anspruch des Klägers nach dem bisherigen Recht nicht (§ 300 Abs 2 SGB VI).
§ 43 SGB VI in der bisherigen Fassung setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles (§ 43 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VI) voraus. Darüber hinaus muß BU vorliegen (§ 43 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI).
Berufsunfähig sind nach § 43 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die bisherigen Tatsachenfeststellungen lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der Kläger berufsunfähig iS dieser Vorschrift ist.
Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 107, 169). In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 130, 164).
Nach diesen Grundsätzen hat das LSG zutreffend als bisherigen Beruf des Klägers den eines (Schul-)Hausmeisters angenommen. Nicht zu beanstanden ist, daß es den von dem Kläger erlernten Beruf eines Kessel- und Behälterbauers der Beurteilung nicht zugrunde gelegt hat, weil der Kläger sich nach der Ausbildung in diesem Beruf anderen Berufen zugewandt hatte. Auch diese anderen, vor der Hausmeistertätigkeit ausgeübten Berufe hatte der Kläger nach den Feststellungen des LSG endgültig aufgegeben, ohne aus Gesundheitsgründen dazu gezwungen gewesen zu sein. Daher durften sie für die Beurteilung der BU außer Betracht bleiben.
Den Beruf eines (Schul-)Hausmeisters kann der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Damit ist er aber noch nicht berufsunfähig; dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Aus gesundheitlichen Gründen sind dem Kläger nach den tatrichterlichen Feststellungen vollschichtig nur noch leichte Arbeiten ohne dauerndes Sitzen und Stehen möglich. Ob aufgrund dieses Leistungsvermögens dem Kläger noch sozial zumutbare und fachlich geeignete Berufstätigkeiten möglich sind, läßt sich anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nr 132, 138, 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 27, 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 143; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 5).
Dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des LSG ist zu entnehmen, daß dieses den Kläger zumindest als angelernten Arbeiter des oberen Bereichs angesehen hat. Die dieser Beurteilung zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen sind von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden. Das LSG hat es weiter aber offengelassen, ob der Kläger nach dem Stufenschema des BSG sogar dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen ist. Auf dieser Grundlage könnte ein Rentenanspruch nur dann bejaht werden, wenn dem Kläger auch unter Zugrundelegung der vom LSG als möglich angesehenen Einstufung in den oberen Bereich der Gruppe angelernter Arbeiter keine Verweisungstätigkeit aufgezeigt werden könnte. Davon ist das LSG zwar offenbar ausgegangen. Doch hat es insoweit keine hinreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen.
Soweit die Vorinstanz den Beruf eines Pförtners als Verweisungsberuf geprüft hat, sind seine Tatsachenfeststellungen im wesentlichen aufgrund einer Verkennung des Umfanges der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) zu unbestimmt geblieben. Obwohl das LSG diese Berufsbezeichnung als Sammelbegriff angesehen hat, der eine Vielzahl von Berufsbildern erfaßt, ist es nicht für erforderlich gehalten worden, dieser Vielfalt weiter nachzugehen, also nach konkreten Pförtnerberufen zu suchen, die als Verweisungstätigkeit in Betracht kommen. Eine diesbezügliche Sachaufklärungspflicht bestand jedenfalls insoweit, als ein Einsatz des Klägers in diesem Berufsfeld nicht von vornherein aus Gründen der sozialen Zumutbarkeit oder der fachlichen bzw gesundheitlichen Eignung ausschied.
Der Umfang der dem Tatsachengericht obliegenden Amtsermittlungspflicht richtet sich nach dem Streitgegenstand, dh nach dem Anspruch des Klägers sowie der Verteidigung des Beklagten und der möglichen Entscheidung des Gerichts (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 103 RdNr 4); die Ermittlungen haben sich somit auf alle Umstände zu beziehen, die rechtlich erheblich sind (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, Kap III RdNr 11; Wenner/Terdenge/Martin, Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit, 2. Aufl, RdNr 321). Zwar haben die Beteiligten die Pflicht, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken (§ 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG), eine Beweisführungslast oder -pflicht iS der Verpflichtung, die Beweismittel selbst beizubringen, haben sie dagegen nicht (Meyer-Ladewig aaO RdNr 19; zum Umfang der Mitwirkungspflicht vgl auch Krasney/Udsching aaO Kap III RdNr 16). Die Frage nach der Verteilung der sog objektiven Beweislast stellt sich erst, wenn das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann (BSGE 27, 40 = SozR Nr 8 zu § 548 RVO).
Den notwendigen Ermittlungen zur Prüfung etwa vorhandener Verweisungsberufe durfte das Berufungsgericht sich auch nicht unter Bezugnahme auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 14. Mai 1996 - 4 RA 60/94 - (BSGE 78, 207 = SozR 3-2200 § 43 Nr 13) mit dem Hinweis entziehen, die Beklagte sei ihrer Pflicht zur Benennung einer zumutbaren Verweisungstätigkeit nicht nachgekommen und es sei weder das Recht noch die Pflicht der zur Neutralität verpflichteten Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit, von Amts wegen Beweise zu erheben, wenn sich weder aus dem Beteiligtenvorbringen noch aus der Aktenlage oder aus Gerichts- oder Allgemeinkunde konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines fachlich und gesundheitlich zumutbaren Vergleichsberufs aufdrängten. Soweit der 4. Senat in der zitierten Entscheidung auf die dem Versicherungsträger obliegende Darlegungslast und objektive Beweislast für das Vorhandensein eines zumutbaren Verweisungsberufs verwiesen hat, darf dies nicht verwechselt werden mit dem im zivilprozessualen Verfahren geltenden Beibringungsgrundsatz, wonach der Beteiligte, der sich auf eine ihm günstige Tatsache beruft, die Beweismittel für das Vorliegen dieser Tatsache beizubringen hat. Auch der 4. Senat geht in der zitierten Entscheidung grundsätzlich von der Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen aus und hat lediglich einschränkend ausgeführt, daß dieser Grundsatz nicht zu Ermittlungen "ins Blaue hinein" oder zur Erhebung von Ausforschungsbeweisen verpflichtet (BSGE 78, 207, 213 = BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 13). Der Hinweis des 4. Senats auf die Neutralitätspflicht der Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit entbindet diese Gerichte aber nicht von der im Gesetz verankerten Pflicht, von Amts wegen Beweise zu erheben, um den Sachverhalt aufzuklären. Insbesondere hat das Berufungsgericht übersehen, daß die Verpflichtung, von Amts wegen Beweise zu erheben, nur dann nicht (mehr) besteht, wenn sich weder aus dem Beteiligtenvorbringen noch aus der Aktenlage oder aus Gerichts- oder Allgemeinkunde konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Vergleichsberufen aufdrängen (BSGE 78, 207, 216 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13). Auch nach dem erwähnten Urteil ist demnach konkreten, sich aufdrängenden Anhaltspunkten im Wege der Amtsermittlung nachzugehen. Im übrigen hat der 4. Senat in einem anderen Urteil ausdrücklich die Pflicht des Berufungsgerichts betont, nach der Ermittlung des qualitativen Wertes des "bisherigen Berufs" und der dementsprechenden Eingruppierung in das Mehrstufenschema nach einer qualitativ und gesundheitlich "zumutbaren" Verweisungstätigkeit zu suchen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 41). Im Einzelfall mag zwar zweifelhaft sein, welches Maß an tatsächlichen Angaben oder Anhaltspunkten vorliegen muß, um die Tatsacheninstanz zu weiteren Ermittlungen zu drängen (vgl hierzu Wenner/Terdenge/Martin aaO RdNr 328; Schultes, SGb 1997, 555, 559); ein solcher Zweifelsfall liegt hier aber nicht vor.
Hinsichtlich des von der Beklagten als zumutbare Verweisungsmöglichkeit benannten Pförtnerberufs ergeben sich bereits - wie das LSG selbst erkannt hat - deutliche Anhaltspunkte dafür, daß sich hinter der Berufsbezeichnung Pförtner als einem "Sammelbegriff" eine Vielzahl von unterschiedlichen konkreten Pförtnertätigkeiten verbirgt. Damit liegt auch nahe, daß die einzelnen Pförtnertätigkeiten je nach Einsatz- und Aufgabenbereich unterschiedliche Anforderungen an den Versicherten stellen und dementsprechend auch differenziert bewertet und tariflich eingestuft sein können.
Des weiteren läßt sich der bisherigen Rechtsprechung des BSG entnehmen, daß der Pförtnerberuf eine Vielzahl von unterschiedlichen Tätigkeiten umfaßt und dem Kläger jedenfalls dann bestimmte Pförtnertätigkeiten sozial zumutbar sein können, wenn er (nur) einem angelernten Arbeiter des oberen Bereichs gleichzustellen ist. Auch wenn von der Rechtsprechung bereits herausgestellt worden ist, daß ein Facharbeiter nicht ohne weiteres auf einfache Pförtnertätigkeiten, die den ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zuzurechnen sind, verwiesen werden kann (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 17, 55; SozR 2000 § 1241d Nr 5), so gilt dies nicht in gleichem Maße für die angelernten Arbeiter des oberen Bereichs. Letztere sind nach dem og Stufen- und Verweisungsschema grundsätzlich auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, soweit es sich nicht um allereinfachste Tätigkeiten oder Verrichtungen handelt (vgl dazu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Für die Existenz von Pförtnertätigkeiten, die sich so weit aus diesen allereinfachsten Arbeiten herausheben, daß ein angelernter Arbeiter des oberen Bereichs zumutbar hierauf verwiesen werden kann, ergeben sich aus der bisherigen Rechtsprechung zahlreiche Hinweise (vgl hierzu Senatsurteile vom 17. Dezember 1997 - 13 RJ 59/97 - und vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 35/95; siehe auch BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 21, 61). Wegen der Vielfalt der in der Lebenswirklichkeit vorkommenden Pförtnertätigkeiten kann noch nicht einmal ausgeschlossen werden, daß bestimmte Pförtnertätigkeiten aufgrund ihrer qualitativen Anforderungen sogar den sonstigen Ausbildungsberufen oder gar Facharbeitertätigkeiten gleichzustellen sind (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 21), so daß der Kläger auch als Facharbeiter auf derartige Pförtnertätigkeiten zumutbar verwiesen werden könnte.
Angesichts dieser konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein von im Bereich der Pförtnerberufe vorhandenen Verweisungstätigkeiten sind die Feststellungen des LSG unzureichend, wenn es zum einen der Berufsbezeichnung Pförtner eine Vielzahl von Berufsbildern zuspricht, zum anderen aber ohne Klärung der angesprochenen Vielfalt den rechtlichen Schluß zieht, eine Verweisung auf diesen Beruf komme nicht in Betracht.
Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob das LSG auch insoweit seine Sachaufklärungspflicht verletzt hat, als ungeklärt geblieben ist, ob der Kläger den fachlichen Anforderungen genügt, wie sie an Bahn- und Weichenwärter, Waschanlagenführer oder Maschinenwärter zu stellen sind.
Auf die von der Beklagten zu tragende Darlegungslast und objektive Beweislast kommt es erst dann an, wenn die hier erwähnten Berufe auch nach dem Ergebnis weiterer Ermittlungen als Verweisungstätigkeiten nicht in Betracht kommen und ein anderer Verweisungsberuf für das Gericht nicht ersichtlich ist.
Da der erkennende Senat die erforderlichen, weiteren Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht selbst nachholen kann (vgl § 163 SGG), ist das Berufungsurteil gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dieses Gericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Ende der Entscheidung
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