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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: B 2 U 12/07 R
Rechtsgebiete: SGB VII


Vorschriften:

SGB VII § 135 Abs 1 Nr 5
SGB VII § 135 Abs 6
SGB VII § 121
SGB VII § 128 Abs 1 Nr 7
SGB VII § 2 Abs 1 Nr 1
SGB VII § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a
SGB VII § 8 Abs 1

Entscheidung wurde am 23.10.2008 korrigiert: die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Steht eine Verrichtung sowohl als Beschäftigung als auch als Nothilfe unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, geht die Beschäftigungsversicherung vor; es kommt nicht darauf an, welchem Zweck die Tätigkeit vorrangig gedient hat.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az: B 2 U 12/07 R

Verkündet am 18. März 2008

in dem Rechtsstreit

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Steege, die Richter Mütze und Kruschinsky sowie die ehrenamtlichen Richter Kleemann und Senske

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beigeladenen werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. September 2006 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Januar 2005 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Kläger am 16. Juni 2003 bei der Herausnahme des Warndreiecks aus dem Kofferraum seines Pkw einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Arbeitsunfall, den der Kläger am 16. Juni 2003 erlitten hat, von der beklagten Bau-Berufsgenossenschaft oder der beigeladenen Unfallkasse zu entschädigen ist.

Der Kläger war bei der Fa. M. in R. als Schreiner beschäftigt. Am Unfalltag befuhr er mit seinem privaten Pkw in Begleitung eines Praktikanten die Bundesautobahn 3 von Frankfurt/Main in Richtung Köln. Er befand sich auf dem Weg zwischen einer Baustelle und der Betriebsstätte seines Arbeitgebers. Gegen 18.00 Uhr platzte ein Hinterreifen des Pkw. Dieser geriet ins Schleudern, prallte gegen die rechte Leitplanke und blieb in Fahrtrichtung auf der rechten Standspur liegen. Der Beifahrer zog sich eine Kopfprellung und eine Gehirnerschütterung zu. Der Kläger erlitt ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. Er verließ das Fahrzeug und wollte zur Absicherung der Unfallstelle das Warndreieck aus dem Kofferraum nehmen. Dabei fiel ihm nach eigenen Angaben der defekte Kofferraumdeckel auf die linke Hand. In der Folgezeit entzündete sich der linke Ringfinger und musste schließlich amputiert werden.

Die Beklagte hat den Verkehrsunfall als Arbeitsunfall gewertet und dem Kläger wegen der gesundheitlichen Folgen Leistungen gewährt. Ansprüche wegen der Verletzung der linken Hand lehnte sie dagegen ab, weil das behauptete Unfallgeschehen nicht nachgewiesen sei (Bescheid vom 25. November 2003; Widerspruchsbescheid vom 15. April 2004). Das Sozialgericht Koblenz ist nach Beweisaufnahme von einem (weiteren) Arbeitsunfall durch das Herabfallen des Kofferraumdeckels ausgegangen, hat aber nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene zur Entschädigung verurteilt, weil der Kläger den zweiten Unfall als Nothelfer im Sinne von § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) erlitten habe (Urteil vom 19. Januar 2005).

Die Berufung der Beigeladenen hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 25. September 2006J. Dass der Kläger die Quetschung der linken Hand wie von ihm geschildert anlässlich des Verkehrsunfalls am 16. Juni 2003 erlitten habe, stehe zur Überzeugung des Gerichts fest. Das Herausnehmen des Warndreiecks aus dem Kofferraum sei nicht durch die betriebliche Tätigkeit, sondern wesentlich durch die Absicht geprägt gewesen, die Unfallstelle abzusichern und die von dem Unfallfahrzeug ausgehenden Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer abzuwenden. Versicherungsschutz als Beschäftigter habe deshalb nicht bestanden. Selbst wenn man dies anders sehe, weil sich das Geschehen auf einem Betriebsweg ereignet habe, ändere sich am Ergebnis nichts. Die Kollisionsregelung des § 135 Abs 1 Nr 5 SGB VII, die beim Zusammentreffen mehrerer Versicherungstatbestände einen Vorrang der Beschäftigungsversicherung vorsehe, finde auf Fälle der vorliegenden Art keine Anwendung.

Mit der Revision rügt die Beigeladene die Verletzung des § 135 SGB VII. Durch das Aufstellen des Warndreiecks nach einem Unfall auf einem Betriebsweg komme der Versicherte nicht nur seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, sondern zugleich einer Verpflichtung aus dem Beschäftigungsverhältnis nach, die sich aus dem Arbeitsvertrag, den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften und den Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes ergebe. Soweit neben den Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII auch diejenigen des § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII miterfüllt seien, liege ein Anwendungsfall des § 135 Abs 1 Nr 5 SGB VII vor. Die Auffassung des LSG, dass die Versicherung als Unfallhelfer ausnahmsweise Vorrang vor der Beschäftigungsversicherung habe, wenn die Hilfeleistung im Unglücksfall ganz im Vordergrund stehe und andere Beweggründe dahinter zurückträten, stehe im Widerspruch zu dem in § 135 SGB VII zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen.

Die Beigeladene beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. September 2006 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Januar 2005 aufzuheben und festzustellen, dass sie für die Entschädigung des vom Kläger am 16. Juni 2003 beim Herausnehmen des Warndreiecks aus dem Kofferraum seines Pkw erlittenen Unfalls nicht zuständig ist.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. September 2006 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Januar 2005 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 aufzuheben und festzustellen, dass er am 16. Juni 2003 beim Herausnehmen des Warndreiecks aus dem Kofferraum seines Pkw einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

hilfsweise,

die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen.

Sie ist der Meinung, dass das Herausholen des Warndreiecks aus dem Kofferraum keinen Bezug zu der versicherten Beschäftigung des Klägers aufweist. Im Übrigen hält sie das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig und begründet. Ihre Verurteilung durch die Vorinstanzen kann keinen Bestand haben.

Für die Entschädigung des vom Kläger beim Herausnehmen des Warndreiecks aus dem Kofferraum erlittenen Unfalls mit Quetschung und späterer Amputation des Ringfingers der linken Hand ist entgegen dem angefochtenen Urteil nicht die Beigeladene, sondern die Beklagte zuständig. Der im Revisionsverfahren hilfsweise weiterverfolgten Anfechtungs- und Feststellungsklage gegen die Beklagte war deshalb stattzugeben.

Dass der Kläger sich die Verletzung der linken Hand, wie von ihm geschildert, nach dem Verkehrsunfall auf der Autobahn beim Herabfallen des defekten Kofferraumdeckels zugezogen hat, steht aufgrund der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG bindend fest (§ 163 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und wird von den beteiligten Versicherungsträgern entgegen früheren Äußerungen auch nicht mehr in Zweifel gezogen. Der Kläger hat demnach am 16. Juni 2003 zwei getrennt voneinander zu beurteilende Unfälle erlitten, nämlich zunächst den Aufprall des Pkw auf die Leitplanke mit dem dadurch verursachten Schleudertrauma der Halswirbelsäule und sodann die Verletzung der linken Hand beim Herausholen des Warndreiecks aus dem Kofferraum. Beide Ereignisse sind Arbeitsunfälle, wovon die Beteiligten ebenfalls übereinstimmend ausgehen. Den eigentlichen Verkehrsunfall hat die Beklagte als von ihr zu entschädigenden Arbeitsunfall anerkannt. Bei dem zur Verletzung der linken Hand führenden zweiten Unfall geht der Streit allein darum, ob die den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII begründenden Maßnahmen zur Absicherung der Unfallstelle gleichzeitig auch der nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten Beschäftigung zuzurechnen sind und wenn ja, welche der beiden Versicherungen dann Vorrang hat.

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass Maßnahmen eines Verkehrsteilnehmers zur Absicherung der Unfallstelle nach einem Verkehrsunfall regelmäßig allein von der Absicht getragen sind, der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und durch Warnung des nachfolgenden Verkehrs vor den vom Unfallfahrzeug ausgehenden Gefahren Schaden von sich und anderen abzuwenden. Es schließt daraus, dass für Unfälle bei derartigen Sicherungsmaßnahmen ausschließlich die Versicherung als Unfallhelfer einzustehen hat und Versicherungsschutz aus der Beschäftigungsversicherung auch dann nicht besteht, wenn sich der vorangegangene Verkehrsunfall auf einem Betriebsweg ereignet hat.

Dieser rechtlichen Bewertung kann nicht zugestimmt werden. Ob die unfallbringende Handlung einen rechtlich relevanten Bezug zu der versicherten Beschäftigung aufweist, hängt nicht entscheidend davon ab, welche Beweggründe den Verunglückten in der konkreten Situation bei seinem Tun geleitet haben. Ein den Versicherungsschutz begründender innerer Zusammenhang mit der gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten betrieblichen Tätigkeit ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gegeben, wenn die zum Unfall führende Verrichtung dem Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt ist (vgl etwa BSG SozR 2200 § 548 Nr 96; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 22). Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten ist (BSGE 94, 262 = SozR 42700 § 8 Nr 14 RdNr 14; Schmitt, SGB VII, 3. Aufl 2008, § 8 RdNr 14). Handelt der Arbeitnehmer in Ausübung der ihm vom Arbeitgeber aufgetragenen Tätigkeit, so ist es für den Versicherungsschutz unerheblich, ob er mit seinem Verhalten gleichzeitig noch andere, private oder im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolgt (zu sog gemischten Tätigkeiten siehe: BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14 RdNr 10; Krasney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 2008, § 8 RdNr 47 ff mwN). Die subjektiven Vorstellungen des Versicherten sind allerdings von Bedeutung, wenn es um die Betriebsdien-lichkeit von Verrichtungen geht, die nicht Gegenstand der eigentlichen Arbeitstätigkeit sind. Denn dafür ist maßgeblich auf den Zweck des Handelns abzustellen. Für den Versicherungsschutz ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Handelnde eine aus seiner Sicht im betrieblichen Interesse liegende, dem Unternehmen dienliche Tätigkeit verrichten will. Dieses in Rechtsprechung und Literatur mit dem Begriff der Handlungstendenz umschriebene subjektive Moment ist indes nicht mit dem Handlungsmotiv zu verwechseln oder gleichzusetzen (BSG Urteil vom 5. März 2002 - B 2 U 9/01 R - Juris RdNr 15, 19; Krasney, NZS 2000, 373, 374). Es besagt lediglich, dass unabhängig vom tatsächlichen Nutzen für das Unternehmen eine im Rahmen der Beschäftigung liegende Tätigkeit zu bejahen ist, wenn der Versicherte subjektiv der Auffassung sein konnte, sich betriebsdienlich zu verhalten (BSGE 20, 215, 218 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR Nr 30 zu § 548 RVO; BSGE 52, 57, 59 = SozR 2200 § 555 Nr 5), ebenso wie umgekehrt bei einem nur eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verhalten ein betrieblicher Bezug nicht allein deshalb anzunehmen ist, weil die Tätigkeit unbeabsichtigt auch dem Unternehmen objektiv nützlich ist (BSG SozR 2200 § 548 Nr 96; BSG SozR 2200 § 539 Nr 119).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein innerer Zusammenhang der Maßnahmen zur Aufstellung des Warndreiecks mit der nach § 2 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherten Tätigkeit als Schreiner schon deshalb gegeben, weil der Kläger damit Verpflichtungen aus seinem Beschäftigungsverhältnis nachgekommen ist.

Als ihr Fahrzeug auf der Autobahn ins Schleudern geriet und gegen die Leitplanke prallte, befanden sich der Kläger und der ihn begleitende Praktikant auf der Fahrt von einer Baustelle zurück zum Betriebsgelände ihres Arbeitgebers, also unmittelbar bei der Ausübung ihrer betrieblichen Tätigkeit. Kommt es auf einem solchen Betriebsweg zu einem Verkehrsunfall, so gehört es zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers, durch geeignete Maßnahmen zur Absicherung der Unfallstelle die aufgrund der betrieblichen Tätigkeit entstandenen Personen- und Sachschäden gering zu halten und drohende weitere Schäden nach Möglichkeit abzuwenden. Der Arbeitsvertrag begründet für beide Vertragsparteien Schutz- und Verhaltenspflichten, die ihre allgemeine gesetzliche Grundlage in § 241 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) haben und wegen der auf Dauer angelegten engen personalen Beziehungen (§ 613 BGB) im Arbeitsvertragsrecht besonders ausgeprägt sind. Auf Arbeitnehmerseite zählt dazu insbesondere die sog Treuepflicht und in ihrem Rahmen die Pflicht, sich bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des Arbeitgebers nicht verletzt werden. Diesem Zweck dient es, wenn durch Sicherung der Unfallstelle und Warnung des nachfolgenden Verkehrs Folgeschäden vermieden werden, die sich wegen der Haftungsbeschränkungen bei gefahrgeneigter Arbeit und damit korrespondierenden Freistellungsansprüchen des Arbeitnehmers bei einer Schädigung Dritter (vgl BAGE 101, 107; BGHZ 108, 305) zu Lasten des Unternehmens auswirken können.

Eine arbeitsvertraglich begründete Pflicht, schadensvermeidende oder schadensmindernde Vorkehrungen nach einem Verkehrsunfall zu treffen, kann sich je nach Ausgestaltung auch aus den gemäß § 15 Abs 1 Nr 2 SGB VII vom Unfallversicherungsträger erlassenen und im Interesse des Unternehmens zu befolgenden Vorschriften über das Verhalten der Versicherten zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren ergeben. Insbesondere bei leichteren Unfällen kann es überdies dem Arbeitnehmer obliegen, solche Vorkehrungen zu ergreifen, um nach Aufnahme des Unfalls und Behebung der Störung die Betriebsfahrt fortsetzen zu können. Ob solche Bedingungen hier bestanden haben, müsste gegebenenfalls noch geklärt werden, kann jedoch im Hinblick auf die aus den genannten Gründen ohnehin bestehende Schadensvermeidungs- und Schadensminderungspflicht dahingestellt bleiben.

Kam der Kläger nach alledem mit den Maßnahmen zur Sicherung des Verkehrs de facto (auch) einer Verpflichtung aus seinem Beschäftigungsverhältnis nach, so ist es für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 1 iVm § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ohne Belang, ob dies in der konkreten Situation sein Handeln bestimmt hat oder ob er, was die Lebenserfahrung nahelegt, mit dem Aufstellen des Warndreiecks in erster Linie sich und andere schützen und seiner in § 34 Abs 1 Nr 2 der Straßenverkehrsordnung normierten allgemeinen Verkehrssicherungspflicht genügen wollte.

Da für die Entschädigung von Unfallfolgen aus der Versicherung als Beschäftigter gemäß § 121 SGB VII die Beklagte, aus der Versicherung als Unfallhelfer hingegen gemäß § 128 Abs 1 Nr 7 SGB VII die Beigeladene zuständig ist, das Gesetz jedoch, wie die Regelung in § 135 SGB VII zeigt, eine Doppelzuständigkeit zweier Unfallversicherungsträger für denselben Unfall verhindern will, muss entschieden werden, welcher der beiden Versicherungstatbestände aus § 2 Abs 1 Nr 1 und § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB VII Vorrang hat. Das LSG hat dazu im Rahmen einer Hilfserwägung geäußert, dass jedenfalls bei der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage die Beweggründe des Unfallopfers Berücksichtigung finden müssten und die Beschäftigungsversicherung durch die Versicherung als Unfallhelfer verdrängt werde, wenn das Handeln des Verletzten im Wesentlichen allein der Gefahrenabwehr gedient habe.

Auch in diesem Punkt vermag der Senat dem Berufungsgericht nicht zu folgen. Das Gesetz hat für die Ermittlung des zuständigen Leistungsträgers bei konkurrierenden Versicherungstatbeständen in § 135 SGB VII eine detaillierte und ausdifferenzierte Regelung getroffen, die speziell auch den Fall des Zusammentreffens der Versicherungen aus § 2 Abs 1 Nr 1 und § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a oder c SGB VII erfasst. Eine Zuständigkeitsabgrenzung danach, welchem Zweck - der Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten oder der Hilfe bei einem Unglücksfall - die unfallbringende Tätigkeit vorrangig gedient hat, lässt sich weder mit dem Wortlaut des § 135 Abs 1 Nr 5 SGB VII noch mit der Systematik und der Entstehungsgeschichte der Gesamtregelung vereinbaren.

Nach § 135 Abs 1 Nr 5 SGB VII geht die Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 einer Versicherung nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a oder c SGB VII vor, wenn die Hilfeleistung im Rahmen von Verpflichtungen aus dem Beschäftigungsverhältnis erfolgt. Wo der Schwerpunkt der den Versicherungsschutz begründenden Verrichtung liegt, ist nach dem Gesetzestext ohne Bedeutung. Einer erweiternden Auslegung in dem vom LSG befürworteten Sinn steht die Regelung in § 135 Abs 6 SGB VII entgegen, nach der bei einer von den Konkurrenzregeln der Absätze 1 bis 5 nicht erfassten Mehrfachversicherung, die Versicherung vorgeht, der die Tätigkeit vorrangig zuzurechnen ist. Formulierung und systematische Stellung weisen diese Bestimmung als Auffangvorschrift aus, die eine Zuständigkeitsbestimmung in den Sonderfällen ermöglichen soll, für die in den vorhergehenden Absätzen keine Regelung getroffen wurde (vgl Senatsurteil vom 7. Februar 2006 - B 2 U 30/04 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 1 RdNr 17 f). Das schließt es aus, das Kriterium des vorrangigen Handlungszwecks gleichwohl als zusätzliches, ungeschriebenes Abgrenzungsmerkmal auch in den Fällen zu verwenden, in denen das Gesetz die Zuordnung zu einem der konkurrierenden Versicherungstatbestände nach anderen Kriterien festgelegt hat.

Dieses Ergebnis wird durch die Rechtsentwicklung gestützt. § 135 SGB VII mit seiner umfassenden Regelung der Konkurrenzen beim Zusammentreffen mehrerer Versicherungstatbestände hatte in dieser Form kein Vorbild in der Reichsversicherungsordnung (RVO), sondern ist im Zuge der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das SGB neu geschaffen worden. Der frühere § 539 RVO enthielt keine Konkurrenzregeln; eine Mehrfachversicherung war lediglich bei einzelnen Tätigkeiten dadurch ausgeschlossen, dass die sie ausübenden Personen nur versichert wurden, wenn sie nicht schon aufgrund einer anderen Tätigkeit der Versicherungspflicht unterlagen (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c und d, Nr 17 Buchst b, Nr 18 und Nr 19). Die Rechtsprechung, die die bestehende Regelungslücke ausfüllen musste, hatte bei gleichzeitiger Verwirklichung der Versicherungstatbestände als Beschäftigter und als Unfallhelfer ursprünglich der Beschäftigungsversicherung uneingeschränkten Vorrang eingeräumt (BSG Urteil vom 14. Dezember 1967 - 2 RU 55/64 - SozR Nr 46 zu § 537 RVO aF; vgl auch BSG SozR 2200 § 539 Nr 116 S 330). In späteren Entscheidungen war für die Bestimmung des leistungspflichtigen Versicherungsträgers darauf abgestellt worden, wo nach den gesamten Umständen unter Berücksichtigung der Handlungstendenz des Verletzten der Schwerpunkt der Tätigkeit gelegen hatte (BSG Urteil vom 26. November 1987 - 2 RU 37/87 -ZfS 1988, 48 = HV-Info 1988, 446; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19 S 72 f mwN). Das entsprach im Kern der heute in § 135 Abs 6 SGB VII gefundenen Umschreibung des Begriffs der vorrangigen Zurechnung (dazu Kruschinsky in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 2008, § 2 SGB VII RdNr 16 mwN). Nachdem der Gesetzgeber diesen von der Rechtsprechung eingeführten Gesichtspunkt zwar in die Auffangregelung übernommen, im Übrigen aber die Konkurrenzen zwischen den Versicherungstatbeständen nach anderen Gesichtspunkten geordnet hat, ist für eine Zuständigkeitsbestimmung am Maßstab des überwiegenden Handlungszwecks in den Fällen des § 135 Abs 1 bis 5 SGB VII kein Raum.

Die Voraussetzungen des § 135 Abs 1 Nr 5 SGB VII, aus dem sich der Vorrang der Beschäftigungsversicherung ergibt, sind erfüllt. Insbesondere hat der Kläger die Maßnahmen zur Absicherung der Unfallstelle "im Rahmen von Verpflichtungen aus dem Beschäftigungsverhältnis" ergriffen. Für den vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob die zitierte Wendung als inhaltliche Einschränkung zu verstehen ist oder ob sie lediglich auf die ohnehin bestehende Notwendigkeit eines inneren Zusammenhangs der Hilfeleistungen mit der betrieblichen Tätigkeit verweist. Denn der Kläger ist, wie schon dargelegt wurde, mit dem Aufstellen des Warndreiecks jedenfalls (auch) Verpflichtungen aus seinem Arbeitsverhältnis nachgekommen.

§ 135 Abs 1 Nr 5 SGB VII greift nicht etwa nur dann ein, wenn die Hilfeleistung bei Unglücksfällen gerade die Hauptpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis darstellt. Abgesehen davon, dass der Wortlaut der Vorschrift dafür nichts hergibt, würde eine derart einengende Interpretation, die zur Folge hätte, dass der Vorrang der Beschäftigungsversicherung auf die eng begrenzte Berufsgruppe der angestellten Notärzte und Rettungssanitäter beschränkt bliebe, den mit der Regelung verfolgten Zweck verfehlen. Unter der Geltung der RVO bestand in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit darüber, dass die Versicherung als Unglückshelfer Ausnahmecharakter hat und deshalb gegenüber der Versicherung als Beschäftigter grundsätzlich subsidiär ist (BSG SozR Nr 46 zu § 537 RVO aF Bl Aa 54; BSGE 68, 119, 121 = SozR 3-2200 § 539 Nr 7 S 26; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19 S 72; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 1996, § 539 RVO Anm 59e S 134/3). Diese Wertung ist auch der Auslegung des § 135 Abs 1 Nr 5 SGB VII zugrunde zu legen, denn der Gesetzgeber wollte ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (BT-Drucks 13/2204, S 108 zu § 135) bei der Schaffung des SGB VII die nach bisherigem Recht geltenden Grundsätze übernehmen und ergänzen.

Da die Versicherung als Beschäftigter aus § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII somit Vorrang hat, ist die Beklagte auch für die Entschädigung des zur Verletzung der linken Hand führenden Arbeitsunfalls des Klägers zuständig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.



Ende der Entscheidung

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