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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 11.08.1998
Aktenzeichen: B 2 U 17/97 R
Rechtsgebiete: SGG
Vorschriften:
SGG § 164 Abs 2 Satz 3 |
BUNDESSOZIALGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
in dem Rechtsstreit
Verkündet am 11. August 1998
Az: B 2 U 17/97 R
Klägerin und Revisionsklägerin,
Prozeßbevollmächtigte:
gegen
Holz-Berufsgenossenschaft, Am Knie 6, 81241 München,
Beklagte und Revisionsbeklagte.
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. August 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Burchardt, die Richter Klüglein und Mütze sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Grieshaber und Faupel
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. April 1997 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin ist die Witwe des am 14. Februar 1994 verstorbenen O K (Versicherter). Dieser war angestellter Außendienstmitarbeiter der S & S Fensterbau GmbH, die ihren Sitz in Schleswig-Holstein hat. Am 10. Februar 1994 fuhr er vom Firmengelände aus mit dem Firmen-Pkw und Fenstern, die dort ausgeliefert werden sollten, nach Berlin. Gegen 13.00 Uhr traf er sich dort - wie zuvor vereinbart - mit seinem Vater, dem Zeugen K, der Außendienstmitarbeiter der mit seiner Arbeitgeberin in Geschäftsbeziehung stehenden Firma L Holzbearbeitungs-GmbH in Berlin ist. Nachdem zunächst die Fenster ausgeliefert worden waren, begaben sich der Versicherte und sein Vater zu einer Besichtigung eines Bauobjekts, für das der Versicherte ein Leistungsverzeichnis auszuarbeiten hatte. Gegen 18.30 Uhr trafen der Versicherte und der Zeuge K der Firma L Holzbearbeitungs-GmbH ein und führten ein etwa eineinhalb Stunden dauerndes geschäftliches Gespräch über verschiedene Bauprojekte mit dem Firmeninhaber und dessen Ehefrau, den Eheleuten J. Anschließend fuhren der Versicherte und sein Vater zum Bahnhof B L. Dort stellten sie den Firmen-Pkw des Versicherten ab und betraten die Gaststätte "L B ", wo jeder ein Bauernfrühstück zu sich nahm und Bier trank. Danach verließen sie das Lokal, begaben sich aber nicht zur in der Nähe gelegenen elterlichen Wohnung, wo der Versicherte üblicherweise bei seinen Dienstreisen nach B übernachtete, sondern gingen in Richtung Bahnhof L. Nach Überqueren der nächsten Kreuzung und einem Weiterschlendern wurde der Versicherte - vom zu diesem Zeitpunkt vorausgehenden Zeugen K zunächst nicht bemerkt - von A C S (S) so heftig gestoßen bzw niedergeschlagen, daß er zu Boden stürzte und sich dabei schwere Schädel- und Hirnverletzungen zuzog, die zu seinem Tode führten. S. wurde vom Landgericht B wegen fahrlässiger Tötung und vorsätzlicher Körperverletzung rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
In ihrer Unfallschilderung gegenüber der Krankenkasse gab die Klägerin ua an, der Versicherte habe sich auf der Dienstreise am 10. Februar 1994 mit seinem Vater in eine Gaststätte begeben, die sie nach ca einer Stunde wieder verlassen hätten, um (nach Schilderung des Zeugen K) noch eine "kesse Runde zu drehen" und dann die elterliche Wohnung aufzusuchen. Der Zeuge K gab bei seiner erstmaligen polizeilichen Vernehmung an, in der Gaststätte hätten beide je 5 Gläser Bier à 0,4 Liter getrunken und seien dann um 21.45 Uhr gegangen. Sie hätten sich wegen der Abwesenheit seiner Frau nicht nach Hause begeben, sondern noch eine "Runde drehen" wollen, um zu plaudern. Bei späteren Befragungen durch Mitarbeiter der Beklagten gab er an, es sei ihre Absicht gewesen, nach dem Verlassen der Gaststätte noch Einzelheiten des Kostenangebots zu besprechen. Dazu hätten sie die im Pkw des Versicherten befindlichen Unterlagen holen wollen; auf dem Weg zum Parkplatz sei der Überfall passiert. Wegen des Alkoholgenusses in der Gaststätte habe der Pkw auf dem Parkplatz verbleiben sollen, worüber sie aber nicht diskutiert hätten.
Nach weiteren Ermittlungen lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus Anlaß des Todes des Versicherten durch Bescheid vom 27. Juli 1994 ab. Der Unfall habe sich nicht während der versicherten Tätigkeit, die am 10. Februar 1994 mit der Beendigung des Gesprächs mit den Eheleuten J geendet habe, ereignet. Das anschließende Essen sei kein Geschäftsessen gewesen, sondern habe privaten Charakter gehabt. Auch nach dem Verlassen der Gaststätte habe der Versicherungsschutz nicht wieder eingesetzt, da der Zeuge K anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung ausgesagt habe, er habe mit seinem Sohn noch "eine Runde drehen" wollen, um zu plaudern. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. November 1994).
Das Sozialgericht Stralsund (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Januar 1996). Die Tätigkeit des Versicherten am 10. Februar 1994 sei zwar grundsätzlich als Dienstreise versichert gewesen. Spätestens mit dem Aufsuchen der Gaststätte habe er jedoch seine versicherte Tätigkeit unterbrochen gehabt. Wesentlich für den tödlichen Ausgang des Ereignisses seien im übrigen die Folgen des eigenwirtschaftlichen Alkoholgenusses in der Gaststätte gewesen.
Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16. April 1997). Auch bei Dienstreisen entfalle der Unfallversicherungsschutz, wenn der Reisende sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen widme. Es könne dahinstehen, ob sich der Versicherte zur Zeit des Unfalls angesichts des mindestens zweistündigen Gasthausaufenthalts nicht bereits von der betrieblichen Tätigkeit gelöst gehabt und ob es sich bei dem Essen um ein Geschäftsessen gehandelt habe. Denn der anschließende Spaziergang sei jedenfalls nicht unfallversichert gewesen. Zwar bestehe auf Geschäftsreisen für Wege nach und von der Essenseinnahme sowie der Unterkunft Versicherungsschutz. Privaten Zwecken dienende Verrichtungen, die nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stünden, könnten allerdings auch bei Dienstreisen so bestimmend sein, daß der Weg vom Ort der Nahrungsaufnahme nicht mehr als der versicherten Tätigkeit zugehörig angesehen werden könne. So verhalte es sich hier bei dem nach Beendigung der Essenseinnahme angetretenen Weg. Es stehe aufgrund der zeitnah nach dem Unfallgeschehen erfolgten Angaben der Klägerin und des Zeugen K, denen ein hoher Beweiswert beizumessen sei, fest, daß der Versicherte und sein Vater nach dem gemeinsamen Abendessen einen Spaziergang überwiegend zum Zwecke der Freizeitgestaltung und Erholung unternommen hätten. Aus der Schilderung des Geschehensablaufs durch den Zeugen ergebe sich auch, daß Vater und Sohn nicht Seite an Seite - etwa vertieft in ein geschäftliches Gespräch - gegangen seien, was nicht dafür spreche, daß dienstliche oder geschäftliche Dinge besprochen worden seien.
Der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Beschäftigungsverhältnis und dem Unfallereignis sei nicht dadurch gegeben, daß sich der Versicherte während des Spaziergangs zufällig auf dem Weg zu dem Firmen-Pkw befunden habe. Es stehe zwar fest, daß dieser bei dem Spaziergang habe aufgesucht werden sollen und daß das Fahrzeug dann zur Wohnung gefahren oder die wichtigsten Geschäftsunterlagen aus ihm herausgenommen werden sollten. Unfallversicherungsschutz habe dabei indes nicht bestanden, weil dabei der Charakter des Spaziergangs zu Erholungszwecken im Vordergrund gestanden habe. Angesichts der vorgerückten Stunde beim voraussichtlichen Erreichen der Wohnung und des fehlenden dringenden Anlasses für die gezielte Erledigung geschäftlicher Arbeiten sei es auch nicht erwiesen, daß der Spaziergang aus betriebsbezogenen Gründen unternommen worden sei, nämlich um sich zu erholen und dann in der Wohnung des Zeugen K noch geschäftlich weiterzuarbeiten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verwahrung von Arbeitsgerät komme hier Versicherungsschutz nicht in Betracht.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision macht die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Ihre Angabe, ihr Mann und sein Vater hätten noch eine "kesse Runde" drehen wollen, habe keinen Beweiswert, da sie den ihr geschilderten Sachverhalt nicht richtig verstanden und lediglich wiedergegeben habe. Außerdem sei in dem von ihr ausgefüllten Fragebogen der Beklagten ein beruflich bedingter Betriebsunfall während einer Dienstreise nicht vorgesehen gewesen, so daß sie die allein richtige Antwort dort nicht habe ankreuzen können. Auch die Aussagen des Zeugen K anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung seien "nicht geeignet, als Beweis für die unfallrechtliche Bewertung oder Motivation des verstorbenen Versicherten herangezogen zu werden", weil es dem Zeugen bei der Darstellung des Tatvorgangs lediglich um die strafrechtlichen Tatsachen gegangen sei. Das Telefax der Arbeitgeberin des Versicherten - die zeitnächste Aussage zum Unfallhergang - habe dagegen zum Ausdruck gebracht, daß es sich um einen versicherten Wegeunfall gehandelt habe. Die Beklagte habe die versicherungsrechtlichen Zusammenhänge in ungenügender Weise aufgeklärt.
Materiell-rechtlich werde gerügt, daß das LSG im Urteil zu Unrecht angenommen habe, zwischen der Tätigkeit des verstorbenen Versicherten zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens und seiner betrieblichen Beschäftigung habe kein innerer Zusammenhang bestanden. Die Behauptung des LSG, bei dem im Anschluß an den Gaststättenbesuch unternommenen Spaziergang habe der Erholungszweck im Vordergrund gestanden, sei von den Tatsachenfeststellungen nicht gedeckt. Der Weg habe durch das Holen der betrieblichen Unterlagen überwiegend dem betrieblichen Interesse gedient. Der Zeuge K habe bei seiner gerichtlichen Vernehmung angegeben, während des Aufenthalts in der Gaststätte sei fast nur über geschäftliche Dinge gesprochen worden. Das LSG habe das Motiv für den Spaziergang, die Arbeitsunterlagen aus dem Geschäftswagen zu holen, nicht ausreichend gewürdigt.
Zu Unrecht habe das LSG Widersprüche in der Aussage des Zeugen K gesehen. Die zeitliche Rekonstruktion der Vorgänge zeige Ungenauigkeiten, die im Nachhinein die Aussage dieses Zeugen keinesfalls widerlegen könnten. Der Zeuge habe selbst durch den tätlichen Angriff des S. auf ihn Kopfverletzungen davongetragen, wodurch es zu Ungenauigkeiten der Zeiterinnerung oder einer Beschädigung seiner Armbanduhr gekommen sein könne. Sofern das LSG von einem längeren Gaststättenbesuch ausgegangen sei, hätte eine genauere Schilderung des zeitlichen Ablaufs bei der Zeugenvernehmung erfragt werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, bestehe kein Grund dafür, die Aussage insoweit in Zweifel zu ziehen; anderenfalls wäre der Sachverhalt als nicht ausreichend aufgeklärt zu rügen.
Die Privatsphäre wäre am Unfalltage erst dann erreicht gewesen, wenn sich der Versicherte abends zur Nachtruhe vorbereitet hätte, da alle vorherigen Tätigkeiten einen engen Bezug zu seiner Arbeit gehabt hätten. Indiz für den inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit sei der direkte Weg von der Gaststätte zum Auto mit den Geschäftsunterlagen. Letztlich sei der Überfall erst durch das Holen der Unterlagen aus dem Auto als einer betriebsbezogenen Tätigkeit möglich geworden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. April 1997, das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 18. Januar 1996 sowie den Bescheid vom 27. Juli 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des verstorbenen Ehemanns der Klägerin, O K, vom 10. Februar 1994 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihr Hinterbliebenenleistungen in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, die Revision setze lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG.
II
Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.
Der Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenleistungen richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der von ihr geltend gemachte Arbeitsunfall des Versicherten vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes <UVEG>, § 212 SGB VII).
Hinterbliebenenrente wird gemäß § 589 Abs 1 Nr 3 RVO bei Tod des Versicherten durch Arbeitsunfall gewährt. Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, daß das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und daß diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Zunächst muß also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG SozR 2200 § 548 Nr 82; BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; BSG Urteil vom 27. März 1990 - 2 RU 45/89 - HV-Info 1990, 1181 = USK 90149; BSG Urteil vom 27. Januar 1994 - 2 RU 3/93 - HVBG-Info 1994, 943 = USK 9422). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 32). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muß der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN). Es muß also sicher feststehen, daß eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84 mwN). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, auch Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns mit im Vordergrund.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalls nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz stand, weil er sich aufgrund seiner nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versicherten Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter auf einer Dienstreise in einer fremden Stadt befand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist auch bei solchen Reisen zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen, und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Reisenden angehören. Der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen widmet. Allerdings ist bei nicht unmittelbar zur versicherten Tätigkeit gehörenden Verrichtungen ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis am Ort der auswärtigen Tätigkeit in der Regel eher anzunehmen als am Wohn- oder Betriebsort (vgl ua BSGE 8, 48, 49 ff; 39, 180, 181 = SozR 2200 § 548 Nr 7; BSGE 50, 100 = SozR 2200 § 548 Nr 50; BSG SozR 2200 § 548 Nrn 21, 33; SozR 3-2200 § 539 Nr 17; SozR 3-2200 § 548 Nr 25; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, § 8 RdNr 100). Dementsprechend besteht auf Geschäftsreisen für Wege nach und von der Essenseinnahme (BSGE 8, 48, 52; 39, 180, 181 = SozR 2200 § 548 Nr 7; BSGE 50, 100, 101 = SozR 2200 § 548 Nr 50; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 17 mwN; SozR 3-2200 § 548 Nr 25) sowie der Unterkunft (vgl BSG Urteil vom 26. Januar 1988 - 2 RU 1/87 - in HV-INFO 1988, 826 mwN; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 25) Versicherungsschutz nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO. Denn diese Wege stehen im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, die den Versicherten in die fremde Stadt geführt hat, während die Essenseinnahme selbst auch zu Hause stattgefunden hätte und daher regelmäßig unversichert ist. Allerdings gilt dies nicht für jeden Weg nach der Nahrungsaufnahme; auch hier entfällt der Versicherungsschutz, wenn der Versicherte sich rein persönlichen Belangen widmet.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG haben der Versicherte und sein Vater nach dem Aufenthalt in der Gaststätte zum Zwecke der Freizeitgestaltung und Erholung nach einem anstrengenden Arbeitstag einen Spaziergang unternommen, der überwiegend privaten Charakter hatte. Diese Feststellungen hat die Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen; sie sind daher für das Revisionsgericht bindend (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>.). Mit ihrem Vortrag, ihre Angaben zu diesem Thema und die zeitnahen Aussagen des Zeugen K hierzu hätten aus verschiedenen von ihr dargelegten Gründen keinen Beweiswert und seien vom LSG daher zu Unrecht der Entscheidung zugrundegelegt worden, rügt die Klägerin die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Diese Rüge entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die § 164 Abs 2 Satz 3 SGG stellt. Das Tatsachengericht entscheidet gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Ein Verstoß gegen die hiervon umfaßte Freiheit der Beweiswürdigung liegt vor, wenn das Gericht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt und wenn seine Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann. Eine Verletzung des § 128 Abs 1 SGG ist formgerecht gerügt, wenn die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben, und aus denen die Möglichkeit folgt, daß das Gericht ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden hätte. Eine formgerechte Verfahrensrüge in diesem Sinne liegt hingegen nicht vor, wenn die Revision lediglich ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Tatsachengerichts setzt oder die eigene Beweiswürdigung der des Tatsachengerichts als überlegen bezeichnet; denn es ist dem Revisionsgericht verwehrt, unter mehreren Beweiswürdigungen eine Wahl zu treffen oder diese sonst zu bewerten (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNr 333). Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn aus den Gegebenheiten nur eine einzige Folgerung gezogen werden kann, jede andere nicht "denkbar" ist und das Gericht die allein denkbare nicht gezogen hat (BSG SozR aaO; BSG Urteil vom 31. Mai 1996 - 2 RU 24/95 - = HVBG-Info 1996, 2071; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 334).
Diesen Anforderungen entsprechen die von der Klägerin insoweit vorgebrachten Rügen nicht. Sie setzt lediglich ihre eigene Würdigung anstelle der von ihr beanstandeten Beweiswürdigung des LSG und der Einschätzung des Beweiswertes der vom Berufungsgericht im Wege des Urkundenbeweises herangezogenen Aussagen des Zeugen K bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung sowie der Angaben der Klägerin gegenüber der KKH. Dies ist unzulässig. Einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze rügt die Klägerin indes nicht.
Ein Spaziergang - auch bei einer Dienstreise - steht mit der versicherten Tätigkeit nur dann in einem inneren Zusammenhang, wenn er aus besonderen Gründen zur notwendigen Erholung für eine weitere betriebliche Betätigung am auswärtigen Aufenthaltsort erforderlich ist; ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG Urteil vom 9. Dezember 1976 - 2 RU 145/74 - = USK 76223; s a BSGE 8, 48, 50; BSG SozR 2200 § 539 Nr 110; SozR 2200 § 550 Nr 62). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG waren solche Gründe indes nicht gegeben; angesichts der vorgerückten Stunde beim voraussichtlichen Erreichen der Wohnung und des fehlenden dringenden Anlasses für die gezielte Erledigung geschäftlicher Arbeiten hat es das Berufungsgericht nicht als erwiesen angesehen, daß der Spaziergang dazu unternommen worden ist, um solchen Geschäften noch nachgehen zu können. Auch gegen diese tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Klägerin keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben, sondern auch insoweit wiederum lediglich ihre eigene an die Stelle der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts gestellt.
Allerdings sollte nach den bindenden Feststellungen des LSG bei oder nach dem Spaziergang auch noch der am Bahnhof L geparkte Firmen-Pkw aufgesucht werden, um ihn dann entweder zur Wohnung des Zeugen K zu fahren oder aus ihm Geschäftsunterlagen herauszunehmen. Diese alternativ geplanten Tätigkeiten hatten beide einen Bezug zur versicherten Tätigkeit, die den Versicherten nach B geführt hatte. Damit handelte es sich bei dem hier unternommenen Spaziergang um eine Tätigkeit, die sowohl privaten als auch betrieblichen Zwecken diente.
In einem solchen Falle ist bei der Frage des Bestehens von Unfallversicherungsschutz in erster Linie darauf abzustellen, ob sich der zurückgelegte Weg eindeutig in zwei Teile zerlegen läßt, von denen der eine betrieblichen Zwecken und der andere privaten Interessen gedient hat; dann ist der Versicherungsschutz für den jeweiligen Wegesteil gesondert zu bestimmen, für die Annahme einer "gemischten Tätigkeit" ist kein Raum (vgl BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19, Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 49). Ist indes - wie hier - eine Trennung nicht möglich, so besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall dazu bestimmt gewesen ist, betrieblichen Interessen wesentlich - nicht notwendig überwiegend - zu dienen (BSGE 3, 240, 245; 20, 215, 216 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG Urteil vom 31. Januar 1974 - 2 RU 99/72 - = USK 7410; BSG Urteil vom 22. August 1974 - 8 RU 288/73 - = USK 74118; BSG Urteil vom 27. November 1986 - 2 RU 4/86 - = USK 86208; BSG SozR 2200 § 548 Nr 93; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 25; Brackmann/Krasney, aaO, § 8 RdNr 48). Diese Grundsätze gelten grundsätzlich auch für Betriebswege und Geschäftsreisen (BSG Urteil vom 22. August 1974 - 8 RU 288/73 - = USK 74118 mwN). Die Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses beurteilt sich hierbei in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Sie ist gegeben, wenn der dem Unternehmen dienende Teil der Tätigkeit nicht nur ein Nebenzweck, sondern ein wesentlicher Anlaß für die "gemischte Tätigkeit" ist (vgl BSGE 20, 215, 217f; BSG Urteil vom 27. November 1986 - 2 RU 4/86 - = USK 86208).
Das Berufungsgericht ist in Anwendung dieser Grundsätze aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) zu der Überzeugung gelangt, daß im Vordergrund des an den Gaststättenbesuch anschließenden Spaziergangs nach den subjektiven Vorstellungen des Versicherten und seines Vaters der Erholungszweck - man wollte "eine Runde drehen" und plaudern - stand und daß der betriebsbezogene Teil dieser Tätigkeit - Wegfahren des Pkw oder Holen der Geschäftsunterlagen - demgegenüber lediglich einen untergeordneten Nebenzweck darstellte; der Weg in Richtung Pkw war lediglich zufällig eingeschlagen worden. Die von der Klägerin gegen diese Feststellungen erhobenen Rügen sind - soweit sie damit die Beweiswürdigung des LSG rügt - unzulässig, da sie den berufungsgerichtlichen Erwägungen wiederum lediglich ihre eigene Beweiswürdigung entgegenstellt und damit zu der Behauptung gelangt, der Spaziergang habe durch das Holen der betrieblichen Unterlagen überwiegend dem betrieblichen Interesse gedient. Auch soweit die Klägerin geltend macht, das Berufungsgericht habe das Motiv zu dem Spaziergang, die Arbeitsunterlagen aus dem Geschäftswagen zu holen, nicht ausreichend gewürdigt, greift sie im Kern lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des LSG an, indem sie ihre eigene Beweiswürdigung als überlegen bezeichnet.
Der Erholungszweck des Spaziergangs war nach den bindenden Feststellungen des LSG nicht betriebsbezogen, sondern rein privater Natur; daraus, daß eine körperliche oder geistige Betätigung des Versicherten zur Erhaltung oder Steigerung von dessen Spannkraft beiträgt und damit zumindest mittelbar der betrieblichen Leistungsfähigkeit zugute kommt, läßt sich ein innerer Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis noch nicht herleiten (BSGE 39, 180, 182 = SozR 2200 § 548 Nr 7). Da nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen diese nicht betriebsbezogene Motivation überwog und der betriebsbezogene Teil demgegenüber lediglich einen untergeordneten Nebenzweck darstellte, also dem betrieblichen Interesse nicht wesentlich zu dienen bestimmt war, hat das LSG zu Recht das Vorliegen von Unfallversicherungsschutz für den Spaziergang insgesamt verneint.
Zutreffend hat das LSG auch einen Versicherungsschutz des Versicherten gemäß § 549 RVO abgelehnt. Nach dieser Vorschrift gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall bei einer mit der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes, auch wenn es vom Versicherten gestellt wird. Außer "klassischen" Werkzeugen können auch Geschäftsunterlagen oder auch ein Beförderungsmittel, wie zB ein Pkw, "Arbeitsgerät" iS dieser Vorschrift sein, sofern es - wie offensichtlich der vom Versicherten benutzte Firmen-Pkw - seiner Zweckbestimmung nach hauptsächlich für die Tätigkeit im Unternehmen gebraucht wird (BSGE 24, 243, 246 = SozR Nr 59 zu § 543a RVO aF). Die Zurücklegung des Weges, um den Firmen-Pkw zur elterlichen Wohnung zu fahren oder die Geschäftsunterlagen zu holen, könnte mithin als Verwahren von Arbeitsgeräten iS des § 549 RVO anzusehen sein. Allerdings gelten auch insoweit die Grundsätze des Versicherungsschutzes bei "gemischten Tätigkeiten". Ist die Verwahrung uä des Arbeitsgeräts also nicht ein wesentlicher Zweck, sondern lediglich Nebenzweck einer Verrichtung, so besteht kein Versicherungsschutz (vgl BSG Urteil vom 27. November 1986 - 2 RU 4/86 = USK 86208). Da indes bei dem Spaziergang, der als Teil der Verwahrung des Pkw oder der Geschäftsunterlagen anzusehen wäre, der Erholungszweck und damit eine eigenwirtschaftliche Verrichtung im Vordergrund stand, entsprechende betriebsbezogene Motive hingegen lediglich einen untergeordneten Nebenzweck darstellten, kommt Versicherungsschutz auch unter dem Gesichtspunkt des § 549 RVO nicht in Betracht.
Das LSG hat daher den Unfallversicherungsschutz des Versicherten bei dem Ereignis vom 10. Februar 1994 unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zutreffend verneint und - wie bereits das SG - der Klägerin Hinterbliebenenrente nicht zuerkannt. Die Revision der Klägerin war mithin als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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