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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 01.02.2001
Aktenzeichen: B 13 RJ 37/00 R
Rechtsgebiete: SGB VI
Vorschriften:
SGB VI § 58 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
in dem Rechtsstreit
Verkündet am 1. Februar 2001
Az: B 13 RJ 37/00 R
Klägerin und Revisionsklägerin,
Prozeßbevollmächtigter:
gegen
Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz, Königsallee 71, 40215 Düsseldorf,
Beklagte und Revisionsbeklagte.
Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2001 durch den Richter Dr. Loytved als Vorsitzenden, die Richter Dr. Terdenge und Dr. Neuhaus sowie die ehrenamtlichen Richter Schmidt und Rückert
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Streitig ist die Anerkennung einer Anrechnungszeit im Rahmen der Kontenklärung.
Die am 24. Februar 1940 geborene Klägerin ist griechische Staatsangehörige. Sie lebt seit 1961 in der Bundesrepublik Deutschland. In der Zeit vom 4. Juni 1961 bis 31. Mai 1982 war sie - mit Unterbrechungen - versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie bis zum 30. Mai 1983 Arbeitslosengeld. Während eine Bewilligung von Anschluß-Arbeitslosenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit nicht in Betracht kam, hielt sie ihr Arbeitsgesuch in der Folgezeit zunächst durch regelmäßige, alle drei Monate erfolgte Meldungen beim zuständigen Arbeitsamt (ArbA) aufrecht. Zum 13. September 1983 meldete sie sich beim ArbA ab, reiste am 24. Oktober 1983 nach Griechenland und betreute dort ihre pflegebedürftige Mutter - zeitweise auch ihre Großmutter. Nachdem ihre Mutter am 31. Januar 1984 und ihre Großmutter am 6. Februar 1984 verstorben waren, kehrte die Klägerin am 9. März 1984 nach Deutschland zurück und meldete sich am 19. März 1984 erneut arbeitslos. Vom 30. Juni bis 10. August 1997 war sie urlaubsbedingt ortsabwesend, anschließend jedoch wieder arbeitslos gemeldet.
Auf den im Dezember 1996 gestellten Kontenklärungsantrag der Klägerin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 9. März 1999 die in dem dazu erstellten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten fest. Für die Zeit ab Januar 1983 wurden neun Monate Arbeitslosigkeit vom 1. Januar bis 12. September 1983 festgestellt und eine rentenrechtliche Anerkennung der Zeiten vom 19. März 1984 bis 29. Juni 1997 sowie vom 11. August 1997 bis 3. Juni 1998 abgelehnt.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin die Anerkennung einer Anrechnungszeit ab 11. August 1997 nicht weiterverfolgt. Das Sozialgericht Aachen (SG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die Zeit vom 13. September 1983 bis 18. März 1984 als Überbrückungstatbestand anzuerkennen (Urteil vom 17. November 1999). Auf die Berufung der Beklagten ist die erstinstanzliche Entscheidung durch Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) vom 31. Mai 2000 geändert und die Klage im wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen worden:
Die Beklagte habe eine Anerkennung des Zeitraumes vom 19. März 1984 bis 29. Juni 1997 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit zu Recht abgelehnt. Zwar sei die Klägerin seinerzeit durchgehend wegen Arbeitslosigkeit arbeitsuchend gemeldet gewesen; Leistungen habe sie nur deshalb nicht bezogen, weil das Einkommen ihres Ehemannes zu berücksichtigen gewesen sei. Es fehle jedoch an der Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit iS des § 58 Abs 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Zwischen dem Ende des letzten Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin (31. Mai 1982) und dem Beginn des streitigen Zeitraumes (19. März 1984) lägen anerkannte Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit (vom 1. Juni 1982 bis 30. Mai 1983 mit Leistungsbezug und vom 31. Mai 1983 bis 12. September 1983 ohne Leistungsbezug). Dies stünde einer Anerkennung des Zeitraumes vom 19. März 1984 bis 29. Juni 1997 als Anrechnungszeit dann nicht entgegen, wenn die durch die Pflege der Angehörigen entstandene Lücke (13. September 1983 bis 18. März 1984), die unstreitig selbst keine Anrechnungszeit darstelle, einen sog Überbrückungstatbestand bilde. Die Beklagte habe diesen Zeitraum zutreffend nicht als Überbrückungstatbestand gewertet.
Zunächst könnten insoweit die Zeiten vor (13. September bis 23. Oktober 1983) und nach dem Aufenthalt in Griechenland (10. März bis 18. März 1984), in denen die Klägerin die Pflege noch nicht oder nicht mehr ausgeübt habe, außer Betracht bleiben, weil sie keinen vollen Kalendermonat umfaßten. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei ferner davon auszugehen, daß die von der Klägerin in Griechenland ausgeübte Pflegetätigkeit ihrem zeitlichen Umfang nach den Voraussetzungen des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI iVm §§ 14, 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) entspreche. Auch werde nicht verkannt, daß die Klägerin aus ethisch anerkennenswerten Gründen die Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung unterlassen habe. Dennoch erscheine es nicht gerechtfertigt, vor dem 1. Januar 1992 Pflegezeiten rentenrechtlich anzuerkennen.
Den Tatbestand der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Angehörigen habe der Gesetzgeber im Rentenrecht erstmals zum 1. Januar 1992 berücksichtigt. Hier gehe es jedoch um einen weit davorliegenden Zeitraum, auf den die entsprechenden Regelungen nicht erstreckt werden könnten. Der Senat sehe auch keinen durchgreifenden rechtlichen Gesichtspunkt, die ab 1992 zum Ausdruck gekommene Wertung des Gesetzgebers zur Verankerung der Pflegetätigkeit in der Rentenversicherung für die Schließung früherer Versicherungslücken nutzbar zu machen. Die Regelung des § 279e SGB VI (früher: § 177 SGB VI aF), die vor dem 1. Januar 1992 von Pflegepersonen entrichtete freiwillige Beiträge von dem Recht auf Umwandlung in Pflichtbeiträge ausnehme, lasse vielmehr eindeutig den gesetzgeberischen Willen erkennen, rentenrechtliche Besserstellungen der Pflegepersonen erst ab dem 1. Januar 1992 in Wirkung treten zu lassen.
Die Klägerin sei auch nicht wegen eines von ihr nicht zu vertretenden Arbeitsschicksals an der Leistung weiterer Pflichtbeiträge gehindert gewesen, sondern wegen der Pflege ihrer Mutter und Großmutter. Sie habe - selbstverständlich - die Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter und Großmutter nicht zu vertreten. An diesen Umstand sei jedoch nicht anzuknüpfen, sondern es sei zu prüfen, ob der Sachverhalt, der als Überbrückungstatbestand in Betracht komme, einen Bezug zum Arbeitsschicksal habe. Daran fehle es vorliegend. Die Pflege von Verwandten, auch in dem von der Klägerin durchgeführten Umfang, sei ausschließlich deren privater Sphäre zuzurechnen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Mit Bescheid vom 7. Dezember 2000 hat die Beklagte der Klägerin ab 1. März 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt, ohne die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 19. März 1984 bis 29. Juli 1997 anzurechnen.
Die Klägerin rügt sinngemäß eine Verletzung von § 58 SGB VI. Zur Begründung trägt sie ua vor: Entgegen der Auffassung des LSG sei die Pflege von Angehörigen nicht ausschließlich der Privatsphäre zuzuordnen. Eine rentenversicherungsrechtliche Absicherung von Pflegepersonen sei nicht erst zum 1. Januar 1992 eingeführt worden, vielmehr seien schon vorher Zuschüsse von Sozialleistungsträgern zu den Aufwendungen für die Alterssicherung von pflegenden Familienangehörigen vorgesehen gewesen (Hinweis auf § 26c Abs 9 des Bundesversorgungsgesetzes, § 69b des Bundessozialhilfegesetzes <BSHG> und auf Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung). Darüber hinaus habe die Möglichkeit des Abschlusses von Arbeitsverträgen bestanden, wobei die Abgrenzung zu familiärer Pflegetätigkeit erhebliche Schwierigkeiten bereite. Jedenfalls habe sie, die Klägerin, sich durch die Übernahme der Pflege ihrer Angehörigen nicht aus dem Erwerbsleben verabschieden wollen. Immerhin gehe es hier nur um die Überbrückung einer relativ kleinen Lücke von wenigen Monaten. Insoweit sei die von ihr ausgeübte Pflegetätigkeit mit einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder auch mit sog Selbsthilfeversuchen vergleichbar. Im übrigen sei noch zu ermitteln, ob sie während des streitigen Aufenthaltes in Griechenland nicht sogar nach griechischem Recht sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Dazu hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin im Senatstermin eine Bescheinigung des griechischen landwirtschaftlichen Versicherungsträgers OGA vom 8. Januar 2001 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 31. Mai 2000 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 17. November 1999 mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der erstinstanzliche Ausspruch in der Hauptsache wie folgt neu gefaßt wird:
Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheides vom 10. Juli 1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 9. März 1999 verurteilt, im Versicherungsverlauf der Klägerin einen Anrechnungszeittatbestand wegen Arbeitslosigkeit vom 19. März 1984 bis 29. Juni 1997 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Die berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen reichen für eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits nicht aus.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 9. März 1999, soweit darin die Feststellung eines Anrechnungszeittatbestandes wegen Arbeitslosigkeit vom 19. März 1984 bis 29. Juli 1997 abgelehnt worden ist. Im Hinblick auf die Zurückverweisung der Sache wird der während des Revisionsverfahrens ergangene Rentenbescheid vom 7. Dezember 2000 - abweichend von § 171 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) - Gegenstand des erneuten Verfahrens vor dem LSG (vgl BSGE 9, 78).
Rechtsgrundlage für die streitige Vormerkung von Versicherungszeittatbeständen ist § 149 Abs 5 SGB VI. Nach dieser Vorschrift stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Soweit der Versicherungsträger Feststellungen zu Versicherungszeiten trifft, für welche die Frist von sechs Kalenderjahren noch nicht verstrichen ist, müssen diese gleichwohl inhaltlich zutreffen (vgl BSGE 70, 138, 140 = SozR 3-2600 § 149 Nr 1).
Die Anerkennung des von der Klägerin geltend gemachten Anrechnungszeittatbestandes wegen Arbeitslosigkeit richtet sich nach § 58 SGB VI. In Abs 1 Satz 1 Nr 3 dieser Vorschrift ist bestimmt: Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen ArbA als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nach den Feststellungen des LSG für den Zeitraum vom 19. März 1984 bis 29. Juni 1997. Gemäß § 58 Abs 2 Satz 1 SGB VI liegen Anrechnungszeiten nach Abs 1 Nr 3 jedoch nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst unterbrochen ist. Ob in bezug auf die Arbeitslosigkeit der Klägerin vom 19. März 1984 bis 29. Juni 1997 das Merkmal der Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung (selbständige Tätigkeit, Wehr- und Zivildienst scheiden hier von vornherein aus) bejaht werden kann, läßt sich auf der Grundlage der bisherigen berufungsgerichtlichen Feststellungen nicht beurteilen.
Zwar verlangt der Begriff "Unterbrechung" iS von § 58 Abs 2 Satz 1 SGB VI nicht, daß der Anrechnungszeittatbestand (hier der Arbeitslosigkeit) von Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit "umrahmt" wird, die Arbeitslosigkeit muß sich jedoch grundsätzlich unmittelbar an eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit anschließen (vgl BSGE 16, 120, 122 f = SozR Nr 4 zu § 1259 RVO; vgl auch den Begriff "im Anschluß" in § 250 Abs 1 SGB VI; dazu zB BSG SozR 2200 § 1251 Nr 21).
Aus dem Gesamtplan der Anrechnungszeit-(früher Ausfallzeit-)Regelung hat das Bundessozialgericht (BSG) allerdings gefolgert, daß einem Ausfalltatbestand auch mehrere unmittelbar aufeinanderfolgende Anrechnungs- oder Ersatzzeittatbestände vorausgehen können. In diesem Fall kommt es für die Anerkennung einer Anrechnungszeit darauf an, ob der erste dieser Anrechnungs- oder Ersatzzeittatbestände eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen hat (vgl BSG SozR 2200 § 1259 Nr 23 in Weiterentwicklung von BSGE 32, 229 = SozR Nr 32 zu § 1259 RVO). Der unmittelbare Anschluß zwischen den einzelnen Gliedern einer solchen Kette wird gewahrt, solange eine etwaige Lücke keinen ganzen Kalendermonat umfaßt (vgl BSGE 53, 54 = SozR 2200 § 1259 Nr 60). Größere zeitliche Lücken sind ausnahmsweise dann unschädlich, wenn ein sog Überbrückungstatbestand vorliegt.
Dieses von der Rechtsprechung entwickelte Tatbestandsmerkmal dient zur weiteren Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unterbrechung. Es trägt dem Umstand Rechnung, daß dieser Begriff nicht nur eine zeitliche Dimension, sondern auch einen kausalen Bezug aufweist. Ein solches Verständnis entspricht nicht zuletzt dem Sinn und Zweck des § 58 SGB VI (bzw der Vorgängervorschriften § 1259 der Reichsversicherungsordnung <RVO>, § 36 des Angestelltenversicherungsgesetzes). Diese Regelung soll dem Versicherten einen Ausgleich für bestimmte unverschuldete Beitragsausfälle (zB wegen Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit) gewähren. Anrechnungszeiten treten insoweit - ähnlich den Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI - in den gesetzlich bestimmten Fällen, in denen der Versicherte ohne den betreffenden Ausfalltatbestand voraussichtlich Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet hätte, an die Stelle solcher fehlenden Beiträge. Im Falle der Arbeitslosigkeit hat der Gesetzgeber die unwiderlegbare Vermutung aufgestellt, daß der Ausfalltatbestand dann für die Nichtentrichtung der Beiträge kausal ist, wenn dieser eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen hat (vgl dazu BSGE 32, 229, 230 f = SozR Nr 32 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 48 zu § 1259 RVO).
Dementsprechend ist bei der Auslegung des Begriffs der Unterbrechung im Hinblick auf das Vorliegen eines Überbrückungstatbestandes danach zu fragen, ob die genannte gesetzgeberische Vermutung auch in bezug auf die zu prüfende Fallgestaltung berechtigt ist. Dabei haben verschiedene Wertungsgesichtspunkte einzufließen, die den Schutzzweck der Norm berücksichtigen (vgl BSGE 37, 10, 17 = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO; BSGE 53, 54, 56 = SozR 2200 § 1259 Nr 60; BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 10). Vor allem kommt es darauf an, ob der Versicherte nach den Gesamtumständen noch dem aktiven Erwerbsleben zuzurechnen ist, also ob auch während des Lückenzeitraumes ein hinreichender innerer Zusammenhang dazu besteht (vgl BSGE 34, 93, 95 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO; BSG SozR 2200 § 1250 Nr 18; SozR 2200 § 1259 Nr 99; BSGE 70, 111, 114 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 11). Hierbei spricht es zugunsten des Versicherten, wenn die Lücke unverschuldet, durch von ihm nicht zu vertretende Umstände (vgl BSGE 37, 10, 17 = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 72) oder durch ein sozialadäquates, von Verfassungs wegen schützenswertes Verhalten entstanden ist (vgl BSGE 34, 93, 95 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 7).
Nach diesen Grundsätzen sind von der Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen entwickelt worden, für die ein Überbrückungstatbestand bejaht werden kann. Diese knüpfen zB an ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis (vgl BSGE 31, 11 = SozR Nr 29 zu § 1259 RVO; BSGE 37, 10 = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 94), ein individuelles Bemühen um Wiedereingliederung in das Arbeitsleben (vgl BSGE 34, 93 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO; BSG SozR Nr 50 zu § 1259 RVO; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 8), versicherungsrechtlich relevante Zeiten, insbesondere des Leistungsbezuges (vgl BSG SozR 2200 § 1259 Nr 72), oder an Ausfalltatbestände an, die nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden können (vgl BSGE 21, 21 = SozR Nr 12 zu § 1259 RVO; BSGE 29, 120 = SozR Nr 22 zu § 1259 RVO; BSGE 52, 108 = SozR 2200 § 1259 Nr 54; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 7). Die hier für den Lückenzeitraum vom 13. September 1983 bis 18. März 1984 gegebene Fallgestaltung läßt sich nicht ohne weiteres einer dieser Gruppen zuordnen.
Allerdings können Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. März 1995 nach § 249b SGB VI, der ab 1. April 1995 als Übergangsvorschrift den bis dahin - seit 1. Januar 1992 - geltenden (vgl Art 1 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung <Rentenreformgesetz 1992> vom 18. Dezember 1989, BGBl I, 2261, berichtigt 1990 I, 1337) § 57 Abs 2 SGB VI aF abgelöst hat (vgl Art 5 Nr 18 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit <Pflegeversicherungsgesetz> vom 26. Mai 1994, BGBl I, 1014), unter bestimmten Voraussetzungen als sog Berücksichtigungszeiten anerkannt werden. Seit dem 1. April 1995 sind nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI Personen in der Zeit, in der sie einen Pflegebedürftigen iS des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßige Pflegepersonen) versicherungspflichtig, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Auch wenn derartige Berücksichtigungs- und Beitragszeiten als Überbrückungstatbestand dienen können (vgl MittLVA Oberfr 1994, 78, 81), kommt dies der Klägerin schon deshalb nicht zugute, weil dadurch nur in der Zeit ab 1. Januar 1992 geleistete Pflegetätigkeiten erfaßt werden. Eine solche bei der Einführung neuer sozialer Vergünstigungen übliche Stichtagsregelung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 4 RA 48/90).
Die zum 1. Januar 1992 erfolgte Einführung von Pflegeberücksichtigungszeiten kann - wie das LSG entgegen der Auffassung des SG zutreffend ausgeführt hat - auch nicht ohne weiteres zum Anlaß genommen werden, eine entsprechende nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit bereits für die Zeit davor als Überbrückungstatbestand anzuerkennen (vgl dazu auch LSG Berlin, Urteil vom 16. Dezember 1998 - L 17 An 39/98). Ein derartiger Schritt würde die gesetzgeberische Entscheidung mißachten, eine Berücksichtigungszeit wegen Pflege unter bestimmten Voraussetzungen erst ab 1. Januar 1992 vorzusehen. Mithin kann es nicht darauf ankommen, ob die von der Klägerin in Griechenland geleistete Pflege als Berücksichtigungszeit anerkannt werden könnte, wenn sie in der Zeit ab 1. Januar 1992 erfolgt wäre.
Andererseits schließt die gesetzgeberische Entscheidung über die Einführung von Pflegeberücksichtigungszeiten die Bejahung eines Überbrückungstatbestandes im vorliegenden Fall auch nicht aus. Dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut ist nämlich nicht an das Vorliegen einer rentenrechtlichen Zeit gebunden. Vielmehr sind auch andere Anknüpfungspunkte möglich. Ist hier die Annahme einer rentenrechtlichen Zeit ausgeschlossen, so bleibt mithin zu prüfen, ob die Gegebenheiten der von der Klägerin in Griechenland verrichteten Pflegetätigkeit aus sonstigen Gründen die Annahme eines Überbrückungstatbestandes rechtfertigen, der den erforderlichen Anschluß der ab 19. März 1984 bestehenden Arbeitslosigkeit an die in der Zeit bis zum 12. September 1983 zurückgelegte Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit herzustellen vermag. Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt hier die Bejahung eines Überbrückungstatbestandes für den fraglichen Zeitraum in Betracht.
Zunächst ist die Pflege von Angehörigen als sozial adäquates und damit schutzwürdiges Verhalten anzusehen. Der allgemeine soziale, aber speziell auch rentenrechtliche Schutzbedarf von Pflegepersonen, die mit erheblichem Zeitaufwand, dh unter Ausschluß der Möglichkeit einer weiteren (versicherten) Erwerbstätigkeit, einen pflegebedürftigen Angehörigen versorgen, ist seit langem bekannt (vgl dazu zB Igl, SF 1986, 193; ders DRV 1986, 40; ders ZfS 1988, 199, jeweils mwN; Thiede, NDV 1986, 123). In einzelnen Sozialleistungsbereichen waren insoweit schon vor dem 1. Januar 1992 spezielle Vergünstigungen vorgesehen (vgl zB § 69b BSHG). Durch die Einführung von Pflegeberücksichtigungs- und später auch -beitragszeiten hat der Gesetzgeber dem sozialen Wert von nicht erwerbsmäßiger Pflegetätigkeit sowie dem Schutzbedürfnis der betroffenen Pflegepersonen auch in der Rentenversicherung selbst Rechnung getragen. Diese Gesichtspunkte können bei der Auslegung des Begriffes der Unterbrechung iS von § 58 Abs 2 Satz 1 SGB VI nicht unbeachtet bleiben.
Der entscheidende Ansatzpunkt für die Berücksichtigung familiärer Pflegetätigkeit im vorliegenden Zusammenhang ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Überbrückungstatbestandes. Damit wollte die Rechtsprechung aufgrund des dem § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI (früher § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO) innewohnenden Schutzzwecks Lücken schließen, die ua dadurch entstanden sind, daß der Versicherte vor der Meldung beim ArbA durch von ihm nicht zu vertretende Umstände gehindert war, einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen und Beiträge zu entrichten (vgl BSGE 53, 54, 56 = SozR 2200 § 1259 Nr 60). Geht es - wie hier - um die Überbrückung einer Lücke zwischen zwei Zeiten der Arbeitslosigkeit, wobei die erste bereits als Anrechnungszeit anerkannt ist, so ist folgerichtig darauf abzustellen, ob der Versicherte durch von ihm nicht zu vertretende Gründe gehindert war, seine Arbeitslosmeldung durchgehend aufrechtzuerhalten. Bei der Frage des Vertretenmüssens der entstandenen Lücke kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl BSG SozR Nr 50 zu § 1259 RVO), wobei Gesichtspunkte der Billigkeit (vgl BSGE 34, 93, 95 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO) und der Sozialadäquanz (vgl BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 7) Berücksichtigung finden.
Nach diesen Grundsätzen kann ein Überbrückungstatbestand bei nicht erwerbsmäßiger Pflegetätigkeit des Versicherten unter folgenden Voraussetzungen angenommen werden:
Zunächst muß es sich um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen handeln, dem gegenüber für den Versicherten zumindest eine moralische Pflicht zur persönlichen Betreuung besteht (vgl dazu auch Art 6 des Grundgesetzes). Ferner müssen Ablauf und Ausmaß der Pflegetätigkeit eine (versicherte) Erwerbsarbeit oder Arbeitslosmeldung praktisch ausschließen. Dies setzt eine entsprechend zeitaufwendige Hilfeleistung des Versicherten voraus, die in diesem Umfang als dem Leidenszustand des Angehörigen angemessen erachtet werden kann.
Schließlich unterliegt eine Pflegetätigkeit, die - wie hier - vor dem 1. Januar 1992 ausgeübt worden ist und schon deshalb keine rentenrechtliche Zeit iS von § 3 Satz 1 Nr 1a, § 249b SGB VI sein kann, auch einer zeitlichen Begrenzung, wenn sie als Überbrückungstatbestand dienen soll. Das Merkmal der Unterbrechung in § 58 Abs 2 SGB VI beinhaltet die Erwartung einer Fortsetzung der Erwerbsarbeit in Form einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl BSG SozR 2200 § 1259 Nr 28; BSGE 70, 111, 114 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 11). Da es mit zunehmender Dauer der Lücke immer schwerer wird, die erforderliche Verbindung zwischen der davor- und der dahinterliegenden Zeit der Arbeitslosigkeit herzustellen (vgl dazu allgemein BSGE 29, 120, 123 = SozR Nr 22 zu § 1259 RVO), liegt es nahe, die vom BSG für sog Selbsthilfeversuche gezogene Sechs-Monats-Grenze (vgl BSGE 34, 93 = SozR Nr 44 zu § 1259 RVO) auch in diesem Zusammenhang zur Anwendung zu bringen. Innerhalb dieses Zeitraumes kann erwartet werden, daß der Versicherte bei einem längerfristigen Pflegebedarf seines Angehörigen entweder sich zu einer dauerhaften Pflegetätigkeit (ggf auch in der Form eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses) entschließt oder eine anderweitige pflegerische Versorgung sicherstellt.
Soweit das LSG seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet hat, die Pflege der Mutter und Großmutter habe keinen Bezug zum Arbeitsschicksal der Klägerin, vermag dieses Argument den Senat nicht zu überzeugen. Erfüllt die Pflegetätigkeit der Klägerin die vorgenannten Bedingungen, wirkt sie sich einschneidend auf deren Arbeitsschicksal aus, ohne daß es dieser billigerweise anzulasten wäre. Sofern der Griechenlandaufenthalt der Klägerin allerdings ein bloßer Besuch bei Verwandten mit den dabei üblichen Hilfeleistungen gewesen wäre, würde eine Berücksichtigung als Überbrückungstatbestand grundsätzlich ausscheiden (vgl dazu BSG SozR 2200 § 1259 Nr 48). Andererseits ist es für die Bejahung eines Überbrückungstatbestandes nicht erforderlich, daß der zu der Lücke führende Hinderungsgrund seinen Ursprung im Arbeitsschicksal des Versicherten haben muß. Dies ist auch bei anderen anerkannten Überbrückungstatbeständen (zB Arbeitsunfähigkeit, Kindererziehung) nicht der Fall.
Die hier relevante Besonderheit, daß die Pflegetätigkeit in Griechenland verrichtet worden ist, steht einer Berücksichtigung als Überbrückungstatbestand zwischen zwei in Deutschland zurückgelegten Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht entgegen. Für andere Arten von Überbrückungstatbeständen, die insbesondere an rentenrechtliche Zeiten oder soziale Leistungen anknüpfen, mag zwar zutreffen, daß sie grundsätzlich nur im Inland verwirklicht werden können (vgl dazu BSG SozR 2200 § 1259 Nr 99). Ein derartiger Inlandsbezug gehört jedoch nicht zum Wesen des Überbrückungstatbestandes (vgl zB BSG SozR 2200 § 1259 Nr 8; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 7; zur Frage einer sog Anschlußersatzzeit wegen Arbeitslosigkeit vgl auch BSG SozR 2200 § 1251 Nr 133; BSG, Urteil vom 21. Juli 1992 - 4 RA 37/91 -). Dies ergibt sich schon daraus, daß es nicht um die Anerkennung einer rentenrechtlichen Zeit, sondern nur um die Schließung einer Lücke zwischen zwei inländischen, versicherungsrechtlich bedeutsamen Tatbeständen geht. Die vorübergehende Pflege von nahen Angehörigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft (EG) ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zuletzt im Hinblick auf die europarechtlich garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer (vgl Art 39 des EG-Vertrages) einer entsprechenden inländischen Tätigkeit gleich zu behandeln. Es darf einem solchen Versicherten nicht zum Nachteil gereichen, wenn sich sein pflegebedürftiger Angehöriger außerhalb des Geltungsbereiches des SGB aufhält. Entscheidend ist, daß der Versicherte die oben aufgestellten Kriterien erfüllt und damit eine enge Beziehung zum inländischen Erwerbsleben beibehält. Dazu gehört es zB, daß der Umfang der Pflegetätigkeit der entscheidende Grund für eine Abmeldung beim Arbeitsamt gewesen sein muß. Hingegen reicht es nicht aus, wenn die Abmeldung im wesentlichen wegen des Auslandsaufenthaltes des pflegebedürftigen Angehörigen erfolgt ist, der Versicherte sich also ansonsten neben der Pflege in ausreichendem Maße der Arbeitsvermittlung hätte zur Verfügung stellen können.
Ob die danach erforderlichen Voraussetzungen für den im vorliegenden Fall streitigen Lückenzeitraum gegeben sind, läßt sich den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht sicher entnehmen. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nur, daß die Pflegetätigkeit der Klägerin dem in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI iVm §§ 14, 15 SGB XI vorgesehenen zeitlichen Umfang entsprach und aus ethisch anerkennenswerten Gründen verrichtet wurde. Abgesehen davon, daß nähere Angaben zum Leidenszustand der Mutter und insbesondere auch der Großmutter fehlen, würde eine Pflegetätigkeit von vierzehn Stunden in der Woche, wie sie in § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI vorausgesetzt wird, nicht ausreichen, um eine Arbeitslosigkeit der Klägerin auszuschließen. Vielmehr hätte sie (läßt man ihren Auslandsaufenthalt unberücksichtigt) gemäß § 103 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) damaliger Fassung (vgl Art 1 § 1 Nr 29 des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981, BGBl I 1497) der Arbeitsvermittlung nur dann nicht zur Verfügung stehen können, wenn sie (neben der Pflege) keine längere als kurzfristige Beschäftigung ausüben, also nicht mindestens 20 Stunden wöchentlich (vgl § 102 AFG idF des Art II § 9 Nr 1 Vierten Buches Sozialgesetzbuch) beschäftigt sein konnte.
Demnach sind weitere Ermittlungen erforderlich, die der erkennende Senat im Revisionsverfahren nicht durchführen kann (vgl § 163 SGG). Gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dieses Gericht wird zunächst den Rentenbescheid vom 7. Dezember 2000 in das Verfahren einbeziehen müssen. Alternativ zu einer ergänzenden Sachaufklärung betreffend einen Überbrückungstatbestand wegen Pflegetätigkeit könnte es sich im Hinblick auf Art 45 Abs 6 Satz 3 der Verordnung des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Nr 1408/71 (EWGV 1408/71; mit späteren Änderungen) anbieten, dem Vorbringen der Klägerin nachzugehen, sie sei während ihres Griechenlandaufenthaltes von Oktober 1983 bis März 1984 in der dortigen landwirtschaftlichen Sozialversicherung versichert gewesen. Schließlich wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Ende der Entscheidung
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