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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 27.06.2000
Aktenzeichen: B 2 U 23/99 R
Rechtsgebiete: SGG
Vorschriften:
SGG § 128 Abs 1 | |
SGG § 163 |
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 27. Juni 2000
Az: B 2 U 23/99 R
in dem Rechtsstreit
Kläger und Revisionsbeklagter,
Prozeßbevollmächtigte:
gegen
1. Landesunfallkasse Nordrhein-Westfalen, Ulenbergstraße 1, 40223 Düsseldorf,
Beklagte und Revisionsbeklagte,
2. Feuerwehr-Unfallkasse Nordrhein-Westfalen, Provinzialplatz 1, 40591 Düsseldorf,
Beklagte und Revisionsklägerin,
Prozeßbevollmächtigter:
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Burchardt, die Richter Mütze und Kruschinsky sowie die ehrenamtlichen Richter Brüning und Kingler
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte zu 2) hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und ggf von welchem Unfallversicherungsträger der Kläger Entschädigung wegen seines Verkehrsunfalls vom 15. April 1996 verlangen kann.
Der am 19. April 1977 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des Unfalls Schüler einer Schule in St. und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr seines Heimatortes D. , wo er im elterlichen Haus wohnte. Am Unfalltage nahm er in seiner Schule am "Abi-Scherz", einem jährlich stattfindenden organisierten Schulfest, teil. Nach dessen Beendigung beteiligte sich der Kläger bis 17:00 Uhr an Aufräumarbeiten. Anschließend brachte er mit dem Pkw seines Vaters die bei der Schulveranstaltung benötigten Musikboxen zu dem Verleihunternehmen in R. zurück. Gegen 17:15 Uhr fuhr der Kläger mit seinem Schulfreund B. nach S. , um den für den Transport der Boxen geliehenen Anhänger zurückzugeben. Dort fuhr er um ca 18:00 Uhr wieder ab, weil er rechtzeitig zu einer an seinem Wohnort stattfindenden Feuerwehrübung eintreffen wollte. Auf dem ca 25 km langen Weg nach dort erlitt er gegen 18:50 Uhr einen Verkehrsunfall, bei dem er sich ua eine schwere Schädel-Hirn-Verletzung zuzog. Die Feuerwehrübung, an der der Kläger teilnehmen wollte, sollte um 19:30 Uhr beginnen. Seine Übungskleidung befand sich in dem etwa 250 bis 300 m vom Haus der Eltern des Klägers entfernten Feuerwehrgerätehaus. An die Ereignisse des Unfalltages kann sich der Kläger infolge der Unfallverletzungen nicht mehr erinnern.
Die Beklagte zu 1) lehnte die Gewährung von Leistungen aus Anlaß des Unfalls vom 15. April 1996 ab, weil sich der Kläger auf dem Wege zu einer Veranstaltung der Freien Feuerwehr befunden habe; hierfür sei die Zuständigkeit der Beklagten zu 2) gegeben (Bescheid vom 8. November 1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1997).
Auch die Beklagte zu 2) lehnte die Entschädigung ab. Der Unfall habe sich auf dem Rückweg von einer Abiturfeier und somit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit ereignet, der nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe (Bescheid vom 16. Dezember 1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 1995).
Der Kläger hat gegen beide Versicherungsträger jeweils Klage bei dem Sozialgericht Köln (SG) erhoben. Das SG hat die beiden Verfahren verbunden und die Beklagte zu 2) durch Urteil vom 23. Juni 1998 verurteilt, den Unfall des Klägers vom 15. April 1996 als entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall anzuerkennen. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, daß der Kläger am Unfalltage an zwei verschiedenen versicherten Tätigkeiten, der Schulveranstaltung und der geplanten Feuerwehrübung, teilgenommen habe. Mit dem Verlassen des Ortes der ersten Tätigkeit (S. ) habe der Weg zum Ort der zweiten versicherten Tätigkeit (D. ) begonnen, so daß der Unfall von der Beklagten zu 2) als dem hierfür zuständigen Versicherungsträger zu entschädigen sei.
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die von der Beklagten zu 2) hiergegen eingelegte Berufung durch Urteil vom 23. Februar 1999 zurückgewiesen. Es folge der Ansicht des SG, daß der Kläger im Rahmen der Schulveranstaltung versichert gewesen sei und daß der Unfallversicherungsschutz zu Lasten der Beklagten zu 2) für die anschließende Unfallfahrt ab etwa 18:15 Uhr begründet wäre, sofern der Kläger auf dem Weg zu der Feuerwehrübung in seinem Heimatort gewesen wäre. Es stehe indes nicht zweifelsfrei fest, daß der Kläger im Unfallzeitpunkt auf dem direkten Weg zur Feuerwehrübung gewesen sei. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme könne vielmehr die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß er das Feuerwehrhaus nicht direkt habe ansteuern wollen, sondern daß er sich erst nach Abstellen des Pkw am elterlichen Hause zu Fuß nach dort habe begeben wollen. Gleichermaßen bestünden Zweifel, ob sich der Kläger auf dem Heimweg von der bei der Beklagten zu 1) versicherten Schulveranstaltung befunden habe, da die Möglichkeit, daß er direkt zu dem Feuerwehrhaus habe fahren wollen, ebenfalls nicht ausgeschlossen werden könne.
Die Bestimmung des zuständigen Unfallversicherungsträgers nach Beweislastgrundsätzen führe bei einer solchen Fallkonstellation, nach der nur zwei versicherte Alternativen iS einer Wahlfeststellung möglich seien, indes zu untragbaren Ergebnissen, weil sich bei der tatsächlichen Ungewißheit hinsichtlich des Ziels weder eine Zuständigkeit der Beklagten zu 1) noch eine der Beklagten zu 2) ergäbe. Es erscheine sachgerecht, die Zuständigkeit nach den Rechtsgrundsätzen zu beurteilen, die gelten würden, wenn die zum Unfall führende Tätigkeit für mehrere Unternehmen verrichtet worden wäre. Auch in diesen Fällen sei immer nur ein Unfallversicherungsträger zur Leistung verpflichtet, weil aufgrund desselben Tatbestandes nicht mehrere Versicherungsverhältnisse nebeneinander bestehen könnten. Entscheidend für die versicherungsrechtliche Zurechnung der unfallbringenden Tätigkeit sei die Abwägung, welcher Zuständigkeitsvorschrift versicherungsrechtlich das entscheidende Gewicht zukomme. Dies führe hier zu dem Ergebnis, daß die unfallbringende Fahrt des Klägers dem Betrieb der Freiwilligen Feuerwehr zuzurechnen sei. Der Antritt der Fahrt sei wesentlich von dem Ziel geprägt gewesen, noch an der am Abend stattfindenden Übung teilzunehmen. Unter Hinweis auf diese Übung habe sich der Kläger dem Versuch des Zeugen D. entzogen, ihn zum Bleiben zu bewegen. Daher sei davon auszugehen, daß er die Fahrt nach D. ohne diese Terminbindung später angetreten hätte. Zwar sei diese Fahrt notwendigerweise auch Teil des Rückweges von der versicherten Schulveranstaltung, jedoch ergebe sich aus der Beziehung des Unfallzeitpunktes um ca 18:50 Uhr zu der Reststrecke nach D. und dem Beginn der Feuerwehrübung um 19:30 Uhr eindeutig, daß dem Kläger allenfalls ein Kurzaufenthalt im elterlichen Hause verblieben wäre, um die Übung pünktlich erreichen zu können. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters hätte sich der Aufenthalt im elterlichen Haus zum Abstellen des Pkw bei Kenntnis der für die Zurechnung der Tätigkeit bedeutsamen Handlungstendenz des Klägers, die ab Fahrtantritt in S. vom Erreichen der Feuerwehrübung geprägt gewesen sei, eher als Durchgangsstation eines einheitlichen Weges zum Feuerwehrhaus dargestellt.
Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte zu 2) die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Bei seiner Feststellung, es stehe nicht zweifelsfrei fest, ob sich der Kläger im Unfallzeitpunkt auf dem direkten Weg zur Feuerwehrübung befunden oder zunächst nach Hause habe fahren wollen, habe das LSG nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt und damit gegen § 128 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe die restliche Fahrzeit nach D. nur noch höchstens zehn Minuten betragen. Aus der bei den Akten befindlichen Unfallanzeige ergebe sich, daß der Kläger infolge überhöhter Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn geraten und mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammengestoßen sei. Diese übermäßige Eile beweise zwingend, daß der Kläger zunächst nach Hause habe zurückkehren wollen, denn das Umziehen in Feuerwehrkleidung habe nicht 30 Minuten beanspruchen können. Dafür spreche auch, daß der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls erst 18 Jahre alt gewesen sei und jeder verantwortungsbewußte Vater darauf Wert gelegt hätte, daß der Sohn zunächst das Auto unbeschädigt zurückgebracht und sich erst dann einer anderen Tätigkeit zugewandt hätte. Das LSG hätte daher die exakte Feststellung treffen müssen, daß der Kläger zuerst nach Hause zurückkehren, dort das Auto abliefern und erst danach den kurzen Weg zum Feuerwehrhaus zurücklegen gewollt habe. Damit hätte die Rückfahrt von S. ausschließlich der schulischen Veranstaltung gedient. Auch wenn sich eine exakte Zweckbestimmung für die Rückfahrt nicht treffen lasse, sei die Entscheidung des LSG rechtswidrig. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), auf die sich das LSG gestützt habe (SozR 2200 § 539 Nr 34 und SozR 2200 § 550 Nr 68), gäben für den vorliegenden Rechtsstreit nichts her, weil die den entschiedenen Fällen zugrundeliegenden Sachverhalte von dem vorliegenden erheblich abwichen. Da nach der neueren Rechtsprechung des BSG der Versicherungsschutz davon abhängig sei, daß der Weg vom "dritten Ort" in einem angemessenen Verhältnis zum Weg zur eigenen Wohnung stehe, diese Voraussetzung aber wegen der hundertfachen Länge des Weges von der zunächst ausgeübten Tätigkeit im Verhältnis zum üblichen Fußweg nicht gegeben sei, hätte das LSG hier einen Unfallversicherungsschutz durch sie verneinen müssen.
Dies führe auch nicht zu untragbaren Ergebnissen. Der Kläger sei den ganzen Tag als Schüler für die Schule tätig gewesen; dazu habe auch der Rückweg von S. nach D. gehört. Die Erwägungen des LSG zum "Zwischenort" seien nicht tragfähig. Wenn das LSG einen Zeitraum von mehr als zwei Stunden für die Feuerwehrübung angenommen habe, so habe es den Akteninhalt nicht hinreichend berücksichtigt, nach dem die praktische Übung lediglich 1 1/2 Stunden gedauert habe, so daß selbst unter Hinzurechnung des Hin- und Rückweges und der Umkleidedauer die Zwei-Stunden-Grenze nicht überschritten worden wäre. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast habe der Verletzte den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen zu tragen. Hier könne die angebliche Unaufklärbarkeit nicht zu ihrer Verurteilung zur Leistungsgewährung führen, denn die Rückfahrt von S. sei keine Tätigkeit für mehrere Unternehmen gewesen, sondern habe ausschließlich schulischen Zwecken gedient. Hilfsweise müsse zur Nachprüfung gestellt werden, ob der Kläger infolge überhöhter Geschwindigkeit und Geratens auf die Gegenfahrbahn einer selbstgeschaffenen Gefahr erlegen sei.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 1999 sowie das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23. Juni 1998 aufzuheben und die Klage gegen die Beklagte zu 2) abzuweisen,
hilfsweise,
die Beklagte zu 1) zur Leistungsgewährung zu verurteilen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zu 2) zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Beklagte zu 1) unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 1996 und des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1997 zu verurteilen, seinen Unfall vom 15. April 1996 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Revision der Beklagten zu 2) zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Beklagten zu 2) ist unbegründet. Sie ist verpflichtet, den Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 15. April 1996 aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.
Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil der von ihm geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes <UVEG>, § 212 SGB VII).
Der Kläger hat am 15. April 1996 einen Arbeitsunfall erlitten, als er mit dem Pkw seines Vaters verunglückte und sich dabei Verletzungen zuzog.
Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Nach § 550 Abs 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift den Versicherungsschutz für die Wege nach und von der Arbeitsstätte - bzw dem sonstigen Ort der Tätigkeit, etwa hier der Schule oder dem Feuerwehrhaus - nicht auf die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beschränkt, sondern lediglich darauf abgestellt, daß die Arbeitsstätte Ziel oder Ausgangspunkt des Weges ist; der andere Grenzpunkt des Weges ist gesetzlich nicht festgelegt (so bereits RVA EuM 21, 281 und 47, 415; stRspr des BSG, zB BSGE 22, 60, 61 = SozR Nr 54 zu § 543 RVO aF; BSG SozR 2200 § 550 Nr 57; siehe auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 485r f mwN; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNrn 174 und 191 ff). Allerdings hat der Gesetzgeber nicht schlechthin jeden Weg unter Versicherungsschutz gestellt, der zur Arbeitsstätte hinführt oder von ihr aus begonnen wird. Vielmehr ist es nach § 550 Abs 1 RVO darüber hinaus erforderlich, daß der Weg mit der Tätigkeit in dem Unternehmen zusammenhängt, dh daß ein innerer Zusammenhang zwischen dem Weg und der Tätigkeit in dem Unternehmen besteht. Dieser innere Zusammenhang setzt voraus, daß der Weg, den der Versicherte zurücklegt, wesentlich dazu dient, den Ort der Tätigkeit oder nach Beendigung der Tätigkeit - in der Regel - die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges von dem Ort der Tätigkeit zu erreichen. Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird; fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet ein Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 4 mwN). Für die tatsächlichen Grundlagen des Vorliegens versicherter Tätigkeit muß der volle Beweis erbracht werden, das Vorhandensein versicherter Tätigkeit also sicher feststehen (vgl BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84 mwN), während für die kausale Verknüpfung zwischen ihr und dem Unfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt (vgl BSGE 58, 80, 82 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN).
Die Beteiligten gehen rechtlich zutreffend davon aus, daß der Kläger bei den Tätigkeiten im Zusammenhang mit der zum organisatorischen Verantwortungsbereich seiner allgemeinbildenden Schule gehörenden Veranstaltung "Abi-Scherz" jedenfalls bis zur Rückgabe des für diese Veranstaltung gebrauchten Anhängers in S. im Rahmen des Schulbesuchs unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst b RVO). Hinsichtlich des weiteren von S. in Richtung D. zurückgelegten Weges, auf dem sich der Unfall ereignete, hat das LSG nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit weder festzustellen vermocht, daß der Kläger zuerst das elterliche Haus ansteuern (und dann erst zur Feuerwehrübung gehen) wollte, noch daß er direkt zu dem Feuerwehrhaus zur Teilnahme an der dort um 19:30 Uhr beginnenden Übung fahren wollte. Es hat allerdings festgestellt, daß nur diese beiden Alternativen möglich waren. Diese von den Beteiligten insoweit nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen sind für den Senat bindend (§ 163 SGG). Mit ihrem Vortrag, das LSG hätte nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens feststellen müssen, daß der Kläger zunächst nach Hause zurückkehren, dort das Auto seines Vaters abliefern und dann erst zur Feuerwehr gehen wollte, rügt die Beklagte zu 2) die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Die Beweiswürdigung steht grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob das Tatsachengericht bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hat (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19 mwN). Einen solchen Verstoß hat die Beklagte zu 2) nicht schlüssig dargelegt. Aus den von ihr vorgebrachten Umständen, daß nämlich aus der im polizeilichen Unfallprotokoll vermuteten Unfallursache "überhöhte Geschwindigkeit" in Verbindung mit dem nahe beim Heimatort gelegenen Unfallort auf übermäßige Eile und damit die Absicht des Klägers, zuerst nach Hause zurückkehren zu wollen, geschlossen werden müsse, zumal ein verantwortungsbewußter Vater darauf Wert gelegt hätte, ergibt sich nicht zwingend, daß nur dieser - vom Tatsachengericht nicht gezogene - Schluß möglich war. Nur dann wäre indes ein Verstoß gegen die Denkgesetze dargelegt. Eine hohe Geschwindigkeit beim Autofahren kann - insbesondere bei jüngeren Fahrern - durchaus auch Selbstzweck (Freude an "sportlicher" Fahrweise) sein; möglicherweise wollte der Kläger das Feuerwehrhaus auch bereits vor dem offiziellen Beginn der Übung erreichen, um sich noch mit den Feuerwehrkameraden auszutauschen. Die von der Beklagten zu 2) geäußerte Vermutung hinsichtlich des Verhaltens verantwortungsbewußter Väter stellt keinen allgemeinen Erfahrungssatz dar, gegen den das LSG verstoßen haben könnte. Die Beklagte zu 2) hat insoweit lediglich eine eigene Beweiswürdigung des Akteninhalts getroffen und als allein zutreffend bezeichnet. Damit kann sie indes im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Dem Revisionsgericht ist es nicht gestattet, unter mehreren möglichen Beweiswürdigungen eine Wahl zu treffen oder diese sonst zu bewerten (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19 mwN).
Da mithin nur zwei Alternativen für den Zweck des Weges, auf dem der Kläger verunglückte, möglich sind, und der Kläger bei beiden unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hätte, als er den Unfall erlitt, ist der Klageanspruch im Wege der Wahlfeststellung begründet. Nach den auch im Unfallversicherungsrecht anzuwendenden Regeln dieser Rechtsfigur ist Unfallversicherungsschutz dann zu bejahen, wenn bei unaufklärbarem Sachverhalt jede in Betracht kommende Tatbestandsvariante dazu führt, daß dabei Unfallversicherungsschutz bestand (vgl BSGE 13, 51, 53 = SozR Nr 51 zu § 1 BVG; BSG SozR 2200 § 548 Nr 80; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 5; BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 28/98 R - = HVBG-Info 1999, 2816 mwN; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNr 330). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Bei der ersten Tatbestandsvariante, nach welcher der Kläger von S. direkt nach Hause fahren wollte und dabei den Unfall erlitt, wäre dies seine Heimfahrt von der nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst b RVO versicherten Teilnahme an der Schulveranstaltung gewesen; diese hätte nach § 550 Abs 1 RVO unter Versicherungsschutz gestanden. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2) kommt hier ein Verlust des Versicherungsschutzes wegen einer vom Kläger selbstgeschaffenen Gefahr nicht in Betracht. Diesen Begriff hat das BSG stets eng ausgelegt und nur mit größter Zurückhaltung angewendet. Einen Rechtssatz des Inhalts, daß der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewußt einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, gibt es danach nicht; auch leichtsinniges, unbedachtes Verhalten beseitigt den bestehenden inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht. Dies ist vielmehr nur ausnahmsweise dann der Fall, wenn ein Beschäftigter sich derart sorglos und unvernünftig verhält, daß für den Eintritt des Arbeitsunfalls nicht mehr die versicherte Tätigkeit, sondern die selbstgeschaffene Gefahr als die rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist (vgl BSGE 42, 129, 133 = SozR 2200 § 548 Nr 22). Dabei hat das BSG klargestellt, daß ein solches Verhalten den Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall nie ausschließt, wenn der Versicherte ausschließlich betriebliche Zwecke verfolgt, die selbstgeschaffene Gefahr also erst dann Bedeutung bekommt, wenn ihr betriebsfremde Motive zugrunde liegen (BSG SozR 2200 § 548 Nr 93 mwN). Wann dies der Fall ist, muß im Einzelfall wertend entschieden werden. Abgesehen davon, daß der vom LSG festgestellte Sachverhalt keinen Hinweis auf ein solches Verhalten des Klägers bietet, wäre auch der von der Beklagten zu 2) aus den Akten entnommene mögliche Sachverhalt (überhöhte Geschwindigkeit trotz kurvenreicher Strecke, Geraten auf die Gegenfahrbahn) nicht geeignet, den Tatbestand der selbstgeschaffenen Gefahr zu begründen, weil er keinen zwingenden Schluß auf betriebsfremde Zwecke zuläßt, die der Kläger mit einer solchen Fahrweise verfolgt hätte. Zwar wäre die Freude an einer - vom eigentlichen Zweck der Fahrt losgelösten - schnellen, risikoreichen Fortbewegung möglicherweise ein solcher Zweck, jedoch wäre etwa die ebensogut in Betracht kommende Absicht, so das Fahrtziel möglichst schnell zu erreichen, nicht davon erfaßt.
Bei der zweiten Tatbestandsvariante, nach welcher der Kläger von S. direkt das Feuerwehrhaus anfahren wollte, ohne zuvor das elterliche Haus aufzusuchen, hätte Unfallversicherungsschutz gemäß § 539 Abs 1 Nr 8 RVO (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 34) iVm § 550 Abs 1 RVO bestanden. Nach der vom BSG fortgeführten Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA) beginnt nach Beendigung einer versicherten Tätigkeit der Weg zur Aufnahme einer neuen versicherten Tätigkeit versicherungsrechtlich bereits mit dem Verlassen des Ortes der zunächst ausgeübten versicherten Tätigkeit, so daß nicht ein Weg von dieser vorliegt (vgl BSG SozR 2200 § 550 Nr 68 mwN). Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2) handelt es sich bei der zitierten Entscheidung nicht um eine Einzelfallentscheidung, auch wenn im Leitsatz die erste versicherte Tätigkeit (Blutspender) namentlich erwähnt ist. Wie die dort aufgeführten Entscheidungen des RVA und des BSG zeigen, handelt es sich vielmehr um eine gefestigte ständige Rechtsprechung, von der abzuweichen der Senat sich nicht veranlaßt sieht. Auf den vorliegenden Fall angewandt bedeutet dies, daß die erste versicherte Tätigkeit des Klägers am Unfalltage (Teilnahme an der Schulveranstaltung) mit dem Verlassen des Ortes S. , wo der Kläger im Rahmen seiner Mitwirkung an dieser Veranstaltung den dafür benötigten Anhänger abgegeben hatte, endete und der Kläger nunmehr nicht den Heimweg von dieser Veranstaltung, sondern den Weg zu der versicherten Tätigkeit der Mitwirkung an der Feuerwehrübung in D. antrat. Ob hier der Weg zu der Feuerwehrveranstaltung von S. aus in einem "angemessenen Verhältnis" zu dem Weg von der Wohnung des Klägers zum Feuerwehrhaus stand, ist rechtlich unbeachtlich. Bei einer solchen Fallgestaltung sind die vom BSG zur Frage des Unfallversicherungsschutzes auf Wegen vom "dritten Ort" aufgestellten Voraussetzungen, zu denen dieses Erfordernis gehört, nicht anzuwenden, weil hier ein "dritter Ort" iS dieser Rechtsprechung nicht gegeben ist. Es handelt sich vielmehr um eine besondere aus versicherungsrechtlichen Erwägungen getroffene Fiktion, die ihren Grund darin hat, daß aufgrund desselben Tatbestands grundsätzlich nicht mehrere Unfallversicherungsverhältnisse nebeneinander bestehen können (stRspr, vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 34 mwN). Wie das LSG rechtlich zutreffend ausgeführt hat, wäre es hier auch nicht möglich, das Feuerwehrhaus bzw den Ort der Feuerwehrübung als "Zwischenort" auf dem Heimweg mit der Folge anzusehen, daß bei beiden Tatbestandsvarianten ein einheitlicher Weg bzw Gesamtweg vom Ort der Tätigkeit zur häuslichen Wohnung vorgelegen hätte und die Beklagte zu 1) allein zuständig wäre. Da die Feuerwehrübung nach den bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des Berufungsgerichts länger als insgesamt zwei Stunden dauern sollte, wäre der Weg von dem Ort der Tätigkeit dort nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Zweistundengrenze (siehe zuletzt BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 18 mwN) bereits beendet gewesen. Der Vortrag der Beklagten zu 2), die Feuerwehrübung hätte entgegen den Feststellungen des LSG nicht mehr als zwei Stunden in Anspruch genommen, so daß die Feuerwehr als "dritter Ort" iS der Rechtsprechung des BSG nicht in Betracht gekommen wäre, stellt wiederum eine eigene Beweiswürdigung dar, die im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Zulässige und begründete Rügen hinsichtlich der Feststellungen des LSG hat die Beklagte zu 2) insoweit indes nicht erhoben. Hinsichtlich der Einwendung der selbstgeschaffenen Gefahr gelten die Ausführungen zur ersten Tatbestandsvariante entsprechend.
Die Beklagte zu 2) ist der für die Entschädigung des Unfalls des Klägers vom 15. April 1996 zuständige Unfallversicherungsträger. Nach den Feststellungen des LSG wäre die Beklagte zu 1) für die Entschädigung des Unfalls nach der ersten Tatbestandsvariante, die Beklagte zu 2) für die Entschädigung nach der zweiten Tatbestandsvariante zuständig. Da dem Kläger in jedem Fall ein Entschädigungsanspruch im Wege der Wahlfeststellung zuzuerkennen ist und zu dessen Erfüllung ein Versicherungsträger zuständig sein muß, wäre die - vom LSG zutreffend verworfene - Entscheidung nach den Regeln der objektiven Beweislast abwegig, da auf diese Weise keiner der in Betracht kommenden Versicherungsträger als leistungspflichtig anzusehen wäre, dem Kläger mithin ein - nicht denkbarer - Entschädigungsanspruch ohne Schuldner zustünde. Eine gleichzeitige Zuständigkeit beider Versicherungsträger kann ebenfalls nicht angenommen werden, weil dem Verletzten gegenüber immer nur ein einziger Unfallversicherungsträger zuständig und zur Leistung verpflichtet sein kann. Aufgrund desselben Tatbestandes können grundsätzlich nicht mehrere Versicherungsverhältnisse nebeneinander bestehen (stRspr, vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 34 mwN; Spellbrink in Schulin, HS-UV, § 24 RdNr 36 mwN).
Es ist vielmehr sachgerecht, bei einer solchen Konstellation mit dem LSG die Bestimmung des zuständigen Versicherungsträgers in entsprechender Anwendung der Rechtsgrundsätze zu treffen, die das BSG für die Zuordnung des Leistungsverhältnisses bei multifunktionalen bzw mehreren Unternehmen dienenden Tätigkeiten entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine der vorliegenden Konstellation vergleichbare Lage; die hierfür vorgesehenen Regeln sind mithin geeignet, eine sachgemäße Lösung auch für die hier zu entscheidende Situation herbeizuführen. Die danach zu beachtende Grundregel, nach der darauf abzustellen ist, welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit letztlich oder überwiegend dient (vgl BSG, Urteil vom 8. Dezember 1983 - 2 RU 63/82 - = BAGUV-Rdschr 10/84) bzw - bei Unfallversicherungsschutz nach mehreren Rechtsvorschriften - welcher Vorschrift hier bei Abwägung der Umstände des Einzelfalls versicherungsrechtlich das entscheidende Gewicht beizumessen ist (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 34), muß auch hier Anwendung finden. Das LSG ist hier rechtlich zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, die unfallbringende Fahrt sei dem Betrieb der Freiwilligen Feuerwehr zuzurechnen, so daß die Zuständigkeit der Beklagten zu 2) gegeben ist. Die diesem Ergebnis zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat bindend (§ 163 SGG). Das LSG hat dieses Ergebnis rechtsfehlerfrei daraus geschlossen, daß der Kläger wegen der anstehenden Feuerwehrübung in S. auf der baldigen Abfahrt bestanden hatte und seine Handlungstendenz ab Fahrtantritt vom Erreichen dieser Übung geprägt war, ein möglicher Aufenthalt im elterlichen Haus demgegenüber angesichts der gesamten Umstände eher lediglich Durchgangscharakter gehabt hätte. Soweit die Beklagte zu 2) demgegenüber einwendet, angesichts der den ganzen Tag über andauernden Tätigkeit des Klägers im schulischen Bereich habe die Rückfahrt von S. nach D. ausschließlich schulischen Zwecken gedient, trifft sie wiederum eine eigene Beweiswürdigung und Bewertung, die im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Zulässige und begründete Rügen hinsichtlich der Feststellungen des LSG hat die Beklagte insoweit indes wiederum nicht erhoben.
Die Revision der Beklagten zu 2) war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Ende der Entscheidung
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