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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 04.05.1999
Aktenzeichen: B 2 U 14/98 R
Rechtsgebiete: RVO, SGG


Vorschriften:

RVO § 551 Abs 1
SGG § 163
Die Annahme eines typischen Geschehensablaufs zwischen Infektion und Erkrankung entfällt, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Erkrankung auch durch Einwirkungen bedingt sein kann, die nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind.
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 4. Mai 1999

in dem Rechtsstreit

Az: B 2 U 14/98 R

Kläger und Revisionskläger,

Prozeßbevollmächtigter:

gegen

Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, Dynamostraße 7-11, 68165 Mannheim,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Burchardt, die Richter Klüglein und Mütze sowie die ehrenamtlichen Richter Biswanger und Kingler

für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 1998 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Entschädigung wegen der Folgen einer Toxoplasmoseinfektion mit nachfolgender Polyradikuloneuritis als Berufskrankheit (BK) der Nr 3102 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO).

Der im Jahre 1965 geborene Kläger war von September 1988 bis zum 15. Februar 1991 im Landhotel B. M. beschäftigt, wo er überwiegend in seinem erlernten Beruf als Koch tätig war. Vom 29. März 1991 bis zum 5. Juni 1991 wurde er wegen neurologischer Auffälligkeiten stationär behandelt, wobei eine Polyradikuloneuritis in Form eines Guillain-Barré-Syndroms sowie eine akute Toxoplasmoseinfektion diagnostiziert wurden. Im September 1991 teilte der Arbeitgeber des Klägers der Beklagten mit, die Erkrankung des Klägers sei nach Ansicht der behandelnden Ärzte mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Fleischinfektion zurückzuführen, die er sich wahrscheinlich durch seine berufliche Tätigkeit zugezogen habe. Ursache könne insbesondere eine blutende Verletzung an der linken Hand gewesen sein, die der Kläger am 7. Februar 1991 bei Arbeiten in der Küche erlitten habe. Die Beklagte holte daraufhin Auskünfte der behandelnden Ärzte sowie eine Stellungnahme des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. ein, der ausführte, es fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Schnittverletzung des Klägers und die Toxoplasmose Ursache der bei ihm aufgetretenen Polyradikuloneuritis seien. Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 20. Mai 1992 Ansprüche wegen eines Arbeitsunfalls ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1995).

Im gleichzeitig durchgeführten BK-Feststellungsverfahren vertrat der von der Beklagten wiederum gehörte Dr. K. nunmehr die Ansicht, der Kläger habe sich die Toxoplasmose durch beruflich bedingten Umgang mit Fleisch zugezogen, was zu der Polyradikuloneuritis geführt habe. Während der Gewerbearzt dem zustimmte, äußerte Prof. Dr. F. in einem Gutachten Zweifel an einem solchen Kausalzusammenhang. Eine Infektion über die Schnittverletzung sei unwahrscheinlich; denkbar sei eine Infektion durch den Genuß infizierten Fleisches, wenn der Kläger häufig infiziertes Frischfleisch zu verarbeiten und auch zu verzehren gehabt hätte, denn Schweine, Schafe und Rinder seien zu 70 bis 90 % mit Toxoplasmose infiziert. Nachdem der Arbeitgeber des Klägers die Auskunft erteilt hatte, dieser habe Frischfleisch lediglich verarbeiten, nicht aber verzehren müssen, lehnte die Beklagte die Anerkennung der Erkrankung als BK durch Bescheid vom 25. Oktober 1993 ab, weil der Kläger einem beruflichen Infektionsrisiko nicht ausgesetzt gewesen sei. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, er habe als Koch Frischfleisch in Form von Gehacktem, Mett uä zu verzehren bzw abzuschmecken gehabt; dabei habe er dann auch jeweils zwei oder drei Mettbrötchen gegessen. Prof. Dr. F. hielt daraufhin eine berufliche Infektion für wahrscheinlich. Dr. K. vertrat in seinem Gutachten vom 28. Februar 1994 die Ansicht, ein Kausalzusammenhang zwischen der bei dem Kläger aufgetretenen Toxoplasmose, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als BK anzusehen sei, und der anschließend festgestellten Polyradikuloneuritis sei mit großer Wahrscheinlichkeit zu bejahen. Als Unfallfolge liege eine "geringfügige Belastungseinschränkung im Bereich der unteren Extremitäten im Sinne von glaubhaften Beschwerden bei längerem Stehen" vor; die dadurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit sei für die Dauer von drei Monaten auf 30 vH, bis zum Ablauf des zweiten Jahres auf 20 vH und danach auf 10 vH zu schätzen.

Nachdem der Fleischlieferant des Landhotels B. M. mitgeteilt hatte, es sei nicht feststellbar, ob Anfang 1991 infiziertes Fleisch in den Handel gelangt sei, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, weil dieser bei seiner Arbeit nicht gehäuft mit infiziertem Frischfleisch in Berührung gekommen und damit keiner erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei (Widerspruchsbescheid vom 17. November 1994).

Das Sozialgericht Düsseldorf (SG) hat die von dem Kläger gegen die Ablehnung von Entschädigung sowohl aufgrund eines Arbeitsunfalls als auch wegen einer BK erhobenen Klagen verbunden und die Beklagte unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, die Toxoplasmoseinfektion sowie die Polyradikuloneuritis als BK nach Nr 3102 der Anl 1 zur BKVO anzuerkennen und den Kläger auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. K. vom 28. Februar 1994 zu entschädigen (Urteil vom 22. Mai 1997).

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Februar 1998). Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und der Toxoplasmose lasse sich nicht belegen. Zwar sei der Kläger bei seiner Berufstätigkeit angesichts seines beruflich bedingten Verzehrs von Frischfleisch und dessen hoher Durchseuchung mit Toxoplasmoseerregern, aufgrund deren davon auszugehen sei, daß auch Teile des von ihm zu bearbeitenden Fleischs damit befallen gewesen seien, einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt gewesen. Nicht feststellbar sei allerdings, daß sich dieses berufliche Risiko auch realisiert habe. Nach seinen eigenen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat habe der Kläger regelmäßig zwei Mettbrötchen an den Tagen der Zubereitung von Mett nach dem Abschmecken verzehrt, die "so eine Mahlzeit zwischendurch vor dem Mittagessen" gewesen seien. Das damit verbundene, der privaten Sphäre des Klägers zuzurechnende Infektionsrisiko sei mindestens ebenso groß, wenn nicht höher gewesen als die Gefahr, durch das Abschmecken zu erkranken. Die Nahrungsaufnahme sei eine regelmäßig dem privaten unversicherten Lebensbereich zuzurechnende Verrichtung; besondere Umstände, die ausnahmsweise einen inneren Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Brötchenverzehr begründen könnten, lägen hier nicht vor. Als Arbeitsunfall könne die Infektion nicht entschädigt werden, weil ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der Schnittverletzung und der Toxoplasmose fehle.

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision, mit der er - wie an sich bereits mangels einer Anschlußberufung im Berufungsverfahren - nur noch die Anerkennung und Entschädigung seiner Erkrankung als BK verfolgt, rügt der Kläger die Verletzung "des § 551 Abs 1 RVO iVm der BKVO". Zu Unrecht gehe das Berufungsurteil davon aus, es sei nicht feststellbar, daß sich das bei ihm bejahte berufliche Risiko auch tatsächlich realisiert habe. Zu diesen für ihn nachteiligen Erwägungen komme das LSG in Bewertung seiner Einlassung in der Berufungsverhandlung, er habe an den Tagen, an denen Mett zuzubereiten gewesen sei, in der Regel zwei mit Mett beschmierte Brötchen verzehrt. Der Auffassung des LSG, die Nahrungsaufnahme sei regelmäßig eine allein dem privaten unversicherten Bereich zuzurechnende Verrichtung, sei nicht zu folgen. Er habe hierzu erklärt, die beiden Brötchenhälften vor dem Mittagessen im Zusammenhang mit dem Abschmecken des zubereiteten Metts gegessen zu haben, so daß insoweit sowohl ein zeitlicher als auch ein sachlicher und funktionaler Zusammenhang mit der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit gegeben sei. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn er während der Mittagspause Mettbrötchen verzehrt hätte. Das Berufungsurteil verkenne im übrigen, daß er nicht nur im Zusammenhang mit dem Zubereiten von Mett, sondern nach der schriftlichen Auskunft seines früheren Arbeitgebers vom 17. April 1996 auch beim Abschmecken von Hacksteaks mit rohem Fleisch in Berührung gekommen sei. Daraus folge ein erheblich höherer Anteil betrieblich bedingter Risiken im Vergleich zum eher seltenen Verzehr eines Mettbrötchens, so daß auf den hinreichend wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner beruflichen Tätigkeit und der Toxoplasmoseinfektion unabhängig von der Schnittverletzung zu schließen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 1998 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22. Mai 1997 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Voraussetzungen einer entschädigungspflichtigen BK gemäß § 551 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm Nr 3102 der Anl 1 zur BKVO sind nicht erfüllt, wie das LSG rechtlich zutreffend entschieden hat.

Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach den bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der RVO und der BKVO, da die von ihm als BK geltend gemachte Erkrankung vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes <UVEG>, § 212 SGB VII).

Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Leistungen, insbesondere Verletztenrente. Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs 1 Satz 1 RVO auch eine BK. BKen sind nach § 551 Abs 1 Satz 2 RVO die Krankheiten, welche die Bundesregierung (BReg) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Die BReg ist durch § 551 Abs 1 Satz 3 RVO ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht worden sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Das Recht der BKen beruht auf dem in der Unfallversicherung allgemein geltenden Verursachungsprinzip. Der Versicherte wird wie beim Unfall vom Versicherungsschutz nur umfaßt, wenn er die in der BKVO bezeichnete Krankheit bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO aufgeführten Tätigkeiten erleidet, die Krankheit also eine BK ist. Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist daher, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und einer dieser Tätigkeiten gegeben ist (haftungsbegründende Kausalität, s Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 30. Mai 1988 - 2 RU 33/87 - = HV-Info 1988, 1798 und vom 28. August 1990 - 2 RU 64/89 - = USK 90180 mwN).

Der Kläger war während seiner beruflichen Tätigkeit als Koch im Landgasthaus B. M. in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfall und BK versichert, § 539 Abs 1 Nr 1, § 551 RVO.

Nach Nr 3102 der Anl 1 zur BKVO gehören zu den BKen auch "von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten". Nach den Feststellungen des LSG kann die Toxoplasmose auch durch den Verzehr von rohem Fleisch infizierter Tiere übertragen werden; eine solche Krankheit fällt unter die Nr 3102 der Anl 1 zur BKVO (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 491 o I; Koch in Schulin, HS-UV, § 39 RdNr 216).

Die nach der Rechtsprechung des BSG zumindest erforderliche Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und einer Infektionskrankheit nach der Nr 3101 der Anl 1 zur BKVO ist grundsätzlich gegeben, wenn nachgewiesen ist, daß der Versicherte bei seiner Berufstätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist, wobei eine bestimmte Infektionsquelle nicht nachgewiesen sein muß (vgl BSGE 6, 186, 188 = SozR Nr 3 zur 5. BKVO Anl Nr 39; BSG, Urteil vom 18. November 1997 - 2 RU 15/97 - = BB 1998, 327 = HV-Info 1998, 351 mwN; Koch in Schulin, HS-UV, § 39 RdNr 216). Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für die insoweit gleichgelagerte BK Nr 3102 der Anl 1 zur BKVO (vgl BSG, Beschluß vom 25. Oktober 1989 - 2 BU 82/89 - = HV-Info 1990, 940, 950).

Nach den gemäß § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger einem solchen erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Toxoplasmose wird danach gerade durch den Verzehr von Frischfleisch der genannten Tierarten übertragen, wozu der Kläger bei seiner Tätigkeit als Koch beim Abschmecken von Fleischmassen für Mett, Hacksteaks, Frikadellen uä gehalten war; daß zumindest Teile des vom Kläger so bearbeiteten und verzehrten Fleisches von Toxoplasmoseerregern befallen waren, hat das LSG ebenfalls in verfahrensmäßig von den Beteiligten nicht beanstandeter Weise festgestellt. Es steht jedoch nicht fest, ob die Erkrankung des Klägers auch mit Wahrscheinlichkeit durch derartige schädigende berufsbedingte Einflüsse hervorgerufen worden ist.

Da man sich eine übertragbare Krankheit wie die Toxoplasmose auch im täglichen Leben etwa durch infizierte Nahrungsmittel jederzeit zuziehen kann, ist der ursächliche Zusammenhang besonders sorgfältig zu prüfen (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 491 o I; Koch in Schulin, HS-UV, § 39 RdNr 216). Zwar kann bei dem Nachweis der erhöhten Ansteckungsgefahr in der Regel auch davon ausgegangen werden, daß sich der Versicherte die bei ihm aufgetretene übertragbare Krankheit durch seine besondere berufliche Exposition zugezogen hat (vgl BSGE 6, 186, 188 = SozR Nr 3 zur 5. BKVO Anl Nr 39; BSG, Urteil vom 18. November 1997 - 2 RU 15/97 - = HV-Info 1998, 351 mwN). Diese Annahme aufgrund eines typischen Geschehensablaufs kann indes dann nicht gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Erkrankung auch durch Einwirkungen bedingt sein kann, die nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind. In diesem Fall sind wie auch sonst die für und gegen einen Kausalzusammenhang iS des Grundsatzes von der rechtlich wesentlichen Bedingung (dazu BSG SozR 2200 § 551 Nr 33 mwN) sprechenden Umstände des Einzelfalles zu prüfen und abzuwägen.

Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger dem Risiko, sich mit Toxoplasmose zu infizieren, nicht nur durch das beruflich bedingte Abschmecken von infiziertem Frischfleisch, sondern auch durch den nicht mehr betrieblichen Zwecken dienenden Verzehr von Mettbrötchen aus derselben Fleischmasse als "Mahlzeit zwischendurch vor dem Mittagessen" zumindest im selben Ausmaß ausgesetzt war. Diese tatsächlichen Feststellungen sind nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen und daher für den Senat bindend (§ 163 SGG). Der Vortrag des Klägers, er habe bei seiner Einlassung vor dem LSG erklärt, die Brötchen im Zusammenhang mit dem Abschmecken des zubereiteten Metts gegessen zu haben, ist jedenfalls keine zulässige Verfahrensrüge, sondern ein in der Revisionsinstanz unzulässiges Vorbringen neuer, im Berufungsurteil nicht bereits festgestellter Tatsachen.

Das LSG ist aufgrund seiner Feststellungen auch rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß die Infektionsrisikoerhöhung durch den Mettbrötchenverzehr nicht berufsbedingt, sondern eigenwirtschaftlich war und daher nicht als wesentliche Ursache für die Entstehung einer BK zu berücksichtigen ist. Die Nahrungsaufnahme stellt regelmäßig eine dem persönlichen und daher unversicherten Bereich zuzurechnende Betätigung dar; dies gilt entgegen der Ansicht des Klägers selbst dann, wenn sie im Betrieb bzw während der Arbeitszeit vorgenommen wird (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 15 mwN). Von den zahlreichen Ausnahmen, welche Rechtsprechung und Literatur von diesem Grundsatz zulassen, käme hier allenfalls jene in Betracht, daß die vom Arbeitgeber ausgegebenen Nahrungsmittel verdorben bzw infiziert sind; dann soll der Verzehr solcher Speisen nämlich versichert sein (vgl Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNr 78 mwN; offengelassen in BSG Urteil vom 31. Oktober 1968 - 2 RU 173/66 - = USK 68138). Dies kann indes jedenfalls dann nicht gelten, wenn der Zustand der "verdorbenen" Lebensmittel nicht ungewöhnlich ist, sondern eher dem Regelzustand entspricht, da sich in einem solchen Fall kein besonderes die Ausnahme rechtfertigendes betriebliches Risiko verwirklicht. Da aber nach den bindenden Feststellungen des LSG Fleisch zu 70 bis 90 % mit Toxoplasmoseerregern infiziert ist, muß dieser Zustand als Regelzustand und damit nicht mehr als besonderes betriebliches Risiko angesehen werden, der unter Unfallversicherungsschutz stünde.

Nach den Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, daß es nicht aufklärbar ist, ob sich der Kläger die Toxoplasmoseinfektion bei seiner versicherten Tätigkeit oder bei dem eigenwirtschaftlichen Verzehr von Mettbrötchen unabhängig von dieser zugezogen hat. Die Folgen dieser objektiven Beweislosigkeit hat der Kläger zu tragen. Er leitet den geltend gemachten Entschädigungsanspruch aus der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der bei ihm aufgetretenen Erkrankung und seiner beruflichen Exposition gegenüber Toxoplamoseerregern her. Die haftungsbegründende Kausalität gehört zu den anspruchsbegründenden Tatsachen (BSGE 30, 121, 123 = SozR Nr 83 zu § 128 SGG), für die der Anspruchsteller die objektive Beweislast nach dem allgemeinen Grundsatz trägt, daß die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache demjenigen Beteiligten zur Last fallen, der aus der Tatsache ein Recht herleiten will (stRspr, s etwa BSG SozR 2200 § 551 Nr 1).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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