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Gericht: Bundessozialgericht
Beschluss verkündet am 22.01.1998
Aktenzeichen: B 14 KG 10/97 B
Rechtsgebiete: SGG
Vorschriften:
SGG § 160 Abs 2 Nr 3 |
BUNDESSOZIALGERICHT BESCHLUSS
in dem Rechtsstreit
Az: B 14 KG 10/97 B
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozeßbevollmächtigte:
gegen
Freistaat Bayern, vertreten durch die Bezirksfinanzdirektion Ansbach, Brauhausstraße 18, 91522 Ansbach,
Beklagter und Beschwerdegegner.
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 22. Januar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ladage, die Richter Dr. Udsching und Schriever sowie die ehrenamtlichen Richter Harms und Lohre
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. April 1997 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der als Richter tätige Kläger wendet sich gegen die Kürzung des Kindergeldes (Kg) für seine fünf Kinder um monatlich insgesamt 60 DM im Jahre 1990. Er hält die Regelung über die Kürzung des Kg auf Sockelbeträge in § 10 Abs 2 Bundeskindergeldgesetz aF (BKGG aF) wegen Verstoßes gegen Art 3 und 6 Grundgesetz (GG) sowie in seinem Fall Art 33 Abs 5 GG für verfassungswidrig. Sozialgericht (SG) und Landessozialgericht (LSG) sind seiner Auffassung nicht gefolgt und haben die die Kürzung enthaltenden Bescheide des Beklagten als rechtmäßig angesehen (Urteil des SG Regensburg vom 20. November 1992, Urteil des Bayerischen LSG vom 24. April 1997).
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie das Vorliegen eines Verfahrensfehlers geltend. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sei darin zu sehen, daß § 10 Abs 2 BKGG aF gegen Art 3, 6 und 33 GG verstoße. Im anhängigen Rechtsstreit sei die Frage zu klären, ob der Gesetzgeber bei Beamten und Richtern das Kg unter Berücksichtigung des Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentation einkommensabhängig bis auf Sockelbeträge kürzen dürfe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sei hierbei das Zusammenwirken aller einschlägigen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen. Das angefochtene Berufungsurteil beruhe zudem auf einem Verfahrensfehler, weil das LSG entgegen der Verpflichtung aus Art 100 GG die Sache nicht dem BVerfG vorgelegt habe.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen, soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht. Der von ihm dargelegten Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zu. Hierzu wäre erforderlich, daß von der erstrebten Revisionsentscheidung erwartet werden kann, daß sie in bisher nicht geschehener, die Interessen der Allgemeinheit berührender Weise das Recht oder die Rechtsanwendung fortentwickeln und vereinheitlichen wird. Die Rechtssache muß daher eine Rechtsfrage enthalten, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat; die Rechtsfrage muß somit klärungsbedürftig, darüber hinaus klärungsfähig und im gegebenen Einzelfall entscheidungserheblich sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist hier schon deshalb zweifelhaft, weil die angegriffene Regelung über die Kürzung des Kg auf Sockelbeträge in § 10 Abs 2 BKGG aF durch das Jahressteuergesetz 1996 (vom 11. Oktober 1995, BGBl I S 1250) aufgehoben worden ist und das seither geltende Kg-Recht eine entsprechende Regelung nicht mehr enthält. Daß die zu klärende Rechtsfrage auch für die nunmehr geltende Rechtslage von Bedeutung ist, ist nicht zu erkennen.
Grundsätzliche Bedeutung kommt den vom Kläger als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen jedenfalls deshalb nicht zu, weil sich ihre Beantwortung entweder unmittelbar aus dem Gesetz bzw der Verfassung ergibt oder sie von der Rechtsprechung bereits geklärt sind. Das LSG hat unter Anführung von Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zutreffend entschieden, daß Art 33 Abs 5 GG ganz offensichtlich keine Auswirkung auf die Höhe des Kg haben kann (vgl insbesondere BVerfG SozR 3-5870 § 10 Nr 1: "Art 33 Abs 5 GG gibt keinen tauglichen Prüfungsmaßstab für die Ausgestaltung der Kg-Regelung ab"). Auch bezüglich der übrigen vom Kläger vorgebrachten verfassungsrechtlichen Einwände, die vornehmlich die Wechselwirkung von Kg und Kinderfreibeträgen betreffen, kommt eine Vorlage an das BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG, die der Kläger angesichts der eindeutigen Kg-rechtlichen Rechtslage allein anstreben kann, nicht in Betracht. Das LSG hat auch insoweit unter Hinweis auf zahlreiche Entscheidungen des BVerfG und des Bundessozialgerichts (BSG) deutlich gemacht, daß die vom Kläger vorgebrachten verfassungsrechtlichen Argumente in der Rechtsprechung bereits erörtert und als nicht durchgreifend angesehen worden sind. Dies gilt insbesondere für die Behauptung, durch die fehlende Berücksichtigung des Mehraufwandes für die behinderten Kinder im Kg-Recht werde dem Kg-Berechtigten der durch den Steuerfreibetrag eingeräumte Vorteil wieder genommen. Das LSG hat dazu ausgeführt, daß dies nur teilweise der Fall ist, im übrigen aber durch das BVerfG bestätigt worden ist, daß ein Anspruch auf ungeschmälerte Kumulierung von Steuervorteilen und Sozialleistungen sich aus dem GG nicht herleiten läßt. Das LSG hat auch zutreffend dargelegt, daß die Höhe des Kinderfreibetrages für zusammenlebende Ehegatten gegenüber sonstigen Berechtigten keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellt, weil bei der Höhe des Freibetrages berücksichtigt werden darf, daß sich der gemeinschaftliche Aufwand bei zusammenlebenden Ehegatten wegen des Wirtschaftens "aus einem Topf" gegenüber alleinerziehenden Eltern nicht verdoppelt.
Soweit der Kläger einen Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend macht, ist die Beschwerde bereits unzulässig, denn insoweit fehlt es an der hinreichenden Darlegung des Zulassungsgrundes. Eine Verfahrensrüge erfüllt nur dann die gesetzliche Form, wenn die sie begründenden Tatsachen im einzelnen angegeben sind und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Die Annahme eines Verfahrensmangels kommt bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage an das BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG nur dann in Betracht, wenn die Vorinstanz eine Gesetzesvorschrift, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankam, als verfassungswidrig angesehen und gleichwohl von einer Vorlage abgesehen hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzung hat der Kläger nicht dargelegt; im Gegenteil, auch nach der Darlegung des Klägers ist das LSG von der Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs 2 BKGG ausgegangen. Von daher hatte es nicht einmal das Recht, den Rechtsstreit dem BVerfG vorzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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