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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 05.03.2002
Aktenzeichen: B 2 U 13/01 R
Rechtsgebiete: RVO, SGB V, SGB VII
Vorschriften:
RVO § 561 Abs 1 | |
SGB V § 47 | |
SGB VII § 39 Abs 2 | |
SGB VII § 87 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Az: B 2 U 13/01 R
in dem Rechtsstreit
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 5. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Burchardt, die Richter Mütze und Kruschinsky sowie den ehrenamtlichen Richter Lippert und die ehrenamtliche Richterin Ende
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 6. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten wegen der Höhe des dem Kläger vom 16. Mai 1996 bis 1. Juli 1998 gewährten Verletztengeldes; konkret ist umstritten, ob die Beklagte das dem Verletztengeld zu Grunde liegende Regelentgelt zutreffend errechnet hat.
Der im Jahre 1970 geborene Kläger war Lizenzfußballspieler des in der 2. Fußball-Bundesliga spielenden e.V. Er bezog dort ein monatliches Grundgehalt und erhielt erfolgsabhängige Prämien. Am 8. März 1996 verletzte sich der Kläger während eines Zweitligaspiels erheblich. Für den Monat Februar 1996 war dem Kläger wegen der sog Winterpause allein sein Grundgehalt von 5.533,27 DM ausgezahlt worden.
Nachdem der Kläger bis zum 15. Mai 1996 von seinem Arbeitgeber Lohnfortzahlung erhalten hatte, bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1997 zunächst für die Zeit vom 16. Mai bis 15. Juli 1996 Verletztengeld in Höhe von 117,58 DM kalendertäglich. Der Berechnung legte sie das im Bemessungszeitraum vom 1. bis 29. Februar 1996 bezogene Grundgehalt zu Grunde. Für die Zeit ab 16. Juli 1996 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 4. September 1997 Verletztengeld in gleicher Höhe. In Ausführung des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl I 1971) erhöhte die Beklagte mit Bescheid vom 9. April 2001 das Verletztengeld rückwirkend um 10 vH, hob jedoch diese Bewilligung für einen gewissen Zeitraum mit Bescheid vom 26. April 2001 wieder auf.
Klage und Berufung des Klägers, mit denen er die Berücksichtigung der vor dem Arbeitsunfall für einen Zeitraum von 12 Monaten erhaltenen Prämien mit der Folge eines monatlichen Durchschnittsentgelts von ca 9.170 DM sowie die Aufhebung des Bescheides vom 26. April 2001 verlangt hat, sind nur zu letztgenanntem Punkt erfolgreich gewesen (Urteile des Sozialgerichts - SG - Altenburg vom 21. Oktober 1998 und des Thüringer Landessozialgerichts - LSG - vom 6. Juni 2001). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide vom 29. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1997, vom 4. September 1997 sowie vom 9. April 2001 seien rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berechnung des Verletztengeldes nach einem zwölfmonatigen Bemessungszeitraum. Zu Recht habe die Beklagte als Bemessungszeitraum die Zeit vom 1. bis 29. Februar 1996 zu Grunde gelegt. Nach dem hier anzuwendenden § 47 Abs 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialge- setzbuch (SGB V) sei der Bemessungszeitraum für die Berechnung des Regelentgelts der letzte vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens die letzten vier Wochen. Sei das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen, gelte der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonats erzielten und um einmaliges Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt (§ 47 Abs 2 Satz 3 SGB V). Für den Kläger, dessen Grundgehalt nach Monaten bemessen gewesen sei, sei der letzte vor dem Unfall abgerechnete Entgeltzeitraum der Monat Februar 1996 gewesen. Zwar könne gemäß § 47 Abs 3 SGB V die Satzung bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung abweichende Bestimmungen zur Zahlung und Berechnung des Krankengeldes vorsehen. Ob diese Vorschrift in der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt anwendbar sei, könne dahinstehen, denn es habe auf Seiten des Klägers keine nicht kontinuierliche Arbeitsverrichtung vorgelegen. Zwar nähmen Lizenzspieler nur unregelmäßig an Punktspielen teil. Die Tätigkeit des Klägers sei jedoch wesentlich durch den regelmäßigen Trainingsbetrieb geprägt. Die Grundvergütung falle auch dann an, wenn ein Spieler zB wegen Formschwäche nicht an Punktspielen teilgenommen habe. Eine entsprechende Anwendung der Berechnungsvorschriften des § 561 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw § 47 Abs 1 Satz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei nicht möglich, da diese ausdrücklich nur Nichtarbeitnehmer beträfen. Um einen solchen handele es sich bei dem Kläger als Lizenzfußballspieler indes gerade nicht. Die vom Kläger gerügten Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Sozialstaatsprinzip lägen nicht vor. Härtefallregelungen griffen zu Gunsten des Klägers nicht ein.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zunächst sei die starre Anwendung des in den §§ 561 Abs 1 RVO und 47 SGB V festgesetzten Bemessungszeitraums von einem Monat zu beanstanden. Dies werde im vorliegenden Fall der konkreten Entgeltersatzfunktion des Verletztengeldes nicht gerecht. Die vorliegende Handhabung führe zu einer Verzerrung der wirtschaftlichen Situation des Betroffenen und zu Zufallsergebnissen. Die somit bestehende Gesetzeslücke sei durch eine analoge Anwendung der den gesamten Regelungskomplex durchziehenden Grundgedanken der konkreten Entgeltersatzfunktion des Verletztengeldes und der Aufrechterhaltung des Lebensstandards zu schließen. In Fällen mit stark schwankendem Gehalt auf Grund unregelmäßiger bzw erfolgsabhängiger Vergütung sei die Auswertung eines zwölf-monatigen Zeitraums geeignet, um den durchschnittlichen Lebensstandard zu erkennen und dessen Sicherungsbedürfnis festzulegen. Mit gleichem Ergebnis könne die bestehende Regelungslücke auch durch eine analoge Anwendung des § 47 Abs 1 Satz 2 SGB VII geschlossen werden. Im Sozialversicherungsrecht sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einerseits Maßstab für die Heranziehung zu Beiträgen, andererseits sei die durch den Versicherungsfall verursachte Einbuße an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Maßstab für die Berechnung der Lohnersatzleistungen. Dies habe auch das Bundesverfassungsgericht klar gestellt. Die von diesem geforderte Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungen sei nicht gegeben, wenn die Prämien - wie hier - zwar generell der Beitragsberechnung unterworfen würden, bei der Lohnersatzleistung jedoch nur dann berücksichtigt würden, wenn sie im Bemessungsmonat bezogen worden seien. Die starre Anwendung des einmonatigen Bemessungszeitraumes führe zudem zu einer Ungleichbehandlung von Personengruppen mit gleich hoher Beitragsbelastung, weil sich bei den Lohnersatzleistungen für vorübergehenden Verdienstausfall generell beitragsbelastete Prämienzahlungen zufällig auswirken würden. Zudem sei die Nichtanwendung von Härtefallregelungen zu rügen. Insbesondere sei an die Anwendung des § 39 Abs 2 SGB VII sowie des § 87 SGB VII zu denken.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 6. Juni 2001 und des Sozialgerichts Altenburg vom 21. Oktober 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 1997 zu verurteilen, das für die Zeit vom 16. Mai 1996 bis 1. Juli 1998 gewährte Verletztengeld auf der Grundlage eines zwölfmonatigen Bemessungszeitraums vor Eintritt des Versicherungsfalls - hilfsweise unter Berücksichtigung von Härtefallgesichtspunkten - neu zu berechnen und den sich hieraus ergebenden Mehrbetrag nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagte das Verletztengeld des Klägers ohne Rechtsverstoß festgesetzt hat, indem sie dessen Berechnung den einmonatigen Zeitraum vom 1. bis 29. Februar 1996 als Bemessungszeitraum zu Grunde gelegt hat.
Der Anspruch des Klägers auf Verletztengeld richtet sich bis zum 31. Dezember 1996 nach dem Recht der RVO. Für die Bezugszeiträume ab dem 1. Januar 1997 sind dagegen die Vorschriften des SGB VII anzuwenden. Das folgt aus § 214 Abs 1 Satz 1 SGB VII, wonach die Vorschriften des Ersten und Fünften Abschnitts des Dritten Kapitels auch für Versicherungsfälle gelten, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Januar 1997) eingetreten sind. Davon ausgenommen sind gemäß § 214 Abs 1 Satz 2 SGB VII Leistungen der Heilbehandlung und der beruflichen Rehabilitation, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes bereits in Anspruch genommen worden sind. Die Vorschriften über das Verletztengeld in den §§ 45 bis 48 SGB VII befinden sich im Sechsten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Dritten Kapitels. Sie gehören nicht zu den Leistungen der Heilbehandlung und der beruflichen Rehabilitation, die ihrerseits in den §§ 27 bis 34 und 35 bis 38 SGB VII geregelt sind.
Für den Zeitraum bis 31. Dezember 1996 galt gemäß § 561 Abs 1 Satz 1 RVO für die Berechnung des Verletztengeldes bei Arbeitnehmern § 47 Abs 1, 2 und 5 SGB V entsprechend mit der Maßgabe, dass das Regelentgelt bis zu einem Betrag in Höhe des 360sten Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes (§ 575 Abs 2 RVO) zu berücksichtigen ist. Nach § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V beträgt das Krankengeld 80 vH des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt) und darf nach Satz 2 dieser Vorschrift das bei entsprechender Anwendung des § 47 Abs 2 SGB V berechnete Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Gemäß § 47 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V ist für die Berechnung des Regelentgelts das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch Sieben zu teilen. Nach § 47 Abs 2 Satz 3 SGB V gilt, wenn das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen oder die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 nicht möglich ist, als Regelentgelt der dreißigste Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonats erzielten und um einmaliges Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts. Für den weiter streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 31. Juli 1998 gilt gemäß § 47 Abs 1 SGB VII iVm § 47 Abs 1 und 2 SGB V entsprechendes.
Die Beklagte hat das der Berechnung des Verletztengeldes zu Grunde liegende Regelentgelt nach diesen Vorschriften unter Berücksichtigung des vom Kläger im Monat Februar 1996 erzielten Monatsentgelts in Höhe von 5.533,27 DM, begrenzt durch das Nettoarbeitsentgelt, zutreffend ermittelt. Nach den tatsächlichen, den Senat gemäß § 163 SGG bindenden, Feststellungen des LSG hat der Kläger ein nach Monaten bemessenes Arbeitsentgelt erhalten. Für die Frage, ob das Entgelt nach Monaten bemessen ist, ist maßgeblich, ob die Bemessungseinheit ein Monat ist. Auf die Zahlungsweise des Arbeitsentgelts kommt es nicht an. Werden neben dem fest vereinbarten Monatsentgelt etwa Überstunden geleistet oder neben dem Gehalt Provisionen erarbeitet, wird dadurch die Berechnungsmethode nicht beeinflusst (Brackmann/Krasney, SGB VII, 12. Auflage, § 47 RdNr 20). Für den Fall von Prämien im bezahlten Sport gilt nichts anderes.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist der gesetzlich festgelegte Bemessungszeitraum nicht über einen Kalendermonat hinaus auszudehnen, sodass die ihm in der Zeit vor Februar 1996 zugeflossenen Prämienzahlungen nicht zu berücksichtigen sind. Für eine Ausweitung des Bemessungszeitraumes bietet der eindeutige Wortlaut des Gesetzes keine Grundlage. Eine Spezialvorschrift für die Berechnung des Regelentgelts als Grundlage des Verletztengeldes für Arbeitnehmer mit schwankendem Arbeitsentgelt existierte in der hier streitigen Bezugszeit vom 16. Mai 1996 bis 1. Juli 1998 nicht. Diese gesetzliche Situation ist hinzunehmen und kann nicht beanstandet werden. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) für verschiedene andere Arten von Lohn- bzw Entgeltersatzleistungen bereits entschieden (vgl BSGE 47, 172 = SozR 2200 § 1241 Nr 11; BSGE 58, 175 = SozR 4100 § 59 Nr 3; BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 7 mwN). Daran wird auch für das Verletztengeld festgehalten.
Eine rechtliche Parallele dazu, dass der Ausschluss einmalig gezahlten Arbeitsentgelts von der Berechnung des Regelentgelts als mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und damit verfassungswidrig erkannt worden ist (Bundesverfassungsgericht - BVerfG - SozR 3-2200 § 385 Nr 6 und SozR 3-2400 § 23a Nr 1), besteht nicht. Maßgebend für die Entscheidungen des BVerfG war der Umstand, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wurde, obwohl es kraft Gesetzes bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen immer unberücksichtigt zu bleiben hatte. Diese Gesetzeslage, wie sie § 47 Abs 2 SGB V entsprach, ist mit der Gesetzeslage bei der Frage der Regelentgeltberechnung bei schwankendem Arbeitsentgelt nicht vergleichbar. Dort war das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt kraft Gesetzes immer von der Einbeziehung in das Regelentgelt ausgeschlossen, während es hier darauf ankommt, ob das höhere (schwankende) Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum tatsächlich dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Ist das der Fall, wird es in das Regelentgelt einbezogen. Ist das nicht der Fall, geschieht das, wie im vorliegenden Fall, nicht. An den Maßstäben des Art 3 Abs 1 GG gemessen finden sich sachliche Gründe für diese aus der Systematik des Gesetzes sich ergebende Differenzierung. Abgesehen davon, dass es dem Gesetzgeber in den Grenzen des Willkürverbotes iS von Art 3 Abs 1 GG freisteht, den maßgeblichen Bemessungszeitraum (hier: 1 Monat) zu bestimmen (vgl BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 7), bezweckt das Gesetz, der Berechnung des Verletztengeldes das "aktuelle" Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, dem Versicherungsträger somit eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen (vgl BSG SozR 2200 § 1241 Nr 3; BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 7) und Zufälligkeiten hintan zu halten, welche die Höhe des der Berechnung zu Grunde zu legenden Arbeitsentgelts unangemessen beeinflussen können (BSGE 36, 55 = SozR Nr 59 zu § 182 RVO; BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 7).
Eine Ausdehnung des Bemessungszeitraumes über den letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat hinaus ist auch auf Grund anderer Vorschriften - insbesondere der Satzung der Beklagten - nicht möglich. Zwar hat die Beklagte von der Satzungsermächtigung des § 47 Abs 1 Satz 3 SGB VII Gebrauch gemacht (s § 34 Abs 5 und 6 der Satzung vom 25. Juni 1998). Ansprüche für das streitige Verletztengeld des Klägers sind daraus jedoch nicht abzuleiten, denn diese Satzungsnorm ist erst zum 15. Oktober 1998 (s § 54 der Satzung) und damit nach Beendigung der umstrittenen Leistung in Kraft getreten. Eine rechtliche Verpflichtung der Beklagten, ihre Satzung überhaupt oder zu einem früheren Zeitpunkt nach Inkrafttreten des § 47 Abs 1 Satz 3 SGB VII entsprechend zu ändern, ist nicht ersichtlich.
Ob alle dem Kläger in den letzten zwölf Monaten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zugeflossenen Prämien laufendes Arbeitsentgelt (zB wegen gewonnener Punktspiele) oder uU einmaliges Arbeitsentgelt (zB wegen des Aufstieges in eine höhere Spielklasse) waren (zur Abgrenzung vgl Brackmann/Krasney, aaO, § 47 RdNr 27 mwN), ist anhand der Feststellungen des LSG nicht erkennbar. Handelt es sich bei den Prämien um laufendes Arbeitsentgelt, verbleibt es dabei, dass die Berechnung des Verletztengeldes durch die ursprünglichen Bescheide der Beklagten rechtmäßig war. Handelt es sich um einmaliges Arbeitsentgelt, ist ebenfalls rechtlich nichts zu beanstanden, denn die Beklagte hat mit den Bescheiden vom 9. und 26. April 2001 in Anwendung der Übergangsregelung des Art 4 Nr 2 Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz (§ 47 Abs 1a SGB VII) das Regelentgelt rückwirkend um 10 vH erhöht.
Entgegen dem Revisionsvorbringen kommt eine analoge Anwendung des § 47 Abs 1 Satz 2 SGB VII nicht in Betracht. Diese Vorschrift, die für die Ermittlung des Regelentgelts auf das Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abstellt, ist eine Sonderregelung zur Berücksichtigung von Arbeitseinkommen bei der Berechnung des Regelentgelts. Im Gegensatz zum - hier zu beurteilenden - Arbeitsentgelt (vgl § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV -) ist gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV Arbeitseinkommen der Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Die Anwendung der Vorschrift des § 47 Abs 1 Satz 2 SGB VII auf das Arbeitsentgelt ist nicht möglich. Das gilt auch für die vom Kläger daneben genannte Vorschrift des § 561 Abs 3 RVO, die eine Sonderregelung für die "übrigen Versicherten", also die nicht von Abs 1 und Abs 2 des § 561 RVO erfassten Arbeitnehmer und Bezieher von verschiedenen Lohnersatzleistungen, enthielt. Die Bildung einer Analogie ist bei dem hier zu beurteilenden Normenbestand schon deshalb ausgeschlossen, weil sowohl die RVO als auch das SGB VII für die Berechnung des Regelentgelts auf der Grundlage von Arbeitsentgelt bei Arbeitnehmern detaillierte und abschließende Regelungen enthält bzw enthielt und nicht ersichtlich ist, dass insoweit eine dem Plan des Gesetzgebers zuwider laufende Gesetzeslücke offen geblieben ist.
Es ist auch nicht erkennbar, dass das Fehlen einer dem § 47 Abs 3 SGB V vergleichbaren Satzungsermächtigung vor dem Inkrafttreten des SGB VII den Absichten des Gesetzgebers widersprochen hätte. Vielmehr waren die gesetzlichen Vorschriften über die Bemessung des Regelentgelts bzw "Regellohnes" als Grundlage für das Krankengeld in § 182 Abs 4 und 5 RVO und für das Verletztengeld iVm § 561 Abs 1 Satz 1 RVO identisch. Erst mit der Schaffung des SGB V durch das Gesundheitsreformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) wurde zum 1. Januar 1989 die Satzungsermächtigung des § 47 Abs 3 SGB V eingeführt und zwar, wie es in der amtlichen Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen heißt, um es den Krankenkassen zu ermöglichen, besondere Arbeitsformen (zB Job-Sharing) beim Krankengeld zu berücksichtigen (vgl BT-Drucksache 11/2237 S 181, zu § 46 des Gesetzentwurfs). Dass der Gesetzgeber diese Vorschrift zum 1. Januar 1989 in das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung eingefügt und erst mit der Schaffung des SGB VII zum 1. Januar 1997 in das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung aufgenommen hat, belegt, dass hier eine dem Willen des Gesetzgebers widersprechende, unerkannt gebliebene Gesetzeslücke gerade nicht vorgelegen hat. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, neben den durch die Schaffung des SGB V notwendigen Änderungen der Bezugsvorschrift in § 561 Abs 1 RVO eine dem § 47 Abs 3 SGB V entsprechende Vorschrift bereits zum 1. Januar 1989 in die RVO aufzunehmen oder die Bezugsvorschrift des § 561 Abs 1 RVO auch darauf zu erstrecken, zumal deren Änderung durch Art 5 des Gesundheitsreformgesetzes erfolgt ist. Dass indes mit der Neufassung des § 561 Abs 1 RVO zum 1. Januar 1989 nicht auch die neu geschaffene Satzungsermächtigung in § 47 Abs 3 SGB V sondern nur "§ 47 Abs 1, 2 und 5" genannt ist, kann angesichts des einheitlichen Gesetzgebungsverfahrens ohne entsprechende Erkenntnisse nicht als Versehen des Gesetzgebers angesehen werden. Vielmehr muss insoweit von einer bewussten Entscheidung ausgegangen werden. Im Übrigen würde es der Revision auch nicht zum Erfolg verhelfen, wenn man dies gegenteilig beurteilen und demzufolge § 47 Abs 3 SGB V als in der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend anzuwenden ansehen würde. Denn diese Vorschrift enthält allein die Satzungsermächtigung. Ohne die entsprechende Satzungsnorm ergeben sich für den einzelnen Versicherten daraus keine Ansprüche.
Schließlich können zu Gunsten des Klägers Härtefallregelungen nicht angewendet werden. Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger genannten Härtefallbestimmungen der §§ 39 Abs 2, 87 SGB VII bzw deren Vorgängervorschriften in den §§ 563 und 577 RVO unmittelbar oder entsprechend angewendet werden können, denn es ist nicht ersichtlich, dass die vorliegend zu beurteilende Höhe des Verletztengeldes bei dem Kläger zu einer Härte geführt hat. Der Senat stimmt der Beklagten zu, dass mit dem konkret gewährten Verletztengeld eine Mindestsicherung des Lebensstandards des Klägers gewährleistet war, weil sich sein Lebensstandard im Wesentlichen durch das regelmäßige monatliche Grundgehalt, nicht aber durch die nicht regelmäßig zu erwartenden Prämien, insbesondere nicht durch die im letzten Jahr vor dem Unfall erhaltene sog Aufstiegsprämie, bestimmte.
Nach alledem war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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