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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 14.12.1999
Aktenzeichen: B 2 U 37/98 R
Rechtsgebiete: RVO


Vorschriften:

RVO § 558 Abs 3
Trotz § 44 SGB XI dürfen auf der Grundlage des § 44 SGB VII Aufwendungen des Verletzten zur Absicherung der ihn pflegenden Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen einer sachgerechten Ermessensentscheidung über die Höhe des Pflegegeldes nach wie vor gewährt werden.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 14. Dezember 1999

in dem Rechtsstreit

Az: B 2 U 37/98 R

Kläger und Revisionskläger,

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Rheinland-Pfalz, Theodor-Heuss-Str. 1, 67346 Speyer,

Beklagte und Revisionsbeklagte,

Prozeßbevollmächtigte:

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Burchardt, die Richter Mütze und Kruschinsky sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Obijou und Haase

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 19. Juni 1998 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 1997 aufgehoben.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Gründe:

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte nach Inkrafttreten des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) und dem Wegfall der Regelungen des § 177 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) weiterhin Beiträge zur Alterssicherung für die Ehefrau des Klägers zu erbringen hat.

Der im Jahre 1936 geborene Kläger erblindete aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1950 vollständig und erhält von der Beklagten Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vH sowie wegen Hilflosigkeit Pflegegeld iS des § 558 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Höhe von 60 vH des Höchstsatzes. Er wird von seiner Ehefrau zu Hause gepflegt.

Mit Bescheid vom 24. Juni 1993 erklärte sich die Beklagte bereit, die freiwilligen Beiträge der Ehefrau zur Rentenversicherung, die auf Antrag gemäß § 177 Abs 1 SGB VI in Pflichtbeiträge umgewandelt werden konnten, ab dem 1. Januar 1992 zu übernehmen und insofern zweckgebunden das Pflegegeld zu erhöhen.

Nachdem durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz - PflegeVG) ab dem 1. April 1995 die Versicherungspflicht für Pflegepersonen nach § 44 SGB XI und mithin die Beitragsabführung durch die Pflegekasse eingeführt worden war sowie zugleich die §§ 57 Abs 2 und 177 Abs 1 und 2 SGB VI gestrichen worden waren, teilte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Februar 1995 dem Kläger mit, daß die Beiträge zur Rentenversicherung für die Ehefrau als Pflegeperson nur bis zum 31. März 1995 übernommen würden und die zweckgebundene Erhöhung des Pflegegeldes ab diesem Zeitpunkt wegfalle. Diesen Bescheid nahm die Beklagte nach Widerspruch des Klägers und Vorlage einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 19. Juli 1995 zurück und sagte eine neue Bescheiderteilung zu (Widerspruchsbescheid vom 23. August 1995). Dies geschah auch im Hinblick darauf, daß die für den Kläger zuständige Pflegekasse die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge für seine Ehefrau abgelehnt hatte, da der Kläger nicht pflegebedürftig iS des SGB XI sei. Diesbezüglich ist ein Klageverfahren beim Sozialgericht (SG) Trier (S 2 P 2/98) anhängig.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 1996 idF des Widerspruchsbescheids vom 11. März 1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge für seine Ehefrau als Pflegeperson mit Ablauf des 31. Dezember 1995 eingestellt werde. Die Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 1993 erfolge nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), weil in den rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung durch die Einführung der Pflegeversicherung und die Abschaffung der freiwilligen Pflichtversicherung für nicht erwerbsmäßig pflegende Personen eingetreten sei. Die Übernahme der Beiträge zur Rentenversicherung für die Zeit von April bis Dezember 1995 sei nur erfolgt, um Rechtsnachteile für den Kläger zu vermeiden, weil sich die Klärung der Angelegenheit zeitlich verzögert habe.

Das SG Trier hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. Juni 1998). Zur Begründung heißt es, es sei eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 SGB X gegenüber dem Bescheid vom 24. Juni 1993 eingetreten. § 177 SGB VI habe ab dem 1. Januar 1992 vorgesehen, daß unentgeltlich tätige Pflegepersonen für die Zeit der nicht erwerbsmäßigen Pflege im Inland freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen könnten, die auf Antrag in Pflichtbeiträge umgewandelt werden könnten. Im Hinblick darauf habe die Beklagte die streitige Erhöhung des Pflegegeldes des Klägers erbracht. Diese Vorschrift sei mit dem PflegeVG entfallen; statt dessen sei § 44 SGB XI geschaffen worden. Dieser lege iVm § 3 Nr 1a SGB VI eine Versicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen unter bestimmten Voraussetzungen fest, so daß kein Raum mehr für freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung durch den Unfallversicherungsträger gemäß § 558 Abs 3 RVO bestehe, wobei diese Vorschrift keine Regelung für Leistungen an Pflegepersonen enthalte und § 44 SGB XI hierzu lex specialis sei. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Januar 1990 - 2 RU 15/89 - könne den vom Kläger geltend gemachten Anspruch nicht begründen, weil im Zeitpunkt dieser Entscheidung weder die Regelung des § 177 SGB VI noch das PflegeVG existiert hätten. Im übrigen sei auch die Festlegung des Entziehungszeitpunkts (31. Dezember 1995) unter Berücksichtigung der Vorgeschichte zum Bescheid vom 22. Oktober 1996 nicht zu beanstanden.

Mit der - vom SG zugelassenen - Sprungrevision rügt der Kläger die Verletzung des § 558 Abs 3 RVO. Unter Berücksichtigung des Urteils des SG Berlin vom 6. August 1996 - S 68 U 880/95 - und des Schreibens des BMA vom 19. Juli 1995 sei die Regelung des § 44 SGB XI nicht als abschließend bezüglich der Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen anzusehen. Freiwillige Beitragszahlungen seien weiterhin möglich und gemäß § 558 Abs 3 RVO von der Beklagten zu erbringen. Das PflegeVG verdränge bzw untersage keine Leistungen des Unfallversicherungsträgers für Pflegepersonen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Trier vom 19. Juni 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des SG ist der Bescheid vom 22. Oktober 1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 11. März 1997 rechtswidrig. Die Beklagte war nicht befugt, den Bewilligungsbescheid vom 24. Juni 1993 mit Ablauf des 31. Dezember 1995 aufzuheben und die Entrichtung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Ehefrau des Klägers zum selben Zeitpunkt einzustellen.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO. Es handelt sich hier um eine Anfechtungsklage, bei der grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 18 und Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 54 RdNr 32, jeweils mwN) bzw, wenn dieser eine auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogene Regelung trifft, auf die Rechtslage in diesem Zeitpunkt abzustellen ist. Der hier angefochtene Bescheid kürzte das Pflegegeld des Klägers zum 1. Januar 1996. In beiden Zeitpunkten galt noch die RVO. Das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist gemäß Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz erst am 1. Januar 1997 in Kraft getreten.

Maßgeblich für die Beurteilung des Aufhebungsbescheides vom 22. Oktober 1996 ist der Inhalt des Bewilligungsbescheides vom 24. Juni 1993, bei dem es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelte. Denn es wurden regelmäßig wiederkehrende Leistungen (erhöhtes Pflegegeld) zugesprochen; der Verwaltungsakt äußerte somit rechtliche Bedeutung über den Zeitpunkt der Bekanntgabe hinaus (BSG SozR 3-2200 § 558 Nr 3).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Oktober 1996 teilte die Beklagte nunmehr dem Kläger mit, die Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge werde mit Ablauf des 31. Dezember 1995 eingestellt. Dabei stützte sie sich maßgeblich auf § 48 Abs 1 SGB X, weil sich die Rechtslage mit dem 1. April 1995 dahin verändert habe, daß Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen wegen der abschließenden Spezialregelungen des SGB XI und des Wegfalls des § 177 SGB VI vom Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nicht mehr gezahlt werden könnten. Damit hat die Beklagte hinreichend deutlich gemacht, daß sie den Bescheid vom 24. Juni 1993 aufhebe. Diese Entscheidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG ist eine - hier allein in Betracht kommende - wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten. Weder haben sich die Grundlagen der Leistungsbewilligung in der gesetzlichen Unfallversicherung verändert, noch schließen anderweitige gesetzliche Regelungen - etwa im SGB XI - die hier umstrittene Leistungsgewährung in der gesetzlichen Unfallversicherung aus.

Durch § 44 SGB XI wurde im Bereich der Pflegeversicherung die Zuständigkeit der Pflegekassen für Leistungen der sozialen Absicherung der Pflegepersonen ab 1. April 1995 (s Art 68 Abs 1 PflegeVG vom 26. Mai 1994 - BGBl I 1014 -) begründet. § 177 SGB VI wurde durch § 279e SGB VI abgelöst bzw zeitlich begrenzt (1. Januar 1992 bis 31. März 1995, s Art 5 Nrn 14 und 20 PflegeVG). Es wurde iVm § 3 Satz 1 Nr 1a und Satz 2 SGB VI (s Art 5 Nr 2 Buchst a und b PflegeVG) der Tatbestand der Versicherungspflicht für diejenigen begründet, die einen Pflegebedürftigen iS des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen und selbst regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig sind. Die Möglichkeit für Pflegepersonen, ihre freiwilligen Beiträge auf Antrag zu Pflichtbeiträgen zu machen, entfiel. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen der Unfallversicherung, insbesondere im Bereich des Pflegegeldes, hierdurch nicht eingetreten, denn die Leistungen der Unfallversicherung hinsichtlich der sozialen Absicherung der Pflegepersonen wurden durch die Neuregelungen im SGB VI sowie im SGB XI nicht berührt. Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom 24. Juni 1993 zuerkannte Leistung iS einer Erhöhung des Pflegegeldes war allein § 558 Abs 3 RVO unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2200 § 558 Nr 1; bestätigt durch BSG SozR 3-2200 § 558 Nr 3). Nicht ausschlaggebend für die Erhöhung des Pflegegeldes zur Entrichtung von Beiträgen zur sozialen Alterssicherung der Pflegeperson war die seit dem 1. Januar 1992 bestehende Vorschrift des § 177 SGB VI. Diese Vorschrift stellte keine Rechtsgrundlage für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung dar, sondern regelte allein die rentenrechtlichen Auswirkungen für den Fall, daß für eine Pflegeperson freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet wurden und ein Umwandlungsantrag gestellt wurde. Nach der Rechtsprechung des Senats war es den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung bereits vor dem 1. Januar 1992 aufgrund § 558 Abs 3 RVO möglich, Leistungen zur sozialen Absicherung der Pflegepersonen zu erbringen (BSG SozR 3-2200 § 558 Nr 1). Die Möglichkeit, freiwillige Beiträge in Pflichtbeiträge umwandeln zu lassen, war rechtlich nicht Voraussetzung für die insoweit zweckgebundene Erhöhung des Pflegegeldes. Allein der Umstand, daß solche Leistungen zu einer Verbesserung der Anwartschaft führen können, war für die Beklagte ausschlaggebend bei ihrer Entscheidung über die Erhöhung des Pflegegeldes im Bescheid vom 24. Juni 1993. Diesbezüglich ist jedoch eine wesentliche Änderung nicht eingetreten, denn die Rentenanwartschaft kann nach wie vor auch durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge verbessert werden.

Der rechtliche Rahmen der rentenversicherungsrechtlichen Absicherung von Pflegepersonen hat sich im Laufe der Zeit verändert. Schon immer bestand, unabhängig von der Frage der Finanzierung dieser Beitragsleistungen, die Möglichkeit, für die Pflegeperson freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. Dieses Recht war von dem Tatbestand der Pflege unabhängig. Jede Person, die die Tatbestandsvoraussetzungen der Versicherungsberechtigung erfüllte, hatte das Recht zur Beitragsentrichtung. Vor Inkrafttreten des SGB VI vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) zum 1. Januar 1992 bestimmte § 1233 Abs 1 RVO, daß derjenige für Zeiten nach Vollendung des 16. Lebensjahres freiwillig Beiträge entrichten konnte, der weder nach diesem Gesetz noch nach dem Angestelltenversicherungsgesetz, dem Reichsknappschaftsgesetz, dem Handwerkerversicherungsgesetz oder dem Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen versicherungspflichtig war und seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte. Die Vorschrift ist durch § 7 SGB VI abgelöst worden. Dieser brachte für Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, sogar eine Erweiterung des Rechts zur freiwilligen Versicherung insoweit als es auf Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ausgedehnt wurde. Zur Verbesserung der Situation von Pflegepersonen in der gesetzlichen Rentenversicherung sah § 177 SGB VI ab 1. Januar 1992 die Möglichkeit vor, die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge beantragen zu können. Das Recht zur Leistung von freiwilligen Beiträgen wurde dadurch nicht eingeschränkt. Mit Inkrafttreten des SGB XI zum 1. April 1995 wurde in § 44 SGB XI iVm § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI die Rentenpflichtversicherung für Pflegepersonen eingeführt. Zwar wurde zugleich § 177 SGB VI idF des Rentenreformgesetzes 1992 aufgehoben und durch die auf die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. März 1995 begrenzte Vorschrift des § 279e Abs 1 SGB VI ersetzt, so daß keine Möglichkeit mehr besteht, die für Pflegepersonen geleisteten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge umzuwandeln. Das Recht zur Leistung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen wurde jedoch auch dadurch nicht eingeschränkt. § 7 SGB VI blieb unberührt. Auch nach dem 1. April 1995 können damit für die Ehefrau des Klägers freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden.

Freiwillige Beiträge verbessern auch die Rentenanwartschaft. Sie sind nach § 55 SGB VI wie Zeiten, für die Pflichtbeiträge entrichtet sind, Beitragszeiten und erhöhen gemäß § 63 Abs 1 SGB VI die Rente. Als Beitragszeiten werden sie zudem gemäß § 51 SGB VI auf die allgemeine Wartezeit angerechnet. Daß freiwillige Beiträge, anders als Pflichtbeiträge, nicht geeignet sind, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 43 Abs 1 Nr 2, § 44 Abs 1 Nr 2 SGB VI) und für die vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit (vgl § 38 Abs 1 Nr 3 SGB VI) zu begründen, ist hier angesichts des Wortlauts des Bewilligungsbescheides vom 24. Juni 1993 ohne Bedeutung. Hiernach kommt es allein darauf an, daß "verbessernde Anwartschaften" in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr erzielt werden können.

Anderweitige gesetzliche Regelungen schließen die auf § 558 Abs 3 RVO gestützte Gewährung von Pflegegeld zur Entrichtung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen für die Pflegeperson auch nach dem 1. April 1995 nicht aus. Insbesondere stellt § 44 SGB XI keine abschließende Regelung iS eines Spezialgesetzes für den Bereich der sozialen Absicherung der Pflegepersonen dar. Dies folgt auch aus den Regelungen in anderen Rechtsbereichen, die sich mit Leistungen an Pflegebedürftige bzw Hilflose befassen. So finden sich Bestimmungen für eine angemessene Alterssicherung von Pflegepersonen in § 26c Abs 9 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und § 69b des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Zwar gehen gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 SGB XI die Leistungen der Pflegeversicherung den Fürsorgeleistungen zur Pflege nach ua dem BSHG und dem BVG vor. Das Vorhandensein der Vorschriften der §§ 26c Abs 9 BVG und 69b BSHG läßt aber auf den Willen des Gesetzgebers schließen, nicht allein und ausschließlich die Pflegekassen zu Leistungen hinsichtlich der Alterssicherung von Pflegepersonen zu berufen. Das belegt auch § 13 Abs 3 Satz 2 SGB XI, wonach Leistungen zur Pflege nach diesen Gesetzen (ua BSHG und BVG) zu gewähren sind, wenn und soweit Leistungen der Pflegeversicherung nicht erbracht werden oder diese Gesetze dem Grunde oder der Höhe nach weitergehende Leistungen als die Pflegeversicherung vorsehen. Es kann also nicht von einer ausschließlichen Zuständigkeit der Pflegekassen für diese Art der Leistungen ausgegangen werden. Dies wird bestätigt durch § 13 Abs 1 Nr 2 SGB XI, wonach den Leistungen der Pflegeversicherung die Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit aus der gesetzlichen Unfallversicherung vorgehen. Zu diesen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung gehören auch die Teile des Pflegegeldes zur Entrichtung von Beiträgen für die Alterssicherung von Pflegepersonen (BSG SozR 3-2200 § 558 Nr 1). Entgegen der Auffassung des SG ist diese Entscheidung des Senats weder durch die Aufhebung des § 177 SGB VI idF bis 31. März 1995 noch durch § 44 SGB XI als überholt anzusehen. Vielmehr ist nach wie vor auch nach Inkrafttreten des SGB XI von der weiterhin bestehenden Möglichkeit der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung auszugehen, Leistungen zur sozialen Alterssicherung zu erbringen. Darauf hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 1998 (SozR 3-2200 § 558 Nr 3) hingewiesen. Neben den - oben dargelegten - Erwägungen aus dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen der RVO, des SGB VI und des SGB XI sowie deren Systematik spricht dafür auch der in der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Zu § 44 der später Gesetz gewordenen Fassung des SGB VII über die Pflege in der gesetzlichen Unfallversicherung ist vermerkt, daß Satz 3 des Abs 2 "wie im geltenden Recht (§ 558 Abs 3 Satz 3 RVO) die Erhöhung des Pflegegeldes ermöglicht, wenn die Aufwendungen für eine Pflegekraft und ihre soziale Absicherung den gesetzlichen Rahmen des Pflegegeldes übersteigen" (BT-Drucks 13/2204 S 87).

Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten, daß trotz der Existenz des § 44 SGB XI auf der Grundlage des § 44 SGB VII die Aufwendungen des Verletzten zur Absicherung der ihn pflegenden Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen einer sachgerechten Ermessensentscheidung über die Höhe des Pflegegeldes nach wie vor gewährt werden können (Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 44 RdNr 35; Kass-Komm-Ricke, § 44 SGB VII RdNr 8). Soweit den Ausführungen von Benz (in Schulin HS-UV § 44 RdNr 42), der nach Kritik an dem Urteil des Senats vom 24. Januar 1990 (SozR 3-2200 § 558 Nr 1) darauf hinweist, daß ab 1. April 1995 unentgeltlich pflegende Familienangehörige in der Rentenversicherung pflichtversichert seien, zu entnehmen sein sollte, daß er dies als abschließende Spezialregelung betrachtet, ist zu berücksichtigen, daß im Einzelfall ein iS des § 558 RVO/§ 44 SGB VII Hilfloser durchaus nicht pflegebedürftig iS des § 14 SGB XI sein muß und damit für seine Pflegeperson keine Möglichkeit der Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mehr bestünde.

Nach alledem durfte die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid den Bewilligungsbescheid vom 24. Juni 1993 nicht aufheben. Sie war schließlich auch nicht aus anderen Gründen berechtigt, die Entrichtung der Rentenversicherungsbeiträge für die Ehefrau des Klägers mit Ablauf des 31. Dezember 1995 einzustellen. Zwar käme dies in Betracht, wenn es sich bei den von der Beklagten in dem Bescheid vom 24. Juni 1993 aufgenommenen Vorbehalten des Fortbestehens und des Nichteintritts bestimmter tatsächlicher und rechtlicher Umstände um auflösende Bedingungen iS des § 32 Abs 2 Nr 2 SGB X handeln würde und einer der Tatbestände eingetreten wäre. Indessen müssen weder die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit auflösender Bedingungen noch die verwaltungsverfahrensrechtlichen Fragen bei Eintritt einer solchen Bedingung (vgl dazu Krause, GK-SGB X1, § 32 RdNr 21) erörtert werden, denn keiner der im Bescheid vom 24. Juni 1993 genannten Tatbestände war bis zum 31. Dezember 1995 eingetreten. Nach den Feststellungen des SG ist davon auszugehen, daß der Kläger nach wie vor hilflos war, Pflegegeld von mindestens 50 vH des Höchstbetrages erhielt und von seiner nicht erwerbstätigen Ehefrau, die die Altersgrenze noch nicht erreicht hatte und keine Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bezog, gepflegt wurde. Zudem ist es auch nach Inkrafttreten des SGB XI zum 1. April 1995 und der zum gleichen Zeitpunkt erfolgten Änderung des SGB VI rechtlich noch möglich, die Rentenanwartschaft der Ehefrau des Klägers durch Entrichtung von Beiträgen weiter zu verbessern.

Die Frage, ob der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die nunmehr für die Zeit ab 1. Januar 1996 nachzuentrichtenden freiwilligen Beiträge für die Ehefrau des Klägers entgegen § 197 Abs 2 SGB VI anzunehmen verpflichtet ist, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Da nach alledem die Revision des Klägers begründet ist, waren das Urteil des SG und der Bescheid vom 22. Oktober 1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 11. März 1997 aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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