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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: B 14 AS 23/07 R
Rechtsgebiete: SGG


Vorschriften:

SGG § 163
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 27. Februar 2008

in dem Rechtsstreit

Az: B 14 AS 23/07 R

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Udsching, die Richterinnen Knickrehm und Dr. Düring sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Hesse und Gehrke für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Mai 2007 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. April 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes II (Alg II), insbesondere die Gewährung eines befristeten Zuschlages nach Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) gemäß § 24 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2005.

Die 1970 geborene Klägerin lebt seit August 2003 mit dem 1956 geborenen L. D. zusammen. Dieser bezog bis einschließlich 15. Februar 2004 Alg nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Höhe von wöchentlich 149,66 Euro, die Klägerin bezog Alg bis zum 24. Juni 2004 in Höhe von wöchentlich 194,95 Euro. Beide verfügten im streitigen Zeitraum weder über Vermögen noch über Einkommen. Auf Antrag der Klägerin wurden ihr und Herrn D. mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2005 Leistungen in Höhe von insgesamt 796,39 Euro monatlich bewilligt. Dieser Betrag setzte sich aus der Regelleistung in Höhe von jeweils 311 Euro, einem Teil der Mietnebenkosten sowie einem befristeten Zuschlag nach Bezug von Alg für die Klägerin in Höhe von 98 Euro monatlich zusammen. Auf den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin und des Herrn D. bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft mit Änderungsbescheid vom 18. Januar 2005 für denselben Zeitraum Leistungen in Höhe von insgesamt 1.219 Euro im Monat; ein Zuschlag nach § 24 SGB II wurde nicht berücksichtigt. Im Übrigen blieb der Widerspruch erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2005); zur Begründung führte der Beklagte ua aus, dass zur Ermittlung des Zuschlags das Alg des jeweiligen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft gesondert dem Gesamtanspruch auf Alg II gegenüberzustellen sei und das zuletzt bezogene Alg der Klägerin niedriger sei als das an beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu zahlende Alg II.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie sich gegen die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit Herrn D. und gegen die Berechnung des Zuschlags nach § 24 SGB II wandte. Das Sozialgericht (SG) Freiburg hat den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 24. April 2006 ohne zeitliche Begrenzung verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Berücksichtigung des Einkommens von Herrn D. zu gewähren, weil keine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg den Gerichtsbescheid mit Urteil vom 24. Mai 2007 aufgehoben und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2005 einen Zuschlag in Höhe von 95 Euro monatlich zu gewähren. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG übereinstimmend erklärt, dass das Berufungsverfahren nur den Zeitraum von Januar bis März 2005 und nur die Frage der Höhe der Regelleistung und des Zuschlags nach § 24 SGB II betreffe. Die Klägerin hat klargestellt, dass sich das Verfahren nur auf ihre Person beziehe.

Das LSG hat das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft bejaht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) liege eine eheähnliche Gemeinschaft nur vor, wenn sie als auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau über die reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehe und sich im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft durch innere Bindungen auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner - auch in den Not- und Wechselfällen des Lebens - füreinander begründe und keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art daneben zulasse. Diese Rechtsprechung sei auch im Bereich des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II anzuwenden. Noch nicht abgestellt werden könne auf die ab dem 1. August 2006 geltende Vermutungsregelung des § 7 Abs 3a SGB II. Die Klägerin sei, nachdem sie Herrn D. im Jahr 2002 kennengelernt habe, im Jahr darauf bei ihm eingezogen. Im August 2003 seien dann beide in die nunmehr bewohnte, gemeinsam angemietete Wohnung umgezogen. Die Aufteilung der 3-Zimmer-Wohnung mit einem gemeinsamen Schlafzimmer spreche für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Auch habe die Klägerin stets angegeben, in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben. Mit Einschaltung des Prozessbevollmächtigten im Klageverfahren sei erstmals geltend gemacht worden, es liege lediglich eine Wohngemeinschaft vor. Es bestehe auch eine Wirtschaftsgemeinschaft. Dagegen spreche nicht, dass die gemeinsamen Kosten zunächst geteilt würden und jeder über ein eigenes Konto verfüge, auf das der andere keinen Zugriff habe. Diese Situation sei auch unter Eheleuten nicht unüblich. Ein wesentliches Indiz für ein gemeinsames Wirtschaften sei, dass Herr D. seit nahezu zwei Jahren die Mietkosten allein trage. Hierdurch werde ein Einstandswille deutlich, der auch durch die Aussage des Herrn D. bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung, er könne die Klägerin doch nicht "raus schmeißen" bestätigt werde. Schließlich spreche für eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft, dass die Klägerin in einem Antrag auf eine fondsgebundene Rentenversicherung als Berechtigten für den Todesfall Herrn D. angegeben habe.

Darüber hinaus hat das LSG einen Anspruch der Klägerin auf einen Zuschlag in Höhe von 95 Euro monatlich bejaht, weil zur Ermittlung des Zuschlages, anders als der Beklagte meine, die Alg-Ansprüche aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu addieren und dem Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft auf Alg II gegenüberzustellen seien. Dieses Vorgehen widerspreche nicht dem Wortlaut des § 24 Abs 2 Nr 1 SGB II. Die Entstehungsgeschichte spreche für ein solches Normverständnis. Ursprünglich habe bei der Berechnung des Zuschlags das gesamte Haushaltseinkommen herangezogen werden sollen. Wenn davon aus Vereinfachungsgründen abgesehen worden sei, bedeute dies noch nicht, dass der Gesetzgeber von der Gesamtbetrachtung bei der Bedarfsgemeinschaft konzeptionell habe Abschied nehmen wollen. Auch systematisch erscheine es folgerichtiger, innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft, auf die bei der Hilfebedürftigkeit abgestellt werde, den gesamten Alg Anspruch zu berücksichtigen. Der Zweck des Zuschlags, in vertretbarem Umfang einen Teil der Einkommenseinbußen der Bedarfsgemeinschaft abzufedern, könne bei einer ganz streng am Wortlaut haftenden Auslegung nicht erreicht werden. Eine andere Berechnungsweise sei auch hinsichtlich der Art 3 und 6 des Grundgesetzes (GG) problematisch.

Hiergegen richten sich die Revisionen der Beteiligten.

Unter Berufung auf den seiner Ansicht nach eindeutigen Wortlaut des § 24 SGB II beantragt der Beklagte,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Mai 2007 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. April 2006 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Mai 2007 aufzuheben und die Berufung sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das LSG habe zu Recht ihre zuvor erhaltene Leistung nach dem SGB III und die des Herrn D. addiert. Dem sei jedoch nicht das gesamte Alg II der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen, sondern nur ihr individuelles Alg II, anderenfalls könne der mit dem Zuschlag verbundene gesetzgeberische Zweck der Abfederung finanzieller Härten nicht erreicht werden. Ansonsten sei das Existenzminimum der jeweiligen Alg II-Bezieher bedroht und Art 6 Abs 1 GG sowie Art 20 Abs 3 GG verletzt. Es errechne sich so eine Differenz zum Alg II in Höhe von 254,31 Euro; zwei Drittel dieser Summe in Höhe von 169,54 Euro seien begrenzt auf den Höchstbetrag nach Abs 3 Nr 1 der Vorschrift zu gewähren.

II

Die Revision des Beklagten ist begründet, die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der Klägerin stehen im streitigen Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2005 keine höhere Regelleistung und kein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II zu.

1. Gegenstand der Klage sind ausschließlich Leistungen an die Klägerin. Zwar ist bei einer Bedarfsgemeinschaft nach dem sog "Meistbegünstigungsprinzip" im Zweifel anzunehmen, dass Kläger alle Mitglieder sein sollen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt höhere Leistungen zu erhalten. Dies gilt jedoch nicht, wenn einer solchen Auslegung widersprochen bzw das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft bestritten wird (vgl BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 11). So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG klargestellt, dass sich das Klageverfahren von vornherein nur auf sie "bezogen" hat.

2. Dabei ist streitig allein die Höhe der Regelleistung der Klägerin sowie der Zuschlag nach § 24 SGB II im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2005. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden ausschließlich über diesen Zeitraum entschieden. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die Kosten der Unterkunft sowie Heizungskosten nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind. Die Beteiligten haben durch Erklärung vor dem LSG den Klagegegenstand ausdrücklich auf die Regelleistung sowie den Zuschlag nach § 24 SGB II beschränkt. Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare Verfügungssätze, sodass der Streitgegenstand insofern wirksam begrenzt werden konnte (vgl BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18). Da im übrigen die Höhe der Regelleistung im Streit blieb, konnte das LSG die Frage der Abtrennbarkeit des Zuschlags nach § 24 SGB II als eigenständiger Streitgegenstandes an dieser Stelle zu Recht dahingestellt sein lassen (vgl hierzu Urteile des erkennenden Senats vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 59/06 R; B 14/11b AS 5/07 R; B 14/11b AS 7/07 R und B 14 AS 30/07 R).

3. Der Berufungsstreitwert von 500 Euro gemäß § 144 Abs 1 Nr 1 SGG wurde erreicht. Das LSG hat ausgehend vom Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend auf die Differenz in der Regelleistung (345 - 311 = 34 x 3 = 102) sowie auf einen Zuschlag in Höhe von 134,19 Euro monatlich (2/3 der Differenz des Alg in Höhe von 844,78 Euro monatlich zum fiktiven Alg II der Klägerin in Höhe von monatlich 643,50 Euro <345 + hälftige Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,50>) abgestellt und eine Beschwer von 504,57 Euro errechnet.

4. Nach den Feststellungen des LSG erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 (in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I 2014) iVm § 19 Satz 1 SGB II. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig sind (Nr 3) sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Die Klägerin erfüllte diese Voraussetzungen im streitigen Zeitraum, sie war insbesondere hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 SGB II, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhielt.

5. Die Berechnung der Leistungen der Klägerin nach dem SGB II in dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu beanstanden. Der Bedarf für die Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sich nach § 20 Abs 3 Satz 1 SGB II. Danach beträgt die Regelleistung der Klägerin 90 vH der Regelleistung nach Abs 2, weil sie Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft ist und das 18. Lebensjahr vollendet hat. Als monatliche Regelleistung ergibt sich unter Zugrundelegung eines Betrages in Höhe von 345 Euro gemäß § 20 Abs 2 SGB II und unter Berücksichtigung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II ein Betrag von 311 Euro. Ein Anspruch auf die höhere monatliche Regelleistung für allein stehende Personen nach § 20 Abs 2 SGB II besteht nicht, weil die Klägerin mit Herrn D. in einer eheähnlichen Gemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II lebt.

a) Das LSG hat den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II (in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes, aaO) rechtsfehlerfrei im Einklang mit der zu § 137 Abs 2a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ergangenen Rechtsprechung des BVerfG (Urteil vom 17. November 1992, BVerfGE 87, 234, 264 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3 S 36 f), des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 119 Abs 1 AFG (Urteil vom 17. Oktober 2002, BSGE 90, 90, 100 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26 S 137) und zu § 144 SGB III (BSG Urteil vom 17. Oktober 2002, SozR 3-4300 § 144 Nr 10, S 25 ff) sowie des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 122 des Bundessozialhilfegesetzes <BSHG> (Urteil vom 17. Mai 1995, BVerwGE 98, 195, 198) ausgelegt. Ob die besonderen Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft gegeben sind, hat das LSG zu Recht anhand äußerer Hinweiszeichen beurteilt (vgl BVerfG SozR 3-4100 § 137 Nr 3 S 37). Die Revisionsinstanz ist mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) an die tatsächliche Feststellung der Hinweistatsachen in dem angefochtenen Urteil des LSG gebunden. Die Klägerin hat im Übrigen in der Revisionsinstanz auch nicht mehr bestritten, dass sie in einer Bedarfsgemeinschaft mit Herrn D. lebt.

b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines befristeten Zuschlages nach Bezug von Alg gemäß § 24 SGB II.

aa) Ein Anspruch auf den Zuschlag besteht nicht etwa deshalb, weil der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 für die Klägerin einen solchen Zuschlag in Höhe von 98 Euro festgesetzt hat. Da mit dem Änderungsbescheid vom 18. Januar 2005 insgesamt deutlich höhere Leistungen bewilligt wurden, ist gegenüber dem Ausgangsbescheid keine unzulässige Verböserung eingetreten. Die Klägerin hatte ihren Widerspruch auch nicht unter Ausschluß der Kosten der Unterkunft auf die Regelleistung und den Zuschlag beschränkt. Eine den Beklagten nach den §§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und 77 SGG mit ihrem Wirksamwerden (= Bekanntgabe) materiell bindende (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl 2005, § 77 RdNr 5a) Regelung würde voraussetzen, dass es sich bei der Festsetzung des Zuschlags um einen abtrennbaren Verfügungssatz dieses Bescheides handelt. Liegt eine solche Bindungswirkung vor, so ist eine Verböserung im Rechtsmittelverfahren nur unter den Voraussetzungen der §§ 45 und 48 SGB X zulässig, auch wenn der Bescheid nicht bestandskräftig geworden ist (BSGE 53, 284, 287 ff = SozR 5550 § 15 Nr 1 S 3 ff; BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 5 S 24). Die Bewilligung des Zuschlags ist jedoch keine von der Gewährung der übrigen Leistungen der Grundsicherung abtrennbare Verfügung und entfaltet daher auch keine eigene Bindungswirkung (vgl hierzu Urteile des erkennenden Senats vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 59/06 R; B 14/11b AS 5/07 R; B 14 AS 30/07 R und B 14/11b AS 7/07 R).

b) Die Voraussetzungen für die Zahlung eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II liegen nicht vor. Nach § 24 SGB II erhält der erwerbsfähige Hilfebedürftige, der Alg II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg bezieht, in diesem Zeitraum einen monatlichen Zuschlag, der nach Ablauf des ersten Jahres um 50 vom Hundert vermindert wird. Der Zuschlag beträgt nach § 24 Abs 2 SGB II zwei Drittel des Unterschiedsbetrages zwischen dem von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Alg und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld und dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu zahlenden Alg II nach § 19 Satz 1 Nr 1 sowie Satz 2 oder Sozialgeld nach § 28. Der Zuschlag ist gemäß § 24 Abs 3 SGB II bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im ersten Jahr auf höchstens 160 Euro, bei Partnern auf insgesamt höchsten 320 Euro begrenzt.

Der Bezug von Alg endete bei der Klägerin am 24. Juni 2004 und damit innerhalb von zwei Jahren vor dem Bezug von Alg II seit dem 1. Januar 2005. Die Frist des § 24 Abs 1 Satz 1 SGB II läuft kalendermäßig ab, § 40 Abs 1 SGB II iVm § 26 SGB X. Sie beginnt entsprechend § 187 Abs 1 BGB am Tag nach dem letzten Tag des Alg-Bezuges und endet nach § 188 Abs 1 BGB mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. Danach käme für die Klägerin ein Anspruch für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 24. Juni 2005 und damit auch für den streitigen Zeitraum in Betracht. Der Beklagte hat aber zu Recht entschieden, dass es an der erforderlichen Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Alg und dem erstmals zu zahlenden Alg II fehlt.

Für die Berechnung des Zuschlags ist nach § 24 Abs 2 SGB II dem zuletzt bezogenen Alg des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen das an ihn und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen erstmalig nach dem Ende des Bezugs von Alg zu zahlende Alg II nach § 19 Satz 1 Nr 1 sowie Satz 2 oder Sozialgeld nach § 28 gegenüberzustellen. Die Klägerin bildet eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II mit Herrn D. . Eine Gegenüberstellung ihres zuletzt bezogenen Alg in Höhe von 844,78 Euro monatlich mit den von ihr und Herrn D. ab dem 1. Januar 2005 bezogenen Leistungen nach § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II in Höhe von 1.219 Euro im Januar 2005 ergibt keine Differenz zu ihren Gunsten.

Entgegen der Auffassung des LSG ist das Alg der Klägerin nicht zum Alg des Herrn D. zu addieren. Der Senat hat bereits entschieden, dass zur Ermittlung der Höhe des Zuschlags nur das Alg des Einzelnen nach dem SGB III - ggf zuzüglich Wohngeld - das allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft erstmals nach dem Ende des Bezugs des Alg zu zahlende Alg II nach § 19 SGB II (und ggf Sozialgeld nach § 28 SGB II) gegenüberzustellen ist (Urteile des erkennenden Senats vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 59/06 R; B 14/11b AS 5/07 R; B 14 AS 30/07 R und B 14/11b AS 7/07 R).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

Ende der Entscheidung

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